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220 gesichtete, geschützte Fragmente

[1.] Mra/Fragment 009 22

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 9, Zeilen: 22-29
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 300, Zeilen: 15 ff.
Diese Zuwanderung nach Europa stellt eine Herausforderung gleichermaßen an die Migranten dar wie an die sie aufnehmenden europäischen Staaten. Wie reagiert das demokratische System der Bundesrepublik Deutschland auf diese Herausforderung unter Kenntnis der Tatsache, dass die Zuwanderer aus vormodernen Kulturen kommen, die keine Demokratieerfahrung haben? Liegt ein gutes Integrationskonzept für die Einbindung der Ein- und Zuwanderer in die Demokratie der deutschen Gesellschaft vor? Wenn man von der Integration der in einem Land lebenden Ausländer spricht, muss man zwangsläufig auch auf das jeweilige politische System eingehen.2

2 Vgl. auch zu Menschenrechten im Islam: Interview von Regina Mönch mit dem Islamwissenschaftler Ralph Ghadban, in: Das Parlament Nr. 32/33 vom 6. August 2007.

Die Zuwanderung aus den islamischen Mittelmeerländern (vormoderne Kulturen) nach Europa stellt eine Herausforderung gleichermaßen an die Migranten wie an die sie aufnehmenden europäischen Staaten dar. Wie reagiert das demokratische System der Bundesrepublik Deutschland auf diese Herausforderung unter Kenntnis der Tatsache, daß die Zuwanderer aus vormodernen Kulturen kommen, die keine Demokratie kennen? Liegt ein Integrationskonzept für die Einbindung der Ein- und Zuwanderer in die Demokratie der deutschen Gesellschaft vor? Wenn man von der Integration der in einem Land lebenden Ausländer spricht, muß man zwangsläufig auf das jeweilige politische System eingehen.
Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[2.] Mra/Fragment 013 19

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 13, Zeilen: 19-26
Quelle: Halm Liakova 2006
Seite(n): 199, Zeilen: online
Seit den Terroranschlägen vom 11.09.2001 ist zudem ein Wendepunkt in der Beziehung zwischen „Islam“ und „Westen“ zu konstatieren. Tatsächlich hat sich in den letzten Jahren ein asymmetrischer Konflikt zwischen den Staaten des Westens und Teilen der islamischen Welt entwickelt, der durch den islamistisch motivierten Terrorismus einerseits und die Antiterrorkriege in Afghanistan und im Irak andererseits gekennzeichnet ist, nicht zu vergessen der israelisch-palästinensischen Konflikt und die atomare Gefahr durch den Iran. Nun leben aber im Westen in großer Zahl muslimischer Zuwanderer, die sich eigentlich in interkulturelle Gesellschaften integrieren sollen.16

16 Detaillierte Forschungsergebnisse über öffentliche Diskurse um den Islam und ihre Auswirkungen auf das Zusammenleben von Muslimen und Mehrheitsgesellschaft bei Halm/Liakova, ZAR 2006, 199.

Der 11.9.2001 wird vielfach als Wendepunkt in den Beziehungen zwischen »Islam« und »Westen« dargestellt.2 Dabei ist die Behauptung eines Konflikts zwischen beiden »Kulturkreisen« ein Produkt der 1990er, das seine prominenteste Manifestation in Huntingtons »Clash of Civilizations« von 1996 gefunden hatte.3 Tatsächlich hat sich in den letzten Jahren ein asymmetrischer Konflikt zwischen den Staaten des Westens und Teilen der islamischen Welt entwickelt (und nach dem 11. September auch deutlich verschärft), der durch islamistisch motivierten Terrorismus einerseits und die »Anti-Terror-Kriege« in Afghanistan und im Irak andererseits gekennzeichnet ist, nicht zu vergessen den israelisch-palästinensischen Konflikt. Nun leben aber im »Westen« in großer Zahl muslimische Zuwanderer, die sich mit Einheimischen in interkulturelle Gesellschaften integrieren sollen.

2 Ein früher Ausdruck dieser Sichtweise in Deutschland waren etwa die Tagung »Wendepunkt 11. September?« im Goethe-Institut in München am 27. und 28.10.2001 oder der Band von Hilmar Hoffmann/Wilfried F. Schöller (Hg.): Wendepunkt 11.9.2001. Köln 2001.

3 Samuel P Huntington, The Clash of Civilizations and the Remaking of World Order. New York 1996.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 16 genannt - wenngleich nicht als Quelle für die übernommenen Inhalte, sondern als Literaturhinweis zu Forschungsergebnissen über öffentliche Islam-Diskurse (insofern könnte das Fragment auch unter VS kategorisiert werden).


[3.] Mra/Fragment 013 26

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 13, Zeilen: 26-32, 35-40
Quelle: Schuleri-Hartje Reimann 2005
Seite(n): 164, Zeilen: online
Dies erscheint aufgrund der angespannten Lage zunächst schwierig, denn im Vergleich zu der Anwerbung der ersten „Gastarbeitergeneration“ in den sechziger Jahren des vorherigen Jahrhunderts hat sich bereits die Zusammensetzung der Zuwanderer deutlich verändert. Nach dem Anwerbestopp 1973 fand mit Familiennachzug und Familiengründung eine Art Konsolidierung der ausländischen Bevölkerung und eine deutliche Veränderung in den Altersklassen statt. Damit einhergehend ist der Anteil der Zuwanderer im erwerbsfähigen Alter deutlich gesunken. [...]

Parallel zu dem Anwachsen der ethnischen Heterogenität, die im Zusammenhang mit der Zuwanderung immer neuer Bevölkerungsgruppen anzieht, sowie der Veränderung der Wanderungsursachen, nehmen auch sozio-ökonomische Ungleichheiten zwischen den Zuwanderungsgruppen sowie zwischen der zuwandernden und der deutschen Bevölkerung zu. Insgesamt ist der Anteil der Zuwanderer, die im Berufsleben stehen, deutlich gesunken, sicherlich auch beeinflusst durch den ökonomischen Strukturwandel in den letzten zwei Jahrzehnten und [weiter verstärkt durch die weltweite Wirtschaftskrise seit 2009.]

Die Zusammensetzung der Zuwanderer in Deutschland hat sich seit der Anwerbung der ersten »Gastarbeitergeneration« in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts deutlich verändert. Nach dem Anwerbestopp 1973 fand mit Familiennachzug und Familiengründung eine Art Konsolidierung der ausländischen Bevölkerung und eine deutliche Veränderung in den Altersklassen statt. Damit einhergehend ist der Anteil der Zuwanderer im erwerbsfähigen Alter deutlich gesunken.

[...]

Parallel zu dem Anwachsen der ethnischen Heterogenität, die in Zusammenhang mit der Zuwanderung immer neuer Bevölkerungsgruppen sowie der Veränderung der Wanderungsursachen steht, nehmen auch sozio-ökonomische Ungleichheiten zwischen den Zuwanderergruppen sowie zwischen der zuwandernden und der deutschen Bevölkerung zu. Insgesamt ist der Anteil der Zuwanderer, die im Berufsleben stehen, deutlich gesunken, mitbedingt durch den ökonomischen Strukturwandel in den letzten zwei Jahrzehnten.

Anmerkungen

Die Quelle ist oben auf der Seite in Fn. 14 genannt; danach folgen noch zwei weitere Fn. mit anderen Quellenverweisen (s.a. Fragment 013 19), daher Einstufung als Verschleierung.


[4.] Mra/Fragment 014 20

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 14, Zeilen: 20-26
Quelle: Benz 2012
Seite(n): 49, Zeilen: 3-15
Wenn eine Umfrage ergibt, dass 80 % der Deutschen den Islam als „fanatische und gewalttätige Religion“ sehen, dann beruht diese Erkenntnis nicht auf der Beschäftigung mit dessen Inhalten und Lehrmeinungen, nicht auf Kenntnis von Koran und Sunna, nicht auf dem Studium von Geschichte und Kultur des Islam. Diese Umfrage spiegelt vielmehr Angst und Abneigung wider. Die stereotype Wahrnehmung der anderen Kultur gründet sich auf Assoziationen, die im aktuellen Diskurs über den Islam vorgetragen werden, nicht mehr hinterfragt werden und deshalb selbstverständliches Wissen sind.20

20 Benz, Die Feinde aus dem Morgenland, München 2012, S. 49.

Wenn eine Umfrage ergibt, dass 80 Prozent der Deutschen den Islam als «fanatische und gewalttätige Religion» sehen,1 dann beruht diese Erkenntnis nicht auf der Beschäftigung mit dessen Inhalten und Lehrmeinungen, nicht auf Kenntnis von Koran und Sunna, nicht auf dem Studium von Geschichte und Kultur des Islam. Die Umfrage spiegelt vielmehr Angst und Abneigung, stimuliert durch Ressentiments, deren Tradition weit zurückreicht. Die stereotype Wahrnehmung der anderen Kultur gründet sich auf überlieferte Konnotationen und Assoziationen, die im aktuellen Diskurs über den Islam Kerne der Argumentation bilden und nicht mehr hinterfragt werden müssen, weil sie Bestandteil überlieferten und deshalb selbstverständlichen «Wissens» sind.

1 Vgl. Thomas Naumann, Feindbild Islam. Historische und theologische Gründe einer europäischen Angst, in: Thorsten Gerald Schneiders (Hrsg.), Islamfeindlichkeit. Wenn die Grenzen der Kritik verschwimmen, Wiesbaden 2009, S. 19.

Anmerkungen

Die Quelle ist genannt, die weitgehende Wörtlichkeit der Übernahme bleibt ungekennzeichnet. Und Naumann als eigentliche Quelle fällt bei diesem Zitat aus zweiter Hand unter den Tisch.


[5.] Mra/Fragment 015 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 15, Zeilen: 1-2, 5-14
Quelle: Rogall-Grothe 2009
Seite(n): 50, Zeilen: online
[Der Islam mit all seinen Ausprägungen und Glaubensrichtungen ist zunächst einmal eine der] großen Weltreligionen. In Deutschland leben mittlerweile etwa 4 Mio. Menschen muslimischen Glaubens bzw. mit Herkunft aus muslimisch geprägten Staaten.21 [...] Schon heute zeigt das Bild auf den Straßen nicht nur größerer Städte, dass Muslime ein nicht mehr wegzudenkender Teil der deutschen Gesellschaft geworden sind. Da sowohl die Arbeitsmigration als auch die Flucht vor politischer Verfolgung und Bürgerkriegen zunächst nur als zeitlich befristete Aufenthalte erschienen, haben sich Politik und Gesellschaft lange gegen die Erkenntnis verschlossen23, dass die Zugewanderten und damit auch ihre Kultur und Religionen in Deutschland heimisch geworden sind, was durchaus einen beachtlichen verfassungsrechtlichen Aspekt beinhaltet. So wird die Einbeziehung des Islams in das deutsche Staatskirchenrecht oder Religionsverfassungsrecht oft als Prüfstein für unsere christlich tradierte Rechtsordnung im Verhältnis zwischen dem Staat und den Religions- bzw. Weltanschauungsgemeinschaften angesehen.

21 Vgl. dazu: www.deutsche-islam-konferenz.de/DIK/DE

23 So auch Rogall-Grothe, ZAR 2009, 50.

In Deutschland leben rund 3,2 bis 3,5 Millionen Menschen muslimischen Glaubens bzw. mit Herkunft aus muslimisch geprägten Staaten. Politik und Gesellschaft haben sich lange gegen die Erkenntnis verschlossen, dass die Zugewanderten und damit auch ihre Kultur und Religion in Deutschland heimisch geworden sind.

[...]

Der Islam mit allen seinen Ausprägungen und Glaubensrichtungen ist eine der großen Weltreligionen. In Deutschland leben mittlerweile etwa 3,2 bis 3,5 Millionen Menschen muslimischen Glaubens bzw. mit Herkunft aus muslimisch geprägten Staaten. Schon heute zeigt das Bild auf den Straßen nicht nur der größeren Städte, sondern in fast allen Regionen Deutschlands, dass Muslime ein nicht mehr wegzudenkender Teil der deutschen Gesellschaft geworden sind. Da sowohl die Arbeitsmigration als auch die Flucht vor politischer Verfolgung und Bürgerkriegen zunächst nur als zeitlich befristete Aufenthalte erschienen, haben sich Politik und Gesellschaft lange gegen die Erkenntnis verschlossen, dass die Zugewanderten und damit auch ihre Kultur und Religion in Deutschland heimisch geworden sind.

[...] So wird die Einbeziehung »des Islam« in das deutsche Staatskirchenrecht oder Religionsverfassungsrecht vielfach als Prüfstein für unsere tradierte Rechtsordnung zum Verhältnis zwischen dem Staat und Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften angesehen.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 23 genannt.


[6.] Mra/Fragment 015 17

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 15, Zeilen: 17-21, 27-30
Quelle: Halm Liakova 2006
Seite(n): 199, 200, Zeilen: online
[...]24 Eine Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach aus dem Jahr 2004 zeigte bereits, dass die deutsche Bevölkerung schon damals von einem beträchtlichen Konfliktpotential des Islams ausging: 55 % der Befragten waren nämlich der Meinung, Islam und Christentum seien zu verschieden25, weshalb es immer wieder zu neuen Konflikten kommen werde. Nur 29 % waren der Auffassung, beide Religionen könnten überhaupt nebeneinander existieren.26 [...]

Auf diese Weise erfährt die islamische Kultur eine immer ausgeprägtere Abwertung in der deutschen Bevölkerung. Zugleich ist eine breite Zustimmung zu generalisierenden Aussagen über den Zusammenhang von Islam und Terrorismus festzustellen sowie mehrheitlich eine geringe Kompetenz zur Differenzierung islamischen Glaubensrichtungen.28


24 Halm/Liakova, ZAR 2006, 199; Steppat/Scheffler, Islam als Partner, Islamkundliche Aufsätze 1944-1996, Beirut/Würzburg 2001; Schweizer, Islam und Abendland: Geschichte eines Dauerkonflikts, Stuttgart 2003; Zehetmair, Der Islam: im Spannungsfeld von Konflikt und Dialog, Würzburg 2005; Yousefi/Braun, Interkulturelles Denken oder die Achse des Bösen: das Islambild im christlichen Abendland, Nordhausen 2005; Tibi, Die Islamische Herausforderung: Religion und Politik im Europa des 21. Jahrhunderts, Darmstadt 2007.

25 Studien dazu: Schiffer, Medien und Erziehung Nr. 2/2005, 43; Hoffmann, Islam in den Medien, Münster 2004; Leibold/Kühnel/Heitmeyer, Aus Politik und Zeitgeschichte, 1-2/2006, 3; Halm/Sauer, WSI-Mitteilungen 10/2004, 547; Goldberg/Sauer, Perspektiven der Integration türkischstämmiger Migranten in NRW, Münster 2003; Hafez, Frankfurter Hefte 1/1991, 426.

26 Köcher, FAZ vom 15.12.2004; zu Islamphobie bei den Deutschen: Leibold/Kühne /Heitmeyer, Aus Politik und Zeitgeschichte 2006, 3.

28 Geißler/Pöttker, Medien und Migration im internationalen Vergleich, Bielefeld 2006; Zehetmair, Der Islam im Spannungsfeld von Konflikt und Dialog, Wiesbaden 2005.

Eine Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach aus dem Jahr 2004 zeigt, dass die deutsche Bevölkerung von beträchtlichem Konfliktpotential ausgeht: 55 % der Befragten sind der Meinung, Islam und Christentum seien zu verschieden, weshalb es immer wieder zu schweren Konflikten kommen werde. Nur 29 % sind der Auffassung, beide Religionen könnten nebeneinander existieren.4

[Seite 200]

Die islamische Kultur erfährt eine immer ausgeprägtere Abwertung in der deutschen Bevölkerung. Zugleich ist eine breite Zustimmung zu generalisierenden Aussagen über den Zusammenhang von Islam und Terrorismus festzustellen sowie mehrheitlich eine geringe Kompetenz zur Differenzierung islamischer Glaubensrichtungen feststellbar.12


4 Renate Köcher in der FAZ vom 15.12.2004.

6 Siehe Jürgen Leibold/Steffen Kühnel/Wilhelm Heitmeyer: Abschottung von Muslimen durch generalisierte Islamkritik? In: Aus Politik und Zeitgeschichte 1-2/2006, S. 3-10. Der Text bietet eine Übersicht der Befunde zur Islamophobie in der deutschen Bevölkerung im Rahmen des Forschungsprojektes »Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit« (»GMF-Survey«) von 2003-2005.

12 Leibold/Kühnel/Heitmeyer (o.Fn. 6), S. 4-6.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 24 als erste genannt, doch wird auch danach weiter (ungekennzeichnet) aus ihr übernommen.


[7.] Mra/Fragment 016 07

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 16, Zeilen: 7-15
Quelle: Heckel 1999
Seite(n): 748, 749, Zeilen: 748, re. Sp. 4 ff.; 749, li. Sp. 10-11
Die inhaltliche, kongruente Übereinstimmung der Religionsgemeinschaften mit der weltlichen Verfassung kann keinesfalls gefordert werden. Keine Religionsgemeinschaft muss die säkularen Grundrechte der weltlichen Verfassung in ihr Glaubensgut rezipieren, denn den Religionsgemeinschaften wird gerade durch das Grundgesetz die Freiheit zur eigenständigen Organisation und Betätigung nach ihren religiösen Grundprinzipien und Zielen zuerkannt. Die Offenbarungsreligionen führen ihre Stiftung und ihre tragenden Organisationsstrukturen nämlich auf göttliche (Rechts-) Grundlagen zurück. Aber die Einhaltung der Verfassung und des verfassungsgemäßen staatlichen Rechts müsste dennoch verlangt werden können. 1. Die inhaltliche Übereinstimmung der Religionsgemeinschaften mit der weltlichen Verfassung kann nicht als Voraussetzung des Religionsunterrichts gefordert werden. Keine Religionsgemeinschaft muß die säkularen Grundrechte und Organisationsstrukturen der weltlichen Verfassung in ihr Glaubensgut rezipieren und in ihrem („innerkirchlichen“) Religionsrecht kopieren. Die Grundrechte der weltlichen Verfassung richten sich als Adressaten gegen den Staat und nicht an die Gesellschaft47. Sie schließen die weltanschauliche Gleichschaltung der Religionsgesellschaften auf das säkulare Ordnungsmodell der Staatsverfassung gerade aus. Den Religionsgemeinschaften wird vielmehr durch Art. 4,140 GG/137I und III GG die Freiheit zur eigenständigen Organisation und Betätigung nach ihren religiösen Grundprinzipien und Zielen zuerkannt. Die Offenbarungsreligionen führen ihre Stiftung und tragenden Organisationsstrukturen auf göttliche Rechtsgrundlagen zurück und richten die sittlichen und rechtlichen Beziehungen ihrer Mitglieder danach aus48.

[Seite 749]

2. Aber die Einhaltung der Verfassung und des verfassungsgemäßen staatlichen Rechts muß gewährleistet sein.


47 [...]

48 [...]

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.

Aus "inhaltliche Übereinstimmung" wird "inhaltliche, kongruente Übereinstimmung".


[8.] Mra/Fragment 018 07

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 18, Zeilen: 7-16
Quelle: Kelek 2006
Seite(n): 233, Zeilen: online
Die Frau hat außerdem dafür zu sorgen, dass der Mann befriedigt wird, sie hat ihm Kinder zu gebären und den Haushalt zu führen. Von Liebe ist nicht die Rede. Die Frau ist Sexualpartnerin. Ein sozialer Aufstieg gelingt ihr nur, wenn sie selbst Mutter eines Sohnes wird. Der höchste Status, den eine Frau in der türkisch-muslimischen Familie erreichen kann, ist jener der Kaynana, der Schwiegermutter. Erst dann darf sie selbst entscheiden, dem Sohn die Braut aussuchen, über das Leben der Schwiegertochter bestimmen und ihr Befehle erteilen. Bis dahin bleibt sie die Fremde, die kein Recht auf Liebe ihres Ehemannes hat und auch nicht auf die der eigenen Kinder. Nach muslimischer Tradition gehören die Kinder dem Mann oder seiner Familie. Ein gemeinsames Sorgerecht gibt es nicht.41

41 Kelek, ZAR 2006, 232.

Die Frau hat dafür zu sorgen, dass der Mann befriedigt wird, sie hat ihm Kinder zu gebären und den Haushalt zu führen. Von Liebe ist nicht die Rede. Die Liebe des Sohnes gehört der Mutter oder Gott. Die Frau ist Sexualpartnerin. Ein sozialer Aufstieg gelingt ihr nur, wenn sie selbst Mutter eines Sohnes wird. Der höchste Status, den eine Frau in der türkisch-muslimischen Familie erreichen kann, ist der der Kaynana, der Schwiegermutter. Erst dann darf sie selbst entscheiden, ihm die Braut aussuchen, über deren Leben bestimmen und ihr Befehle erteilen, und sie tut dies oft ohne Gnade und Rücksicht, wie ich in vielen Gesprächen erfahren musste. Bis dahin bleibt die »Gelin« die Fremde, die kein Recht auf die Liebe ihres Ehemann hat und auch nicht auf die eigenen Kinder. Nach muslimischer Tradition gehören die Kinder dem Mann oder seiner Familie. Ein gemeinsames Sorgerecht gibt es nicht.
Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 41 genannt; das wörtliche Zitat ist nicht gekennzeichnet.


[9.] Mra/Fragment 019 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 19, Zeilen: 1-5, 7-9.10-20, 23-26
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 141, 162 f., 178-181, Zeilen: 141: 31 ff., 162: letzte Zeile, 163: 1 ff., 178: letzter Abs., 179: 1 ff., 180: 1 ff., 181: vorletzter Abs.
Mord als eine Tötung „aus edlen Motiven“ anerkennen, nur weil diese Tat den (überkommenden) Sitten und Bräuchen entspricht?

Die Verteidigung der Reinheit der Sexualität der weiblichen Familienangehörigen, auch durch Tötung, gilt aus streng islamischer Sicht als edles Motiv. Was soll an dieser Tötung „edel“ sein? Die drei Täter haben die Tat gleich nach der Verhaftung mit Stolz gestanden. Die Tötung ist eine Frontstellung gegen die Menschenrechte, die man nicht unter dem Rückgriff auf Multikulturalität respektieren kann und darf. Die getötete Frau war vierzig Jahre alt, also eine selbständige und erwachsene Frau, die nach europäischen Maßstäben der kulturellen Moderne als ein Individuum allein für sich selbst verantwortlich war. Wo liegen die Grenzen der Toleranz gegenüber vormodernen Kulturen? Müssten nicht Menschenrechte die Grenze sein? Die Ablehnung der vormodernen Sitten der „Tötung aus edlen Motiven“ ist weder Rassismus noch Eurozentrismus, sondern Humanität. Außerdem bilden Muslime keine „Rasse“ (dies ist ein ideologischer Begriff, der biologische Vorstellungen auf Menschengruppen anwendet)44; die Kritik an ihren Ansichten kann also kein Rassismus sein. Dennoch gilt es bei den Kulturrelativisten nicht selten als Rassismus, wenn z.B. das Recht auf Meinungsfreiheit höher gewichtet wird als das Recht auf eigene Sitten und Bräuche der Migrantenkultur. Mit der Instrumentalisierung des „Rassismus-Vorwurfs“ aber erhalten Migranten gleichsam einen Freibrief, der ihnen alles ermöglicht. Schließlich ist dann jede Kritik an ihnen nichts anderes als „Rassismus“. Für Kulturrelativisten dürfen in einer multikulturellen Gesellschaft Werte und Normen keinen absoluten Charakter haben, auch nicht die Menschenrechte. Diese Form von vermeintlicher Toleranz kann letztlich gefährlicher sein als irgendeine Form des religiösen Fundamentalismus.

Bei diesem Beispiel darf jedoch gleichzeitig auch nicht übersehen werden, dass es in der Geschichte der Unterdrückung der Frauen auch ein europäisches Kapitel gegeben hat. Denn in Europa waren Frauen den Männern ebenfalls nicht gleichberechtigt, bevor die säkulare Idee der Menschenrechte auch die Gleichstellung der Geschlechter mit sich brachte.


44 Tibi, Im Schatten Allahs, München 1994, S. 141.

[Seite 141]

Außerdem bilden Muslime keine »Rasse« (»Rasse« ist ein ideologischer Begriff, der biologische Vorstellungen auf Menschengruppen anwendet); die Kritik an ihren Ansichten kann kein Rassismus sein.

[Seite 162]

Für den

[Seite 163]

Kulturrelativisten Webster gilt es als Rassismus, wenn das Recht auf Meinungsfreiheit höher gewichtet wird als das Recht auf eigene Sitten und Bräuche der Migrantenkultur. Mit der Instrumentalisierung des »Rassismus«-Vorwurfs aber erhalten die Migranten einen Freibrief, der ihnen alles ermöglicht. Schließlich ist dann jede Kritik an ihnen nichts anderes als »Rassismus«.

Für Kulturrelativisten dürfen in einer multikulturellen Gesellschaft Werte und Normen keinen absoluten Charakter haben - auch nicht die der Menschenrechte.

[Seite 178]

In der Geschichte der Unterdrückung der Frauen gibt es auch ein europäisches Kapitel. Denn in Europa waren Frauen den Männern ebenfalls nicht gleichberechtigt, bevor die säkulare Idee der Menschenrechte auch die Gleichstellung der Geschlechter mit

[Seite 179]

sich brachte. [...]

Konkret: Kann man einen brutalen Mord als eine »Tötung aus edlen Motiven« anerkennen, eben weil diese Tat den überkommenen Sitten und Bräuchen entspricht? Die Verteidigung der Reinheit der Sexualität der weiblichen Familienangehörigen (Ehre/Scharaf) auch durch Tö-

[Seite 180]

tung gilt als ein »edles Motiv«.

[...]

Und was soll an dieser Tötung »edel« sein? Warum ist dies kein Mord? Die drei Täter haben die Tat gleich nach der Verhaftung mit Stolz gestanden.

[...]

Die getötete Frau war vierzig Jahre alt, also eine selbständige und erwachsene Frau, die nach europäischen Maßstäben der kulturellen Moderne als ein Subjekt allein für sich selbst verantwortlich war.

[Seite 181]

Das Festhalten an einer Sittlichkeit, die an der Moderne orientiert ist, und das heißt hier konkret: die Ablehnung der vormodernen Sitte der »Tötung aus edlen Motiven« - wie der Mord an der schwangeren unverheirateten Frau in Ägypten -, ist weder Rassismus noch Eurozentrismus, sondern Humanität.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 44 genannt.

"Überkommenen" wird verschlimmbessert zu "überkommenden".


[10.] Mra/Fragment 020 14

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 20, Zeilen: 14-23
Quelle: Herrmann 2008c
Seite(n): online, Zeilen: 0
Auf Ehebruch steht traditionell der Tod, wobei grundsätzlich an Mann und Frau die gleiche Strafe vollzogen werden soll. Da die Tat durch vier männliche Augenzeugen belegt oder durch ein Geständnis bestätigt werden muss, werden Männer von Scharia-Gerichten bei Ehebruch, Unzucht oder Vergewaltigung jedoch nicht selten mangels Beweisen freigesprochen, während ehebrecherische Frauen, vor allem im Iran und in Teilen Nigerias, zum Tode verurteilt werden. Auf der anderen Seite müssen Frauen in Nigeria oder Pakistan, die eine Vergewaltigung zur Anzeige bringen, damit rechnen, massiv bedroht und selbst ins Gefängnis gesteckt oder ausgepeitscht zu werden, wenn der Beschuldigte die Tat abstreitet oder keine vier männlichen Zeugen zugunsten der Frau aussagen.53

53 Aus: Informationen zur politischen Bildung, Nr. 297/2007.

Auf Ehebruch steht traditionell der Tod, wobei grundsätzlich an Mann und Frau die gleiche Strafe vollzogen werden soll. Da die Tat durch vier männliche Augenzeugen belegt oder durch ein Geständnis der Beteiligten bestätigt werden muss, werden Männer von Scharia-Gerichten bei Ehebruch, Unzucht oder Vergewaltigung jedoch nicht selten mangels Beweisen freigesprochen, während ehebrecherische Frauen vor allem im Iran und in Teilen Nigerias zum Tode verurteilt werden. Auf der anderen Seite müssen Frauen in Nigeria oder Pakistan, die eine Vergewaltigung zur Anzeige bringen, damit rechnen, massiv bedroht und selbst ins Gefängnis gesteckt oder ausgepeitscht zu werden, wenn der Beschuldigte die Tat abstreitet oder keine vier männlichen Zeugen zugunsten der Frau aussagen.
Anmerkungen

Quelle ist ansatzweise identifiziert. Eine wörtliche Übernahme erwartet der Leser angesichts Fn. 53 allerdings eher nicht.


[11.] Mra/Fragment 021 07

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 21, Zeilen: 7-10
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 66f f., Zeilen: 67: 1 ff.
Des Weiteren unterscheidet der Islam zwischen Gottesrecht und Menschenrecht. So ist zum Beispiel der Glaube Gottesrecht und kein menschlicher Akt; vom Standpunkt des Menschen ist der Glaube eine Pflicht gegenüber Gott. Aus diesem Grunde kennt kein islamisches Land eine Religionsfreiheit wie wir sie kennen. Hier

[Seite 67]

möchte ich zunächst zeigen, daß im Islam zwischen Gottesrecht und Menschenrecht im Rahmen eines grenzenlosen Theozentrismus unterschieden wird. So ist zum Beispiel der Glaube Gottesrecht und kein menschlicher Akt; vom Standpunkt des Menschen ist der Glaube eine Pflicht gegenüber Gott. Aus diesem Grunde kann kein islamisches Land Religionsfreiheit im Sinne des Artikels 18 der »Universellen Deklaration der Menschenrechte« aufnehmen, der freie Wahl und Wechsel der Religion zum Menschenrecht erklärt.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf eine Übernahme.


