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Multikulturalismus und Integration als Grundrechtsproblem

von Monique Radtke

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[1.] Mra/Fragment 266 08 - Diskussion
Zuletzt bearbeitet: 2016-05-14 13:48:38 Schumann
BauernOpfer, Fragment, Gesichtet, Mra, SMWFragment, Schutzlevel sysop, Spies 1993

Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
SleepyHollow02
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 266, Zeilen: 8-17, 19-22, 104-107
Quelle: Spies 1993
Seite(n): 638, Zeilen: online
Als verfassungsimmanente Schranke kommen zunächst einmal die Grundrechte anderer Schüler in Betracht. Diese haben nämlich das Recht, aus Art. 140 GG i. V. m. Art. 136 Abs. 3 S. 1 WRV, ihr Bekenntnis nicht offenbaren zu müssen. Zum Grundrechtskonflikt kann es aber nur kommen, wenn die muslimischen Schülerinnen durch das Tragen des Schleiers in Art. 140 GG i.V.m. Art. 136 Abs. 3 S. 1 WRV eingreifen. Durch den bloßen Anblick eines Kleidungsstücks der Klassenkameradin wird indes, trotz fehlender Ausweichmöglichkeit, kein Schüler gezwungen, seinen Glauben oder seine Weltanschauung zu offenbaren. Die negative Religionsfreiheit schützt nicht vor „religiösem Umwelteinfluss“1229 bzw. ist kein Konfrontationsschutz. In der Entscheidung zum Kreuz im Gerichtssaal, dessen Problematik vergleichbar scheint, findet sich folgender Satz:1230 „Das bloße Vorhandensein eines Kreuzes verlangt (…) weder eine eigene Identifizierung mit den darin symbolhaft verkörperten Ideen oder Institutionen noch ein irgendwie geartetes aktives Verhalten.“ Gleiches kann also nur gelten, wenn im Unterricht eine Mitschülerin einen Schleier trägt.1231 Wer diese These vertritt muss sich allerdings vor Augen führen, dass man sich durch einen Blick in die deutschen Klassenräume eines besseren belehren lassen muss, sich die faktische Situation also anders darstellt.

1229 von Campenhausen, in: Isensee-Kirchhof, HdbStR VI, Heidelberg 2000, § 136.

1230 Spies, NVwZ 1993, 637.

1231 Wohl nicht mehr von der Freiheit der Religionsausübung gedeckt wäre ein Ausnützen der „Zwangsinstitution Schule“, um die Mitschüler zum islamischen Glauben zu bekehren. Nach übereinstimmender Auffassung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts ist eine Glaubenswerbung missbräuchlich, die unter Ausnutzung besonderer Verhältnisse (z.B. einer Strafanstalt, eines Arbeitsplatzes) durchgeführt wird. Diese Feststellung lässt nun wiederum eine erneute Frage aufkommen, wer die Entscheidung treffen soll, wann ein solcher Fall vorliegt.

Solche Bestimmungen sind zunächst einmal die Grundrechte der Mitschüler. Diese haben nämlich das Recht aus Art. GG Artikel 140 GG i. V. mit Art. WRV Artikel 136 WRV Artikel 136 Absatz III 1 WRV, ihr Bekenntnis nicht offenbaren zu müssen. Die Konstellation ähnelt damit dem Grundrechtskonflikt in der Schulgebetsentscheidung des BVerfG zwischen Befürwortern und Gegnern des Gebets im Unterricht25. Zum Grundrechtskonflikt kann es aber nur kommen, wenn die muslimischen Schülerinnen durch das Tragen des Schleiers in Art. GG Artikel 140 GG i. V. mit Art. WRV Artikel 136 WRV Artikel 136 Absatz III 1 WRV eingreifen.

Durch den bloßen Anblick eines Kleidungsstücks der Klassenkameradin wird indes kein Schüler gezwungen, seinen Glauben oder seine Weltanschauung zu offenbaren. Die negative Religionsfreiheit schützt nicht vor “religiösem Umwelteinfluß"26. In der Entscheidung des BVerfG zum Kreuz im Gerichtssaal findet sich der treffende Satz: “Das bloße Vorhandensein eines Kreuzes verlangt (...) weder eine eigene Identifizierung mit den darin symbolhaft verkörperten Ideen oder Institutionen noch ein irgendwie geartetes aktives Verhalten"27. Gleiches gilt, wenn im Unterricht eine Mitschülerin einen Schleier trägt.

Wohl nicht mehr von der Freiheit der Religionsausübung gedeckt wäre ein Ausnützen der “Zwangssituation Schule"28, um die Mitschüler zum islamischen Glauben zu bekehren. Nach übereinstimmender Auffassung des BVerfG und des BVerwG ist eine Glaubenswerbung mißbräuchlich, die unter “Ausnutzung besonderer Verhältnisse” (z. B. einer Strafanstalt, eines Arbeitsplatzes) durchgeführt wird29.[...]

Wer diese These vertritt, wird sich durch einen Blick in die deutschen Klassenräume eines besseren belehren lassen müssen.


25 BVerfGE 52, 223 (245 f.) = NJW 1980, 575; Herzog (o. Fußn. 20), Art. 4 Rdnrn. 56, 60 f.

26 v. Campenhausen, in: Isensee-Kirchhof, HdbStR VI, § 136 Rdnr. 95.

27 BVerfGE 35, 366 (376) = NJW 1973, 2196.

28 Terminus von Alberts, NVwZ 1985, 92 (95).

29 BVerfGE 12, 1 (5) = NJW 1961, 211 - Glaubenswerbung durch Mithäftling; BVerwGE 15, 134 (137) = NJW 1963, NJW 1170 - Glaubenswerbung des Lehrlings durch den Lehrherrn. Krit. Häberle, JuS 1969, 265 (266-268).

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 1230 genannt, auch danach wird weiter aus ihr übernommen.

Das Zitat nach Fn. 1230 geht nicht in die Zeilenzählung ein.

Sichter
(SleepyHollow02) Schumann



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