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Europäische Integration und grenzüberschreitende Zusammenarbeit – Konsens oder Konflikt? Das Beispiel EUREGIO

von Claudia Breuer

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[1.] Cbr/Fragment 093 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2020-02-16 22:03:32 Schumann
Cbr, Fragment, Gesichtet, SMWFragment, Schmitt-Egner 1998, Schutzlevel sysop, Verschleierung

Typus
Verschleierung
Bearbeiter
SleepyHollow02
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 93, Zeilen: 1 ff. (komplett)
Quelle: Schmitt-Egner 1998
Seite(n): 33, 34, Zeilen: 33: 21 ff.; 34: 1 ff.
[Kulturelle und politische Zusammenarbeit fungieren als Rahmenbedingungen] und spielen dabei lediglich eine unterstützende Rolle.303 Wie und wer die grenzüberschreitende Standortkonkurrenz zu einem kooperativen Verhalten veranlassen soll, bleibt bei einem neoliberalen Ansatz unbeantwortet. Bei einem ökonomisch verstandenen Grenzkonzept können Grenzregionen nur als funktionalistische Räume verstanden werden, die eine nicht ausreichende Voraussetzung für die GZA bilden. Werden die Transaktionskosten als Basisparameter verwendet [Ratti], so werden nicht nur alle entscheidenden anderen Faktoren [z.B. Kultur, historisches Gedächtnis, Mentalitätsstrukturen] unterrepräsentiert, sondern vor allem auch der Gegenstand der GZA. Der Bereich wird nur als Handlungsraum an der Grenze behandelt nicht jedoch als Handlungseinheit, geschweige denn als Handlungseinheiten [z.B. Gebietskörperschaften]. Die Akteure werden lediglich von partikularen Interessen gelenkt. Kollektive Akteure tauchen hier - ganz im Sinne des Neoliberalismus - nur als Rahmenbedingungen auf. Ebenso ist die Rolle von Policy-Netzwerken304 und kollektiven regionalen Akteuren als zweitrangig anzusehen. So präzise dieser analytische Ansatz die ökonomische Situation und Entwicklung von Grenzräumen erfasst, so ungeeignet zeigt er sich für die Analyse grenzüberschreitender Zusammenarbeit.

Unter diesem Aspekt geht das interdependente Konstrukt des border area view weiter: Oscar J. Martinez305 vertritt einen Ansatz, bei dem nicht nur ein einzelner Grenzraum untersucht wird. Er untersucht benachbarte Grenzräume und ihre Interaktionsbeziehungen [ökonomisch, sozial und kulturell] und setzt sie analytisch in Bezug zueinander. Am Beispiel der Grenzen zwischen den USA und Mexiko hat Martinez ein typologisches Stufenmodell des grenznahen Raumes und der grenzüberschreitenden Beziehungen entwickelt. Als theoretische Basis für empirische Einzelstudien über europäische Grenzregionen findet dieses zunehmend Gebrauch.306 Martinez unterscheidet vier Typen von Grenzregionen:

1. „Alienated borderlands“; aufgrund der undurchlässigen Wirkung der Grenze existieren nur wenig grenzüberschreitende Kontakte.

2. „Coexistent borderlands“; Nationalstaaten reduzieren Grenzkonflikte auf ein beherrschbares Maß; eine soziale und wirtschaftliche Entwicklung findet kaum statt.

3. „Independent borderlands“; grenzüberschreitende Strukturverflechtungen erzwingen Kooperation zum gegenseitigen Vorteil.


303 Ebenda p. 46.

304 Héritier, A., Policy-Netzwerkanalyse als Untersuchungsinstrument im europäischen Kontext: Folgerungen aus einer empirischen Studie regulativer Politik, in: dies [Hrsg.], Policy-Analyse, PVS 24/1993. S. 432f. Einen gut strukturierten Überblick zur transnationalen Netzwerkbildung in Europa bildet die Arbeit von Füchtner, N., Netzwerke europäischer Räume, Bochum 1997.

305 Martinez, O., J., The Dynamic of Border interaction, in: Blake, World Boundaries, a.a.O., p. 1-15; sowie Martinez, O., J., Border People: Life and Society in the U.S.-Mexico Borderland, Tucson, University of Arizona Press 1994.

306 Anwendung findet dieses Modell in Osteuropa: siehe hierzu: Grimm, F.-D., Veränderte Grenzen und Grenzregionen, in Deutschland und Europa, in: Beiträge zur Regionalen Geographie, Bd. 38, S. 6f und Bort, E., The „Difficult Frontier“: Functional Change and Cross-border co-operation at the Eastern Frontier of the European Union, in: Anderson and Bort, Boundaries and Identities, a.a.O., p. 101f.