[12.] Mra/Fragment 023 31

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 23, Zeilen: 31-35
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 46 f., Zeilen: 47: 1 ff.
In den orientalischen Ländern gibt es eine jahrhundertelange Tradition personaler Herrschaft, die orientalische Despotie, was bedeutet, dass sich die jeweiligen Machthaber keinerlei institutionelle Machtbeschränkungen auferlegen lassen. Weder gibt es im Orient eine Rechtskultur, noch eine institutionelle Kontrolle über die Herrscher, noch eine Trennung von Zivilgesellschaft und staatlicher Gewalt. Erstens: In den orientalischen Ländern der Welt des Islam gibt

[Seite 47:]

es eine jahrhundertelange Tradition personaler Herrschaft, die orientalische Despotie, was bedeutet, daß sich die jeweiligen Machthaber keinerlei institutionelle Machtbeschränkungen auferlegen lassen. Weder gibt es im Orient eine Rechtskultur, noch eine institutionelle Kontrolle über die Herrscher, noch eine Trennung von Zivilgesellschaft und staatlicher Gewalt.

Anmerkungen

Weiter oben auf der Seite wird in Fn. 64 die Quelle erwähnt (S. 34).


[13.] Mra/Fragment 024 109

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 24, Zeilen: 24: 109 ff. (- 25: 101-102)
Quelle: Brockhaus Islam 1999
Seite(n): online, Zeilen: 0
[...]

69 Die fundamentalistischen Gruppierungen, die die Welle der „Re-Islamisierung“ tragen, sind durch gemeinsame Hauptmerkmale ihrer Lehre verbunden. So insistieren sie auf einem wörtlichen Verständnis von Koran und Hadith und auf der Anwendung der Scharia, wobei für sie die Anwendung der koranischen Kapitalstrafen und die Einrichtung eines aus dem koranischen Wucherverbot begründeten zinslos arbeitenden Bankwesens einen besonderen Symbolwert haben. Sie vertreten den Grundsatz, der Islam sei Religion und Staat, und bezeichnen häufig den Koran als Verfassung des von ihnen erstrebten Gemeinwesens, obgleich dieser keine einzige Verfassungsnorm im modernen Sinne enthält. Sie verfechten ein integralistisches Religionsverständnis, demzufolge ist der Islam ein vollkommenes System, das sämtliche Belange menschlichen Lebens erschöpfend und bestmöglich regelt. Ihr Geschichtsbild ist durch eine rückwärtsgewandte Utopie gekennzeichnet: Sie erstreben die Wiederherstellung des verklärten Ur-Islam der Zeit des Propheten und seiner Gefährten. Einig sind sie sich in der Ablehnung wirklicher oder vermeintlicher Einflussnahme der Staaten Europas und Nordamerikas auf innere Angelegenheiten der islamischen Welt sowie in der Zurückweisung der geistigen Grundlagen und der Lebensformen der westlichen Zivilisation, obgleich sie die selektive Aneignung praktisch nützlicher Errungenschaften abendländischer Wissenschaft und Technik billigen. Hinter dem religiös begründeten System verbergen sich häufig u. a. auch faschistische Elemente politischer Ideologie und ein totalitärer Machtanspruch, vielfach verbunden mit Terrormethoden der Durchsetzung. Die Ursachen der gegenwärtigen Welle des islamischen Fundamentalismus sind außerordentlich komplex. Zum einen sind viele Muslime durch den von der kolonialen Expansion Europas

[Seite 25, Fortsetzung Fn. 69:]

rundrechtsschutz aufgezwungenen raschen Kulturwandel in eine Identitätskrise geraten, aus der sie sich durch verstärkte Rückbesinnung auf die tragenden Werte der eigenen Tradition (Nativismus) zu befreien suchen. Auch gravierende soziale Probleme, die die Legitimationskrise von den westlichen Systemen hervorrufen und das Palästinaproblem erzeugen Frustration, Details bei Brockhaus, Stichwort: Islam, München 1999, Band 10, S. 661ff.

Das Ziel der »Reislamisierung« ihrer Staaten verfolgend, sind die fundamentalistischen Gruppen durch gemeinsame Hauptmerkmale ihrer Lehre verbunden. So bestehen sie auf einem wörtlichen Verständnis von Koran und Hadith und auf der Anwendung der Scharia, wobei für sie die Anwendung der koranischen Kapitalstrafen und die Einrichtung eines aus dem koranischen Wucherverbot begründeten zinslos arbeitenden Bankwesens einen besonderen Symbolwert haben. Sie vertreten den Grundsatz, der Islam sei Religion und Staat, und bezeichnen häufig den Koran als Verfassung des von ihnen erstrebten Gemeinwesens, obgleich dieser keine einzige Verfassungsnorm im modernen Sinne enthält. Sie verfechten ein integralistisches Religionsverständnis; demzufolge ist der Islam ein vollkommenes System, das sämtliche Belange menschlichen Lebens erschöpfend und bestmöglich regelt.

[...]

Ihr Geschichtsbild ist durch eine »rückwärts gewandte Utopie« gekennzeichnet: Sie erstreben die Wiederherstellung des verklärten Urislam der Zeit des Propheten und seiner Gefährten. Einig sind sie sich in der Ablehnung wirklicher oder vermeintlicher Einflussnahmen der Staaten Europas und Nordamerikas auf innere Angelegenheiten der islamischen Welt sowie in der Zurückweisung der geistigen Grundlagen und der Lebensformen der westlichen Zivilisation, obgleich sie die selektive Aneignung praktisch nützlicher Errungenschaften abendländischer Wissenschaft und Technik billigen. Sie wenden sich meist auch kritisch gegen die konservative Religionsgelehrsamkeit. - Hinter dem religiös begründeten System verbirgt sich häufig eine politische Ideologie mit totalitärem Machtanspruch, vielfach verbunden mit Terrormethoden der Durchsetzung; [...]

Die Ursachen der gegenwärtigen Welle des islamischen Fundamentalismus sind außerordentlich komplex. Zum einen sind viele Muslime durch den von der kolonialen Expansion Europas aufgezwungenen raschen Kulturwandel in eine Identitätskrise geraten, aus der sie sich durch verstärkte Rückbesinnung auf die tragenden Werte der eigenen Tradition (Nativismus) zu befreien suchen; [...]

Anmerkungen

Die Quelle ist am Ende genannt. Ein Hinweis auf eine flächige wörtliche Übernahme fehlt.


[14.] Mra/Fragment 025 02

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 25, Zeilen: 2-5, 8-24
Quelle: Jochum 2001
Seite(n): 117 f., Zeilen: 117: 27 ff.; 118: 1 ff.
Zwingt denn nun die Existenz fundamentalistischer Gruppierungen dazu, grundsätzlich allen in Deutschland lebenden islamischen Gruppen unter dem Aspekt fehlender Verfassungstreue beispielsweise die Anerkennung als Religionsgemeinschaft im Sinne des Grundgesetzes zu versagen? [...] Tatsächlich haben sich auch in Deutschland mehrere islamische Gruppen gebildet, die im Sinne islamistisch-fundamentalistischer Überzeugung agieren.73 Zu verstehen ist darunter in erster Linie der Versuch, eine nach dem Vorbild der islamischen Urgemeinde eingerichtete Gesellschaftsordnung zu statuieren. Nach dem Versagen der sozialistisch-kommunistischen Ordnungen und dem von den Islamisten propagierten bevorstehenden Versagen der demokratischen Staatsordnungen soll diese islamische Ordnung als das einzig richtige Modell eingeführt werden. Dieses Streben nach Begründung einer theokratischen Herrschaftsordnung verstößt aber gegen die grundgesetzliche Ordnung. Es scheint einen verfassungsrechtlichen Ordnungsrahmen in Frage zu stellen, der die Grundlage der auch die Muslime schützenden Religionsfreiheit bildet. Islamistisch-fundamentale Gruppen könnten daher als verfassungsfeindlich eingestuft werden. Insoweit wäre ihnen auch eine Berufung auf die Religionsfreiheit verwehrt. Das Streben nach Verwirklichung eines theokratischen Herrschaftsmodells ist eine politische Betätigung, die vielleicht auch religiös motiviert sein mag, jedoch über die freie Ausübung der Religion hinauszugehen scheint. Islamisierung in diesem Sinne betrifft nicht nur die religiöse Welt, sondern betrifft das gesamte Leben.74 Islamistische Fundamentalisten versuchen, den Islam insofern in eine politische Ideologie umzuformen.75 Diese allgemeinpolitische Betätigung könnte trotz des auch religiösen Hintergrundes keinen Grundrechtsschutz [durch Art. 4 GG genießen76, wobei man muss jedoch einräumen muss, dass diese Auffassung eine nicht unproblematische Eingrenzung des Schutzbereichs der Religionsfreiheit erfordern würde.]

72 Man bedenke die Tötung eines nicht an den Anschlägen in London im Juli 2005 beteiligten muslimisch aussehenden Unschuldigen, den Scotland Yard für verdächtig befand und der daraufhin mit fünf Kopfschüssen getötet wurde, weil er den Inhalt seines Rucksackes nicht zur Überprüfung preisgeben wollte. Oder die kurzzeitige Festnahme einer Gruppe von Japanern in New York, die tatsächlich nur Touristen waren.

73 So auch Muckel, in: FS Listl, Berlin 1999, S. 239.

74 Vgl. auch Sen, ZAR 2006, 14.

75 Die Ausmaße ihrer Despotie zeigten sich beispielsweise in Algerien, wo sie im Verlaufe des Jahres 1993 zwölf der führenden algerischen Intellektuellen brutal ermordeten, weil sie mit dem angestrebten, totalitären fundamentalistischen Staat der Hakimiyyat allah/Gottesherrschaft nicht übereinstimmen Tibi, Im Schatten Allahs, München 1994, S. 344.

76 Hillgruber, JZ 1999, 538; Janz/Rademacher, NVwZ 1999, 706.

Die Existenz fundamentalistischer Gruppierungen könnte dazu zwingen, grundsätzlich allen in Deutschland lebenden islamischen Gruppen unter dem Aspekt der fehlenden Verfassungstreue die Anerkennung als Religionsgemeinschaft im Sinne des Grundgesetzes zu versagen.

[Seite 118]

Tatsächlich haben sich auch in Deutschland mehrere islamische Gruppen gebildet, die im Sinne islamistisch-fundamentalistischer Überzeugung agieren. Zu verstehen ist darunter der Versuch, eine nach dem Vorbild der islamischen Urgemeinde eingerichtete Gesellschaftsordnung zu statuieren. Nach dem Versagen der sozialistisch-kommunistischen Ordnungen und dem von den Islamisten propagierten bevorstehenden Versagen der demokratischen Staatsordnungen soll diese islamistische Ordnung als das einzig richtige Modell eingeführt werden. Dieses Streben nach Begründung einer theokratischen Herrschaftsordnung verstößt gegen die grundgesetzliche Ordnung. Diese Bestrebungen stellen gerade den verfassungsrechtlichen Ordnungsrahmen in Frage, der die Grundlage der auch die Muslime schützenden Religionsfreiheit bildet. Diese islamistisch-fundamentalen Gruppen müssen daher als verfassungsfeindlich eingestuft werden.

Insoweit ist den fundamentalistischen Gruppierungen auch eine Berufung auf das Grundrecht der Religionsfreiheit verwehrt64. Das Streben nach Verwirklichung eines theokratischen Herrschaftsmodells ist eine politische Betätigung, die vielleicht auch religiös motiviert sein mag, jedoch weit über die freie Ausübung der Religion hinausgeht. Islamierung in diesem Sinne betrifft nicht die religiöse Welt als solche, sondern allein das staatliche Leben. Islamistische Fundamentalisten versuchen, den Islam insofern in eine politische Ideologie umzuformen. Diese allgemeinpolitische Betätigung islamischer Gruppen genießt trotz des auch religiösen Hintergrundes keinen Grundrechtsschutz durch Art. 4 GG65. Zuzugeben ist, daß diese Auffassung eine nicht unproblematische Eingrenzung des Schutzbereichs des Grundrechts der Religionsfreiheit erfordert.


64 Stefan Mückl, Staatskirchenrechtliche Regelungen zum Religionsunterricht, AöR 122 (1997) S. 513 (553).

65 Christian Hillgruber, Der deutsche Kulturstaat und der muslimische Kulturimport, JZ 1999, 538 (542); Norbert Janz/Sonja Rademacher, Islam und Religionsfreiheit, NVwZ 1999 706 (710).

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[15.] Mra/Fragment 026 01

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 26, Zeilen: 1-11
Quelle: Jochum 2001
Seite(n): 118 f., Zeilen: 118: 23 ff.; 119: 1 ff.
[Diese allgemeinpolitische Betätigung könnte trotz des auch religiösen Hintergrundes keinen Grundrechtsschutz] durch Art. 4 GG genießen76, wobei man muss [sic] jedoch einräumen muss, dass diese Auffassung eine nicht unproblematische Eingrenzung des Schutzbereichs der Religionsfreiheit erfordern würde. Die sachgerechte Bestimmung des Umfanges eines Schutzbereiches ist jedoch allgemein eine stets schwierige Frage. In tatsächlicher Hinsicht erfährt diese Frage zunächst eine Entschärfung, denn nur rund 31.300 und damit lediglich 1 % aller in Deutschland lebenden Muslime sind Mitglied einer solchen Organisation im geschilderten Sinne.77 Im Gegenzug dazu ist anzuerkennen, dass diese in der Öffentlichkeit weit mehr und weit nachhaltiger in Erscheinung treten als die übrigen 99 % der Muslime und dass diese islamistische Minderheit durch ihren höheren Organisationsgrad an Effektivität und Bedeutung gewinnt. Bei diesen Zahlen kann sich es sich letztlich nur um Schätzungen handeln, denn von den islamistischfundamentalistischen Gruppen selbst werden wesentlich höhere Mitgliederzahlen behauptet.

76 Hillgruber, JZ 1999, 538; Janz/Rademacher, NVwZ 1999, 706.

77 Haratsch, Religion und Weltanschauung im säkularen Staat, Stuttgart 2001, S. 118.

Zuzugeben ist, daß diese Auffassung eine nicht unproblematische Eingrenzung des Schutzbereichs des Grundrechts der Religionsfreiheit erfordert. Mit dieser Begrenzung ist eine schwierige, aber unvermeidbare Gratwanderung verbunden. Die sachgerechte Bestimmung des Umfangs des sachlichen Schutzbereichs eines Grundrechts ist jedoch allgemein eine stets schwierige Frage der Grundrechtsdogmatik66.

Praktisch entschärft wird die Problematik, macht man sich die tatsächliche Relevanz der islamistisch-fundamentalistischen Strömungen in Deutschland bewußt. Rund 31.300 und damit lediglich 1 % aller in Deutschland lebenden Muslime sind Mitglied einer islamistisch-fundamentalistischen Organisation im geschilderten Sinne67. Anzuerkennen ist, daß diese in der Öffentlichkeit weit

[Seite 119]

mehr und weit nachhaltiger in Erscheinung treten als die übrigen 99 % der Muslime. Zuzugeben ist auch, daß diese islamistische Minderheit durch ihren höheren Organisationsgrad an Effektivität und Bedeutung gewinnt. Auch handelt es sich bei diesen Zahlen lediglich um Schätzungen. Von den islamistisch-fundamentalistischen Gruppen selbst werden wesentlich höhere Mitgliederzahlen behauptet.


66 Zu dieser Problematik vgl. auch Martin Borowski, Der Grundrechtsschutz des religiösen Selbstverständnisses, in diesem Band, S. 49 ff.

67 Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU (BT-Drucks. 14/2301) v. 8. November 2000, BT-Drucks. 14/4530, S. 66 ff

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.

Die Referenz in Fn. 77 könnte der Versuch sein, Jochum zu zitieren.


[16.] Mra/Fragment 026 19

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 26, Zeilen: 19-30, 33-37
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 34 f., 345, Zeilen: 34: 18 ff. - 35: 1, 345: 11 ff.
Das Zusammenwachsen der Welt durch strukturelle Globalisierung zu einem internationalen System (Weltökonomie, Staatensystem und Dichte der Kommunikations- und Transportmittel) wird begleitet von einer kulturellen Fragmentation.79 Die Schrumpfung der Weltgesellschaften hat es zu einem vorher nicht gekannten Ausmaß gegenseitiger Wahrnehmung und Interaktion gebracht, aber nicht damit einhergehend zu einer einheitlichen Weltansicht.80 Damit ist gemeint, dass die durch die Globalisierung erzwungene Nähe der in den Normen und Werten unterschiedlicher Kulturen erzogener Menschen nicht dazu beiträgt, sie einander näher zu bringen. Es wird prinzipiell erst ein gegenteiliger Effekt erzielt, denn die durch die Medientechnologie erfolgte Berührung verdeutlicht ihnen in besonderem Maße, wie fremd sie sich sind. Diese Erkenntnis breitet sich in unserer Zeit zunehmend aus und hat inzwischen auch den Bereich der Menschenrechte erfasst. [...]

[...] Die Fronten müssen entschärft werden und der Kulturdialog muss als eine interkulturelle Kommunikation vor allem den Bereich der Menschenrechte erfassen, wobei hier ein vorsichtiges Erkunden des Bereichs, in dem gemeinsame Wertvorstellungen noch möglich sind, stattfinden sollte. Die Dialoggrenzen enden, wo der Mensch nicht als freies Subjekt, sondern als Geschöpf Allahs bestimmt wird bzw. wo Muslime ihre eigenen Wert-[überzeugungen gewaltsam auf die göttliche Ordnung zurückführen, die über der Vernunft des Menschen angesiedelt sind und die es als Anmaßung erscheinen lassen, wenn sich die Menschen selbst zu Subjekten ihrer Wertbestimmungen und Rechtsgebung erklären.]


79 Zur Bikulturalität und deren Chancen, vgl. Hettlage-Varjas, in: Kürsat-Ahlers, Die multikulturelle Gesellschaft: Der Weg zur Gleichstellung, Frankfurt am Main 1992, S. 142.

80 Tibi, Im Schatten Allahs, München 1994, S. 34.

Ich habe bereits an anderer Stelle (vgl. Anm. 15) gezeigt, daß das Zusammenwachsen der Welt durch strukturelle Globalisierung zu einem internationalen System (Weltökonomie, Staatensystem und Dichte der Kommunikations- und Transportmittel) von einer besorgniserregenden kulturellen Fragmentation begleitet wird. Wie Hedley Bull beobachtet, wird deutlich, »daß die Schrumpfung der Welt Gesellschaften zu einem vorher nicht gekannten Ausmaß gegenseitiger Wahrnehmung und Interaktion gebracht hat, aber nicht per se eine einheitliche Weitsicht schafft und in der Realität auch nicht geschaffen hat ... Die Menschheit wird gleichzeitig einheitlicher und fragmentierter ...«31 Damit meint Bull, daß die durch die Globalisierung forcierte Nähe der in den Normen und Werten unterschiedlicher Zivilisationen erzogenen Menschen nicht dazu beiträgt, sie einander kulturell näher zu bringen. Ganz im Gegenteil: Die durch die Medientechnologie erfolgte Berührung unterschiedlicher Kulturen macht ihnen klar, wie fremd sie einander sind. Ich nenne diesen Sachverhalt kulturelle Fragmentation; sie breitet sich in unserer Zeit mehr und mehr aus und hat inzwischen auch den Bereich der

15 Zum fundamentalistischen Konzept eines Nizam Islami/Islamischen Systems vgl. B. Tibi, Die fundamentalistische Herausforderung, 2. Auflage, München 1993, Kap. V, bes. S. 155ff.

31 H. Bull, The Anarchical Society. A Study of Order in World Politics, New York 1977, S. 273.

[Seite 35]

Menschenrechte erfaßt.

[Seite 345]

Kulturdialog als eine interkulturelle Kommunikation17 muß vor allem den Bereich der Menschenrechte erfassen, wobei hier - wie Günter Schreiner richtig argumentiert - »ein dialogisches testing the limits angezeigt ist, d.h. ein vorsichtiges Erkunden des Bereichs, in dem gemeinsame Wertvorstellungen... noch möglich sind«.18 Die Dialoggrenzen liegen, wie in der Einleitung zu diesem Buch ausgeführt worden ist, dort, wo der Mensch nicht als ein freies Subjekt, sondern als ein Makhluq/Geschöpf Allahs bestimmt wird - oder wie es Schreiner formuliert: dort, wo Muslime »ihre eigenen Wertüberzeugungen auf göttliche Offenbarung ... zurückführen, die über der ethischen Vernunft der Menschen angesiedelt sind und die es als Anmaßung erscheinen lassen, wenn sich die Menschen selbst zu Subjekten ihrer Wertbestimmungen und Rechtsgebung erklären«.19


17 Zur Stellung des Islam in den Strukturen und Prozessen interkultureller Kommunikation B. Tibi, Die Krise des modernen Islams, erweiterte Neuausgabe, Frankfurt/M. 1991, Kap. I, S. 22ff.

18 Günter Schreiner, Können und sollen die Menschenrechte für alle Menschen verbindlich gemacht werden?, in: Gegenwartskunde, Heft 2/1993, S. 165-176, hier S. 173.

19 Ebd.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 80 sowie auf der Folgeseite in Fn. 82 genannt, Art und Umfang der Übernahme bleiben ungekennzeichnet.


[17.] Mra/Fragment 027 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 27, Zeilen: 1-5
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 345, Zeilen: 16 ff.
[Die Dialoggrenzen enden, wo der Mensch nicht als freies Subjekt, sondern als Geschöpf Allahs bestimmt wird bzw. wo Muslime ihre eigenen Wert-]überzeugungen gewaltsam auf die göttliche Ordnung zurückführen, die über der Vernunft des Menschen angesiedelt sind und die es als Anmaßung erscheinen lassen, wenn sich die Menschen selbst zu Subjekten ihrer Wertbestimmungen und Rechtsgebung erklären. Hier liegen die unüberwindbaren Schwierigkeiten der Anpassung der Scharia an eine universelle Ethik der Menschenrechte begründet.82

82 Tibi, Im Schatten Allahs, München 1994, S. 34.

Die Dialoggrenzen liegen, wie in der Einleitung zu diesem Buch ausgeführt worden ist, dort, wo der Mensch nicht als ein freies Subjekt, sondern als ein Makhluq/Geschöpf Allahs bestimmt wird - oder wie es Schreiner formuliert: dort, wo Muslime »ihre eigenen Wertüberzeugungen auf göttliche Offenbarung ... zurückführen, die über der ethischen Vernunft der Menschen angesiedelt sind und die es als Anmaßung erscheinen lassen, wenn sich die Menschen selbst zu Subjekten ihrer Wertbestimmungen und Rechtsgebung erklären«.19 Hier liegen die unüberwindbaren Schwierigkeiten der Anpassung der Scharia an eine universelle Ethik der Menschenrechte begründet.20

19 Ebd. [= Günter Schreiner, Können und sollen die Menschenrechte für alle Menschen verbindlich gemacht werden?, in: Gegenwartskunde, Heft 2/1993, S. 165-176, hier S. 173.]

Anmerkungen

Fortsetzung von Fragment 026 19.


[18.] Mra/Fragment 030 13

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 30, Zeilen: 13-16
Quelle: Wikipedia Islam 2010
Seite(n): online, Zeilen: 0
Seit der Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam von 1990 soll die Scharia wieder Basis der Gesetzgebung in allen islamischen Ländern sein. Die praktische Umsetzung kann jedoch sehr unterschiedlich sein, so beschränkt sich z.B. in Tunesien die Umsetzung nur auf das Zivilrecht, in Saudi-Arabien und dem Sudan wird sie vollständig übernommen. Seit der Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam 1990 soll die Scharia wieder Basis der Gesetzgebung in allen islamischen Ländern sein. Die praktische Umsetzung ist jedoch sehr unterschiedlich. In Tunesien beschränkt sich die Umsetzung nur auf das Zivilrecht, in Saudi-Arabien und Sudan hingegen kommt sie vollständig zur Geltung.
Anmerkungen

Isoliert betrachtet kleinteilig. An das Fragment schließt aber nahtlos die nächste unausgewiesene Übernahme an.


[19.] Mra/Fragment 030 17

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 30, Zeilen: 17-19, 23-25
Quelle: Schirrmacher 2004
Seite(n): online, Zeilen: 0
Die islamische Theologie betrachtet die Scharia als vollkommene Ordnung göttlicher Autorität, die jeder Gesellschaft Frieden bringt, von Gott selbst geschaffen wurde und deshalb nicht veränderbar ist. [...]. Die Scharia regelt damit gleichermaßen die „vertikalen“ wie „horizontalen“ Beziehungen jedes Menschen, indem sie Anweisungen für das Verhalten in Familie und Gesellschaft und auch die Gottesverehrung gibt. Die islamische Theologie betrachtet die Scharia als vollkommene Ordnung göttlicher Autorität, die jeder Gesellschaft Frieden bringt, von Gott selbst geschaffen und deshalb nicht veränderbar ist. Die Scharia regelt gleichermaßen die "vertikalen" wie "horizontalen" Beziehungen jedes Menschen: Sie gibt Anweisungen für das Verhalten in Familie und Gesellschaft (dazu gehört das Ehe- wie das Strafrecht), aber sie reglementiert auch die Gottesverehrung (vor allem die Praktizierung der "Fünf Säulen" Bekenntnis, Gebet, Fasten, Almosen und Wallfahrt).
Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[20.] Mra/Fragment 035 24

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 35, Zeilen: 24-30
Quelle: Jochum 2001
Seite(n): 117, Zeilen: 9 ff.
Damit ist das Verhältnis zwischen Ordnung des Gastlandes und dem Geltungsanspruch des Islam grundsätzlich zugunsten der Gastordnung auszutarieren. Bedenken ergeben sich allenfalls im Hinblick auf den in der islamischen Regelung enthaltenen Vorbehalt („solange“). Denn was hat zu geschehen, wenn ein Muslim den ihm durch die Ordnung des Gastlandes gewährten Schutz für nicht ausreichend hält? Nach der Lehre des Islam wäre der gläubige Muslim dann nicht mehr an die Gesetze des Gastlandes gebunden. Damit ist das Verhältnis zwischen Ordnung des Gastlandes und dem Geltungsanspruch des Islam grundsätzlich zugunsten der Gastordnung auszutarieren. Bedenken ergeben sich allenfalls mit Blick auf den in der islamischen Regelung enthaltenen Vorbehalt („solange“). Denn was hat zu geschehen, wenn ein Muslim den ihm durch die Ordnung des Gastlandes gewährten Schutz für nicht ausreichend hält? Nach der Lehre des Islam wäre der gläubige Muslim dann nicht mehr an die Gesetze seines Gastlandes gebunden.
Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[21.] Mra/Fragment 036 01

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 36, Zeilen: 1-8
Quelle: Jochum 2001
Seite(n): 117, Zeilen: 15 ff.
[Hier ist der Staat gefordert und man müsste dergestalt an-]setzen und präventive Aufklärung betreiben, um das Vertrauen der in Deutschland lebenden Muslime in die deutsche Rechtsordnung zu gewinnen und zu stärken. Die Kenntnisse grundlegender Elemente der deutschen Rechtsordnung wie das Gewaltmonopol des Staates, des grundsätzlichen Verbots der Selbsthilfe und der Voraussetzungen und Grenzen der legalen Notwehr und Selbsthilfe sollten den Muslimen beispielsweise, wie jedem Staatsbürger, bekannt sein. Aber auch ausreichende Information über die Befugnisse der staatlichen Polizeibehörden und das deutsche Sanktionssystem sind von großer Bedeutung. Hier erscheint es notwendig, präventive Aufklärung zu betreiben und das Vertrauen der in Deutschland lebenden Muslime in die deutsche Rechtsordnung zu gewinnen und zu stärken. Die Kenntnis grundlegender Elemente der deutschen Rechtsordnung wie des Gewaltmonopols des Staates, des grundsätzlichen Verbots der Selbsthilfe und der Voraussetzungen und Grenzen der legalen Notwehr und Selbsthilfe sollten den Muslimen - wie jedem Staatsbürger - bekannt sein. Aber auch ausreichende Information über die Befugnisse der staatlichen Polizeibehörden und das deutsche Sanktionensystem sind von großer Bedeutung.
Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[22.] Mra/Fragment 036 16

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 36, Zeilen: 16-32
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 47-50, Zeilen: 47: 24 ff.; 48: 6 ff.; 49: 12 ff.; 50: 25 ff.
Die islamische Kultur kennt in ihrer Geschichte das demokratische Prinzip der Freiheit des Andersdenkenden nicht. In der politischen Kultur des Islams hat es eine Herausbildung des Individuums als Ablösung zum Kollektiv nie gegeben, weder begrifflich noch in der Realität.

