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Die rechtliche Problematik des Unterbindungsgewahrsams in der Bundesrepublik Deutschland. Verfassungsmäßigkeit und Voraussetzungen der einzelnen Regelungen in den Bundesländern

von Katja Stammen

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Statistik und Sichtungsnachweis dieser Seite findet sich am Artikelende

[1.] Ks/Fragment 197 01 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2013-11-30 15:40:19 WiseWoman
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Ks, SMWFragment, Schutzlevel sysop, Stoermer 1998

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
SleepyHollow02
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 197, Zeilen: 1-20 (komplett)
Quelle: Stoermer 1998
Seite(n): 113, 115, 116, Zeilen: 113: 18-23; 115: 14-20; 116: 1-14
grundrecht nicht zielgerichtet eingeschränkt wird. Im Anwendungsbereich des Versammlungsgesetzes ist den Polizeibehörden ein Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht verwehrt, soweit das VersG eigene Regelungen enthält742.


II. Der Polizeikessel als Sonderform des Gewahrsams743

Eine in der Vergangenheit häufiger aufgetretene Form des Polizeihandelns ist der bereits erwähnte Polizeikessel, der eine Reaktion der Polizei auf die Entwicklungen der letzten Jahre, insbesondere bei Großveranstaltungen, darstellt744. Belm Polizeikessel wird eine Gruppe von Störern von Polizeikräften umstellt, um sie an einer Stelle festzuhalten oder unter Polizeischutz wegzugeleiten745. Als Beispiel für einen solchen Kessel ist der Münchner Kessel anlässlich des Weltwirtschaftsgipfels 1993 zu nennen746. Bezüglich dieser Vorgehensweise wurden Stimmen laut, die von dieser Maßnahme als menschenunwürdige Vorgehensweise sprachen, gerade im Hinblick auf das stundenlange Festhalten der Personen im Kessel, ohne entsprechende Versorgung durch die Ordnungskräfte747. Wie bereits an anderer Stelle erläutert, schließt das Versammlungsrecht wegen der Wechselwirkung der beiden Gesetze polizeiliche Maßnahmen grundsätzlich nicht aus. Es stellt sich im Zusammenhang mit dem Polizeikessel daher zum einen die Frage, ob es sich dabei um eine Form der polizeilichen Ingewahrsamnahme oder eine eigenständige andere polizeiliche Maßnahme handelt, zum anderen, ob eine solche polizeiliche Handlungsweise, insbesondere Im Hinblick auf Art. 8 GG rechtmäßig [ist.]


747 S. Seite 194 f.

742 VGH BW, NVwZ 1998, 761 (761); Deger, NVwZ 1999, 265 (265 f.); Gusy, PollzeiR, Rdnr. 332; Stoermer, Der polizeirechtliche Gewahrsam, S. 113; a. A. BayVGH, BayVBI. 1990, 654 (660).

743 S. Hofmann-Hoeppel, DÖV 1992, 867 (867 ff.).

744 Hamburger Kessel 1986; Mainzer Kessel 1986; Münchner Kessel 1993.

745 Diese Vorgehensweise wird dann als Wanderkessel bezeichnet; vgl. zudem Markert/Schmidbauer, BayVBI. 1993, 517 (517 ff.).

746 Vgl. dazu das Urteil des LG München vom 28.02.1994, Az. 90 12 730/93 (Münchner Kessel), in dem das Gericht die Behandlungsweise der Demonstranten für rechtswidrig erachtete.

