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Die rechtliche Problematik des Unterbindungsgewahrsams in der Bundesrepublik Deutschland. Verfassungsmäßigkeit und Voraussetzungen der einzelnen Regelungen in den Bundesländern

von Katja Stammen

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Statistik und Sichtungsnachweis dieser Seite findet sich am Artikelende

[1.] Ks/Fragment 064 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2013-04-29 20:39:31 Guckar
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Ks, SMWFragment, Schutzlevel sysop, Stoermer 1998

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
SleepyHollow02
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 64, Zeilen: 1-20, 101-116 (komplett)
Quelle: Stoermer 1998
Seite(n): 84, 85, Zeilen: 84: 3-16, 103-130; 85: 1-8
Es gibt Ansichten, die einen Gefahrenverdacht oder eine Gefahrenprognose befürworten und als Teil der polizeilichen Aufgabe der Gefahrenabwehr ansehen, da hierzu auch eine Vorfeldbeobachtung gehört. So könnte unter Umständen auch eine berechtigte Vorhersage einer Gefahr zu einer Ingewahrsamnahme führen, da damit eine möglicherweise bevorstehende Gefahr abgewehrt werden würde, ohne dass eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit des Gefahreneintritts besteht218. Es wäre somit allein eine Frage der Intensität des Gefahrenverdachts, ob dieser zu polizeilichen Maßnahmen ausreicht oder nicht. Die Gegner dieser Vorfeldaktivitäten lehnen eine zu weite Ausdehnung der polizeilichen Tätigkeit in diesem Bereich grundsätzlich ab, da sie behaupten, dass eine Loslösung von der Eingriffsvoraussetzung der Gefahr nicht mehr als klassische Gefahrenabwehr verstanden werden könne, da letztlich noch gar keine greifbare Gefahr vorhanden sei. Die Diskussion über diese Vorfeldermittlungen hat sich in den letzten Jahren im Rahmen des großen Lauschangriffs verstärkt, da sich den Sicherheitsbehörden mit den neuen Überwachungsmethoden auch neue Quellen und Perspektiven erschlossen haben. Jedoch ist eine nähere Beleuchtung dieser Problematik auch für den Gewahrsam von Interesse, da die Entscheidung für oder gegen diese Maßnahme immer von der Gefahreinschätzung des jeweiligen Beamten abhängig sein wird. Er muss somit wissen, welche Anforderungen an den Gefahrenbegriff zu stellen sind und welche Prognosen dabei jeweils gegebenenfalls berücksichtigt werden können219.

218 Verneinend: BayVGH, BayVbl. 1983, 434 (436): Der nach den Aufklärungsergebnissen allenfalls vorliegende allgemeine Gefahrenverdacht genügt für ein polizeiliches Eingreifen nicht. Die Polizei muss konkrete Anhaltspunkte für die Störereigenschaft haben. Das Gericht verneint damit auch die Mitschuld von Begleitpersonen, bei denen ein allgemeiner Verdacht nicht ausreichen könne. So auch BVerfGE 69, 315 (354): Bloßer Verdacht oder Vermutungen können nicht ausreichen. Für eine vorbeugende Maßnahme gehört eine hohe Prognose in der Wahrscheinlichkeit (S. 362); kritisch hierzu Burfeind, Polizeiliche Maßnahmen gegen gewalttätige Demonstranten, S. 175 - 181. Bejahend: OVG Münster, DVBI. 1982, 653 (653 ff.): Die Polizei ist zum Einschreiten auch dann befugt, wenn lediglich der Verdacht einer Gefahr besteht. Die Verwirklichung dieser Gefahr abzuwarten, ist mit dem Inhalt präventiv-polizeilichen Handelns unvereinbar. Insofern genügt der objektiv begründete Verdacht einer Gefahr. So auch BayOLG, NVwZ 1990, 194 (196): In einem solchen (Verdachts-)Fall ist es nicht einmal ausgeschlossen, dass sich polizeiliche Präventivmaßnahmen nicht nur gegen den Verursacher einer Gefahr, sondern auch gegen Personen richten können, die selbst nicht als Verursacher einer Gefahr in Betracht kommen. So auch OLG Nürnberg, NVwZ-RR 1991, 67 (69): Die Gefahr setzt wie der Tatverdacht nicht die Sicherheit, sondern ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit hinsichtlich des Eintritts voraus.

[219 Stoermer, Der polizeirechtliche Gewahrsam, S. 85.]