In den Augen der Muslime besteht die Menschheit aus Kollektiven. Auf der einen Seite das Kollektiv der Muslime und die Kollektive der anderen als Feinde. Nur in diesen Kategorien denken zu können, ist ein Zeichen einer vormodernen Kultur; hier liegen die politisch-kulturellen Hürden auf dem Wege zu einem Konzept von Menschenrechten, das die Menschen als Individuen bestimmt und mit individuellen, institutionell abgesicherten Rechten gegenüber Staat und Gesellschaft ausstattet.

Aus der Perspektive der kulturellen Moderne wirken sich bei der Diskussion von Menschenrechtsverletzungen im islamischen Orient, wie oben bereits dargestellt, drei Faktoren besonders störend aus:

- das Fehlen einer Religionsfreiheit und somit der Toleranz im Allgemeinen;

- die Hilflosigkeit des einzelnen Individuums gegenüber den Kollektiven;

- die fehlende Gleichstellung von Mann und Frau in allen Bereichen des Lebens, die Unterdrückung von Minderheiten kommt hinzu.

Nun kommt man zu der Frage, ob innerhalb des Islams eine Idee oder Philosophie von Rech-[ten existiert, die sich auch nur annähernd mit dem modernen Begriff der Menschenrechte vergleichen lässt.]

Die islamische Kultur kennt in ihrer Geschichte das demokratische Prinzip der Freiheit des Andersdenkenden nicht; eine Opposition gibt es nur im Bereich des Sektenwesens.

[Seite 48]

Ich komme nun zu der Frage, ob innerhalb des Islam eine Idee oder Philosophie von Rechten existiert, die sich auch nur annähernd mit dem modernen Begriff der Menschenrechte vergleichen läßt.

[Seite 49]

In der politischen Kultur des Islam jedoch hat es eine Individuation nie gegeben, weder begrifflich noch in der geschichtlichen Realität. [...] In den Augen der Muslime besteht die Menschheit aus Kollektiven (das - nur im Ideal einheitliche - Kollektiv der Muslime und die Kollektive der anderen als Feinde). Nur in dieser Kategorie denken zu können ist ein Zeichen einer vormodernen Kultur; hier liegen die politisch-kulturellen Hürden auf dem Wege zu einem Konzept von Menschenrechten, das die Menschen als Individuen bestimmt und mit individuellen, institutionell abgesicherten Rechten gegenüber Staat und Gesellschaft ausstattet.

[Seite 50]

Aus der Perspektive der kulturellen Moderne wirken sich bei der Diskussion von Menschenrechtsverletzungen im islamischen Orient drei Faktoren besonders störend aus:

1) Das Fehlen einer Religionsfreiheit und somit der Toleranz im allgemeinen,

2) die Hilflosigkeit des einzelnen Individuums gegenüber dem von Kollektiven getragenen Staat in jener Region der Welt, und

3) die fehlende Gleichstellung von Mann und Frau in allen Bereichen des Lebens. Die Unterdrückung von Minderheiten51, seien sie ethnischer (z. B. Kurden und Berber) oder religiöser Art (die Menschenrechtsverletzungen im Südsudan gegenüber Nichtmuslimen), kommt hinzu und bildet eine Quelle von zwischenstaatlichen Konflikten.


[Seite 356]

51 Wolfgang G. Lerch, Halbmond, Kreuz und Davidstern. Nationalitäten und Religionen im Nahen und Mittleren Osten, Frankfurt/M. 1992.

Anmerkungen

Auf Seite 37 findet sich in Fn. 122 ein Hinweis auf die Quelle.


[23.] Mra/Fragment 037 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 37, Zeilen: 1-10
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 48, Zeilen: 6 ff.
[Nun kommt man zu der Frage, ob innerhalb des Islams eine Idee oder Philosophie von Rech-]ten existiert, die sich auch nur annähernd mit dem modernen Begriff der Menschenrechte vergleichen lässt.

Im Mittelalter haben die von der griechischen Philosophie beeinflussten islamischen Philosophen, die die Tradition des islamischen Rationalismus begründet haben, einen Begriff von einem denkenden Subjekt entwickelt.121 Das ist die Grundvoraussetzung für die Bestimmung des Menschen als Individuum, und allein von dieser Basis aus können individuelle Rechte abgeleitet werden. Doch wurde diese Tradition im Islam nicht weiter entfaltet, sondern von der islamischen Orthodoxie erstickt.122 Mit dem Untergang der rationalistischen Philosophie im Orient sind auch die geistigen Grundvoraussetzungen für eine islamische Tradition von Menschenrechten untergegangen.


121 Vgl. dazu Khoury, Art. Arabisch-Islamischer Aristotelismus, Berlin 1978.

122 Tibi, Im Schatten Allahs, München 1994, S. 48.

Ich komme nun zu der Frage, ob innerhalb des Islam eine Idee oder Philosophie von Rechten existiert, die sich auch nur annähernd mit dem modernen Begriff der Menschenrechte vergleichen läßt. Zunächst möchte ich festhalten: Im Mittelalter haben die von der griechischen Philosophie beeinflußten islamischen Philosophen, die die Tradition des islamischen Rationalismus begründet haben, einen Begriff vom denkenden Subjekt entwickelt. Das ist die Grundvoraussetzung für die Bestimmung des Menschen als Individuum, und allein von dieser Basis aus können individuelle Rechte abgeleitet werden. Doch wurde diese Tradition im Islam nicht weiter entfaltet, sondern von der islamischen Orthodoxie erstickt. Mit dem Untergang der rationalistischen Philosophie im Orient sind auch die geistigen Grundvoraussetzungen47 für eine islamische Tradition von Menschenrechten untergegangen.

[Seite 356]

47 Vgl. B. Tibi, Politisches Denken im klassischen und mittelalterlichen Islam zwischen Religio-Jurisprudenz (Fiqh) und hellenisierter Philosophie (Falsafa), in: I. Fetscher/H. Münkler (Hg.), Pipers Handbuch der politischen Ideen, Bd. 2, München 1993, S. 87-140.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 122 genannt.


[24.] Mra/Fragment 038 15

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 38, Zeilen: 15-28, 30-37
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 48, 49, 51, 53-55, Zeilen: 48: 20 ff.; 49: 4 ff.; 51: 4 ff.; 53: 38 ff.; 54: 1 ff.; 55: 1 ff.
Im Islam der Gegenwart werden zudem dringend weitergehende Reformen benötigt, um zwei zentrale Hindernisse bei der Durchsetzung eines Konzepts der Menschenrechte in der Welt des Islams aus dem Weg zu räumen:

Erstens der Zwang der islamischen Umma; Alle Muslime bilden eine einheitliche Gemeinschaft/Umma, die ein Kollektiv darstellt. Muslime benötigen daher einen Begriff vom Individuum. Der Philosoph Jürgen Habermas nennt die Etablierung des „Subjektivitätsprinzips“ die größte Leistung der kulturellen Moderne. Dieses Prinzip beinhaltet, dass der Mensch ein Subjekt ist, d.h. ein freies Individuum, das die Welt mittels eigener Fähigkeiten erkennen und verändern kann. Die gesamte Konzeption der Menschenrechte basiert auf diesem Prinzip. Zweitens haben Menschen gegenüber der Umma Pflichten, nicht jedoch Rechte. Also benötigen die Muslime einen Begriff von Rechten als individuelle Berechtigungen. Diese Missstände können ohne eine umfassende kulturelle Aufklärung, die die Gleichstellung von ethnischen und religiösen Gruppen mit den mehrheitsbildenden Kollektiven ermöglicht, nicht überwunden werden. Zu den Zielen sollte vor allem als kulturelle Basis die Neubestimmung des Menschen als Individuum, als freies Subjekt gehören.

Das Problem ist aber, dass Menschenrechte der Welt des Islams nicht von außen aufgezwungen werden können, es müsste vielmehr eine Art Religionsreform vollzogen werden. Auf welche Weise könnte diese Veränderung in Gang kommen und wer oder was kann sie bewirken? Weil sich Muslime laut Koran als die beste Gemeinschaft auf Erden betrachten, haben sie große innere Barrieren zu überwinden, wenn sie von Nicht-Muslimen lernen sollen. Die Muslime könnten aber bei der Bemühung, ihr kosmologisches Weltbild zu überwinden, mit ihrem eigenen kulturellen Erbe beginnen. In der Philosophie des islamischen Rationalismus des Mittelalters gibt es zahlreiche Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Menschen als Sub-[jekt mit eigenem Willen, das auf Gesellschaft und Natur verändernd einwirken kann.]

Im Islam als einem kulturellen System werden in unserer Gegenwart Reformen benötigt, um zwei zentrale Hindernisse bei der Durchsetzung eines Konzepts der Menschenrechte in der Welt des Islam aus dem Wege zu räumen; und zwar geht es um:

Erstens die Zwangsjacke der islamischen Umma: Alle Muslime bilden eine einheitliche Gemeinschaft/ Umma (ohne Opposition), die ein Kollektiv darstellt. Muslime benötigen daher einen Begriff vom Individuum.

Zweitens haben Menschen gegenüber der Umma Pflichten, nicht jedoch Rechte. [...] Also benötigen die Muslime einen Begriff von Rechten als individuelle Berechtigungen.

[Seite 49]

Der Philosoph Jürgen Habermas nennt die Etablierung des »Subjektivitätsprinzips« (vgl. Anm. 6) die größte Leistung der kulturellen Moderne. Dieses Prinzip beinhaltet, daß der Mensch ein Subjekt ist, d.h. ein freies Individuum, das die Welt mittels eigener Fähigkeiten erkennen und verändern kann. Die gesamte Konzeption der Menschenrechte basiert auf diesem Prinzip, ja sie ist ohne diese Grundlage unvorstellbar.

[Seite 51]

Diese Mißstände können - nach meiner Ansicht - ohne eine umfassende kulturelle Aufklärung, die die Gleichstellung von ethnischen und religiösen Gruppen (Minderheiten) mit den mehrheitsbildenden Kollektiven ermöglicht, nicht überwunden werden.


[Seite 53]

Denn wie schon mehrfach betont, können Menschenrechte der Welt des Islam nicht von außen aufgezwungen

[Seite 54]

werden. [...]

Auf welche Weise könnte diese Veränderung in Gang kommen und wer oder was kann sie bewirken? Weil Muslime sich - laut Koran - als khair umma (die beste Umma/Gemeinschaft auf Erden, Koran 3/110) be-

[Seite 55]

trachten, haben sie große innere Barrieren zu überwinden, wenn sie von Nicht-Muslimen lernen sollen. Die Muslime könnten aber bei der Bemühung, ihr kosmologisches Weltbild zu überwinden, mit ihrem eigenen kulturellen Erbe beginnen. In der Philosophie des islamischen Rationalismus des Mittelalters (vgl. Anm. 47) gibt es zahlreiche Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Menschen als Subjekt mit eigenem Willen, das auf Gesellschaft und Natur verändernd einwirken kann.

Anmerkungen

Die Quelle ist auf S. 39 in Fn. 127 genannt.


[25.] Mra/Fragment 039 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 39, Zeilen: 1-16
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 55 f., Zeilen: 55: 8 ff.; 56: 1 ff.
Wenn Muslime heute bereit wären, diesen klassischen Rationalismus im Islam neu zu beleben, dann hätten sie im eigenen kulturellen Erbe erste Anhaltspunkte für die Realisierung der angesprochenen Voraussetzungen. Neben dieser geistigen Voraussetzung für die Etablierung von Menschenrechten im Sinne der kulturellen Moderne ist eine demokratisch verfasste Gesellschaft eine weitere zentrale Bedingung. Anderenfalls haben wir mit der Schwierigkeit zu kämpfen, dass das von uns vertretene Konzept nicht auf islamischem Boden gewachsen ist und somit dem Vorwurf des „Kulturimports aus dem Westen“ ausgesetzt ist. Die westlichen Staaten aber vertreten im islamischen Orient ihre wirtschaftlichen und politischen Interessen, nicht jedoch die Belange der Menschenrechte. Menschenrechtsverletzungen werden sehr selektiv nach interessenpolitischen Gesichtspunkten vom Westen beanstandet. Dass in Saudi-Arabien und Kuwait Menschenrechte nicht gelten, stört westliche Politiker eher weniger. Im Irak dagegen beanstandete man ständig Menschenrechtsverletzungen, nicht etwa wegen der besonderen Brutalität, sondern weil Saddam Hussein für den Westen der Feind schlechthin war. Dies wiederum führte bei vielen Muslimen zu der Überzeugung, dass das westliche Menschenrechtskonzept nur ein beliebiges Instrument gegen den Islam ist. Trotz alledem bekannte man sich zur der Islamischen Deklaration der Menschenrechte127, deren Gehalt näher beleuchtet werden soll: [...]

127 Vgl. dazu, Tibi, Im Schatten Allahs, München 1994.

Wenn Muslime heute bereit wären, diesen klassischen Rationalismus im Islam statt der mittelalterlichen Sakraljurisprudenz/Fiqh des zitierten Ibn Taimiyya neu zu beleben, dann hätten sie im eigenen kulturellen Erbe erste Anhaltspunkte für die Realisierung der angesprochenen Voraussetzungen. Neben dieser geistigen Voraussetzung für die Etablierung von Menschenrechten im Sinne der kulturellen Moderne - also die Bestimmung des Menschen als Individuum - ist eine demokratisch verfaßte Gesellschaft eine weitere zentrale Bedingung.

[Seite 56]

Ohnehin haben wir mit der Schwierigkeit zu kämpfen, daß das von uns vertretene Konzept nicht auf islamischem Boden gewachsen ist und somit für Vorwürfe wie den, es sei ein »Import aus dem Westen«, anfällig ist. Die westlichen Staaten aber vertreten im islamischen Orient ihre wirtschaftlichen und politischen Interessen, nicht jedoch die Belange der Menschenrechte. Menschenrechtsverletzungen werden sehr selektiv nach interessenpolitischen Gesichtspunkten vom Westen beanstandet. Daß in Saudi-Arabien und Kuwait Menschenrechte nicht gelten, stört westliche Politiker wohl kaum; in Irak dagegen beanstandet man Menschenrechtsverletzungen, nicht etwa weil sie besonders brutal sind, sondern weil Saddam Hussein für den Westen der Feind schlechthin ist. [...] Das führt bei vielen Muslimen zu der Überzeugung, daß das westliche Menschenrechtskonzept nur ein Instrument gegen den Islam ist, das ausschließlich dann zur Sprache kommt, wenn westliche Interessen verletzt werden.

Anmerkungen

Der Hinweis auf die Quelle in Fn. 127 bleibt einigermaßen unspezifisch.


[26.] Mra/Fragment 040 12

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 40, Zeilen: 12-16
Quelle: Jochum 2001
Seite(n): 111, Zeilen: 26 ff.
Es stellt sich daher in mehrfacher Hinsicht immer wieder die Frage, wie der Konflikt zwischen den christlich-abendländisch geprägten Regeln des deutschen Staatskirchenrechts und den andersartigen Strukturen der islamischen Vorstellungswelt sachgerecht aufgelöst werden kann. Gefragt ist insoweit ein maßvolles Aufeinanderzugehen, das z.T. eine offene, kreative und innovative Auslegung des geltenden deutschen Verfassungsrechts erfordert. Es stellt sich in mehrfacher Hinsicht die Frage, wie der Konflikt zwischen den christlich-abendländisch geprägten Regeln des deutschen Staatskirchenrechts und den andersartigen Strukturen der islamischen Vorstellungswelt sachgerecht aufgelöst werden kann. Gefragt ist insoweit ein maßvolles Aufeinanderzugehen, das zum Teil eine offene, kreative und innovative

[Seite 112]

Auslegung46 des geltenden deutschen Verfassungsrechts erfordert.


46 Klaus Gebauer, Islamische Unterweisung in deutschen Klassenzimmern, RdjB 1989, 263 (269).

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[27.] Mra/Fragment 040 16

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 40, Zeilen: 16-29
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 30, Zeilen: 16 ff.
Die gegenseitige Beeinflussung der Kulturen kann man in den meisten Perioden der Menschheitsgeschichte beobachten. Eine Kultur zu finden, die nicht von anderen Kulturen beeinflusst worden wäre, ist kaum möglich. In früheren Zeiten waren die Prozesse der wechselseitigen Beeinflussung von Kulturen jedoch aufgrund weniger vorangeschrittener Globalisierung vorwiegend lokal bzw. regional begrenzt Einige wenige Kulturen haben dennoch Verbreitungsprozesse weit über die ursprünglichen Grenzen hinaus hervorgebracht. Der Islam gehört zu einer solchen Ausnahme. Doch trotz seiner großen Ausbreitung hat der Islam niemals einen globalen, d.h. die gesamte Welt umfassenden Rahmen für eine universelle Kultur schaffen können. Allein die westliche Kultur hat einen globalen Rahmen verwirklicht, der jedoch nie universale Geltung erlangte. Universalisierung (der Werte und Normen einer Kultur) ist nicht zu verwechseln mit der Globalisierung zivilisatorischer Errungenschaften und Strukturen. Die Globalisierung auf techno-wissenschaftlicher Basis ist zwar erfolgt, jedoch ohne dass die kulturelle Moderne universalisiert worden wäre.130

130 Tibi, Im Schatten Allahs, München 1994, S. 30.

Die gegenseitige Beeinflussung der Kulturen können wir in den meisten Perioden der Menschheitsgeschichte beobachten. Eine reine, insulare Kultur zu finden, die nicht von anderen Kulturen beeinflußt worden wäre, ist kaum möglich. In früheren Zeiten waren die Prozesse der wechselseitigen Beeinflussung von Kulturen jedoch lokal bzw. regional begrenzt. Einige wenige Kulturen haben Verbreitungsprozesse weit über ihre ursprünglichen Grenzen hinaus hervorgebracht. Der Islam gehört vorrangig zu diesen seltenen Ausnahmen. Doch trotz seiner großen Ausbreitung - und trotz seines Anspruchs - hat der Islam niemals einen globalen, d. h. die gesamte Welt umfassenden Rahmen für eine universelle Kultur schaffen können. Allein die westliche Kultur hat einen globalen Rahmen verwirklicht, der jedoch nie universale Geltung erlangte. Universalisierung (der Werte und Normen einer Kultur) ist nicht zu verwechseln mit der Globalisierung zivilisatorischer Errungenschaften und Strukturen. [...] Dennoch ist diese Globalisierung erfolgt, ohne daß die kulturelle Moderne universalisiert worden ist.19

[S. 354]

19 Diese Aussage wird am Beispiel des Islam illustriert in B. Tibi, Islamischer Fundamentalismus, moderne Wissenschaft und Technologie, Frankfurt/M. 1992, bes. Kap. I und II.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 130 genannt.


[28.] Mra/Fragment 040 30

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 40, Zeilen: 30-38
Quelle: Jochum 2001
Seite(n): 112, Zeilen: 1 ff.
Die nachfolgenden Überlegungen werden zeigen, dass es nicht genügt, von den Islamgläubigern [sic] pauschal einfach nur die Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen zu fordern131 oder sich aber auf einen christlich-abendländischen Kulturvorbehalt zurückzuziehen. 132 Demgegenüber überzeugt allerdings auch die Forderung nach einem wörtlichen Verständnis der Formel von der weltanschaulichen Neutralität des Staates und nach einer restriktiveren Auslegung des Grundrechts der Religionsfreiheit nicht restlos. Die Frage erscheint also berechtigt, ob diese Auffassung einer zukunftsorientierten Weiterentwicklung fruchtbaren Boden bieten kann oder als hilfloser Versuch der Abschottung und Verteidigung des eigenen traditionell geprägten Horizonts abgelehnt werden muss.

131 Heckel, JZ 1999, 741.

132 So wohl Hillgruber, JZ 1999, 538. Ablehnend dagegen Häußler, ZAR 2000, 159.

Die nachfolgenden Überlegungen werden zeigen, daß es nicht genügt, von den Islamgläubigen pauschal die Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen zu fordern47 oder sich auf einen christlich-abendländischen „Kulturvorbehalt“ zurückzuziehen48. Aber auch die Forderung nach einem wörtlicheren Verständnis der Formel von der weltanschaulichen Neutralität des Staates und nach einer restriktiveren Auslegung des Grundrechts der Religionsfreiheit49 überzeugt nicht restlos50. Die Frage scheint berechtigt, ob diese Auffassung einer zukunftsorientierten Weiterentwicklung fruchtbaren Boden bieten kann oder als hilfloser Versuch der Abschottung und Verteidigung des eigenen traditionell geprägten Horizonts abgelehnt werden muß.

47 Martin Heckel, Religionsunterricht für Muslime, JZ 1999, 741 ff.

48 So wohl Christian Hillgruber, Der deutsche Kulturstaat und der muslimische Kulturimport, JZ 1999, 538 (547); ablehnend dagegen Ulf Häußler, Islamische Inhalte im deutschen Schulwesen - Verfassungsrechtlicher Anspruch und schulische Wirklichkeit, ZAR 2000, 160.

49 Norbert Janz/Sonja Rademacher, Islam und Religionsfreiheit, NVwZ 1999, 706 (712 f.), die von einer gewissen Durchdringung und Verhaftung des Staatswesens durch bzw. in christlich-abendländischen Traditionen ausgehen, welche stets als gewollt akzeptiert worden sei, und mit Blick auf den Wandel der gesellschaftlichen Verhältnisse für eine restriktive Auslegung des Grundrechts der Religionsfreiheit plädieren.

50 Kritisch auch Ulf Häußler, „Schulkreuze“ im säkularen Staat, ZevKR 43 (1998), 461 (492).

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle. Aus den Islamgläubigen werden beim Übertragen Islamgläubiger.


[29.] Mra/Fragment 041 14

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 41, Zeilen: 14-23
Quelle: Wikipedia Islamkritik 2014
Seite(n): online, Zeilen: 0
Als Beginn eines neuen Zeitalters der Aufklärung für den Islam verstand sich zudem am 4. und 5. März 2007 in St. Petersburg (Florida) eine Konferenz säkularer Muslime aus verschiedenen islamischen und westlichen Ländern, die sich mit den säkularen Interpretationen des Islam, der Notwendigkeit einer innerkoranischen Kritik, mit dem Stand der Meinungsfreiheit in muslimischen Gesellschaften und mit Fragen der Erziehungsreform beschäftigte. Zum Abschluss der Konferenz wurde die sog. „St. Petersburg Declaration“ verabschiedet, in der u.a. die Trennung von Staat und Religion, die Einhaltung der universellen Menschenrechte, die Abschaffung der Scharia und aller islamischen Tötungsstrafen und körperlicher Verstümmelungspraktiken sowie die völlige Gleichberechtigung der Frau im Islam und in den islamischen Ländern gefordert werden. Als Beginn eines „neuen Zeitalters der Aufklärung für den Islam“ verstand sich am 4. und 5. März 2007 in St. Petersburg (Florida) eine Konferenz islamkritischer Muslime aus verschiedenen islamischen und westlichen Ländern, die sich mit den säkularen Interpretationen des Islam, der Notwendigkeit einer innerkoranischen Kritik, mit dem Stand der Meinungsfreiheit in muslimischen Gesellschaften und mit Fragen der Erziehungsreform beschäftigte. Initiatoren waren u. a. andersdenkende Muslime wie Ayaan Hirsi Ali, Irshad Manji und Ibn Warraq. Zum Abschluss der Konferenz wurde die „St. Petersburg Declaration“ verabschiedet, in der unter anderem die Trennung von Staat und Religion, die Einhaltung der universellen Menschenrechte, die Abschaffung der Scharia und aller islamischer Tötungsstrafen und körperlicher Verstümmelungspraktiken sowie die völlige Gleichberechtigung der Frau im Islam und in den islamischen Ländern gefordert werden.[16]

16 Vgl. St. Petersburg Declaration

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[30.] Mra/Fragment 042 04

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 42, Zeilen: 4-7, 15-29, 108-115 (43: 101-106)
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 51, 68, 69, 85, Zeilen: 51: 20 ff.; 68: 6 ff.; 69: 4 ff.; 85: 16 ff.
Die Welt des Islam ist sehr groß und entsprechend vielfältig. Europäer nehmen die Welt des Islam hierbei fälschlicherweise immer noch als eine Einheit wahr. Den Islam als einen monolithischen Block gibt es nur bei den islamischen Fundamentalisten. [...] Tatsächlich aber bestehen in allen Bereichen sehr große Unterschiede. Während ein Land wie Ägypten großen Wert darauf legt, vom Westen akzeptiert zu werden, kann es den ölreichen Saudi-Arabern gleichsam gleichgültig sein, was die westliche Welt über sie denkt. Sie sind sich ihrer Stellung als „Tankstelle des Westens“ bewusst und können sich deswegen auch Menschenrechtsverletzungen „leisten“. In unserem Zeitalter der Migration geht der Islam Europa aber mehr an als je zuvor etwas an. Durch die wachsende Zahl muslimischer Zuwanderer erleben die Europäer diese Welt, die Europa immerhin vom Mittelmeer über den Balkan bis hin nach Eurasien umgibt, im eigenen europäischen Haus. In einer Kultur vermengen sich geistige und materielle Faktoren und bedingen einander in wechselseitiger Wirkung. Trotz ihrer religiösen, ethnischen und kulturellen Vielfalt grenzen sich die Muslime, auch wenn sie in Europa als Migranten leben, gegen ihre Umwelt in diesem Sinne als einheitliche Gemeinschaft ab.139 Innerislamische Vielfalt, religiös-kulturelle Unterschiede, gibt es nur nach innen, nicht in Bezug auf die Außenwelt. Bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass sich die Muslime untereinander primär nur über zwei Glaubensvoraussetzungen einig sind: Zum einen die fünf Säulen des Islam140 und des weiteren die [Authentizität des Koran.141]

139 Tibi, Im Schatten Allahs, München 1994, S. 68.

140 Alle Muslime bekennen sich einheitlich zu den fünf Säulen des Islam, welche besagen, dass ein (praktizierender) Muslim,
1. die Bezeugung, dass es keinen Gott außer Allah gebe und dass der Prophet Mohammed sein Gesandter sei, leisten muss,
2. fünfmal am Tag beten muss,
3. Almosensteuer zu zahlen hat,
4. im Monat Ramadan von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang fastet, d.h. weder Speisen noch Getränke zu sich nehmen darf und sich auch des Geschlechtsverkehrs enthalten muss,
[5. einmal im Leben, wenn es die ökonomischen Verhältnisse erlauben, die Pilgerfahrt nach Mekka/Medina vornehmen muss.
In der Ausführung der Rituale, die diese fünf Säulen ausfüllen, bestehen geringfügige Unterschiede, Tibi, Im Schatten Allahs, München 1994, S. 69.

141 Muslime dürfen den Text zwar unterschiedlich deuten, aber nicht einer kritischen Reflexion unterziehen oder relativieren.]

Die Welt des Islam ist sehr groß und entsprechend vielfältig. Den Islam als einen monolithischen Block gibt es nur bei den islamischen Fundamentalisten, europäischen linken Warnern vor einem »Feindbild Islam« und in den simplifizierenden populären Darstellungen, wie den substanzlosen Büchern von Gerhard Konzelmann. Tatsächlich aber bestehen in allen Bereichen sehr große Unterschiede. Während ein Land wie Ägypten großen Wert darauf legt, vom Westen akzeptiert zu werden, kann es den Saudis als ölreichen Beduinen gleichgültig sein, was die Amerikaner von ihnen denken. Schließlich wissen sie, daß sie - wie ich es in dem betreffenden Kapitel meines Buches Die Verschwörung schrieb - als »Tankstelle des Westens« unentbehrlich sind und sich somit einiges leisten können - auch an Menschenrechtsverletzungen.

[Seite 68]

Europäer nehmen die Welt des Islam hierbei fälschlicherweise noch als eine Einheit wahr. Jedoch ist diese »Welt des Islam« heute - in unserem Zeitalter der Migration - nicht mehr eine Welt für sich; sie geht Europa mehr an als je zuvor. Durch die wachsende Zahl muslimischer Zuwanderer erleben die Europäer diese Welt, die Europa ja vom Mittelmeer über den Balkan bis hin nach Eurasien umgibt, im eigenen europäischen Haus. [...] Trotz ihrer religiösen, ethnischen und kulturellen Vielfalt grenzen sich die Muslime - auch wenn sie in Europa als Migranten leben - gegen ihre Umwelt in diesem Sinne als einheitliche Umma ab. Innerislamische Vielfalt, religiös-kulturelle Unterschiede, gibt es nur nach innen, nicht in bezug auf die Außenwelt.

[Seite 69]

Bei näherem Hinsehen zeigt sich jedoch, daß sich die Muslime untereinander primär nur über zwei Glaubensvoraussetzungen einig sind: 1) die fünf Säulen des Islam und 2) die Authentizität des Koran.

Erstens: Alle Muslime bekennen sich einheitlich zu den fünf Säulen des Islam; diese besagen, daß ein(e) Muslim/Muslimin

1) die Schahadah, d. h. die Bezeugung, daß es keinen Gott außer Allah gebe und daß der Prophet Mohammed sein Gesandter sei, leisten muß,

2) daß er/sie als ein praktizierender Muslim/in fünfmal am Tag beten muß,

3) daß er/sie Almosensteuer (Zakat) zu zahlen hat,

4) daß er/sie im Monat Ramadan von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang fastet, d.h. weder Speisen noch Getränke zu sich nehmen darf und sich auch des Geschlechtsverkehrs enthalten muß,

und schließlich

5) daß er/sie einmal im Leben, wenn es die ökonomischen Verhältnisse erlauben, die Pilgerfahrt nach Mekka/Medina vornehmen muß. Danach heißt ein Muslim bzw. eine Muslimin Hadji (männl.) bzw. Hadja (weibl.).

ln der Ausführung der Rituale, die diese fünf Säulen ausfüllen, bestehen geringfügige Unterschiede.