747 Vgl. Blau/Dammann, DuR 1986, 365 (365 ff.).

[Seite 113, Zeilen 18-23]

Aus den genannten Gründen wäre bei einer Anwendung der Polizeigesetze keine Nennung des Art. 8 GG in den Eingriffskatalogen nach dem Zitiergebot gem. Art. 19 I S. 2 GG erforderlich, da durch die Polizeigesetze das Versammlungsgrundrecht nicht zielgerichtet eingeschränkt wird, sondern auf diese Gesetze nur hilfsweise für die Fälle zurückgegriffen werden soll, in denen das Versammlungrecht keine Regelungen anbietet.248

[Seite 115, Zeilen 14-20]

VII. Der PolizeikesseL als Sonderform des Gewahrsams254

1. Geschichte des Polizeikessels

Eine in der jüngsten Vergangenheit häufiger aufgetretene Form des Polizeihandelns ist der schon angesprochene „Polizeikessel“.255 Es handelt sich dabei um eine gesetzlich nicht geregelte Maßnahme, die in der Öffentlichkeit laute Kritik erregt hat. Man denke an den „Münchner Kessel“ anläßlich des Weltwirtschaftsgipfels 1993, bei dem eine Gruppe von Demonstranten durch Poli-

[Seite 116, Zeilen 1-14]

zeikräfte umstellt und somit neutralisiert wurde.256 Es wurden Stimmen laut, die von dieser Maßnahme als „menschenunwürdige Vorgehensweise“ sprachen, gerade im Hinblick auf das stundenlange Festhalten der Personen im Kessel, ohne entsprechende Versorgung durch die Ordnungskräfte. 257 Beim Polizeikessel wird, wie der Name schon sagt, eine Gruppe von Störern von Polizeikräften umstellt, um sie an derselben Stelle festzuhalten oder unter Polizeischutz wegzugeleiten.258 Bereits im Kapitel VI wurde klargestellt, daß das Versammlungsrecht polizeiliche Maßnahmen, wegen der Wechselwirkung der beiden Gesetze, grundsätzlich nicht ausschließt. Es stellt sich im Zusammenhang mit dem Polizeikessel daher zum einen die Frage, ob es sich dabei um eine Form der polizeilichen Ingewahrsamnahme oder eine eigenständige andere polizeiliche Maßnahme handelt, zum anderen, ob eine solche polizeiliche Handlungsweise, wegen der besonderen, auch psychisch belastenden Umstände rechtmäßig ist.


248 Anders BayVGH in BayVBl. 1990 S. 660, der davon ausgeht, daß durch die neue bayerische Gesetzgebung keine neue Eingriffmöglichkeit geschaffen wurde.

254 Einen Überblick über neuere Probleme hinsichtlich des Polizeikessels mit einer Stellungnahme zum „Mainzer und Berliner Kessel“ bei Hofmann-Hoeppel in DÖV

255 Hamburger Kessel 1986; Mainzer Kessel 1986; Berliner Kessel 1987; Münchner Kessel 1993.

256 Vergl. dazu auch das Urteil des LG München vom 28.02.1994, Az. 90 12 730/93 (Münchner Kessel), in dem das Gericht die Behandlungsweise der Demonstranten für rechtswidrig erachtete.

257 Zur Vorgeschichte und zur Situation der Betroffenen während des „Hamburger Kessels“ vergl. Blau/Dammann in DuR 1986 S. 365 ff.

258 Diese Vorgehensweise wird dann als Wanderkessel bezeichnet; zur einschließenden Begleitung vergl. auch Markert/Schmidbauer in BayVBl. 1993 S. 517 ff, die die „eingeschlossene Begleitung“ durch die Polizei, über die allgemeine polizeiliche Aufgabenzuweisungsnorm des Art. 11 BayPAG herleiten und für eine atypische polizeiliche Maßnahme halten. Die Autoren gehen aber nicht von der klassischen Kesselkonstellation aus, sondern beziehen sich beispielsweise auf ein Begleiten einer Fangruppe vom Bahnhof zum Fußballstadium. Diese Situation wäre nur mit dem „Wanderkessel“ vergleichbar.

Anmerkungen

Quelle ist in Fn. 742 genannt.

Übernahme beginnt auf der Vorseite Ks/Fragment 196 01.

Sichter
Guckar



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