Es gibt Ansichten, die einen Gefahrenverdacht oder eine Gefahrenprognose befürworten und als Teil der polizeilichen Aufgabe der Gefahrenabwehr ansehen, da hierzu auch eine „Vorfeldbeobachtung“ gehört. Somit könnte u.U. auch eine berechtigte Vorhersage einer Gefahr zu einer Ingewahrsamnahme führen, da damit eine möglicherweise bevorstehende Gefahr abgewehrt werden würde, ohne daß eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit des Gefahreneintritts besteht.130 Es wäre somit also allein eine Frage der Intensität des Gefahrenverdachtes, ob er zu polizeilichen Maßnahmen ausreicht oder nicht. Die Gegner dieser „Vorfeldaktivitäten“ lehnen eine zu weite Ausdehnung der polizeilichen Tätigkeit in diesen Bereich grundsätzlich ab, da sie behaupten, daß eine Loslösung von der Eingriffsvoraussetzung der Gefahr nicht mehr als klassische Gefahrenabwehr verstanden werden könne, da letztlich noch gar keine „greifbare Gefahr“ vorhanden sei. Die Diskussion über diese Vorfeldermittlungen hat sich in den letzten Jahren im Rahmen des „großen Lauschangriffs“ verstärkt, da sich den Sicherheitsbehörden mit den neuen Überwachungsmethoden auch neue Quellen und Perspektiven erschlossen haben. Jedoch ist eine nähere Beleuchtung dieser Problematik auch für den Gewahrsam von Interesse, da die Entscheidung für oder gegen diese Maßnahme immer von der Gefahreneinschätzung des jeweiligen Beamten abhängig sein wird. Er muß somit wissen, welche Anforderungen an den Gefahrenbegriff zu stellen sind und welche Prognosen dabei jeweils gegebenenfalls berücksichtigt werden können.

130 Verneinend: BayVGH in BayVBl. 1983 S. 436: „Der nach den Aufklärungsergebnissen allenfalls vorliegende allgemeine Gefahrenverdacht genügt für ein polizeiliches Eingreifen nicht. Die Polizei muß konkrete Anhaltspunkte für die Störereigenschaft haben.“ (Hier ging es um den sogenannten Fall einer „passiven Bewaffnung“, bei dem von Teilnehmern einer Demonstration Teile von Brandsätzen mitgeführt wurden, die an Ort und Stelle zu Molotowcocktails zusammengesetzt werden können.) Das Gericht verneint damit die Mitschuld von Begleitpersonen, bei denen ein allgemeiner Verdacht nicht ausreichen könne. Im Anschluß an die Entscheidung eine kritische Auseinandersetzung mit der Problematik von Köhler, der die Ansicht des Gerichts in der Praxis für undurchführbar hält. So auch BVerfGE 69 S. 354: „ ... bloßer Verdacht oder Vermutungen können nicht ausreichen.“ Für eine vorbeugende Maßnahme gehört eine hohe Prognose in der Wahrscheinlichkeit (S. 362); kritisch hierzu auch Burfeind, Diss. Göttingen 1993 S. 175-181. Bejahend: OVG Münster in DVBI. 1982 S. 635 ff.: „Die Polizei ist zum Einschreiten auch dann befugt, wenn lediglich der Verdacht einer Gefahr ... besteht... Die Verwirklichung dieser Gefahr abzuwarten, wäre mit dem Inhalt präventiv-polizeilichen Handelns unvereinbar gewesen ... insofern genügt der objektiv begründete Verdacht einer Gefahr.“ (In diesem Fall ging es um den Gefahrenverdacht bei einer Sicherstellung von Gegenständen wie Beilen, Feuerlöschern, etc., die Personen bei einer Kontrollstelle anläßlich einer Demonstration bei sich führten.) So auch BayObLG in NVwZ 1990 S. 196: „ ... in einem solchen (Verdachts-)Fall ist es nicht einmal ausgeschlossen, daß sich polizeiliche Präventivmaßnahmen nicht nur gegen den Verursacher einer Gefahr richten können, sondern auch gegen Personen richten können, die selbst nicht als Verursacher einer Gefahr in Betracht kommen.“ So auch OLG Nürnberg in NVwZ-RR 1991 S. 69: „ ... die Gefahr setzt wie der Tatverdacht nicht die Sicherheit, sondern ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit hinsichtlich des Eintritts voraus.“

Anmerkungen

Quelle ist in Fn. 219 genannt. Daraus geht die Übernahme der vollen Seite nebst Belegen nicht hervor.

Sichter
Guckar



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