[...] Muslime dürfen diesen Text zwar unterschiedlich deuten, nicht aber einer kritischen Reflexion unterziehen oder historisieren, d. h. in den Rahmen seiner Entstehungsgeschichte einordnen und somit relativieren.

[Seite 85]

In einer Kultur vermengen sich vielmehr geistige und materielle Faktoren und bedingen einander in wechselseitiger Wirkung.3


3 B. Tibi, The Interplay between Social and Cultural Change. The Case of Germany and the Middle East, in: George Atiyeh und I. Oweiss (Hg.), Arab Civilization. Challenges and Responses, Albany/N.Y. 1988, S. 166-182

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 139 und am Ende von Fn. 140 genannt, Art und Umfang der (hier auch den Referenzteil einschließenden) Übernahme bleiben jedoch ungekennzeichnet.


[31.] Mra/Fragment 055 102

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 55, Zeilen: 102-111
Quelle: Link 1995
Seite(n): 3355, Zeilen: online
[...]

210 Ein Blick in die abendländische Geistesgeschichte und ihre Kulturtradition zeigt aber, dass seit jeher das Kreuz einen nicht allein auf seine spezifisch theologische Aussage zu reduzierende Symbolfunktion hat: als Zeichen einer sich christlich legitimierenden Herrschaft (Konstantin) als Zeichen einer von christlichen Werten geprägten politischen Gemeinschaft (Staatssymbolik), als Zeichen der Nächstenliebe (Rotes Kreuz), als Zeichen der auch zwischenmenschlichen Versöhnung, als Friedens- und Segenszeichen. Alles dies hebt den theologischen Symbolgehalt nicht auf, sondern übersetzt ihn gleichsam in konkrete Aspekte des menschlichen Lebens. Der religiös neutrale Staat bleibt offen dafür, dass der Einzelne den tieferen Gehalt im Sinne des Glaubens erkennt, sich mit ihm auseinandersetzt oder dazu angehalten wird. Gerade darin liegt auch die vom Bundesverfassungsgericht hervorgehobene Entwicklung zu einer autonom-sittlichen Persönlichkeit, zu der die Schule verpflichtet ist; Link, NJW 1995, 3353.

Ein Blick in die abendländische Geistesgeschichte und ihre Kulturtraditionen zeigt aber, daß seit jeher das Kreuz einen nicht allein auf seine spezifisch theologische Aussage zu reduzierende Symbolfunktion hat31: als Zeichen einer sich christlich legitimierenden Herrschaft (Konstantin), als Zeichen einer von christlichen Werten geprägten politischen Gemeinschaft (Staatssymbolik), als Zeichen der Nächstenliebe (Rotes Kreuz), als Zeichen der auch zwischenmenschlichen Versöhnung, als Friedens- und Segenszeichen32. [...] Alles dies hebt den theologischen Symbolgehalt nicht auf, denaturiert ihn nicht zur Folklore, sondern übersetzt ihn gleichsam in konkrete Aspekte des menschlichen Lebens. [...] Hier wie beim Kreuz in der Schule bleibt auch der religiös neutrale Staat offen dafür, daß der einzelne in beidem den tieferen Gehalt im Sinne des Glaubens erkennt, sich mit ihm auseinandersetzt oder in seiner Stellungnahme durch die Eltern - positiv oder negativ - dazu angehalten wird. Gerade darin liegt die auch vom BVerfG hervorgehobene Entwicklung zur autonomen sittlichen Persönlichkeit, der die Schule verpflichtet ist34.

31 Dazu eingehend Maier, Kreuze sichtbar machen, FAZ v. 20. 9. 1995, S. 39.

32 Dazu Murray/Köpf/zur Mühlen/Thümmel/Bayer, in: Theol. Realenzyklopädie (TRE) XIX, 1990, S. 726 ff. (727, 740 f., 744, 751, 765, 767, 770, 773, 775).

34 BVerfGE 34, 165 = NJW 1973, 133.

Anmerkungen

Es fehlen "nur" die Anführungszeichen.


[32.] Mra/Fragment 061 16

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 61, Zeilen: 16-22
Quelle: Wikipedia Osho 2014
Seite(n): online, Zeilen: 0
„Rajneesh“ Chandra Mohain Jin war ein indischer Philosophieprofessor und Begründer der Neo-Sannyas Bewegung. Er nannte sich zuerst Acharya Rajneesh, danach Bhagwan Shree Rajneesh und später Osho. Er war gegen jedes Glaubenssystem und betonte den Wert einer authentischen religiösen Erfahrung gegenüber der Zugehörigkeit zu einer Religion. Der Weg zur authentischen religiösen Erfahrung liegt in seiner Lehre darin, das Leben als Ganzes anzunehmen, es in allen seinen Facetten zu lieben und täglich zu feiern. Die von Osho ins Leben gerufene Bewegung war in den 1970ern und 1980ern außerordentlich kontrovers und nicht selten wurde sie, auch von öffentlicher Seite, als „Sekte“ bezeichnet. „Rajneesh“ Chandra Mohan Jain (hindi रजनीश चन्द्र मोहन जैन) (* 11. Dezember 1931 in Kuchwada, Madhya Pradesh, Indien; † 19. Januar 1990 in Pune, Maharashtra, Indien) war ein indischer Philosoph und Begründer der Neo-Sannyas-Bewegung. Er nannte sich Mitte der 1960er bis Anfang der 1970er Jahre Acharya Rajneesh, danach bis Ende 1988 Bhagwan Shree Rajneesh und von 1989 bis zu seinem Tod Osho. [...]

Osho war gegen jedes Glaubenssystem und betonte den Wert der authentischen religiösen Erfahrung gegenüber der Zugehörigkeit zu einer Religion.[89]

[...]

Der Weg zur authentischen religiösen Erfahrung liegt in seiner Lehre darin, das Leben als Ganzes anzunehmen, es in allen seinen Facetten zu lieben und täglich zu feiern.[93]

[...]

Die von Osho ins Leben gerufene Bewegung hat in den 1970er und 1980er Jahren eine außerordentlich kontroverse Bewertung erfahren. In der Bundesrepublik Deutschland wurde sie in staatlichen Broschüren zu dieser Zeit verschiedentlich als „Sekte“, „Jugendsekte“, „Jugendreligion“ oder „Psychosekte“ bezeichnet; dazu traten auch die Bezeichnungen „destruktiv“ und „pseudoreligiös“ sowie Vorwürfe der Mitgliedermanipulation.


89 Judith M. Fox (2002), S. 2

93 Joachim Süss (1996), S. 162

Anmerkungen

Kein Hinweis auf eine Übernahme.


[33.] Mra/Fragment 061 23

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 61, Zeilen: 23-34
Quelle: Häußler 1999
Seite(n): 330, Zeilen: l.Sp. 19 ff.
In den Bhagwan-Fällen haben die angerufenen Verwaltungsgerichte einhellig den betroffenen Lehrern das Recht abgesprochen, die rote Kleidung eines Anhängers, eines Sanyasins, und dessen religiöse Kette (sog. Mala) im Unterricht zu tragen. Diese Rechtsprechung war einerseits auf das aus Art. 4 Abs. 1 GG hergeleitete Neutralitätsprinzip gestützt. Andererseits wurde darauf hingewiesen, dass die Sanyasin-Kleidung der Meditation diene und daher den Charakter einer Religionsuniform habe.236 Nun ist es in der Tat die Aufgabe eines Lehrers, in der Schule zu unterrichten und nicht zu meditieren. Der BayVGH hat folgerichtig entschieden, dass es mit den Dienstpflichten eines Lehrers nicht in Einklang gebracht werden könne, unter diesen Umständen die rote Kleidung eines Sanyasins nebst der Mala im Unterricht zu tragen. Daher sei diese Art, sich zu kleiden, auch nicht von der Religionsfreiheit gegen die Durchsetzung der genannten Dienstpflicht geschützt.237

236 BayVBl. 1985, 721; BVerwG, NVwZ 1988, 932; VBIBW 1998, 361.

237 Häußler, ZAR 1999, 32.

In den Bhagwan-Fällen haben die angerufenen Verwaltungsgerichte einhellig den betroffenen Lehrern das Recht abgesprochen, die rote Kleidung eines Sanyasins und dessen religiöse Kette (die sog. Mala) im Unterricht zu tragen. Diese Rechtsprechung war einerseits auf das aus Art. 4 Abs. 1 GG hergeleitete Neutralitätsprinzip gestützt.6 Andererseits wurde darauf hingewiesen, daß die Sanyasin-Kleidung der Meditation diene und daher den Charakter einer Religionsuniform habe.7 Nun ist es in der Tat die Aufgabe eines Lehrers, in der Schule zu unterrichten und nicht etwa, zu meditieren. Der BayVGH hat folgerichtig entschieden, daß es mit den Dienstpflichten eines Lehrers nicht in Einklang gebracht werden könne, unter diesen Umständen die rote Kleidung eines Sanyasins nebst der Mala im Unterricht zu tragen; daher sei diese Art, sich zu kleiden, auch nicht von der Religionsfreiheit gegen die Durchsetzung der genannten Dienstpflicht geschützt.

6 OVG Hamburg. KirchE 22, 243; vgl. BayVGH, KirchE 23. 173 (nahezu identische Entscheidungen ergingen in den vom BayVGH an demselben Tag entschiedenen Parallelfällen; vgl. BayBVl. 1985, 721, NVwZ 1986, 405), BayVGH. KirchE 25 (1987), 203 (= Hauptsacheentscheidung zu KirchE 23 a.a.O.). Nichtzulassungsbeschwerde und Verfassungsbeschwerde gegen dieses Urteil waren erfolglos: BVerwG, NVwZ 1988, 937; BVerfG- Kammer, B. v. 13.3.1989 - 2 BvR 599/88 -. Das BVerwG hat ausdrücklich auf die negative Religionsfreiheit abgestellt, die eine der Grundlagen für die Induktion des Neutralitätsprinzips ist. Hierauf bezieht sich Bader, VBlBW 1998, 361. Welches Neutralitätsverständnis dieser Rechtsprechung zugrundeliegt, ist Gegenstand der folgenden Darlegungen (insbesondere Text nach Fn. 14).

7 Vgl. BayVGH (Fn. 6).

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 237 genannt.


[34.] Mra/Fragment 065 17

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 65, Zeilen: 17-21
Quelle: Rogall-Grothe 2009
Seite(n): 52, Zeilen: online
Die Entwicklung eines in Deutschland gelebten Islam kann sich nur innerhalb des durch den Rechtsstaat gesetzten Rahmens vollziehen. So hat auch die Arbeitsgruppe „Religionsfragen im deutschen Verfassungsverständnis“ als Zwischenstand ihrer Beratungen festgehalten, dass das Grundgesetz die maßgebliche Grundlage für das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern und für das Zusammenleben der Bürger im Staat darstellt. Die Entwicklung eines in Deutschland gelebten Islam kann sich nur innerhalb des durch den Rechtsstaat gesetzten Rahmens vollziehen.

Mit gleicher Zielrichtung hat die Arbeitsgruppe »Religionsfragen im deutschen Verfassungsverständnis« als Zwischenstand ihrer Beratungen festgehalten, dass das Grundgesetz die maßgebliche Grundlage für das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern und für das Zusammenleben der Bürger im Staat darstellt.

Anmerkungen

Die Quelle ist neun Zeilen weiter oben auf der Seite in Fn. 256 genannt. Der Fragmenttext bildet einen eigenen Absatz und steht am Ende des Kapitels.


[35.] Mra/Fragment 065 34

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 65, Zeilen: 34-37
Quelle: Winkler 1996
Seite(n): 124, Zeilen: r.Sp. 40 ff.
Die Analyse der Konfliktsituation erfordert sowohl die objektiven Gegebenheiten genau zu untersuchen als auch die Motive, Werte, Missverständnisse, unterschiedlichen Interessen, die die Konfliktparteien prägen. In der Regel formen sich die Konflikte in pluralistischen Gesellschaften [in mehreren Dimensionen gleichzeitig:259 der ökonomischen, politischen, sozialen und psychologischen.]

259 Winkler, ZAR 1996, 123.

Die Analyse der Konfliktsituation erfordert, sowohl die objektiven Gegebenheiten genau zu untersuchen als auch die Motive, Werte, Mißverständnisse, unterschiedlichen Interessen und Taktiken, welche die Konfliktparteien prägen. In der Regel formen sich die Konflikte in pluralistischen Gesellschaften in mehreren Dimensionen gleichzeitig: der ökonomischen, politischen, sozialen und psychologischen.
Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 259 genannt; die Übernahme setzt sich nach der Fußnote fort (Mra/Fragment_066_01).


[36.] Mra/Fragment 066 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 66, Zeilen: 1-4
Quelle: Winkler 1996
Seite(n): 124, 125, Zeilen: 124: r.Sp. 43-48; 125: l.Sp. 24-26
[In der Regel formen sich die Konflikte in pluralistischen Gesellschaften] in mehreren Dimensionen gleichzeitig:259 der ökonomischen, politischen, sozialen und psychologischen. Es ist darauf zu achten, die objektiven und subjektiven Gründe klar voneinander zu trennen. Nicht zuletzt sind es Aspekte, die aufgrund von unterschiedlicher kultureller Prägung bei der anderen Partei ein ganz anderes Gewicht haben.

259 Winkler, ZAR 1996, 123.

In der Regel formen sich die Konflikte in pluralistischen Gesellschaften in mehreren Dimensionen gleichzeitig: der ökonomischen, politischen, sozialen und psychologischen. Es ist darauf zu achten, die objektiven und die subjektiven Gründe für Konflikte klar voneinander zu trennen. [...] . Nicht zuletzt sind es Aspekte, die aufgrund von unterschiedlicher kultureller Prägung bei der anderen Partei ein ganz anderes Gewicht haben.
Anmerkungen

Fortsetzung von Mra/Fragment_065_34


[37.] Mra/Fragment 075 27

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 75, Zeilen: 27-31
Quelle: Mayer 1994
Seite(n): 115 ff., Zeilen: 115: 25 ff.; 116: 2 ff.; 117: 17 ff.
Kommunitarismus wiederum ist eine Idee, die als Antwort, Korrektiv und Lösungskonzept zu gesellschaftlichen Fehlentwicklungen verstanden werden kann. In der Sache bedeutet er die modernitätsimmanente Kritik an einem Individualismus, welches [sic] sich libertär aus sozialen Bezügen heraus verselbständigt hat und damit die modernen Gesellschaften in Frage stellt mit ihren extremen Ausuferungen einer modernen Ich-Bezogenheit.301

301 Mayer, in: Estel/Mayer, Das Prinzip Nation in modernen Gesellschaften, Opladen 1994, S. 115; [Es wird aus dem Geiste christlicher und aristotelisch-republikanischer Denktraditionen heraus versucht, eine Selbstkorrektur der modernen liberalen Gesellschaften kommunikativ zu erreichen. Dabei werden auch diskursethische Kommunikationskonzepte positiv aufgegriffen. Also nicht eine autoritäre Restaurierung von Gemeinschaftsbezügen, sondern die Revitalisierung republikanischer, z.T. auch puritanischer Gemeinschaftstugenden und Sittlichkeitsmodelle wird pluralismusimmanent angestrebt. Solidarität contra Individualismus wird zur intellektuellen Kampfformel der sozialmoralischen Kritik einer Gesellschaft, die sich zusehends sozialpathologisch entwickelt, die Eigeninteressen der Individuen prämiert, anstatt Lebenschancen gerecht zu verteilen.]

Kommunitarismus ist eine Idee, die als Antwort, Korrektiv und Lösungskonzept zu eingetretenen, eklatanten gesellschaftlichen Fehlentwicklungen verstanden werden kann.

In der Sache bedeutet er die modernitätsimmanente Kritik an einem Individualismus, der sich libertär aus sozialen Bezügen heraus verselbständigt hat und damit die Kohäsion moderner oder postmoderner Gesellschaften in Frage stellt. Konkret sind damit die Auflösungserscheinungen von Ehe und Familie, das Scheidungsverhalten, kriminelle Asozialität, Suchtverhalten, Bindungsangst, Areligiosität usw. gemeint, kurz extreme Ausuferungen einer modernen Ich-Bezogenheit.

[Seite 116]

Vielmehr wird aus dem Geist christlicher und aristotelisch-republikanischer Denktraditionen heraus versucht, eine Selbstkorrektur der modernen liberalen Gesellschaft kommunikativ zu erreichen. Dabei werden auch diskurs-ethische Kommunikationskonzepte positiv aufgegriffen. Also nicht eine autoritäre Restaurierung von Gemeinschaftsbezügen, sondern die Revitalisierung republikanischer - z.T. auch puritanischer - Gemeinschaftstugenden und Sittlichkeitsmodelle wird pluralismusimmanent angestrebt.

[Seite 117]

„Solidarität versus Individualismus“ wird so zur intellektuellen Kampfformel der sozialmoralischen Kritik einer Gesellschaft, die sich zusehends sozialpathologisch entwickelt, die Eigeninteressen der Individuen prämiert anstelle die Lebenschancen sozial gerecht zu verteilen.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 301 genannt. Eine wörtliche Übernahme lässt das nicht vermuten.


[38.] Mra/Fragment 076 101

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 76, Zeilen: 101-107
Quelle: Mayer 1994
Seite(n): 116 f., Zeilen: 116: 2 ff; 117: 17 ff.
[...]

301 [...] Es wird aus dem Geiste christlicher und aristotelisch-republikanischer Denktraditionen heraus versucht, eine Selbstkorrektur der modernen liberalen Gesellschaften kommunikativ zu erreichen. Dabei werden auch diskursethische Kommunikationskonzepte positiv aufgegriffen. Also nicht eine autoritäre Restaurierung von Gemeinschaftsbezügen, sondern die Revitalisierung republikanischer, z.T. auch puritanischer Gemeinschaftstugenden und Sittlichkeitsmodelle wird pluralismusimmanent angestrebt. Solidarität contra Individualismus wird zur intellektuellen Kampfformel der sozialmoralischen Kritik einer Gesellschaft, die sich zusehends sozialpathologisch entwickelt, die Eigeninteressen der Individuen prämiert, anstatt Lebenschancen gerecht zu verteilen.

Vielmehr wird aus dem Geist christlicher und aristotelisch-republikanischer Denktraditionen heraus versucht, eine Selbstkorrektur der modernen liberalen Gesellschaft kommunikativ zu erreichen. Dabei werden auch diskurs-ethische Kommunikationskonzepte positiv aufgegriffen. Also nicht eine autoritäre Restaurierung von Gemeinschaftsbezügen, sondern die Revitalisierung republikanischer - z.T. auch puritanischer - Gemeinschaftstugenden und Sittlichkeitsmodelle wird pluralismusimmanent angestrebt.

[Seite 117]

„Solidarität versus Individualismus“ wird so zur intellektuellen Kampfformel der sozialmoralischen Kritik einer Gesellschaft, die sich zusehends sozialpathologisch entwickelt, die Eigeninteressen der Individuen prämiert anstelle die Lebenschancen sozial gerecht zu verteilen.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 301 genannt.


[39.] Mra/Fragment 077 10

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 77, Zeilen: 10-29
Quelle: Mayer 1994
Seite(n): 118 f., Zeilen: 118: 38 ff.; 119: 1 ff.
Das entwurzelte, bindungslose, bindungsscheue Individuum sei nämlich unfähig, eben dies einzugehen, was eine gesellschaftliche Kontinuität trage: Bindung. Und zwar Bindung in unmittelbaren sozialen Kontexten, wie Ehe und Familie, wie aber auch im größeren Zusammenhang, der Nation etwa, an die es sich nicht gebunden fühle. Die mangelnde Verbundenheit mit verpflichtenden Gemeinschaften bedrohe letztlich diese Gemeinschaften, beute diese aber auch aus. Eine Nation, deren Bürger nicht mehr politisch partizipieren, sondern sich nur noch auf ihr Konsumleben und ihre Selbstverwirklichung reduzierten, sei nur schwer überlebensfähig, weil sie sich nicht mehr über gemeinsam praktizierte Werte im Sinne einer guten Gesellschaft verständigen könne. Der Verlust an Bindung, den die Institutionen Familie, Kirche, Nation haben hinnehmen müssen, stelle die gesellschaftliche und moralische Herausforderung dar, auf die mit kommunitärem Denken geantwortet wird.

Der kommunitaristische Ansatz will bewusst machen, dass der anhaltende Prozess externer libertärer Entbindung aus sozialen und moralischen Kontexten durch die Perspektive auf Ganzheiten ausbalanciert werden müsse, deren gesellschaftlich und moralisch konstruktiver Sinnzusammenhang bislang nicht ausreichend beachtet worden sei. Zu diesen Ganzheiten gehörten auch die Nation im Allgemeinen, die ethnischen Gruppen und deren Verhältnis zueinander.

Fasst man den kommunitaristischen Ansatz zusammen, so ist er, wie bereits dargestellt, anhand des Begriffs der Bindung zu fokussieren.

Faßt man den kommunitaristischen Ansatz zusammen, so ist er zu fokusieren [sic] anhand des Begriffs der Bindung. Das entwurzelte, bindungslose, bindungsscheue Individuum ist unfähig, eben dies einzugehen, was eine gesellschaftliche Kontinuität trägt: Bindung. Und zwar Bindung in unmittelbaren sozialen Kontexten (Ehe, Familie) wie auch im größeren Zusammenhang, der Nation etwa, an die es sich nicht gebunden „fühlt“ und der es sich entbunden wähnt. Die

[Seite 119]

mangelnde Verbundenheit mit verpflichtenden Gemeinschaften bedroht letztlich diese Gemeinschaften, beutet sie aber auch aus. Auch eine pluralistische Gesellschaft baut auf einer gerechten Verteilung der Pflichten auf, daß also das Gemeinwohl zur Pflicht aller gehört. Eine Nation, deren Bürger nicht mehr politisch partizipieren, sondern zu Bourgeois werden, zu Konsumenten und Selbstverwirklichern ist nur schwer überlebensfähig, weil sie nicht mehr über gemeinsam praktizierte Werte im Sine [sic] einer guten Gesellschaft sich verständigen kann. Der Verlust an Bindung, den die Institutionen Familie, Nachbarschaft, Partei, Kirche, Verein, Nation hat hinnehmen müssen, stellt die gesellschaftliche und moralische Herausforderung dar, auf die mit kommunitärem Denken geantwortet wird.

[...]

Der kommunitaristische Ansatz schärft - und soll schärfen - das Bewußtsein dafür, daß der anhaltende Prozeß extremer libertärer Entbindung aus sozialen und moralischen Kontexten ausbalanciert werden muß durch die Perspektive auf Ganzheiten, deren gesellschaftlich und moralisch konstruktiver Sinnzusammenhang unterschätzt worden war. Zu diesen Ganzheiten gehört auch die Nation und die ethnische Gruppe.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[40.] Mra/Fragment 077 30

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 77, Zeilen: 30-36
Quelle: Wikipedia Kommunitarismus 2014
Seite(n): online, Zeilen: 0
In der Gemeinschaft herrschen bestimmte, gemeinsam geteilte Wert- und Moralvorstellungen sowie Traditionen. Nur auf der Basis dieser gemeinsamen Wertvorstellungen könne sinnvoll über Gerechtigkeitsgrundsätze verhandelt werden. Auf den Punkt gebracht bedeutet dies, dass es in jeder Sozialgemeinschaft faktische Verhaltensmaßstäbe gibt und der Kommunitarismus befürwortet die freie Entfaltung des Einzelnen innerhalb seiner Gemeinschaft, solange sie sozial verträglich ist. In der Gemeinschaft herrschen bestimmte, gemeinsam geteilte Wert- und Moralvorstellungen sowie Traditionen vor. Nur auf der Basis dieser gemeinsamen Wertvorstellungen, vor allem auf der Grundlage einer gemeinschaftlichen Konzeption des Guten, könne sinnvoll über die Grundsätze der Gerechtigkeit verhandelt werden. [...] Der Kommunitarismus befürwortet die freie Entfaltung des Einzelnen, solange sie sozial verträglich ist.
Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[41.] Mra/Fragment 079 01

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 79, Zeilen: 1-12
Quelle: Wikipedia Skeptizismus 2014
Seite(n): online, Zeilen: 0
Hume führte aus, dass alle Bewusstseinsinhalte des Menschen auf sinnlichen Wahrnehmungen beruhen und alles Erkennen nur in Verknüpfungen von Bewusstseinsinhalten bestehe, von denen der Mensch nicht wissen könne, ob ihnen in der Wirklichkeit etwas entspreche. Er bestritt den objektiv-realen Charakter der Kausalzusammenhänge und betrachtete sie nur als subjektiv-psychologisches Ordnungsprinzip und begründete dies damit, dass nur Sinneseindrücke dem Verstand als gegenwärtig erschienen. Dies sei der Grund, weshalb die Existenz materieller Dinge außerhalb des Bewusstseins, die objektive Realität überhaupt, nichts weiter als die Annahme sei, die sich aus der Gewohnheit herleite.

Skeptiker steigen also an dieser Stelle in die Gerechtigkeitsdiskussion ein und behaupten, dass auch das Liberalismusmodell etwas rein Subjektives ist. Da all unsere Erkenntnisse historisch relativ, von den konkreten geschichtlichen Bedingungen des Erkenntnisprozesses abhängig sind, seien echte Erkenntnisse unmöglich.

In seiner Schrift An Enquiry Concerning Human Understanding (Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand) (1748) legte Hume – anders als John Locke – dar, dass alle Vorstellungen des Menschen auf sinnlichen Wahrnehmungen beruhen und alles Erkennen nur in Verknüpfungen dieser Vorstellungen bestehe, von denen der Mensch nicht wissen könne, ob ihnen in der Wirklichkeit etwas entspreche.

[...]

Hume bestritt den objektiv-realen Charakter der Kausalzusammenhänge und betrachtete sie nur als ein subjektiv-psychologisches Ordnungsprinzip, das sich aus gewohnten kausalen Sichtweisen ergebe, (siehe Kausalität) [...] Aus diesem Grunde sei die Existenz materieller Dinge außerhalb des Bewusstseins, die objektive Realität überhaupt, nichts weiter als eine Vermutung, die Menschen gewohnheitsmäßig als Gewissheit äußern.

[...]

Da aber alle unsere Kenntnisse historisch relativ, von den konkreten geschichtlichen Bedingungen des Erkenntnisprozesses abhängig sind, seien echte Erkenntnisse nicht möglich.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[42.] Mra/Fragment 080 07

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 80, Zeilen: 7-15, 17-25
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 46, 91, 103, Zeilen: 46: 4 ff.; 91: 20 ff.; 103: 17 ff.
Anstelle der normativ begründbaren Universalität der Menschenrechte357, [sic] fordern streng gläubige Muslime die Universalität ihres Verständnisses von der Scharia, dem göttlichen Recht. Zwei Universalitätsansprüche, die zwangsläufig einander bestreiten. Die erste Frage, die gerade den Komplex Menschenrechte/Islam und seine Relevanz für übergeordnete weltpolitische Zusammenhänge betrifft, bezieht sich darauf, dass Menschenrechte überall und global verletzt werden. Dennoch nehmen islamische Länder insofern einen Sonderstatus ein, als sie sich erst gar nicht zur westlichen Konzeption der Menschenrechte bekennen. So stellt sich auch die Frage, ob es überhaupt möglich ist, eine Akzeptanz verbürgter Menschenrechte zu erreichen.

1. Der individuelle Charakter der Menschenrechte358

Bereits in den politischen Schriften der europäischen Aufklärer, in den britischen (1689) und amerikanischen (1776) “Bill of Rights“ sowie vor allem in der Deklaration der Menschen- und Bürgerrechte der Französischen Revolution (1789) werden die individuellen Menschenrechte im einzelnen näher erläutert. Sie können mit dem Begriff „Freiheit des Individuums“ zusammengefasst werden; ihre philosophische Grundlage ist das Subjektivitätsprinzip, demzufolge der Mensch ein freies, sich selbst bestimmendes und zur Entfaltung fähiges Subjekt ist. Die europäischen Menschenrechtsdenker haben nicht an „Europa“, sondern an die Menschheit gedacht und damit universelle Geltung für die von ihnen entfalteten Ideen beansprucht.359


357 Vgl. auch: Batzli, Menschenbilder, Menschenrechte: Islam und Okzident, Kulturen im Konflikt, Zürich 1994; Petersohn, Islamisches Menschenrechtsverständnis unter Berücksichtigung der Vorbehalte muslimischer Staaten zu den UN-Menschenrechtsverträgen, Bonn 1999; Schröter, Das Gesetz Allahs: Menschenrechte, Geschlecht, Islam und Christentum, Königstein/Taunus 2007; Krämer, Gottes Staat als Republik: Reflexionen zeitgenössischer Muslime zu Islam, Menschenrechten und Demokratie, Baden-Baden 1999.

358 Fleiner, Was sind Menschenrechte? Zürich 1996; Benedek, Menschenrechte verstehen: Handbuch zur Menschenrechtsbildung, Wien 2009; Gander, Menschenrechte: Philosophische und juristische Positionen, Freiburg 2008; Sandkühler, Menschenwürde als Fundament der Grund- und Menschenrechte, Bremen 2007.