Kulturelle und politische Zusammenarbeit fungieren als Rahmenbedingungen und spielen dabei lediglich eine unterstützende Rolle.20

[...]

Wie und wer die grenzüberschreitende Standortkonkurrenz in ein (kollektiv-) kooperatives Verhalten transformieren soll, bleibt also bei diesem neoliberalen Ansatz ausgeblendet.

Verharrt man bei einem ökonomistisch verstandenen Grenzkonzept, dann können Grenzregionen nur als funktionalistische Räume verstanden werden, die allenfalls eine, in jedem Fall aber nicht hinreichende Voraussetzung für die GZA bilden. Werden z.B. wie bei Ratti die Transaktionskosten als Basisparameter verwendet, so bleiben nicht nur alle anderen entscheidenden Faktoren (Kultur, historisches Gedächtnis und Mentalitätsstrukturen) unterbelichtet, sondern vor allem das Subjekt der GZA. Die Grenzregion wird nur als Handlungsraum an der Grenze thematisiert nicht jedoch als Handlungseinheit, geschweige denn als transnationale Interaktion zwischen Regionen als


18 ebd., p.45.

19 ebd. p.45f.

20 ebd., p.46.

21 ebd., p.38.

[Seite 34]

Handlungseinheiten (z.B. Gebietskörperschaften). Folglich werden die Akteure lediglich von partikularen Interessen gesteuert, kollektive Akteure tauchen hier - ganz im Sinne des Neoliberalismus - nur als Rahmenbedingungen („support“) auf. Ebenso bleibt die Rolle von Policy-Netzwerken22 und kollektiven regionalen Akteuren unterbelichtet. So präzise dieser analytische Ansatz die ökonomische Situation und Entwicklung von Grenzräumen zu erfassen vermag, so beschränkt zeigt er sich für die Analyse grenzüberschreitender Zusammenarbeit.

Hier scheint uns die interdependente Variante des „border area view“ einen Schritt weiter zu bringen. Denn bei diesem von Oscar Martinez23 vertretenen Ansatz wird nicht nur ein Grenzraum untersucht, sondern die benachbarten Grenzräume und ihre vielfältigen (ökonomischen, sozialen, kulturellen) Interaktionsbewegungen analytisch in Beziehung gesetzt. Am Beispiel der Grenzen zwischen den USA und Mexiko hat Martinez ein typologisches Stufenmodell des grenznahen Raums und der grenzüberschreitenden Beziehungen entworfen, das zunehmend auch als theoretische Basis für empirische Einzelstudien über europäische Grenzregionen dient.24

Martinez unterscheidet vier Grundtypen von Grenzregionen:

1. „Alienated borderlands“, bei denen ein grenzüberschreitender Austausch aufgrund der hermetischen Wirkung der Grenze so gut wie nicht vorkommt,

2. „Coexistent borderlands“, bei denen die Nationalstaaten Grenzkonflikte auf ein beherrschbares Maß reduzieren und ein wenn auch spärlicher Austausch, jedoch kaum eine soziale und wirtschaftliche Entwicklung stattfindet.

3. „Independent borderlands“, wenn grenzüberschreitende Strukturverflechtungen zur Kooperation zum gegenseitigen Nutzen zwingen


22 siehe Dorothea Jansen/Klaus Schubert (Hrsg.) Netzwerkanalyse, Netzwerkforschung und Politikproduktion: Konzepte, Methoden, Perspektiven, Marburg 1995 und Adrienne Heritier, Policy-Netzwerkanalyse als Untersuchungsinstrument im europäischen Kontext: Folgerungen aus einer empirischen Studie regulativer Politik, in: dies (Hrsg.), Policy-Analyse, PVS 24 (1993), S.432ff. Einen gut strukturierten Überblick zur transnationalen Netzwerkbildung in Europa bietet die Arbeit von Natascha Füchtner, Netzwerke europäischer Räume, Bochum 1997.

23 siehe Martinez, The Dynamics of Border interaction, in: G. Blake (Ed.): World Bounderies, a.a.O. (Anm. 3), Vol. 1, p. 1-15.

24 So ist es sicher kein Zufall, daß mehrere Autoren dieses Modell für Osteuropa übernommen haben: siehe z.B. Frank—Dieter Grimm, Veränderte Grenzen und Grenzregionen, veränderte Grenzen in Deutschland und Europa, in: Beiträge zur Regionalen Geographie. Bd. 38, S.6f und Eberhart Bort, The „Difficult Frontier1: Funktional Change and Cross-border co-operation at the Eastern Frontier of the European Union, in Anderson/Bort (Eds.), a.a.O., p. 101f.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die eigentliche Quelle.

Sichter
(SleepyHollow02) Schumann



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