359 Hasse, Menschenrechte: Bilanz und Perspektiven, Baden-Baden 2002; Janz-Risse, Menschenrechte: Globale Dimension eines universellen Anspruchs, Baden-Baden 2007.

[Seite 103]

Es ist deshalb verständlich, wenn die beiden fundamentalistischen Regime in der islamischen Welt, Iran und Sudan, mit Vehemenz die universelle Gültigkeit der Menschenrechte als westliche Vorstellung zurückweisen; anstelle der Universalität der Menschenrechte fordern sie die Universalität ihres Verständnisses von der Scharia: zwei Universalitätsansprüche, die zwangsläufig einander die Geltung bestreiten müssen.

[Seite 46]

Die erste Frage, die gerade den Komplex Menschenrechte/Islam und seine Relevanz für übergeordnete weltpolitische Zusammenhänge betrifft, bezieht sich darauf, daß Menschenrechte überall und global verletzt werden. Dennoch nehmen die islamischen Länder insofern einen Sonderstatus ein, als sie sich erst gar nicht - wie etwa die Staaten Lateinamerikas - verbal zur westlichen Konzeption der Menschenrechte bekennen. Von daher stellt sich zunächst die Frage, ob es überhaupt möglich ist, verbürgte Menschenrechte in die islamische Welt einzuführen.

[Seite 91]

In den politischen Schriften der europäischen Aufklärer, in den britischen (1689) und amerikanischen (1776) »Bills of Rights« sowie vor allem in der Deklaration der Menschen- und Bürgerrechte der Französischen Revolution (1789) werden die individuellen Menschenrechte im einzelnen näher erläutert: Sie können mit dem Begriff »Freiheit des Individuums« zusammengefaßt werden<sup15; ihre philosophische Grundlage ist das Subjektivitätsprinzip (Anm. 4), demzufolge der Mensch ein freies, sich selbst bestimmendes und zur Entfaltung fähiges Subjekt ist. Die europäischen Menschenrechtsdenker haben nicht an »Europa«, sondern an die Menschheit gedacht und damit universelle Geltung für die von ihnen entfalteten Ideen beansprucht.


4 Hierzu grundlegend Jürgen Habermas, Der philosophische Diskurs der Moderne, Frankfurt/M. 1985.

15 Richard Pierre Claude und Burns H. Weston (Hg.), Human Rights in the World Community, Philadelphia 1989, S. 12ff.

Anmerkungen

Viele Literaturreferenzen in den Fußnoten - die tatsächliche Quelle bleibt jedoch ungenannt.


[43.] Mra/Fragment 082 01

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 82, Zeilen: 1-7
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 102, Zeilen: 15 ff.
In unserem Zeitalter des globalen Fundamentalismus und des ethnischen Nationalismus können wir internationale Politik nicht mehr verstehen, ohne die Prozesse der Bildung kultureller Gruppenidentitäten als Bezugsrahmen für religiös-ethnische Kollektive und deren Konfliktpotentiale zu berücksichtigen. Wenngleich eine Einheitlichkeit von Menschenrechtsstandards auf internationaler Ebene unabdingbar ist, vollzieht sich die Umsetzung dieser Rechte in einer Vielzahl verschiedener kultureller Kontexte, die unterschiedlich berücksichtigt werden müssen. Nach dem Kalten Krieg können wir in unserem Zeitalter des globalen Fundamentalismus und des ethnischen Nationalismus internationale Politik nicht mehr verstehen, ohne die Prozesse der Bildung kultureller Gruppenidentitäten als Bezugsrahmen für religiös-ethnische Kollektive und deren Konfliktpotentiale zu berücksichtigen. Die Menschenrechtsproblematik als ein globaler Konfliktstoff macht dies exemplarisch deutlich. Wenngleich eine Einheitlichkeit von Menschenrechtsstandards auf der internationalen Ebene unabdingbar ist, vollzieht sich die Umsetzung dieser Rechte in einer Vielzahl verschiedener kultureller Kontexte, die berücksichtigt werden müssen.
Anmerkungen

Kein Hinweis auf eine Übernahme.


[44.] Mra/Fragment 085 25

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 85, Zeilen: 25-30
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 94, Zeilen: 26 ff.
Die UNO bietet in ihrer gegenwärtigen Verfassung einige Instrumente zur Überwachung der Verletzung von Menschenrechten, kann aber gegen diese Übertretungen des Völkerrechts nichts unternehmen. Die UN-Charta hebt zwar die Bedeutung der Menschenrechte hervor, aber sie betont gleichzeitig das Souveränitätsrecht der Nationalstaaten. Hinter diesem Recht verstecken sich sozusagen die Menschenrechtsverletzer in der Welt des Islam und anderenorts. Die UNO bietet in ihrer gegenwärtigen Verfassung einige Instrumente zur Überwachung der Verletzungen von Menschenrechten, kann aber gegen diese Übertretungen des Völkerrechts nichts unternehmen. Die UN-Charta hebt zwar die Bedeutung der Menschenrechte hervor, aber sie heiligt gleichzeitig das Souveränitätsrecht der Nationalstaaten. Hinter diesem Recht20 verstecken sich die Menschenrechtsverletzer in der Welt des Islam und anderswo.

20 Hierzu Richard Falk, Human Rights and State Sovereignty, New York 1981.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf eine Übernahme.


[45.] Mra/Fragment 085 31

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 85, Zeilen: 31-35
Quelle: Herrmann 2008
Seite(n): online, Zeilen: 0
Sicher ist zudem, dass der Anti-Terror-Krieg kein Mittel im Kampf um Menschenrechte sein kann, bewahrt er doch die Streiter für Menschenrechte nicht davor, selbst Menschenrechte zu verletzen. Diese Erfahrung mussten auch bereits die Alliierten während des Zweiten Weltkrieges machen. Folgerichtig übertrug man den Vereinten Nationen bei ihrer Gründung 1945 als Hauptaufgabe die Wahrung des Weltfriedens sowie die Förderung und den Schutz der [Menschenrechte und Grundfreiheiten.] Sicher ist, dass Krieg kein Mittel im Kampf um Menschenrechte sein kann, bewahrt er doch die Streiter für Menschenrechte nicht davor, selbst Menschenrechte zu verletzen. Diese bittere Erfahrung mussten bereits die Alliierten während des Zweiten Weltkrieges machen. Folgerichtig übertrug man den Vereinten Nationen bei ihrer Gründung 1945 als Hauptaufgaben die Wahrung des Weltfriedens sowie die Förderung und den Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten.
Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[46.] Mra/Fragment 086 01

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 86, Zeilen: 1 ff. (komplett)
Quelle: Herrmann 2008
Seite(n): online, Zeilen: 0
Lange Zeit wurde die Menschenrechtsarbeit der Vereinten Nationen durch die bereits 1946 gegründete Menschenrechtskommission geprägt. Anfangs erarbeitete sie hauptsächlich menschenrechtliche Standards, später befasste sie sich auch mit Menschenrechtsverletzungen. Allerdings blieben auch ihre Resolutionen rechtlich unverbindlich und zogen keine Sanktionen nach sich. Ihre Stärke lag darin ebenfalls in der Mobilisierung der Öffentlichkeit. In Misskredit geriet die Menschenrechtskommission dadurch, dass ihr Staaten angehörten, deren Regierungen die Menschenwürde missachteten. Deshalb löste im Rahmen einer Reform der UN im Juni 2006 ein neuer Menschenrechtsrat die Kommission ab.378 In dem mit 47 Sitzen etwas kleineren Gremium dominieren entsprechend der festgelegten regionalen Einteilung die Länder aus Afrika und Asien, während auf die westlichen Industriestaaten sieben Sitze entfallen. Ob der Rat mehr zu leisten vermag, bleibt abzuwarten. Seine Mitglieder sollen höchste Menschenrechtsstandards erfüllen, doch Länder wie China, Kuba oder Saudi-Arabien lassen daran Zweifel aufkommen. So hat der Menschenrechtsrat beispielsweise Israel kritisiert, dagegen den Bericht einer UN-Mission unter Leitung der Friedensnobelpreisträgerin Jody Williams über das Morden in Darfur als parteiisch zurückgewiesen.

Die Generalversammlung der UNO beschloss zudem 1993, nach dem Vorbild des Flüchtlingskommissars, einen Hochkommissar für Menschenrechte einzusetzen. Seine Aufgabe besteht darin, die Aktivitäten aller mit Menschenrechtsfragen befassten UN-Gremien zu koordinieren und allgemein einen Beitrag zu einer Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit zu leisten [sic] Doch auch seine Erfolgsaussichten sind limitiert, da wiederum die Souveränität der Einzelstaaten nicht berührt werden darf.

Einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zu einem besseren Menschenrechtsschutz setzte die internationale Staatengemeinschaft im Juli 1998, als sie sich in Rom auf einen Vertrag zur Schaffung eines Weltstrafgerichtes, den Internationalen Strafgerichtshof, verständigte. Nachdem die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges 1945 in Nürnberg und Tokio erstmals internationale Tribunale zur Aburteilung von Kriegsverbrechern eingerichtet hatten, gab es Bemühungen um ein Statut für einen ständigen Internationalen Strafgerichtshof der UNO. Echte Fortschritte waren aber auch erst nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes zu verzeichnen, der kürzlich jedoch droht, erneut auszubrechen. Der Durchbruch gelang 1993 mit der Errichtung eines „Internationalen Strafgerichtshofes für das ehemalige Jugoslawien“ mit Sitz in Den Haag und eines zweiten Gerichtes für den Völkermord in Ruanda, das ein Jahr später in Arusha (Tansania) etabliert wurde. Diese Spezialgerichtshöfe wurden durch den Sicherheitsrat der UNO ins Leben gerufen.

Der neue Weltstrafgerichtshof ist für vier universell strafbare Kernverbrechen zuständig: Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen sowie das Verbrechen der Aggression. Nachdem das Gerichtsstatut von der erforderlichen Mindestzahl von 60 Staaten ratifiziert worden war, konnte es am 1. Juli 2002 in Kraft treten. Zwar darf das Gericht erst tätig werden, wenn ein Land sich nicht „fähig oder willens“ zeigt, das Verfahren selbst durchzuführen, doch wird durch diese Möglichkeit die Souveränität der Staaten zugunsten schutzbedürftiger Menschen wiederum ein Stück eingeschränkt.


378 Vgl. sehr ausführliche Darstellung bei Karrenstein, Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, Tübingen 2011.

Lange Zeit wurde die Menschenrechtsarbeit der Vereinten Nationen durch die bereits 1946 gegründete Menschenrechtskommission (MRK) geprägt. Anfangs erarbeitete sie hauptsächlich menschenrechtliche Standards, später befasste sie sich auch mit Menschenrechtsverletzungen. Allerdings blieben auch ihre Resolutionen rechtlich unverbindlich und zogen keine Sanktionen nach sich. Ihre Stärke lag daher ebenfalls in der Mobilisierung der Öffentlichkeit. In Misskredit geriet die MRK dadurch, dass ihr Staaten angehörten, deren Regierungen die Menschenwürde missachteten. Deshalb löste im Rahmen einer Reform der UN im Juni 2006 ein neuer Menschenrechtsrat (MRR) die Kommission ab.

In dem mit 47 Sitzen etwas kleineren Gremium dominieren entsprechend der festgelegten regionalen Einteilung die Länder aus Afrika und Asien, während auf die westlichen Industriestaaten sieben Sitze entfallen. Ob der Rat mehr zu leisten vermag als sein Vorgänger, bleibt abzuwarten. Seine Mitglieder sollen "höchste Menschenrechtsstandards" erfüllen, doch Länder wie China, Kuba oder Saudi-Arabien lassen daran Zweifel aufkommen. So hat der MRR beispielsweise Israel kritisiert, dagegen den Bericht einer UN-Mission unter Leitung der Friedensnobelpreisträgerin Jody Williams über das Morden in Darfur als parteiisch zurückgewiesen. [...]

Nach langem Ringen beschloss die Generalversammlung der UNO 1993, nach dem Vorbild des Flüchtlingskommissars einen Hochkommissar für Menschenrechte (UNHCHR, United Nations High Commissioner for Human Rights) einzusetzen. Seine Aufgabe besteht darin, die Aktivitäten aller mit Menschenrechtsfragen befassten UN-Gremien zu koordinieren und allgemein zu einer Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit auf diesem Sektor beizutragen. Doch auch seine Erfolgsaussichten sind beschränkt, da die Souveränität der Einzelstaaten nicht berührt werden darf.

[...]

Einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zu einem besseren Menschenrechtsschutz setzte die internationale Staatengemeinschaft im Juli 1998, als sie sich in Rom auf einen Vertrag zur Schaffung eines Weltstrafgerichtes verständigte. Nachdem die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges 1945 in Nürnberg und Tokio erstmals internationale Tribunale zur Aburteilung von Kriegsverbrechern eingerichtet hatten, gab es Bemühungen um ein Statut für einen ständigen Internationalen Strafgerichtshof der UNO. Echte Fortschritte waren aber auch hier erst nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes zu verzeichnen. Der Durchbruch gelang 1993 mit der Errichtung eines "Internationalen Strafgerichtshofes für das ehemalige Jugoslawien" mit Sitz in Den Haag und eines zweiten Gerichtes für den Völkermord in Ruanda, das ein Jahr später in Arusha (Tansania) etabliert wurde. Diese Spezialgerichtshöfe wurden durch den Sicherheitsrat der UNO ins Leben gerufen.

Der neue Weltstrafgerichtshof ist für vier universell strafbare Kernverbrechen zuständig: Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen sowie das Verbrechen der Aggression. Nachdem das Gerichtsstatut unerwartet schnell von der erforderlichen Mindestzahl von 60 Staaten ratifiziert worden war, konnte es am 1. Juli 2002 in Kraft treten. Zwar darf das Gericht erst tätig werden, wenn ein Land sich nicht "fähig oder willens" zeigt, das Verfahren selbst durchzuführen, doch wird durch diese Möglichkeit die Souveränität der Staaten zugunsten schutzbedürftiger Menschen wieder ein Stück eingeschränkt.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[47.] Mra/Fragment 087 01

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 87, Zeilen: 1-16
Quelle: Herrmann 2008
Seite(n): online, Zeilen: 0
Einen Rückschlag erlebte der Internationale Strafgerichtshof zudem dadurch, dass die USA 2002 wieder aus dem Vertragswerk ausstiegen. Deren politisch [sic] Führung befürchtete offenbar, dass US-Soldaten und Staatsangehörige an den Gerichtshof ausgeliefert werden könnten, wenn ihnen vorgeworfen wird, in einem Vertragsstaat Kriegsverbrechen, Völkermord oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben. Obwohl die USA immer noch größter Geldgeber für die UNO sind, stellen sie diese in vielerlei Hinsicht in Frage und sperren Gelder für bestimmte Organe oder Projekte, wenn sie den amerikanischen Interessen widersprechen. Damit bringen sie auch ihre Kritik an der UNO zum Ausdruck, die sie für bürokratisch, korruptionsanfällig und reformbedürftig halten. Durch diese Haltung wird die Durchschlagskraft der UNO geschwächt. Schließlich können die Vereinten Nationen nur so erfolgreich sein, wie es ihnen ihre Mitglieder ermöglichen. Im weiteren Sinne stehen alle Organisationen im Dienste des Menschenrechtsschutzes, die insbesondere in der Dritten Welt humanitäre Hilfe leisten. Dem Gründungsziel der UN entsprechend, allen Menschen ein Leben frei von Not zu ermöglichen, sind zunächst wieder die verschiedenen Hilfsorganisationen der UNO zu nennen, beispielsweise das Kinderhilfswerk UNICEF oder die weltweit tätigen NGO´s [sic] wie Amnesty International379 oder Human Right Watch.

379 Hintergrunddaten und Geschichte von Amnesty International in: Frankfurter Rundschau vom 24. Mai 2007.

Einen Rückschlag erlebte der Internationale Strafgerichtshof allerdings dadurch, dass die USA 2002 wieder aus dem Vertragswerk ausstiegen. Die politische Führung der Vereinigten Staaten befürchtete offenbar, dass US-amerikanische Soldaten und Staatsangehörige an den Gerichtshof ausgeliefert werden könnten, wenn ihnen vorgeworfen wird, in einem Vertragsstaat Kriegsverbrechen, Völkermord oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben. Obwohl die USA immer noch größter Geldgeber für die UNO sind, stellen sie diese in vielerlei Hinsicht in Frage und sperren Gelder für bestimmte Organe oder Projekte, wenn sie den amerikanischen Interessen widersprechen. Damit bringen sie auch ihre Kritik an der UNO zum Ausdruck, die sie für bürokratisch, korruptionsanfällig und reformbedürftig halten. Durch diese Haltung wird die Durchschlagskraft der UNO geschwächt. Schließlich können die Vereinten Nationen nur so erfolgreich sein, wie es ihnen ihre Mitglieder ermöglichen.

[...]

Im weiteren Sinne stehen alle Organisationen im Dienste des Menschenrechtsschutzes, die - insbesondere in der Dritten Welt - humanitäre Hilfe leisten. Dem Gründungsziel der UN entsprechend, allen Menschen ein Leben frei von Not zu ermöglichen, sind zunächst wieder die verschiedenen Hilfsorganisationen der UNO zu nennen, beispielsweise das Kinderhilfswerk UNICEF.

An dieser Stelle soll aber der Blick vor allem auf private Organisationen gerichtet werden, die beim Menschenrechtsschutz oft wesentlich weniger politische Rücksichten nehmen müssen als UN-Organisationen oder einzelstaatliche Initiativen. Neben so namhaften und weltweit tätigen NGOs wie Amnesty International oder Human Rights Watch gibt es heute auch zahlreiche kleinere und regional begrenzte Organisationen, die selbst in sehr repressiven Staaten aktiv werden.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[48.] Mra/Fragment 087 17

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 87, Zeilen: 17-31
Quelle: Herrmann 2008d
Seite(n): online, Zeilen: 0
Angesichts der bestehenden Gefahren und Probleme wie beispielsweise dem Afghanistankrieg, der Syrienkrise oder dem Konflikt zwischen der Ukraine und Russland mögen bestimmte Menschenrechtsfragen nachrangig erscheinen. Doch auch in demokratisch verfassten Staaten mit weitgehend garantierten Menschenrechten stellt sich die Frage, ob staatliche Instanzen auf die Bedrohung der Bürger durch terroristische Netzwerke zwangsläufig mit Ausweitung geheimdienstlicher Aktivitäten und polizeilicher Überwachung bestimmter Personengruppen reagieren, die Freizügigkeit einschränken, sogar das Recht auf Freiheit vorübergehend aufheben dürfen.

Menschenrechte besitzen aus sich heraus einen universalen und unteilbaren Charakter. Sie basieren auf der Würde des Menschen. Daher können zu ihren Lasten auf Dauer nirgends ungestraft Kompromisse geschlossen werden. So wird beispielsweise die Entscheidung zwischen Freiheit und Sicherheit immer von einem Dilemma begleitet und es kommt auf den Einzelfall an. Im Ergebnis setzen Menschenrechte Maßstäbe, die sich vielleicht nicht immer vollständig erfüllen lassen, weswegen man aber dennoch unablässig nach ihrer Erreichung streben sollte, denn davon wird Frieden und Wohlergehen der Menschheit abhängen.

Angesichts solcher Gefahren und Probleme mögen bestimmte Menschenrechtsfragen nachrangig erscheinen. Doch auch in demokratisch verfassten Staaten mit weitgehend garantierten Menschenrechten stellt sich die Frage, ob staatliche Instanzen auf die Bedrohung der Bürger durch terroristische Netzwerke zwangsläufig mit Ausweitung geheimdienstlicher Aktivitäten und polizeilicher Überwachung bestimmter Personengruppen reagieren, die Freizügigkeit einschränken, ja sogar das Recht auf Freiheit der Person - vorübergehend - aufheben dürfen.

[...]

Menschenrechte besitzen von ihrer Natur her einen universalen und unteilbaren Charakter. Sie basieren auf der Würde des Menschen, die er von Geburt an innehat. Daher können zu ihren Lasten auf Dauer nirgends ungestraft Kompromisse geschlossen werden. So wird beispielsweise die Entscheidung zwischen Freiheit und Sicherheit immer von einem Dilemma begleitet und häufig nur fallweise zu entscheiden sein. Auf jeden Fall setzen die Menschenrechte Maßstäbe, die sich vielleicht nicht immer und jederzeit vollständig erreichen lassen, nach denen man aber unablässig streben sollte, weil von ihrer Verwirklichung Frieden und Wohlergehen der Menschheit abhängen. [...]

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[49.] Mra/Fragment 088 16

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 88, Zeilen: 16-20
Quelle: Herrmann 2008b
Seite(n): online, Zeilen: 0
Besonders ehrgeizige Ziele verfolgte die EU, als sie im Dezember 2000 eine eigene Charta der Grundrechte verkündete. Diese sollte ursprünglich Teil einer EU-Verfassung werden, die nach dem Scheitern des Ratifizierungsprozesses in der geplanten Weise aber nicht in Kraft treten wird. Dennoch haben die meisten EU-Mitgliedstaaten [sic] 2007 die Grundrechte-Charta anerkannt. Besonders ehrgeizige Ziele verfolgte die EU, die im Dezember 2000 eine eigene Charta der Grundrechte verkündete. Diese sollte ursprünglich Teil einer EU-Verfassung werden, die nach dem Scheitern des Ratifizierungsprozesses in der geplanten Weise aber nicht in Kraft treten wird. Dennoch haben die meisten EU-Mitgliedsstaaten 2007 die Grundrechte-Charta anerkannt.
Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[50.] Mra/Fragment 089 04

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 89, Zeilen: 4-17
Quelle: Wikipedia Charta der Grundrechte der Europäischen Union 2014
Seite(n): online, Zeilen: 0
Die EU-Menschenrechtscharta enthält die auf Ebene der Union geltenden Grundrechte in 54 Artikeln, die bisher nur als allgemeiner Verweis auf die Europäische Menschenrechtskonvention und auf die gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Vertrag genannt werden. Damit sollen die Grundrechte für den Einzelnen transparenter werden. Zugleich sollen Identität und Legitimität der Europäischen Union gestärkt werden. In sechs Kapiteln, die die Würde des Menschen, Freiheit, Gleichheit, Solidarität, Bürgerrechte und justizielle Rechte betreffen, fasst die Charta die allgemeinen Menschen- und Bürgerrechte und die wirtschaftlichen und sozialen Rechte in einem Dokument zusammen. Außerdem gibt es ein weiteres Kapitel, das übergreifend alle anderen Kapitel betrifft, wie Grundrechtsschranken und das Verhältnis zur Europäischen Menschenrechtskonvention. Man muss allerdings feststellen, dass einige Abschnitte der Charta relativ unklar gehalten sind. Als exemplarisches Beispiel sei hier Artikel 6 genannt, der jeder Person das „Recht auf Freiheit und Sicherheit“ gewährt, es aber unbestimmt bleibt, wie etwa die individuelle Freiheit gegenüber kollektiver Sicherheit zu gewichten ist. Die Charta enthält die auf Ebene der Union geltenden bzw. unionalen Grundrechte, die bisher nur durch einen allgemeinen Verweis auf die Europäische Menschenrechtskonvention und auf die gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Vertrag genannt wurden (Artikel 6 Abs. 3 des EU-Vertrags). Mit ihrer „Sichtbarmachung“ in der Charta sollen die Grundrechte für den Einzelnen transparenter werden. Zugleich sollen Identität und Legitimität der Europäischen Union – als Wertegemeinschaft – gestärkt werden.

In sechs Titeln (Würde des Menschen, Freiheit, Gleichheit, Solidarität, Bürgerrechte und justizielle Rechte) fasst die Charta die allgemeinen Menschen- und Bürgerrechte und die wirtschaftlichen und sozialen Rechte in einem Dokument zusammen. Die Charta enthält einige wesentliche Grundsätze, an die sich vor allem der europäische Gesetzgeber zu halten hat.

[...]

Einige Abschnitte der Charta sind nicht eindeutig formuliert; so ist z. B. in Artikel 6 das Recht jeder Person „auf Freiheit und Sicherheit“ festgeschrieben, wobei unbestimmt bleibt, wie etwa individuelle Freiheit gegenüber kollektiver Sicherheit zu gewichten ist.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle,


[51.] Mra/Fragment 090 22

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 90, Zeilen: 22-32
Quelle: Goerlich 2001
Seite(n): 2862, 2863, Zeilen: online
Die Brisanz einer Grundrechtsinterpretation aus einer nationalen Perspektive wird noch deutlicher, bezieht man die Betrachtung mit ein, dass Art. 9 EMRK im Gemeinschaftsrecht mit Anwendungsvorrang zur Wirkung zu bringen ist, und zwar nicht erst aufgrund der Europäischen Grundrechtscharta, sondern bereits aufgrund des Art. 6 Abs. 2 i.V.m. Art. 6 EUV.

Die Zurückhaltung der EMRK und ihrer Organe beruht auf der Rücksicht auf die zwischenstaatlich kulturelle Vielfalt, die das Staatskirchenrecht prägt. Diese kulturelle Vielfalt ist nun innerstaatlich in einem anderen als nur einem schlicht staatskirchenrechtlichen Zusammenhang abzuarbeiten. Vielfalt wäre heute auch innerdeutsch nicht nur zwischen Ost und West zu berücksichtigen. Sie wird innerstaatlich allerdings umso dringlicher, je stärker multikulturelle Elemente zunehmen.394


394 Goerlich, NJW 2001, 2862.

Die Brisanz einer Grundrechtsinterpretation aus einer nationalen Perspektive wird noch deutlicher, bezieht man in die Betrachtung ein, dass Art. 9 EMRK im Gemeinschaftsrecht mit Anwendungsvorrang zur Wirkung zu bringen ist, und zwar nicht erst auf Grund der Europäischen Grundrechtecharta, die bisher proklamiert, nicht aber geltendes Recht ist, sondern auf Grund des geraume Zeit in Kraft befindlichen Art. 6 6 Absatz II i.V. mit Art. 46 lit. d EUV.

[Seite 2863]

Die Zurückhaltung der EMRK und ihrer Organe beruht auf der Rücksicht auf die zwischenstaatlich kulturelle Vielfalt, die das Staatskirchenrecht prägt und die es vice versa trägt. Diese kulturelle Vielfalt ist nun innerstaatlich in einem anderen als einem schlicht staatskirchenrechtlichen Zusammenhang abzuarbeiten. [...] Vielfalt wäre heute auch innerdeutsch nicht nur zwischen West und Ost zu berücksichtigen. Sie wird innerstaatlich umso dringlicher, je stärker multikulturelle Elemente zunehmen11.


11 Schulze-Fielitz, in: Gerster-Fleiner, Die multikulturelle u. multiethnische Gesellschaft, 1995, S. 133 (140).

Anmerkungen

Die Quelle ist in der Fn. genannt, der großteils wörtliche Charakter der Übernahme bleibt jedoch ungekennzeichnet.


[52.] Mra/Fragment 091 04

KomplettPlagiat
Untersuchte Arbeit:
Seite: 91, Zeilen: 4-6
Quelle: Herrmann 2008b
Seite(n): online, Zeilen: 0
Mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der seinen ständigen Sitz in Straßburg hat, verfügt der Europarat auch über ein wirkliches Rechtsprechungsorgan, um Menschenrechtsverletzungen sanktionieren zu können. Mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der seit 1998 seinen ständigen Sitz in Straßburg hat, verfügt der Europarat auch über ein wirkliches Rechtsprechungsorgan, um Menschenrechtsverletzungen sanktionieren zu können.
Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle. Kleinteilig.


[53.] Mra/Fragment 091 101

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 91, Zeilen: 101-105
Quelle: Wikipedia Krieg gegen den Terror 2014
Seite(n): online, Zeilen: 0
[...]

397 Der Krieg gegen den Terror oder Krieg gegen den Terrorismus ist ein vor allem von der ehemaligen US-Regierung unter George W. Bush verbreitetes politisches Schlagwort, das eine Bandbreite von militärischen und juristischen Schritten gegen den als Problem qualifizierten Terrorismus zusammenfasst. Ende März 2009 kündigte die damalige US-Außenministerin Hillary Clinton an, dass die US-Regierung den Begriff nicht mehr verwenden werde.

Der Krieg gegen den Terror (englisch War on Terror) oder Krieg gegen den Terrorismus (engl. War on Terrorism bzw. Global War On Terrorism, GWOT) war ein vor allem von der ehemaligen US-Regierung unter George W. Bush verbreitetes politisches Schlagwort, das eine Bandbreite politischer, militärischer und juristischer Schritte gegen den als Problem identifizierten internationalen Terrorismus zusammenfasst. Ende März 2009 kündigte US-Außenministerin Hillary Clinton an, dass die US-Regierung den Begriff nicht mehr verwenden werde.[1]

[1] Andrian Kreye: Bushs Kriegsrhetorik hat ausgedient. In: Süddeutsche Zeitung vom 1. April 2009.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[54.] Mra/Fragment 091 22

KomplettPlagiat
Untersuchte Arbeit:
Seite: 91, Zeilen: 22-25
Quelle: Herrmann 2008
Seite(n): online, Zeilen: 0
Der Grundsatz, dass die Menschenrechte weltweite Geltung besitzen und unteilbar sind, damit also allen Menschen zustehen, ist eine der zentralen Aussagen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Dementsprechend verabschiedeten auf der Weltmenschenrechtskonferenz 1993398 in Wien die Vertreter von 171 Staaten eine gemeinsame Erklärung, in der es heißt: „Alle Menschenrechte sind allgemeingültig, unteilbar, bedingen einander und bilden einen Sinnzusammenhang“.

398 Die erste Weltmenschenrechtskonferenz war 1968 in Teheran abgehalten worden.

Der Grundsatz, dass die Menschenrechte weltweite Geltung besitzen und unteilbar sind, damit also allen Menschen zustehen, ist eine der zentralen Aussagen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Dementsprechend verabschiedeten auf der Weltmenschenrechtskonferenz 1993 in Wien die Vertreter von 171 Staaten eine gemeinsame Erklärung, in der es heißt: "Alle Menschenrechte sind allgemeingültig, unteilbar, bedingen einander und bilden einen Sinnzusammenhang".
Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.

Das wörtliche Zitat bleibt bei der Zeilenzählung unberücksichtigt.


[55.] Mra/Fragment 091 27

KomplettPlagiat
Untersuchte Arbeit:
Seite: 91, Zeilen: 27-31
Quelle: Wikipedia Weltmenschenrechtskonferenz 2014
Seite(n): online, Zeilen: 0
Dieses Ergebnis ist bedeutsam für die Legitimation der Menschenrechte als grundsätzliche Leitschnur allen staatlichen Handelns insofern, als die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 nur von ca. 57 Staaten verabschiedet worden war. Damals gab es die meisten der heute existierenden Staaten noch nicht und viele heute unabhängige Länder standen noch unter kolonialer Fremdherrschaft. Dieses Ergebnis ist bedeutsam für die Legitimation der Menschenrechte als grundsätzliche Leitschnur allen staatlichen Handelns insofern als die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 nur von ca. 57 Staaten verabschiedet worden war. Damals gab es die meisten der heute existierenden Staaten noch nicht, und viele heute unabhängige Länder standen noch unter kolonialer Fremdherrschaft.
Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[56.] Mra/Fragment 092 01

KomplettPlagiat
Untersuchte Arbeit:
Seite: 92, Zeilen: 1-4
Quelle: Herrmann 2008
Seite(n): online, Zeilen: 0
Dennoch zeigen sich die wohlhabenden Länder vor allem aus wirtschaftlichen Gründen gegenüber kollektiven Rechtsansprüchen ärmerer Länder reserviert. Als Argument führt man ins Feld, dass jene meist soziale Bereiche betreffenden Rechte nicht den gleichen Rang einnehmen könnten wie die individuellen Freiheitsrechte. Dennoch zeigen sich die wohlhabenden Länder vor allem aus wirtschaftlichen Gründen gegenüber kollektiven Rechtsansprüchen ärmerer Länder reserviert. Als Argument führt man ins Feld, dass jene meist soziale Bereiche betreffenden Rechte nicht den gleichen Rang einnehmen könnten wie die individuellen Freiheitsrechte.
Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[57.] Mra/Fragment 092 05

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 92, Zeilen: 5-13
Quelle: Wikipedia Menschenrechte 2014
Seite(n): online, Zeilen: 0
Die praktische Durchsetzbarkeit der Rechte aus internationalen Verträgen gestaltet sich ebenfalls in der Regel schwierig. Der Internationale Gerichtshof kann Recht über Staaten sprechen und somit auch Urteil verhängen, allerdings wie gesagt nur, wenn der betreffende Staat hierin eingewilligt hat.

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ist zwar weder juristisch bindend für die verschiedenen Staaten, noch gibt es eine über den Staaten stehende Gewalt, die die Einhaltung der Menschenrechte durchsetzen könnte. Dennoch hat sie politisch und moralisch ein sehr großes Gewicht. Ihre Bestimmungen sind in viele nationale Verfassungen aufgenommen worden.

Die praktische Durchsetzbarkeit der Rechte aus internationalen Verträgen gestaltet sich in der Regel recht schwierig. Der Internationale Gerichtshof kann Recht über die Staaten sprechen und somit auch Urteile verhängen. Dies allerdings nur, wenn der betreffende Staat hierin eingewilligt hat.

[...]

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ist zwar weder juristisch bindend für die Staaten, noch gibt es eine über den Staaten stehende Gewalt, die die Einhaltung der Menschenrechte durchsetzen könnte, trotzdem hat sie politisch und moralisch ein sehr großes Gewicht. Ihre Bestimmungen sind in viele nationale Verfassungen aufgenommen worden.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle. Trotz kleiner stilistischer Änderungen bleiben die Schwächen des Originals erhalten; so müsste es "Durchsetzung" statt "Durchsetzbarkeit" heißen.


[58.] Mra/Fragment 092 13

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 92, Zeilen: 13-18, 20-38
Quelle: Herrmann 2008
Seite(n): online, Zeilen: 0
Skepsis gegenüber dem universellen Charakter der Menschenrechte kommt jedoch aus den Ländern der Dritten Welt. Etliche asiatische und afrikanische Staaten vertreten den Standpunkt, dass die bestehenden Menschenrechtsstandards weitgehend auf westlicher Denkweise beruhen und die individuellen Freiheitsrechte überbetonen. Manche autoritären Regierungen benutzen diese an sich berechtigte Diskussion, um die klassischen Freiheitsrechte generell in Frage zu stellen. Man kann also erneut feststellen, dass die Idee der Universalität der Menschenrechte faktisch noch nicht zu jedem durchgedrungen ist.

Spätestens seit dem 11.September 2001 ist außerdem eine neue weltweite Gefahr in den Fokus der Öffentlichkeit geraten: gewaltbereite Islamisten, die weltweit und mit Nutzung moderner Kommunikationstechniken eine asymmetrische Kriegsführung betreiben und durch ihre Terrorakte unter Beweis gestellt haben, dass sie fast überall und jederzeit zuschlagen können. Dementsprechend riefen die USA zu einem weltweiten „Krieg gegen den Terror“ oder „Antiterrorkrieg“ auf.

Aus menschenrechtlicher Sicht wirken solche Ereignisse in zweierlei Hinsicht katastrophal: zuerst natürlich deswegen, weil die Terroristen vornehmlich wehrlose Menschen zur Zielscheibe ihrer Anschläge machen; zum anderen, weil viele Staaten in berechtigtem Sicherheitsinteresse Menschen- und Grundrechte teilweise unverhältnismäßig stark einschränken oder gar verletzen. So inhaftierten die USA terrorverdächtige Personen über einen langen Zeitraum in Afghanistan, im Irak, in Guantanamo auf Kuba, ohne jedoch Anklage zu erheben oder ein Gerichtsverfahren einzuleiten. Auf öffentliche Kritik stießen die US-Behörden außerdem, weil sie terrorismusverdächtige Menschen in den Gewahrsam von Ländern überstellten, deren Sicherheitsorgane bekanntermaßen bei Vernehmungen nicht zimperlich vorgehen. Zuständig für illegale Gefangenentransporte war der amerikanische Geheimdienst CIA, der nach Einschätzung von Amnesty International ein Netz geheimer Haftzentren rund um den Globus unterhielt und nach Recherchen des Untersuchungsausschusses des Europäischen Parlaments solche Flüge auch via Deutschland organisiert hat.

Skepsis gegenüber dem universellen Charakter der Menschenrechte kommt aber auch aus den Ländern der Dritten Welt. Etliche asiatische und afrikanische Staaten vertreten den Standpunkt, dass die bestehenden Menschenrechtsstandards weitgehend auf westlicher Denkweise beruhen und die individuellen Freiheitsrechte überbetonen. Manche autoritären Regierungen benutzen diese an sich berechtigte Diskussion, um die klassischen Freiheitsrechte generell in Frage zu stellen.

[...]

"Krieg gegen den Terror"

Spätestens seit dem 11. September 2001 ist eine neue weltweite Gefahr in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt: gewaltbereite Islamisten, die weltweit und mit Nutzung moderner Kommunikationstechniken eine asymmetrische Kriegführung betreiben und durch ihre Terrorakte unter Beweis gestellt haben, dass sie fast überall zuschlagen können. Dementsprechend riefen die USA zu einem weltweiten "Krieg gegen den Terror" auf.

Aus menschenrechtlicher Sicht wirken solche Ereignisse in zweierlei Hinsicht katastrophal: zuerst natürlich deswegen, weil die Terroristen vornehmlich wehrlose Menschen zur Zielscheibe ihrer Anschläge machen; zum anderen, weil viele Staaten in berechtigtem Sicherheitsinteresse Menschen- und Grundrechte teilweise unverhältnismäßig stark einschränken oder gar verletzen. So inhaftierten die USA terrorismusverdächtige Personen in Afghanistan, im Irak und in Guantánamo auf Kuba über lange Zeit hinweg ohne Anklageerhebung oder Gerichtsverfahren. Soweit die Gefangenen in Guantánamo überhaupt einen Richter sehen, handelt es sich um Militärtribunale, die sie nach einem Feindstrafrecht aburteilen. Auf öffentliche Kritik stießen US-Behörden, weil sie terrorismusverdächtige Menschen in den Gewahrsam von Ländern überstellten, deren Sicherheitsorgane bekanntermaßen bei Vernehmungen nicht zimperlich vorgehen. Zuständig für illegale Gefangenentransporte war der amerikanische Geheimdienst CIA, der nach Einschätzung von amnesty international ein Netz geheimer Haftzentren rund um den Globus unterhielt und nach Recherchen eines Untersuchungsausschusses des Europäischen Parlamentes solche Flüge auch via Deutschland organisiert hat.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[59.] Mra/Fragment 092 38

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 92, Zeilen: 38-43
Quelle: Wikipedia Krieg gegen den Terror 2014
Seite(n): online, Zeilen: 0
Auch sei unklar, unter welchen Bedingungen der „Krieg gegen den Terror“ je ein Ende finden könnte. Terrorismus sei nämlich kein klar abgrenzbarer Feind, sondern eher eine Methode, um politische Ziele gewaltsam durchzusetzen. Diese Begrifflichkeit berge somit die Gefahr, verbindliche Rechtsrahmen aufzuweichen. Vor diesem Hintergrund haben sowohl amerikanische als auch internationale Kritiker die Schaffung des „Military Commissions Act“ scharf kritisiert. Dieses Gesetz trat im [Oktober 2006 in Kraft und gibt dem amerikanischen Präsidenten sehr weitreichende Vollmachten über die Behandlung von „illegal enemy combatants “ (= ungesetzliche Kombattanten). 402]

402 Dieser Begriff wurde bereits 1942 durch den Supreme Court im sog. Quirin-Fall verwendet; vgl. dazu auch Wieczorek, Unrechtmäßige Kombattanten und humanitäres Völkerrecht, Berlin 2005, die sich vor allem mit den vielfältigen Folgen eines Status´als illegaler Kombattant befasst; Schmitz-Elvenich, Targeted Killing, Köln 2007, S. 210.

Zudem sei unklar, unter welchen Bedingungen der „Krieg gegen den Terrorismus“ je ein Ende finden könne: Terrorismus sei kein klar abgegrenzter Feind, sondern eine Methode, um politische Ziele durchzusetzen. Diese Begrifflichkeit berge die Gefahr, verbindliche Rechtsrahmen aufzuweichen. Vor diesem Hintergrund haben sowohl amerikanische als auch internationale Kritiker die Schaffung des Military Commissions Act scharf kritisiert. Das Gesetz trat im Oktober 2006 in Kraft und gibt dem Präsidenten sehr weitreichende Vollmachten über die Behandlung von sogenannten „illegal enemy combattants [sic]“.
Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[60.] Mra/Fragment 093 04

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 93, Zeilen: 4-17
Quelle: Herrmann 2008
Seite(n): online, Zeilen: 0
Größeres Aufsehen haben jene Vorgänge in der Bundesrepublik erst durch die Fälle des in Bremen geborenen Türken Murat Kurnaz und des Deutschlibanesen Khaled-al-Masri erregt. 403 Kurnaz saß über vier Jahre wegen Terrorverdachts in Guantanamo ein und al-Masri war Ende 2003 in Mazedonien irrtümlich von CIA-Agenten nach Afghanistan entführt und dort über mehrere Monate festgehalten worden. Umstritten ist, welche Mitschuld gegebenenfalls deutsche Behörden am Schicksal dieser Personen haben und inwieweit sich ihr Vorgehen aus Unsicherheit bei der Einschätzung der Gefahrenlage speiste. Es ist zu befürchten, dass das Klima der Angst erhalten bleibt und zur Terrorbekämpfung weitere Grundrechte eingeschränkt werden. Jüngste Überlegungen in Deutschland zielen darauf ab, Ermittlern sogar einen heimlichen Online-Zugang zu Computern verdächtigter Privatpersonen zu ermöglichen. Manche Experten bezweifeln, ob man damit Erfolg haben wird. Möglich ist, dass der eine oder andere Verdächtige überführt werden kann; mit Sicherheit wird die Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 GG beschnitten, massiv in die Privatsphäre von Bürgern eingegriffen und damit ein weiterer Teil des liberalen Rechtsstaates eingeschränkt.

403 Vgl. dazu ausführlich, Steiger, Die CIA, die Menschenrechte und der Fall Khaled el-Masri, Potsdam 2007.

Größeres Aufsehen haben jene Vorgänge in der Bundesrepublik erst durch die Fälle des in Bremen geborenen Türken Murat Kurnaz und des Deutsch-Libanesen Khaled al-Masri erregt. Kurnaz saß über vier Jahre wegen Terrorverdachts in Guantánamo ein und el-Masri war Ende 2003 in Mazedonien irrtümlich von CIA-Agenten nach Afghanistan entführt und dort über mehrere Monate festgehalten worden. Umstritten ist in der Öffentlichkeit, welche Mitschuld gegebenenfalls deutsche Behörden am Schicksal von Kurnaz und el-Masri haben und inwieweit sich ihr Vorgehen aus Unsicherheit bei der Einschätzung der Gefahrenlage speiste. Es steht zu befürchten, dass das Klima der Angst erhalten bleibt und zur Terrorbekämpfung weitere Grundrechte eingeschränkt werden. Jüngste Überlegungen in Deutschland zielen darauf ab, Ermittlern sogar einen heimlichen Online-Zugang zu Computern verdächtigter Privatpersonen zu ermöglichen. Manche Experten bezweifeln, ob man mit einer Spähsoftware, so genannten Trojanern, viel Erfolg haben wird. Mag sein, dass damit der eine oder andere Verdächtige überführt werden kann; mit Sicherheit wird die Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 GG beschnitten, massiv in die Privatsphäre von Bürgern eingegriffen und damit ein weiteres Stück des liberalen Rechtsstaates demontiert.
Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.

Aus dem leicht journalistisch-pointiert anmutenden "demontiert" wird "eingeschränkt". Das klingt juristischer.


[61.] Mra/Fragment 093 18

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 93, Zeilen: 18-22, 106, 109-11
Quelle: Wikipedia Krieg gegen den Terror 2014
Seite(n): online, Zeilen: 0
Im Zuge des Antiterrorkriegs wurden auch in Deutschland umfangreiche, auch teilweise weitere strittige Maßnahmen zur Überwachung der Bevölkerung eingeführt, die offiziell mit dem Schutz der Inneren Sicherheit begründet werden.404 Die Notwendigkeit und Wirksamkeit dieser Maßnahmen wird zum Teil kontrovers diskutiert. Strittig ist in diesem Zusammenhang vor allem, ob Bürgerrechte und dabei insbesondere Freiheitsrechte unzulässig beschnitten werden (dürfen).

404 z.B. die Verabschiedung verschiedener Anti-Terror-Gesetze, wie das Terrorismusbekämpfungsgesetz (TBG); vgl. auch Luftsicherheitsgesetz: Am 15. Februar 2006 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass § 14 Abs. 3 des Luftsicherheitsgesetzes gegen das Grundrecht auf Leben und gegen die Menschenwürde verstößt und damit in vollem Umfang verfassungswidrig und nichtig ist, Details bei Hecker, KJ 2006, 179; die Verschärfung der Polizeigesetze der Länder und des Bundespolizeigesetzes; Verstärkte Sicherheitsvorkehrungen für gefährdete Objekte wie Botschaften; verstärkte Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern.

Im Zuge des „Krieges gegen den Terror“ wurden in Deutschland umfangreiche Maßnahmen zum Schutz gefährdeter Objekte und zur Überwachung Verdächtiger eingeführt, die mit dem Schutz der Inneren Sicherheit begründet werden:
  • Verabschiedung verschiedener Anti-Terror-Gesetze, darunter des Terrorismusbekämpfungsgesetzes (TBG)
  • [...]
  • Verschärfung der Polizeigesetze der Länder und des Bundes
  • Verstärkte Sicherheitsvorkehrungen für gefährdete Objekte (z. B. Botschaften und Konsulate der USA und Großbritanniens, Synagogen)
  • Verstärkte Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden aus Bund und Ländern

[...]

Die Notwendigkeit und Wirksamkeit dieser Maßnahmen wird zum Teil kontrovers diskutiert. Strittig ist dabei auch, ob Bürgerrechte und dabei insbesondere die Freiheitsrechte unzulässig beschnitten werden.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.

Auch die in Fn. 404 aufgezählten Maßnahmen sind in gleicher Reihenfolge und nahezu gleichem Wortlaut erkennbar dem Wikipedia-Artikel entnommen.


[62.] Mra/Fragment 094 08

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 94, Zeilen: 8-20
Quelle: Schulte 2013
Seite(n): 27, Zeilen: online
Menschenrechte beinhalten unveräußerliche, angeborene und vorstaatliche Ansprüche und Anrechte des einzelnen. Sie kommen den Individuen unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu Staaten von Natur aus zu und müssen von jedermann gegenüber jedermann zu jederzeit eingelöst werden können.408 Nach Art. 1 S. 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) vom 10.12.1948 sind alle Menschen „frei und gleich an Würde und Rechten geboren“, sie werden als „mit Vernunft und Gewissen begabt“ angesehen und „sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.“ Das Menschenrechtsbekenntnis nimmt auch in Art. 1 GG eine zentrale Mittelstellung ein. In dieser Hinsicht haben die Werte der Freiheit und Gleichheit einen zentralen Stellenwert; sie konkretisieren die Menschenwürde, die ihrerseits das Fundament der Menschenrechte darstellt.409 Die Menschenrechte sind an der Priorität des Individuums orientiert und beruhen auf der Auffassung, „dass der einzelne Mensch Vorrang hat vor allen gesellschaftlichen Gruppierungen, denen die Menschen durch natürliche oder geschichtliche Umstände angehören (...).“410

408 Schulte, ZAR 2013, 24.

409 Bielefeldt, Menschenrechte in der Einwanderungesellschaft. Plädoyer für einen aufgeklärten Multikulturalismus, Bielfeld 2007, S. 25 ff.

410 Schulte, ZAR 2013, 24.

Menschenrechte beinhalten „unveräußerliche, angeborene und vorstaatliche Ansprüche und Anrechte des einzelnen (…). Sie kommen den Individuen unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu Staaten ‚von Natur aus’ zu und müssen von jedermann gegenüber jedermann zu jeder Zeit eingelöst werden können“.31 Nach Art. 1 S. 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) vom 10.12.1948 sind alle Menschen „frei und gleich an Würde und Rechten geboren“; sie werden als „mit Vernunft und Gewissen begabt“ angesehen und „sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.“ In dieser Hinsicht haben die Werte der Freiheit und Gleichheit einen zentralen Stellenwert; sie konkretisieren die Menschenwürde, die ihrerseits das Fundament der Menschenrechte darstellt.32 [...] Die Menschenrechte sind an der Priorität des Individuums orientiert und beruhen auf der Auffassung, „dass der einzelne Mensch Vorrang hat vor allen gesellschaftlichen Gruppierungen, denen die Menschen durch natürliche oder geschichtliche Umstände angehören; auf der Überzeugung, dass das Individuum einen Eigenwert besitzt und dass der Staat für das Individuum gemacht ist und nicht das Individuum für den Staat“.32

31 Thunert, Menschenrechte/Grundrechte/Bürgerrechte, in Nohlen/Schultze, Lexikon der Politik, Bd. 1, Politische Theorien, S. 334; vgl. auch Bobbio, Das Zeitalter der Menschenrechte. Ist Toleranz durchsetzbar?, S. 9 ff.

32 Vgl. Bobbio, Eguaglianza e libertà; Bielefeldt, (o. Fn. 11), S. 25 ff.

34 Bobbio, Vom Alter – De senectute, S. 104.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 408 und 410 genannt, was zumindest eine gewisse Nähe in der Gedankenführung - nicht aber eine tatsächlich größtenteils wörtliche Übernahme - vermuten lässt.


[63.] Mra/Fragment 099 21

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 99, Zeilen: 21-27
Quelle: Klein 1989
Seite(n): 1637, Zeilen: online
Bei potentiellen, drohenden Eingriffen in Grundrechtsgüter (Grundrechtsgefährdungen) durch Dritte erfordert die Schutzpflicht, dass die zuständigen Organe die Gefährdungsrealisierung verhindern. In diesen Fällen erweitert sich jedoch der staatliche Handlungsspielraum auf ein vom Liberalismus ursprünglich nicht vorgesehenes Maß. Da sich die Grundrechtsgefährdung dennoch auch ohne staatliche Maßnahmen nicht notwendig realisieren muss, hat der Staat (primär der Gesetzgeber) die Risikosphären festzulegen und einen Ausgleich zwischen der Freiheit des einen und der Freiheit des anderen zu suchen.448

448 Klein, NJW 1989, 1633.

Bei potentiellen, drohenden Eingriffen in Grundrechtsgüter (Grundrechtsgefährdungen) durch Dritte erfordert die Schutzpflicht, daß die zuständigen Organe die Gefährdungsrealisierung verhindern51. In diesen Fällen erweitert sich jedoch der staatliche Handlungsspielraum. Da sich die Grundrechtsgefährdung - auch ohne staatliche Maßnahmen - nicht notwendig realisieren muß, dies nur sein kann, hat der Staat (primär der Gesetzgeber) die Risikosphären festzulegen und einen Ausgleich zwischen der Freiheit des einen und der Freiheit des anderen (die seine Sicherheit ist) zu suchen.

51 Vgl. BVerfGE 52, 214 (221) = NJW 1979, 2607.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 448 genannt. Die Wörtlichkeit der Übernahme geht daraus nicht hervor.


[64.] Mra/Fragment 100 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 100, Zeilen: 1-9, 101-110
Quelle: Göbel-Zimmermann Born 2007
Seite(n): 55, 59, Zeilen: online
[Aufgrund der Tragweite des Problems sollte zunächst nicht auf eine schnelle Lösung hingear-]beitet werden, wie etwa auf die Einrichtung eines Straftatbestandes.450 Im Fokus stehen muss vielmehr die Stärkung der Rechtsposition einzelner Betroffener. Ein Ziel muss die Schaffung von Ausstiegsoptionen aus Zwangsehen sein. Neben einem effektiven Beratungsangebot ist etwas an die Eröffnung von Zufluchtsmöglichkeiten in Frauen- bzw. Mädchenhäusern zu denken. Vor allem Sozialarbeiter vor Ort als direkte Ansprechpartner könnten einen Zugang zu den Betroffenen erleichtern. Auch wäre eine Prüfung von Abschiebungsverboten unter dem Aspekt der Zwangsehenproblematik in Betracht zu ziehen. Zivilrechtlich könnte über eine erleichterte Aufhebbarkeit der Ehe und unterhaltsrechtliche Konsequenzen nachgedacht werden.451

450 Dass dieser Ansatz weitgehend leer zulaufen [sic] droht, zeichnet sich bereits insoweit ab, als sich seit Einführung des strafschärfenden Regelbeispiels des § 240 Abs. 4 S. 2 Nr. 1, 2. Alt StGB im Februar 2005 das Anzeigeverhalten nicht erkennbar verändert hat, Hessisches Kriminalamt, Anhörung des Innen- und Sozialpolitischen Ausschusses des Hessischen Landtages (Teil 4, Nr. 32, S. 4f.); Seitdem wird in der Regel mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft, „ wer eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt.“ Die Hemmschwelle, von diesem repressiv wirkenden Instrument Gebrauch zu machen, scheint angesichts der Notwendigkeit im Zweifel die eigenen Eltern anzuzeigen und sich damit zusätzlich gesteigerten Risiken eines Schandemordes auszusetzen, aus nachvollziehbaren Gründen hoch. Vor diesem Hintergrund geht von der Strafvorschrift lediglich eine Signalwirkung dahingehend aus, dass eine Verletzung von Grund- bzw. Menschenrechten in diesem Staat nicht geduldet wird. Außerdem gilt die Vorschrift nur innerhalb des Bundesgebietes, so dass der Bereich der Heiratsverschleppung von vorneherein ausgeklammert wird. Deswegen gab es bereits Vorschläge für einen eigenständigen Paragraphen, der auch diesen Tatbestand erfasst, vgl. BT-Drs. 16/1035 vom 23.03.2006; Gesetzesentwurf zum Zwangsheirats-Bekämpfungsgesetz, dazu später noch genauer.

451 Details bei Göbel-Zimmermann/Born, ZAR 2007, 54.

Wegen der Tragweite des Problems muss jedoch ausdrücklich davor gewarnt werden, bei der Erfüllung dieser Handlungspflichten allein auf „schnelle Lösungen“ durch repressive Instrumentarien – etwa die Einführung neuer Straftatbestände – zu setzen.

Im Mittelpunkt stehen muss vielmehr die Stärkung der Rechtsposition betroffener Frauen, d. h. die Aufhebung rechtlicher und tatsächlicher Barrieren mit dem Ziel der Schaffung erweiterter Ausstiegsoptionen aus Zwangsehen. Dies umfasst neben einem effektiven Beratungsangebot unter Einschluss der Einrichtung von Hotlines die Eröffnung von Zufluchtsmöglichkeiten in Mädchen- und Frauenhäusern. Zur Stärkung des Aufenthaltsstatus der Betroffenen bedarf es primär der Ergänzung des AufenthG im Hinblick auf Wiederkehroptionen verschleppter Opfer, der Erweiterung des eigenständigen Aufenthaltsrechtes sowie der Prüfung von Abschiebungsverboten unter dem Aspekt der Zwangsehenproblematik. Parallel sind Änderungen im Zivilrecht hinsichtlich der Aufhebbarkeit der Ehe und daraus resultierender unterhaltsrechtlicher Konsequenzen zu erwägen.

[Seite 59]

Dass dieser Ansatz weitgehend leerzulaufen droht, zeichnet sich bereits insoweit ab, als sich seit Einführung des strafverschärfenden Regelbeispiels des § 240 IV 2 Nr. 1 2. Alt. StGB im Februar 2005 das Anzeigeverhalten nicht erkennbar verändert hat.57. Seitdem wird in der Regel mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft, „wer eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt“. Die Hemmschwelle, von diesem repressiv wirkenden Instrument Gebrauch zu machen, scheint angesichts der Notwendigkeit, im Zweifel die eigenen Eltern anzuzeigen und sich damit zusätzlich gesteigerten Risiken eines Schandemordes auszusetzen, aus nachvollziehbaren Gründen hoch. Vor diesem Hintergrund kann eine Ausdehnung des strafrechtsrelevanten Verhaltens im Wesentlichen nur dazu dienen, den (potentiellen) Tätern zu signalisieren, dass eine derartige Verletzung der Grund- bzw. Menschenrechte in diesem Staat nicht geduldet wird, sondern erhebliche strafrechtliche Konsequenzen nach sich zieht.


57 Hessisches Landeskriminalamt, Anhörung des Innen- und Sozialpolitischen Ausschusses des Hessischen Landtages (Teil 4, Nr. 32, S. 4 f.), Fn.11.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 451 genannt; auch der Inhalt von Fn. 450 stammt großteils daraus.


[65.] Mra/Fragment 103 10

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 103, Zeilen: 10-39
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 49, 97, 101-105, 107, Zeilen: 49: 1 ff.; 97: 7 ff.; 101: 16 ff.; 102: 37 ff.; 103: 1 ff.; 104: 18 ff.; 105: 14 ff.; 107: 24 ff.
Der Hintergrund dieses Verständnisses beruht darauf, dass die nicht-westlichen Kulturen dem Westen angesichts seiner ökonomischen Prosperität und militärischen Überlegenheit feindselig gegenüber stehen. In einer defensiv-kulturellen Haltung werden Ansprüche auf kulturelle Authentizität geltend gemacht. Ziel ist die Entwestlichung der Welt, wobei die Menschenrechte nicht ausgenommen werden. Versuche, eine islamische Menschenrechtskonzeption zu etablieren, sind noch nicht einmal reformerisch, sie zielen meistens darauf ab, Ungleichheiten zwischen dem islamischen Rechtssystem und den internationalen Menschenrechten festzustellen, um dann die inhaltliche Substanz der individuellen Menschenrechte unter Bezug auf Religiosität zurückzuweisen.

Die Zurückweisung der Werte und Rechtsnormen der kulturellen Moderne kann aber nicht nur auf die Ablehnung der politischen Vorherrschaft des Westens zurückgeführt werden, sie resultiert zugleich aus den substantiellen Unterschieden zwischen modernen industriellen Kulturen und den vormodernen Werten und Normen nicht-westlicher Gesellschaften. Ethnische und religiöse Gesichtspunkte als Partikularität der Kulturen werden gegen die Universalität der Menschenrechte geltend gemacht. Zahlreiche Dritte-Welt-Vertreter tun dies und ohne zu berücksichtigen, wie Reichtümer sozial- und wirtschaftsgeschichtlich entstanden sind. Es wird von diesen Politikern im Sinne einer „Cargo-Mentalität“ gefordert, alle Reichtümer der Welt unter allen Menschen gerecht zu verteilen. Das verstehen sie unter Kollektivrechten. Der Begriff der Cargo-Mentalität stammt aus einem Heilskult in Melanesien, der die Aneignung von Gütern europäischer Herkunft predigt, die ohne eigenes Zutun als Schiffsladung (Cargo) kommen und den Kulturangehörigen ohne eigene Anstrengung zu deren Produktion gleichsam in den Schoß fallen.463 Die koloniale Erschließung außereuropäischer Gebiete im Rahmen der Expansion Europas hat zwar die Prozesse der Entwicklung der industriellkapitalistischen Gesellschaft beschleunigt, sie aber nicht verursacht. Die ursprüngliche Akkumulation und die damit verbundenen Reichtümer sind Produkte der eigendynamischen Entwicklung moderner Gesellschaften des Westens.

Aber der aufgeklärte Mensch muss die Durchsetzung der Menschenrechte als ein legitimes Anliegen der gesamten Menschheit ansehen, denn die Menschheit kann sich ihrer Verantwortung für das Schicksal der Menschen in anderen Teilen der Welt nicht langfristig entziehen. Zwischen modernen und vormodernen (den Islam als vormoderne Kultur zu bezeichnen, re-[sultiert daraus, dass dieser weder vom Menschen als Individuum noch vom damit korrespondierenden Prinzip der Rationalität einen Begriff hat) Kulturen liegen Welten.]


463 Tibi, Im Schatten Allahs, München 1994, S. 97 ff.

Ich charakterisiere die politische Kultur des Islam deshalb als vormodern, weil sie weder vom Menschen als Individuum noch vom damit korrespondierenden Prinzip der Rationalität einen Begriff hat.

[Seite 97]

Ohne zu berücksichtigen, wie Reichtümer sozial- und wirtschaftsgeschichtlich entstanden sind, wird von diesen Politikern im Sinne einer Cargo-Mentalität dann gefordert, alle Reichtümer der Welt unter allen Menschen gerecht zu verteilen. Das verstehen sie unter Kollektivrechten. Der Begriff der Cargo-Mentalität stammt aus einem Heilskult in Melanesien, der die Aneignung von Gütern europäischer Herkunft predigt, die ohne eigenes Zutun als Schiffsladung (Cargo) kommen und den Kultangehörigen ohne eigene Anstrengung zu deren Produktion gleichsam in den Schoß fallen. Um noch einmal auf den marxistischen Wirtschaftshistoriker Maurice Dobb zurückzukommen: Die koloniale Erschließung außereuropäischer Gebiete im Rahmen der Expansion Europas hat zwar die Prozesse der Entwicklung der industriell-kapitalistischen Gesellschaft ein wenig beschleunigt, sie aber nicht verursacht. Die ursprüngliche Akkumulation und die damit verbundenen Reichtümer sind Produkte der eigendynamischen Entwicklung moderner Gesellschaften des Westens.

[Seite 101]

Ethnische und religiöse Gesichtspunkte als Partikularität der Kulturen werden gegen die Universalität der Menschenrechte geltend gemacht.

[Seite 102]

Unter Hinweis auf die kulturelle Verflechtung und Vernetzung in unserer Welt betrachtet der aufgeklärte islamische Jurist An-Na’im die Durchsetzung der Menschenrechte

[Seite 103]

in der islamischen Welt als ein »legitimes Anliegen der gesamten Menschheit«, [...] Dies zu erkennen heißt nicht, daß Menschenrechtsverletzungen in der islamischen Welt international nicht behandelt und verurteilt werden sollten, denn »die Menschheit kann sich ihrer Verantwortung für das Schicksal der Menschen in anderen Teilen der Welt nicht länger entziehen«.9


[Seite 364]

9 Abdullahi A. An-Na’im, Toward an Islamic Reformation. Civil Liberties, Human Rights, and International Law, Syracuse 1990, S. 187.

[Seite 104]

Bei der Beantwortung der Frage, ob und inwieweit das in seinem Ursprung westliche Konzept der Menschenrechte rechtlich auf kulturübergreifenden Fundamenten aufgebaut werden kann, stehen wir zunächst vor dem Problem, daß nicht-westliche Kulturen dem Westen angesichts seiner ökonomischen Prosperität und militärischen Überlegenheit feindselig gegenüberstehen. In einer defensiv-kulturellen Haltung werden Ansprüche auf kulturelle Authentizität geltend gemacht. Der daraus resultierende Zusammenprall der Zivilisationen ist dann nicht mehr ökonomisch bedingt; Ziel ist die Entwestlichung der Welt, wobei die Menschenrechte nicht ausgenommen werden.

[Seite 105]

Versuche, eine islamische Menschenrechtskonzeption zu etablieren, sind noch nicht einmal reformerisch; sie zielen meistens darauf, Ungleichheiten zwischen dem islamischen Rechtssystem und den internationalen Menschenrechten festzustellen, um dann die inhaltliche Substanz der individuellen Menschenrechte zurückzuweisen.

[Seite 107]

Die Zurückweisung der Werte und Rechtsnormen der kulturellen Moderne kann nicht nur auf die Ablehnung der politischen Vorherrschaft des Westens zurückgeführt werden; sie resultiert zugleich aus den substantiellen Unterschieden zwischen modernen industriellen Kulturen und den vormodernen Werten und Normen nicht-westlicher Gesellschaften, seien sie islamisch, hinduistisch oder buddhistisch.

Anmerkungen

Die Quelle ist (wenn auch ein wenig ungenau) in Fn. 462 benannt.


[66.] Mra/Fragment 104 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 104, Zeilen: 1 ff. (komplett)
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 84 f., 108 f., 140, 143, Zeilen: 84: 6 ff.; 85: 1 ff.; 108: 33 ff.; 109: 1 ff.; 140: 18 ff.; 143: 14 ff.
[Zwischen modernen und vormodernen (den Islam als vormoderne Kultur zu bezeichnen, re-]sultiert daraus, dass dieser weder vom Menschen als Individuum noch vom damit korrespondierenden Prinzip der Rationalität einen Begriff hat) Kulturen liegen Welten. Einer der wichtigsten Unterschiede zwischen Moderne und Vormoderne besteht darin, dass die kulturelle Moderne die geistigen Grundlagen für die Bestimmung des Menschen als Individuum entfaltet hat, während vormoderne Kulturen den Menschen stets als Teil eines Kollektivs einordnen. Sicherlich geht es dabei nicht allein um geistige Prozesse, denn ohne die materielle Entwicklung der industriellen Gesellschaft nach der Auflösung der traditionellen Gemeinwesen in Europa hätte diese angesprochene Individuation nicht stattgefunden. Unter Individuation versteht man hierbei die Befreiung des Menschen vom Kollektiv und seine Bestimmung als Individuum in der gelebten Realität. Sie ist also nicht nur eine Idee, sondern eine gesellschaftliche Entwicklung insgesamt. Allerdings kann ein Hinweis auf die Entstehung der modernen industriellen Gesellschaft bzw. die Zweiteilung von Zivilgesellschaft und staatlicher Autorität im Kontext der Marktökonomie allein nicht erklären, wie die Europäer erstmals in der Geschichte der Menschheit im Rahmen der kulturellen Moderne die Idee des Menschen als Individuum entfaltet haben. Auch in vielen zeitgenössischen asiatischen und afrikanischen Gesellschaften sind im Rahmen der Globalisierung der Marktökonomie strukturelle Bedingungen entstanden, die zur Auflösung oder zumindest zur Erschütterung traditioneller, d.h. vormoderner Gemeinwesen beigetragen haben. Dennoch fehlt dort die kulturelle Bestimmung des Menschen als ein freies Individuum, eben weil die kulturellen Grundlagen hierfür nicht vorhanden sind. In einem sozialen Gebilde, in dem sich ein Markt entwickelt, zivile Gesellschaft und staatliche Autorität zweigeteilt sind, verkehren Menschen miteinander als Individuen. Hierbei besteht ein Bedarf danach, den Menschen als Individuum vor möglicher staatlicher Willkür zu schützen. Eben dies ist der sozialhistorische Hintergrund für die Entstehung der modernen Menschenrechte. In vormodernen Gesellschaften hingegen genießt der Mensch, der in seiner Existenz noch kein Individuum im Sinne der kulturellen Moderne ist, den Schutz und die Sicherheit seines Kollektivs. Es gibt keine soziale und regionale Mobilität und somit auch nicht die damit einhergehenden Unsicherheiten. Das Weltbild ist geschlossen und kennt weder Vermutung noch Zweifel als Kriterien für den Erwerb von Wissen, denn die Einbettung in das Kollektiv bietet den nötigen Schutz. Erst durch die Auflösung traditioneller Gemeinwesen und die Freisetzung des Menschen von seinem Kollektiv wird er in einer Gesellschaft mit einem freien Markt auf sich selbst gestellt und damit den Unsicherheiten des Lebens ausgesetzt.

Auch Muslime gehen von der Zugehörigkeit des Menschen zum Kollektiv aus. Es handelt sich dabei um ein Kollektiv, welches durch die Verbreitung des Islam beansprucht, sich auf die gesamte Menschheit zu erweitern. Menschen als Gläubige, nicht als Bürger, haben gegenüber diesem Kollektiv Pflichten, nicht aber individuelle Berechtigungen. Dagegen begreifen Europäer die Reformation, die Aufklärung und die Französische Revolution als historische Prozesse, die den Menschen als Individuum hervorgebracht haben. So ist der Unterschied zwischen Individuation und Kollektivvorstellungen eine schwer überbrückbare Positionsdifferenz normativ-kultureller Art. Menschenrechte im Islam zu etablieren erfordert daher zunächst ein Konzept, das eine Entwicklung initiiert, die wegführt vom Konzept der Pflichten gegenüber der Gemeinschaft. Um dies zu erreichen, bedarf es einer Auflösung des Kollektivs im Rahmen einer tiefgreifenden religiös-kulturellen Reform, die eine historische Neu[interpretation des Korans einschließen müsste.464]


464 Vgl. Tibi, Im Schatten Allahs, München 1994, S. 97 ff.

Zwischen modernen und vormodernen Kulturen liegen Welten. Einer der wichtigsten Unterschiede zwischen Moderne und Vormoderne besteht darin, daß die kulturelle Moderne die geistigen Grundlagen für die Bestimmung des Menschen als Individuum entfaltet hat, während vormoderne Kulturen den Menschen stets als Teil eines Kollektivs einordnen. Sicherlich geht es dabei nicht allein um geistige Prozesse; denn ohne die materielle Entwicklung der industriellen Gesellschaft nach der Auflösung der traditionellen Gemeinwesen in Europa hätte diese angesprochene Individuation nicht stattgefunden. Unter Individuation verstehe ich die Befreiung des Menschen vom Kollektiv und seine Bestimmung als Individuum in der gelebten Realität. Sie ist also nicht nur eine Idee, sondern eine gesellschaftliche Entwicklung.

In einem sozialen Gebilde, in dem sich ein Markt entwickelt, zivile Gesellschaft und staatliche Autorität zweigeteilt sind, verkehren Menschen miteinander als Individuen. Hierbei besteht ein Bedarf danach, den Menschen als Individuum vor möglicher staatlicher Willkür zu schützen. Das genau ist der sozialhistorische Hintergrund für die Entstehung der modernen Menschenrechte. In vormodernen Gesellschaften genießt der Mensch, der in seiner Existenz noch kein Individuum im Sinne der kulturellen Moderne ist, den Schutz und die Sicherheit seines Kollektivs; es gibt keine soziale und regionale Mobilität und somit auch nicht die damit einhergehenden Unsicherheiten. Das Weltbild ist geschlossen und kennt weder Vermutung noch Zweifel als Kriterien für den Erwerb von Wissen; die Einbettung in das Kollektiv bietet den benötigten Schutz. [...] Erst

[Seite 85]

durch die Auflösung traditioneller Gemeinwesen und die Freisetzung des Menschen von seinem Kollektiv wird er in einer Gesellschaft mit einem freien Markt - auf sich selbst gestellt - den Unsicherheiten des Lebens ausgesetzt.

[...]

So kann der Hinweis auf die Entstehung der modernen industriellen Gesellschaft bzw. auf die Zweiteilung von Zivilgesellschaft und staatlicher Autorität im Kontext der Marktökonomie allein nicht erklären, wie die Europäer erstmals in der Geschichte der Menschheit im Rahmen der kulturellen Moderne die Idee des Menschen als Individuum entfaltet haben.

Denn auch in vielen der zeitgenössischen asiatischen und afrikanischen Gesellschaften sind im Rahmen der Globalisierung der Marktökonomie strukturelle Bedingungen entstanden, die zur Auflösung oder zumindest zur Erschütterung traditioneller, d.h. vormoderner Gemeinwesen beigetragen haben. Dennoch fehlt dort noch die kulturelle Bestimmung des Menschen als ein freies Individuum, eben weil die kulturellen Grundlagen hierfür nicht vorhanden sind.

[Seite 108]

Menschenrechte als individuelle Rechte im Islam zu etablieren erfordert daher, zunächst ein Konzept von Rechten einzuführen und eine Entwicklung zu initiieren, die wegführt vom Konzept der Pflich-

[Seite 109]

ten gegenüber der Gemeinschaft. Um dies zu erreichen, bedarf es einer Auflösung des Kollektivs im Rahmen einer tiefgreifenden religiös-kulturellen Reform, die eine historisierende Neu-Interpretation des Koran einschließt.

[Seite 140]

Muslime gehen von der Zugehörigkeit des Menschen zum Kollektiv, zur Umma, d.h. der Weltgemeinde des Islam (Umma bedeutet wörtlich: »Gemeinschaft aller Muslime«) aus, wie ich in den Kapiteln 1 und 3 ausgeführt habe. Es handelt sich dabei um ein Kollektiv, welches durch die Verbreitung des Islam beansprucht, sich auf die gesamte Menschheit zu erweitern. Menschen als Gläubige, nicht als Bürger, haben gegenüber diesem Kollektiv Pflichten (Faraid), nicht aber individuelle Rechte als Berechtigungen. Dagegen begreifen Europäer, die Reformation, Aufklärung und die Große Französische Revolution als historische Prozesse vollzogen haben, den Menschen als ein Individuum: es hat einklagbare Rechte als Berechtigungen gegenüber Staat und Gesellschaft.

[Seite 143]

So ist der Unterschied zwischen auf Individuation basierenden Menschenrechten und islamischen Kollektivvorstellungen der Faraidt/Pflichtenlehre eine schwer überbrückbare Positionsdifferenz normativ-kultureller Art; dieser Unterschied bereitet dem friedlichen Umgang der westlichen mit der islamischen Zivilisation große Probleme.

Anmerkungen

Die (zudem eher ungenaue) Nennung der Quelle in Fn. 464 auf S. 105 oben dürfte nicht genügen, um die vollständig wörtliche Übernahme kenntlich zu machen.


[67.] Mra/Fragment 105 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 105, Zeilen: 1-6
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 204, Zeilen: 29 ff.
[Um dies zu erreichen, bedarf es einer Auflösung des Kollektivs im Rahmen einer tiefgreifenden religiös-kulturellen Reform, die eine historische Neu-]Interpretation des Korans einschließen müsste.464

Zudem unterscheidet sich der Islam vom Christentum vor allem dadurch, dass er ein allumfassendes, organisches und kein kirchliches Religionssystem ist und dabei sehr stark diesseits bezogen ist. Wie oben bereits dargestellt, kennt der Islam keine Trennung zwischen privatem und öffentlichem Leben. Das göttliche Recht beschränkt sich nicht auf die Ordnung der äußeren Dinge des Lebens, es gilt ohne Einschränkung für alle Lebensbereiche.


464 Vgl. Tibi, Im Schatten Allahs, München 1994, S. 97 ff.

Der Islam unterscheidet sich vom Christentum ja vor allem dadurch, daß er ein allumfassendes, organisches und kein kirchliches Religionssystem und dabei sehr stark diesseitsbezogen ist. Mit organisch meine ich, daß der Islam keine Trennung von Diesseits und Jenseits bzw. zwischen privat und öffentlich kennt. [...] Das göttliche Recht beschränkt sich nicht auf die Ordnung der äußeren Dinge des Lebens; es gilt ohne Einschränkung für alle Lebensbereiche.
Anmerkungen

Fortsetzung von der Vorseite. Auch nach der Fußnote geht die Übernahme weiter.


[68.] Mra/Fragment 108 04

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 108, Zeilen: 4-25
Quelle: Oberndörfer 1998
Seite(n): 7, Zeilen: r.Sp.: 1 ff.
Die deutschen [sic] Debatte über die Zuwanderung von Ausländern bezeichnet als Multikulturalismus meistens die Mischung von Kulturen472 und ihrer Menschen innerhalb einer politischen Gemeinschaft, also letztlich eine Form des kulturellen Pluralismus. Im heutigen internationalen Sprachgebrauch jedoch steht Multikulturalismus für eine Doktrin der Gleichheit der Kulturen und des Schutzes aller kulturellen Kollektive vor kultureller Verunreinigung durch Vermischung. Über wechselseitige Abschottung soll solche „Verunreinigung“ sowohl für die dominante Nationalkultur als auch für die Kulturen der Minderheiten verhindert werden. Die ideologische Grundlage des Multikulturalismus ist die romantische Tradition der moralischen Gleichberechtigung und unantastbaren Heiligkeit aller kulturellen Kollektive und ihrer Überlieferungen. Da alle Kulturen gleichermaßen wertvoll sind, müssen sie in ihrem angeblichen „Naturzustand“ erhalten werden. Wenn also kollektive Kulturen zwecks wechselseitigen Schutzes vor Vermischung inhaltlich definiert und klar voneinander unterschieden werden, ist zu klären, wer diese Aufgabe übernehmen soll. Sollen politische oder juristische Autoritäten die hier angelegten kulturellen Konflikte regeln und entscheiden, was die authentische Interpretation der Religion oder die richtigen kulturellen Praktiken der Mehrheit und der Minderheit sind? Ein Artikel 20b GG473 hätte den Multikulturalismus und die für ihn wesenhaften Einschränkungen der kulturellen Freiheit der Bürger, sowohl der Mehrheiten als auch der Minderheiten, in das Grundgesetz einführen können.

Im Gegensatz zum Multikulturalismus steht der „Ethnopluralismus“ der deutschen Rechtsradikalen, der wechselseitige Abschottung meint. Die Ethnopluralisten machen sich mit multikulturellem Ideengut sogar zu Sprechern der Kultur ausländischer Arbeiter in der Bundesrepublik. Deren Abschiebung müsste erfolgen, um „ihre“ eigene Kultur zu erhalten.


472 Vgl. allgemein dazu: Frank, Staatsräson, Moral und Interesse. Die Diskussion um die multikulturelle Gesellschaft; Kiesel/Wolf-Almaasreh [sic], Die multikulturelle Versuchung: ethnische Minderheiten in der deutschen Gesellschaft, Frankfurt am Main 1991; Lukes, Multikulturalismus und Gerechtigkeit, Frankfurt am Main 1995; Huber, Zur Problematik des Kulturstaates, Tübingen 1958; Luckmann, Die unsichtbare Religion, Frankfurt am Main 1993; Kaufmann, Religion und Modernität, Tübingen 1998.

473 Vgl. bereits oben unter B V 1 die Ausführungen zum Minderheitenschutz.

In der deutschen Debatte über die Zuwanderung von Ausländern bezeichnet Multikulturalismus meistens die Mischung verschiedener Kulturen12 und ihrer Menschen innerhalb einer politischen Gemeinschaft, also letztlich kulturellen Pluralismus. Im heutigen internationalen Sprachgebrauch jedoch steht Multikulturalismus für eine Doktrin der Gleichheit der Kulturen und des Schutzes aller kulturellen Kollektive vor kultureller Verunreinigung durch Vermischung. Über wechselseitige Abschottung soll solche Verunreinigung sowohl für die dominante Nationalkultur als auch für die Kulturen der Minderheiten verhindert werden.

Die ideologische Grundlage des Multikulturalismus ist die schon skizzierte romantische Tradition der moralischen Gleichberechtigung und unantastbaren Heiligkeit aller kulturellen Kollektive und ihrer Überlieferungen. Da alle Kulturen gleichermaßen wertvoll sind, müssen sie in ihrem angeblichen »Naturzustand« erhalten werden. [...]

Wenn kollektive Kulturen zwecks wechselseitigen Schutzes vor Vermischung inhaltlich definiert und klar voneinander unterschieden werden, ist zu klären, wer diese Aufgabe übernehmen soll. [...] Sollen politische oder juristische Autoritäten die hier angelegten kulturellen Konflikte regeln und entscheiden, was die authentische Interpretation der Religion oder die richtigen kulturellen Praktiken der Mehrheit und der Minderheiten sind? [...]

Durch diesen Artikel wäre der Multikulturalismus und die für ihn wesenhaften Einschränkungen der kulturellen Freiheit der Bürger - der Mehrheit, wie der Minderheiten - in das Grundgesetz eingeführt worden.


12 So z. B. von Heiner Geissler. Multikulturalismus im Sinne wechselseitiger Abschottung findet sich hingegen im »Ethnopluralismus« der deutschen Rechtsradikalen. Die Ethnopluralisten (z.B. Eichberg) und andere Vertreter des rechtsradikalen Spektrums machen sich mit multikulturellem Ideengut sogar zu Sprechern der Kultur ausländischer Arbeiter in der Bundesrepublik. Deren Abschiebung müsse erfolgen, um letztere »ihrer« eigenen Kultur zu erhalten. Auch die frühere Apartheit Südafrikas wurde von Multikulturalisten als mögliches Modell zum Schutz von Kulturen genannt. Zum völkischen Multikulturalismus in Deutschland vgl. Frank, Staatsräson, Moral und Interesse. Die Diskussion um die »Multikulturelle Gesellschaft« 1980-1993, 1995; ferner Radtke in: Kiesel/Wolf-Almaasreh [sic] (Hrsg.): Die multikulturelle Versuchung: ethnische Minderheiten in der deutschen Gesellschaft. S. 39-57.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.

Auf ein Blindzitat weist die falsche Schreibung des Namens Wolf-Almanasreh (http://www.almanasreh.de/index.html) in der Quelle und bei Mra hin (im Literaturverzeichnis aber richtig geschrieben).


[69.] Mra/Fragment 109 23

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 109, Zeilen: 23-37
Quelle: Renner 2005
Seite(n): 125 f., Zeilen: 125: 18 ff.; 126: 1-5
Über „Multi-Kulti“ lässt sich sicherlich streiten, nicht aber über die verfassungsrechtlich unbedenkliche Religionsvielfalt in Deutschland und über das Recht, von der garantierten Religionsfreiheit Gebrauch oder auch keinen Gebrauch zu machen. Die Religionszugehörigkeit und ihre Bekundung in der Außenwelt könnte aber insoweit eine Bedeutung für den Eingliederungsgrad haben. Sind die hiesigen Lebensverhältnisse in der Weise durch das Christentum geprägt, dass einem Nicht- oder Andersgläubigen die Einordnung nicht gelingen kann, wenn er nicht zuvor konvertiert? Gibt es „die deutschen Lebensverhältnisse“, die andere Lebensarten und Lebensformen nicht vertragen? Würden die deutschen Lebensverhältnisse umgekehrt durch die Eingliederung noch mehrerer Atheisten oder Muslime unzulässig verändert? Die maßgeblichen deutschen Lebensverhältnisse werden in erster Linie durch die hiesige verfassungsrechtlich gewährleistete Rechts- und Werteordnung bestimmt und nicht durch irgendeine tatsächliche Lebensweise, die mehrheitlich von bestimmten Gruppen als erstrebenswert angesehen und auch gelebt wird. Das Grundgesetz konserviert gerade nicht bestimmte religiös oder sonst geprägte Lebensformen als Monopol477, sondern gewährleistet die Freiheit jeder Religion und jeder Weltanschauung, enthält sich jeglicher Parteinahme und verbietet die Dis-[kriminierung einzelner Religionen und Weltanschauungen ihrer Anhänger.]

477 Bergmann, ZAR 2004, 130.

Über „Multikulti“ lässt sich streiten, nicht aber über die verfassungsrechtlich unbedenkliche Religionsvielfalt in Deutschland und über das Recht, von der garantierten Religionsfreiheit Gebrauch zu machen oder von ihr keinen Gebrauch zu machen. [...]

Der Religionszugehörigkeit und ihrer Bekundung im forum externum könnte aber insoweit eine Bedeutung für das Einbürgerungsermessen zukommen, als es um die Einordnung in deutsche Lebensverhältnisse geht. Sind die hiesigen Lebensverhältnisse in der Weise durch das Christentum geprägt, dass einem Nicht- oder Andersgläubigen die Einordnung nicht gelingen kann? Gibt es „die deutschen Lebensverhältnisse“, die andere Lebensarten und andere Lebensformen nicht vertragen? Würden die deutschen Lebensverhältnisse umgekehrt durch die Einbürgerung eines oder mehrerer Atheisten oder Muslime unzulässig verändert? Die Fragen stellen bedeutet, sie zu verneinen. Die insoweit maßgeblichen deutschen Lebensverhältnisse werden nämlich in erster Linie durch die hiesige Rechts- und Werteordnung bestimmt und nicht durch irgendeine Lebensform, die mehrheitlich oder von bestimmten Gruppen

[Seite 126:]

als erstrebenswert angesehen und auch gelebt wird. Das Grundgesetz konserviert aber gerade nicht bestimmte religiös geprägte Lebensformen als Monopol, sondern gewährleistet die Freiheit jeder Religion, enthält sich jeglicher Parteinahme und verbietet die Diskriminierung einzelner Religionen und ihrer Anhänger.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[70.] Mra/Fragment 113 31

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 113, Zeilen: 31-33
Quelle: BVerfG 1952
Seite(n): 12, Zeilen: 0
Im SRP-Urteil vom 23.10.1952493 bestimmt es als Voraussetzung für das Verbot einer politischen Partei, dass diese „oberste Grundwerte des freiheitlichen demokratischen Verfassungsstaates erschüttern“ wolle. Diese Grundwerte bilden die freiheitliche demokratische Grundordnung, die das Grundgesetz innerhalb der staatlichen Gesamtordnung „der verfassungsmäßigen Ordnung“ als fundamental an-[sieht.]

493 1952 verbot das Bundesverfassungsgericht die neofaschistische SRP (Sozialistische Reichspartei), BVerfG 2, 1.

Die besondere Bedeutung der Parteien im demokratischen Staat rechtfertigt ihre Ausschaltung aus dem politischen Leben nicht schon dann, wenn sie einzelne Vorschriften, ja selbst ganze Institutionen der Verfassung mit legalen Mitteln bekämpfen, sondern erst dann, wenn sie oberste Grundwerte des freiheitlichen demokratischen Verfassungsstaates erschüttern wollen. Diese Grundwerte bilden die freiheitliche demokratische Grundordnung, die das Grundgesetz innerhalb der staatlichen Gesamtordnung der "verfassungsmäßigen Ordnung" als fundamental ansieht.
Anmerkungen

Dass es sich um ein längeres wörtliches Zitat handelt, kann man aus Fn. 493 nicht entnehmen; die Kennzeichnung eines drei Wörter langen Teils durch Anführungszeichen lässt vermuten, dass der Rest gerade kein Zitat ist. Das Anführungszeichen ist gegenüber dem Original verschoben.

Fortsetzung auf der nächsten Seite.


[71.] Mra/Fragment 114 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 114, Zeilen: 1-4
Quelle: BVerfG 1952
Seite(n): 12, Zeilen: 0
Dieser Grundordnung liegt letztlich nach der im Grundgesetz getroffenen verfassungspolitischen Entscheidung die Vorstellung zugrunde, dass der Mensch in der Schöpfungsordnung einen eigenen selbständigen Wert besitzt und Freiheit und Gleichheit dauernde Grundwerte der staatlichen Einheit sind. Daher ist die Grundordnung eine wertgebundene Ordnung. Dieser Grundordnung liegt letztlich nach der im Grundgesetz getroffenen verfassungspolitischen Entscheidung die Vorstellung zugrunde, daß der Mensch in der Schöpfungsordnung einen eigenen selbständigen Wert besitzt und Freiheit und Gleichheit dauernde Grundwerte der staatlichen Einheit sind. Daher ist die Grundordnung eine wertgebundene Ordnung.
Anmerkungen

Fortsetzung von der Vorseite. Es fehlen "nur" die Anführungszeichen.


[72.] Mra/Fragment 115 18

KomplettPlagiat
Untersuchte Arbeit:
Seite: 115, Zeilen: 18-25
Quelle: Eisel 2005
Seite(n): online, Zeilen: 0
Die Wertentscheidung für die Achtung der Menschenwürde macht auch die Anerkennung demokratischer Verfahren und insbesondere der Mehrheitsregel für alle akzeptabel, denn durch diese Wertentscheidung ist Minderheitenschutz gesichert. So ist es möglich, eine Übereinstimmung über die Gültigkeit der Mehrheitsregel zu erreichen, die unabhängig vom Inhalt der Mehrheitsbeschlüsse ist, solange niemand befürchten muss, durch solche Mehrheitsbeschlüsse in seinen grundlegenden Menschenrechten beeinträchtigt zu werden. Die Achtung der Menschenwürde aller und die Anerkennung des Mehrheitsentscheids schränken die Freiheit des einzelnen zweifellos ein. Die Wertentscheidung für die Achtung der Menschenwürde macht auch die Anerkennung demokratischer Verfahren und insbesondere der Mehrheitsregel für alle akzeptabel, denn durch diese Wertentscheidung ist Minderheitenschutz gesichert. So ist es möglich, eine Übereinstimmung über die Gültigkeit der Mehrheitsregel zu erreichen, die unabhängig vom Inhalt der Mehrheitsbeschlüsse ist, solange niemand befürchten muss, durch solche Mehrheitsbeschlüsse in seinen grundlegenden Menschenrechten beeinträchtigt zu werden.

Die Achtung der Menschenwürde aller und die Anerkennung des Mehrheitsentscheids schränken die Freiheit des Einzelnen ohne Zweifel ein.

Anmerkungen

Übernahme ohne jede Kennzeichnung.


[73.] Mra/Fragment 116 17

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 116, Zeilen: 17-23, 26-31, 34-38
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 35, 36, Zeilen: 35: letzte Zeile - 36: 1 ff.
Aus dieser Beobachtung ergibt sich die Notwendigkeit, die vorhandene Pluralität der Kulturen zwar zu akzeptieren, ohne aber jedoch der Illusion eines Kulturrelativismus zu erliegen. Letztendlich bedeutet dieser nichts anderes als die Anerkennung der traditionellen Weisheit „andere Kulturen, andere Sitten“ mit dem Zusatz, dass man bereit ist, diesen Zustand hinzunehmen, was ohne Einschränkung bedeuten würde, dass z.B. Frauenbeschneidung im Sudan deren Sache sein muss und den Rest der Menschheit nichts angehen kann.502

Zwar ist die Religionsfreiheit ein starkes Grundrecht und setzt sich regelmäßig durch, was dogmatisch mit der Nähe zum höchsten Wert des Grundgesetzes zusammenhängt, da die Religionsfreiheit in besonderem Maße eine Ausprägung der Menschenwürde darstellt.503 Jedoch steht eine solche Haltung im Widerspruch zu der hier vertretenen Position einer Ethik der Menschenrechte. Für jene, welche um die Menschenrechte als universelle Rechte besorgt sind, kann die Anerkennung der kulturellen Vielfalt in unserer Welt nicht bis zu dem Punkt ausgedehnt werden, an dem sie in einen Kulturrelativismus, d.h. in moralische Gleichgültigkeit umschlägt. [...] Aus der Perspektive einer international verbindlichen Moralität darf die Hinnahme menschenrechtsverletzender Praktiken (z.B. Folter zur Unterdrückung der Meinungsfreiheit) auch als Ausdruck einer anderen Kultur demnach nicht toleriert werden. Diktaturen der Dritten Welt kaschieren solche Verletzungen oftmals unter der Maske ihrer eigenen Kultur.504 Die Pluralität der Kulturen ist dennoch eine [wertfreie Feststellung der Vielfalt.]


502 Vgl. dazu auch: Püttner, Toleranz als Verfassungsprinzip - Prolegomena zu einer rechtlichen Theorie des pluralistischen Staates, Berlin 1977.

503 So BVerfGE 32, 98.

504 Tibi, Im Schatten Allahs, München 1994, S. 36.

Aus dieser Beobachtung folgere ich die Not-

[Seite 36]

wendigkeit, die vorhandene Pluralität der Kulturen zu akzeptieren, jedoch ohne der Illusion eines Kulturrelativismus32 zu erliegen. Letztendlich bedeutet Kulturrelativismus nichts anderes als die Anerkennung der traditionellen Weisheit »andere Kulturen – andere Sitten« mit dem Zusatz, daß man bereit ist, diesen Zustand hinzunehmen. Wenn z. B. Frauen im Sudan beschnitten werden, dann soll das deren Sache sein und den Rest der Menschheit nichts angehen. Eine solche Haltung steht jedoch im Widerspruch zu der hier vertretenen sittlichen Position einer universellen Ethik der Menschenrechte. Für jene, welche um die Menschenrechte als universelle Rechte besorgt sind, kann die Anerkennung der kulturellen Vielfalt in unserer Welt nicht bis zu dem Punkt ausgedehnt werden, an dem sie in einen Kulturrelativismus, d. h. in moralische Gleichgültigkeit umschlägt. Aus der Perspektive einer international verbindlichen Moralität darf die Hinnahme menschenrechtsverletzender Praktiken (z. B. Folter zur Unterdrückung der Meinungsfreiheit) als Ausdruck einer anderen Kultur nicht toleriert werden. Diktaturen der Dritten Welt formieren sich in einer geeinten Südfront; die Thematisierung solcher Verletzungen verhindern sie, indem sie sie unter der Maske ihrer eigenen »Kultur« kaschieren. [...]

Die Pluralität der Kulturen ist eine wertfreie Feststellung der Vielfalt.


[Seite 355]

32 R. J. Vincent, Human Rights and International Relations, Cambridge 1986, S. 37 ff.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 504 genannt.

Der Satz vor Fn. 503 ist nicht Teil der Übernahme (jedenfalls nicht aus dieser Quelle).


[74.] Mra/Fragment 117 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 117, Zeilen: 1-7, 22-39
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 36, 37, 58, 164, 165, Zeilen: 36: 28 ff., 37: 2 ff., 58: 14 ff., 164: 4 ff., 165: 19 ff.
Diese Pluralität gutzuheißen bedeutet nicht, sie mit kultureller Fragmentation (Konsensverlust innerhalb der Menschheit) gleichzusetzen und sie einem Basiskonsens über internationale Moralität zu entziehen. Insbesondere in Bezug auf die Menschenrechte darf es keinen Kompromiss geben. Muslime, Hindus und Buddhisten müssen die Menschenrechte in ihrer Kultur verankern. Die Zurückweisung dieser Ansicht durch muslimische Despoten ist stets eine ideologische Rechtfertigung für Willkür und dafür, den Unterworfenen die zentralen Rechte vorzuenthalten. [...]

Man kann sich angesichts der Tatsache, dass die Menschenrechte im allgemeinen nicht energischer verteidigt werden, des Eindrucks nicht erwehren, dass die Europäer ihrer Zivilisation schon müde und nicht mehr bereit sind, für Menschenrechte überhaupt einzustehen. Wer hinter dem universellen Anspruch der Menschenrechte lediglich bloßen Kulturimperialismus vermutet, hat nie ermessen, wie viele Freiheiten er in seiner Zivilgesellschaft genießt. Im Westen bedeutet multikulturelle Toleranz nichts anderes als Gleichgültigkeit gegenüber der undemokratischen und menschenverachtenden Einstellung vormoderner Kulturen gegenüber der Moderne.506

Der Kulturrelativismus fordert Toleranz gegenüber Intoleranz und macht sich somit ungewollt zum nützlichen Handlanger der Fanatiker aus vormodernen Kulturen unter den Migranten, die sich gegen die Integration in die kulturelle Moderne der europäischen Gesellschaften erheben. Wer aber dafür eintritt, dass die Migranten die Kultur des Gastkontinents respektieren müssen, setzt sich neuerdings dem Vorwurf des Euro-Rassismus507 aus, der das neueste Etikett darstellt und der Kampfbegriff all derer ist, die die Gleichsetzung vormoderner Kulturen mit der kulturellen Moderne in Europa ablehnen.

Wenn im islamischen Sudan Frauen durch Beschneidung ihrer Klitoris in ihrer Sexualität entmündigt werden, dann ist das für Kulturrelativisten keine Verletzung der Menschenrechte, sondern schlicht ein Ausdruck anderer Sitten, vergleichbar mit der inhumanen Ganzkörper-[verschleierung von Frauen]


506 Vgl. bereits oben die Ausführungen zum „Kulturrelativismus“.

507 Tibi, Im Schatten Allahs, München 1994, S. 164.

Diese Pluralität gutzuheißen bedeutet nicht, sie mit kultureller Fragmentation (Konsensverlust innerhalb der Menschheit) gleichzusetzen und sie einem Basiskonsens über internationale Moralität zu entziehen.33 Insbesondere in bezug auf die Geltung der Menschenrechte darf es keinen Kompromiß geben.

33 Terry Nardin, Law, Morality; and the Relations of States, Princeton 1983, und auch die neuere Arbeit von Terry Nardin und David Mapel (Hg.), Traditions of International Ethics, Cambridge 1992.

[Seite 37]

Konkret bedeutet dies, daß Muslime, Hindus und Buddhisten lernen, die Sprache der Menschenrechte in ihrer Kultur zu verankern. Die Zurückweisung dieser Ansicht durch viele asiatische und afrikanische Herrscher - so in Wien im Juni 1993 - ist stets eine ideologische Rechtfertigung für Willkür gewesen und dafür, den ihnen unterworfenen Völkern gerade die zentralen Menschenrechte vorzuenthalten; [...]

[Seite 58]

Als aufgeklärter Muslim kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, daß die Europäer ihrer Zivilisation schon müde und nicht mehr bereit sind, für die Menschenrechte einzustehen. Als akademischer Lehrer mußte ich im Sommersemester 1993 die Menschenrechte gegen meine deutschen Studenten verteidigen, die hinter deren universellem Anspruch bloßen Kulturimperialismus vermuteten. Wer so argumentiert, hat nie für Menschenrechte gekämpft und kann nicht ermessen, wieviel Freiheiten er in seiner Zivilgesellschaft genießt. Mit einer solchen müden Generation kann man weder Menschenrechte noch Demokratie verteidigen. Ich schaue nicht mit Optimismus in die Zukunft, weder hier im Westen noch in der Welt des Islam.

Im Westen bedeutet multikulturelle Toleranz nichts anderes als Gleichgültigkeit gegenüber der undemokratischen und menschenverachtenden Einstellung vormoderner Kulturen gegenüber der Moderne.

[Seite 164]

Er [der Kulturrelativismus] fordert Toleranz gegenüber Intoleranz und macht sich somit ungewollt zum nützlichen Handlanger der Fanatiker aus vormodernen Kulturen unter den Migranten, die sich gegen die Integration in die kulturelle Moderne der europäischen Gesellschaften erheben.

Wer aber dafür eintritt, daß die Migranten die Kultur des Gastkontinents - wenn ich Europa noch so umschreiben darf - respektieren müßten, setzt sich dem Vorwurf des Rassismus aus. Euro-Rassismus7 ist das neue Etikett und der Kampfbegriff für die Inkriminierung all derer, die die Gleichsetzung vormoderner Kulturen mit der kulturellen Moderne in Europa ablehnen.


7 Vgl. stellvertretend für diese Denkrichtung Chr. Butterwegge/S. Jäger (Hg.), Rassismus in Europa, Köln 1992; dazu auch die FAZ-Rezension von W. Kowalsky vom 4. Mai 1993.

[Seite 165]

Wenn im islamischen Sudan Frauen durch Beschneidung ihrer Klitoris in ihrer Sexualität entmündigt werden, dann ist das für Kulturrelativisten keine Verletzung des Menschenrechts auf körperliche Unversehrtheit, sondern schlicht ein Ausdruck anderer Sitten, vergleichbar der inhumanen Verschleierung der Frauen.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 507 genannt, aber selbst dort ist sie nur auf eine Ausführung zum Vorwurf des Euro-Rassismus bezogen.


[75.] Mra/Fragment 118 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 118, Zeilen: 1-19
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 141 f., 165, 167, 172, Zeilen: 141: letzter Abs. - 142: 1; 165: 25 ff.; 167: 16 ff.; 172: 17-19
Um nicht als „Rassist“ zu gelten, schweigt man über diese Menschenrechtsverletzung. In Wirklichkeit bedeutet Kulturrelativismus jedoch nicht Toleranz gegenüber anderen Kulturen, sondern eher moralische Trägheit und Entlastung jeglicher Verantwortung, etwa für die Verletzung von Menschenrechten und ist somit die Zuflucht für die Rechtfertigung der politischen Repression geworden.

Man muss einräumen, dass viele Kulturrelativisten subjektiv nicht zynisch sind, dass sie vielmehr vom aufrichtigen Ethos des Respekts gegenüber anderen Kulturen geleitet sind, ohne sich jedoch die Konsequenzen ihrer Einstellungen bewusst zu machen. Dabei unterliegen sie der vorhandenen Verwechslung von Kulturpluralismus mit Kulturrelativismus. Kulturpluralismus ist nichts anderes als die Feststellung, dass es eine Vielfalt an Kulturen gibt, die jeweils ihren individuellen Charakter haben. Diese Feststellung ist gleichermaßen deskriptiv, wertneutral und enthält kein moralisches Urteil über die einzelnen Kulturen und ihre Werte, sondern beschränkt sich lediglich auf die Beobachtung der Vielfalt und plädiert für ein friedliches Nebeneinander. Zu diesem friedlichen Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen gehört die gemeinsame Anerkennung von Normen und Werten als Basiskonsens. Bei aller Beschwörung von Multikulturalität und kulturellen Pluralismus sind die Europäer angesichts des islamischen Fundamentalismus sowie des Imports von Einwandererkulturen, die keine Individuation kennen, gefragt, ob sie die kulturellen und politischen Grundlagen der individuellen Menschenrechte zu verteidigen gewillt sind.508


508 Tibi, Im Schatten Allahs, München 1994, S. 142.

[Seite 165]

Um nicht als »Rassist« zu gelten, schweigt mancher über diese Verletzungen von Menschenrechten. In Wirklichkeit bedeutet Kulturrelativismus jedoch nicht Toleranz gegenüber anderen Kulturen, sondern moralische Trägheit und Entlastung von jeglicher Verantwortung, etwa für die Verletzung von Menschenrechten.

[Seite 172]

Charles Krauthammer prägte die Formel, daß der Kulturrelativismus »die Zuflucht für die Rechtfertigung der politischen Repression geworden ist«.27


27 Charles Krauthammer, Human Rights: Giving in After the Debate is Won, in: IHT vom 19./20. Juni 1993.

[Seite 167]

Obwohl ich ein dezidierter Gegner des Kulturrelativismus bin, muß ich einräumen, daß viele Kulturrelativisten subjektiv nicht zynisch sind, daß sie vielmehr vom aufrichtigen Ethos des Respekts gegenüber anderen Kulturen geleitet sind, ohne sich jedoch die Konsequenzen ihrer Einstellungen bewußt zu machen; dabei unterliegen sie häufig der schon potentiell bei Herder - als autoritativer und ideengeschichtlicher Quelle des Kulturrelativismus - vorhandenen Verwechslung von Kulturpluralismus mit Kulturrelativismus.

Kulturpluralismus ist nichts anderes als die Feststellung der Binsenwahrheit, daß es eine Vielfalt an Kulturen gibt, die jeweils ihren individuellen Charakter haben. Diese Feststellung ist zunächst gleichermaßen deskriptiv und wertneutral; sie enthält noch kein moralisches Urteil über die einzelnen Kulturen und ihre Werte, sondern beschränkt sich lediglich auf die Beobachtung der Vielfalt und plädiert für ein Nebeneinanderleben dieser vielfältigen Kulturen in Frieden. Herder, der trotz seiner scharfzüngigen Polemik gegen die Franzosen ein Kind der Aufklärung war, hat nie bestritten, daß eben zu diesem friedlichen Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen die gemeinsame Anerkennung von Normen und Werten gerade dieser Aufklärung als Basiskonsens gehört.

[Seite 141]

Bei aller Beschwörung von Multikulturalität und kulturellem Pluralismus sind die Europäer angesichts des islamischen Fundamentalismus sowie des Imports von Einwandererkulturen, die keine Individuation kennen, gefragt, ob sie die kulturellen und politischen Grundlagen der individuellen Menschenrechte - vor

[Seite 142]

allem im eigenen Haus - zu verteidigen gewillt sind.

Anmerkungen

Die Quelle ist genannt, die großteils wörtliche Übernahme bleibt ungekennzeichnet.


[76.] Mra/Fragment 119 101

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 119, Zeilen: 101-103
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 32, Zeilen: 25 ff.
[...]

510 Es gibt aber wiederum Politiker, die sich weigern, politische Menschenrechte überhaupt zu erörtern. Diese seien allein ein Anliegen des verkommenen Westens. Menschenrechte setzten sie gleich mit Zügellosigkeit, Promiskuität, Homosexualität, Prostitution und Drogenkonsum und mit Demokratie, Tibi, Im Schatten Allahs, München 1994, S. 32.

Es gibt muslimische Politiker, die sich weigern, politische Menschenrechte überhaupt zu erörtern. Diese seien nämlich allein ein Anliegen des verkommenen Westens. Menschenrechte setzen sie gleich mit Zügellosigkeit, Promiskuität, Homosexualität, Prostitution und Drogenkonsum - und mit Demokratie.
Anmerkungen

Ein relativ kurzes Fragment, in dem die weitgehende Wörtlichkeit der Übernahme ungekennzeichnet bleibt. Durch die Verwendung der indirekten Rede im zweiten Satz deutet sich immerhin die Nähe im Wortlaut an.


[77.] Mra/Fragment 121 01

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 121, Zeilen: 1-3
Quelle: Schönbohm 1997
Seite(n): 6, Zeilen: r. Sp. 42 ff.
Auch humanitäre Erwägungen können nur im gesellschaftlich verträglichen Kontext gesehen werden. Armut und Not der Dritten Welt können nur in den betroffenen Ländern selbst überwunden werden. Auch humanitäre Erwägungen können nur im gesellschaftlich verträglichen Kontext gesehen werden. [...] Armut und Not der Dritten Welt können nur in den betroffenen Ländern selbst überwunden werden.
Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[78.] Mra/Fragment 123 12

KomplettPlagiat
Untersuchte Arbeit:
Seite: 123, Zeilen: 12-14
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 351, Zeilen: 1-3
In einer Demokratie europäischen Stils wirken die Menschen als Bürger in einem Gemeinwesen, also als Individuen, nicht als Angehörige eines Kollektivs. In einer Demokratie europäischen Stils wirken die Menschen als Bürger in einem Gemeinwesen, also als Individuen, nicht als Angehörige eines Kollektivs.
Anmerkungen

Nur ein kurzes Fragment - aber der eine (nicht triviale) Satz ist wörtlich übernommen.


[79.] Mra/Fragment 128 13

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 128, Zeilen: 13-27, 29-40
Quelle: Mayer 1994
Seite(n): 120, 121, 122, Zeilen: 120: 24 ff: 121: 1 ff.; 122: 7 ff.
Jeder Mensch hat zunächst einmal, sofern er nicht Flüchtling oder auf eine andere Art und Weise entwurzelt ist, eine Bindung zu einer Gemeinschaft. Als soziales Wesen ist der Mensch zunächst auf die ihn bergende Familie als Gemeinschaft angewiesen und verwiesen. Die Nation ist die größtmögliche Gesellschaft, der der Mensch identitär angehören kann. Die kulturelle Reproduktion der Vernünftigkeit von Identität und Bindungen gelingt dort nicht, wo Vereinzelung und Atomisierung soziale Bezüge zerstört haben. In menschlichen Gesellschaften und eben auch in Nationen ist die Bindung auch für den Einzelnen neu erwerbbar, d.h. der Zugang zur Gemeinschaft ist nicht nur durch Geburt fixiert, sondern über eine neue nationale Sozialisation und Akkulturation auch herstellbar. Diesen Fragen der Einwanderung und Einbürgerung sehen sich sehr viele der hoch entwickelten Nationen ausgesetzt, weil sie ihren demographischen Bestand aus sich heraus nicht mehr gewährleisten können bzw. der Regenerations- oder Reproduktionsaufgabe nicht nachkommen können. Einwanderungen bedeuten, dass individuell neue Identitäten angenommen werden, wie auch, dass bestehende Identitäten ganzer Gemeinschaften allmählich verändert werden.534 Dazu bedürfte es einer gesellschaftlichen Basis, die es aber bis jetzt in Mitteleuropa (noch) nicht gibt. Die Europäische Verfassung ist allerdings eine solide Basis, die eine solche Einheit stiften könnte.535

Nationale Gemeinschaften sind nicht nur Naturgemeinschaften im Sinne eines Prozesses organischer Sukzession; sie sind aber noch weniger kulturelle Erfindungen oder mythisch bedingte Imaginationen. Vielmehr ist das spezifische in diesem Zusammenhang, dass Nationen soziale, kulturelle Vergemeinschaftungen sind, die Identität stiften, die bisher nicht auf Dauer durch größere politische Gemeinschaften ersetzt wurden. Zivilisationen und Regionen stiften auch Identität, aber sie sind keine Nationen ersetzenden, politischen Einheiten. Die nationale Gesellschaft bedarf der Verantwortung und Sorge um die Zukunft als kulturellem Verhaltensmuster. Oder umgekehrt, das Luxurierenlassen des Individuums, seine kulturelle Entbindung kann, auch als Topos der deutschen Kulturkritik bekannt, gemeinschaftszerstörend wirken. Die libertäre Freiheit disharmoniert mit der politischen Freiheit, die die Gleichheit der Pflichten, der Verantwortungen und der Sorge um die Zukunft ebenso verlangt, wie sie erst eigentlich die private Freiheit gewährleistet.536 Einreise- und Zuwanderungsbeschränkungen [wiederum haben den Zweck, Freiheit und Wohlfahrt sowie Politik und Kultur einer Gruppe von Menschen zu bewahren, die sich einander und einem gemeinsamen Leben verpflichtet fühlen.]


534 Siehe auch zum „Volk als Tatsache“, Schefold, Bewahrung der Demokratie, Berlin 2012, S. 102ff.

535 Vgl. bereits obige Ausführungen.

536 Mayer, in: Estel/Mayer, Das Prinzip Nation in modernen Gesellschaften, Opladen 1994, S. 115.

Jeder Mensch hat, sofern er nicht Flüchtling oder sonstwie entwurzelt ist, eine Bindung zu einer Gemeinschaft. Als soziales Wesen ist der Mensch zunächst auf die ihn bergende Familie als Gemeinschaft angewiesen und verwiesen. Es sei die These wiederholt, daß die Nation die größtmögliche Gemeinschaft ist, der der Mensch identitär angehören kann. Die kulturelle Reproduktion der Vernünftigkeit von Identität und Bindungen gelingt dort nicht, wo Vereinzelung und Atomisierung soziale Bezüge zerstört haben. [...] In menschlichen Gesellschaften - und eben auch bei Nationen - ist Bindung auch für einzelne neu erwerbbar, d.h. der Zugang zur Gemeinschaft ist nicht nur durch Geburt fixiert, sondern über eine neue nationale Sozialisation und Akkulturation auch herstellbar. Diesen Fragen der Einwanderung und Einbürgerung sehen sich sehr viele der hoch entwickelten Nationen ausgesetzt, weil sie ihren demographischen Bestand aus sich heraus nicht mehr gewährleisten können bzw. der Regenerations- oder Reproduktionsaufgabe - sozusagen aus eigenen Beständen - nicht nachkommen wollen. [...] Einwanderungen bedeuten, daß individuell neue Identitäten angenommen werden wie auch, daß bestehende Identitäten ganzer Gemeinschaften allmählich verändert wer-

[Seite 121]

en. Dazu bedürfte es eines gesellschaftlichen Konsenses, den es aber nicht gibt, jedenfalls nicht in Mitteleuropa.

Treten wir nochmals in einen Diskurs ein über die nationalen Gemeinschaften. Sie sind nicht nur Naturgemeinschaften im Sinne eines Prozesses organischer Sukzession; sie sind aber noch weniger kulturelle Erfindungen oder mythisch bedingte Imaginationen. Vielmehr ist das spezifische in diesem Zusammenhang, daß Nationen soziale, kulturelle Vergemeinschaftungen sind, die Identität stiften, die bisher nicht auf Dauer durch größere politische Gemeinschaften ersetzt wurden. Zivilisationen und Religionen stiften auch Identität, aber sie sind keine nationsersetzende politische Einheiten.

Die nationale Gesellschaft bedarf der Verantwortung und Sorge um die Zukunft als kulturellem Verhaltensmuster. Oder umgekehrt, das Luxurierenlassen des Individuums, seine kulturelle Entbindung können auch, als Topos der deutschen Kulturkritik bekannt, gemeinschaftszerstörend wirken. Die libertäre Freiheit disharmoniert mit der politischen Freiheit, die die Gleichheit der Pflichten, der Verantwortungen und der Sorge um die Zukunft ebenso verlangt, wie sie erst eigentlich die private Freiheit gewährleistet.

[Seite 122]

Und auch in der liberalen Perspektive Walzers gilt: „Einreise- und Zuwanderungsbeschränkungen haben den Zweck, Freiheit und Wohlfahrt sowie Politik und Kultur einer Gruppe von Menschen zu bewahren, die sich einander und einem gemeinsamen Leben verpflichtet fühlen.“

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 536 genannt. Umfang und Wörtlichkeit der Übernahme gehen daraus nicht hervor. Was bei Mayer noch ein Zitat aus Walzer ist, ist bei Mra bereits ein eigener Gedanke.

Der Satz vor Fn. 535 geht nicht in die Zeilenzählung ein.


[80.] Mra/Fragment 129 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 129, Zeilen: 1-15, 19-34
Quelle: Mayer 1994
Seite(n): 122, 123, 124, 125, Zeilen: 122: 7 ff.; 123: 9 ff.; 124: 40 ff.; 125: 5 ff.; 126: 1
[Einreise- und Zuwanderungsbeschränkungen] wiederum haben den Zweck, Freiheit und Wohlfahrt sowie Politik und Kultur einer Gruppe von Menschen zu bewahren, die sich einander und einem gemeinsamen Leben verpflichtet fühlen. Und diese Mitglieder entscheiden frei über ihre zukünftigen Gefährten. Kein Außenstehender habe einen Rechtsanspruch darauf, tatsächlich hineinzugelangen. Am ehesten wird man diejenigen hereinlassen wollen, die als national oder ethnisch „Verwandte“ angesehen werden können, nämlich jene, die unter der Herrschaft der Verfassung stehen. Anders steht es mit der moralischen Verpflichtung auf gegenseitige Hilfe, Flüchtlinge aufzunehmen, wenn es die territorialen und ökonomischen Verhältnisse und Voraussetzungen erlauben. Die Verpflichtung endet, wo sie den Lebensstandard der Gemeinschaft zu senken droht, insbesondere den der ärmeren Schichten.537 Natürlich bleibt es Recht der Gemeinschaft, einen Strom der Zuwanderung Einhalt zu gebieten, dieses Recht ist konstituierendes Merkmal gemeinschaftlicher Selbstbestimmung. Rousseau dazu: (…) wie sollten (Menschen) das Vaterland lieben wenn es ihnen nicht mehr bedeutet als den Ausländern und wenn es ihnen nur zugesteht, was es niemand verweigern kann?538 Patriotismus definiert sich als eine Art Loyalität gegenüber einer bestimmten Nation, die nur die haben können, die diese bestimmte Nationalität besitzen.

Gegenwärtig ist allerdings eine Entwicklung erkennbar, dass die nationalen und demokratischen Gemeinschaften derartigem Entnationalisierungsdruck widerstehen. Dass die Sowjetunion und Jugoslawien nicht als Vielvölkergebilde restauriert werden, stellt anhaltend ein Problem für die Vertreter kosmopolitischen Denkens dar. Diese Betrachtungen machen deutlich, dass das revolutionäre Prinzip der Nation seit der großen Französischen Revolution immer wieder durch internationalistisches Denken von so gegensätzlichen Figuren wie Monarchen, Kommunisten und Kapitalisten, aufzuhalten gesucht wird. Wenn die Elite eines Landes keinen Patriotismus vorlebt, d.h. eine Moral der Verpflichtung und des Dienstes an der eigenen Nation, überlässt sie den anspruchsvollen Patriotismus einfacheren Kreisen, die nur noch unterscheiden, was national Mein und Dein ist. Dass also Patriotismus zum Nationalismus degeneriert, ist alles andere als ein Normalfall nationaler Gesellschaftsentwicklung. Die Wachsamkeit der Gesellschaft freier Bürger ist erforderlich, wenn dem Zerfall der Gemeinschaft entgegengetreten werden soll. Der Kommunitarismus ist in diesem Zusammenhang dann kein konservativer Traditionalismus von oben, sondern ein Konzept für den patriotischen Bürger, der sein Land vor einer moralischen Konfusion schützen will. Moralische Werte sind schnell abgeschafft, weitaus schwieriger gestaltet sich die Wiedereinführung. Der Patriotismus [sic] der hier interessant erscheint, ist nur ein Teil der kommunitaristischen Programmatik. John F. Kennedy hat ihn schon vor fünfzig Jahren ausgedrückt: „Don´t ask what your country can do for you. Ask what you can do for your country”.


537 Mayer, in: Estel/Mayer, Das Prinzip Nation in modernen Gesellschaften, Opladen 1994, S. 115.

538 Mayer, in: Estel/Mayer, Das Prinzip Nation in modernen Gesellschaften, Opladen 1994, S. 115.

Und auch in der liberalen Perspektive Walzers gilt: „Einreise- und Zuwanderungsbeschränkungen haben den Zweck, Freiheit und Wohlfahrt sowie Politik und Kultur einer Gruppe von Menschen zu bewahren, die sich einander und einem gemeinsamen Leben verpflichtet fühlen.“ Und diese Mitglieder entscheiden frei über ihre künftigen Gefährten. Kein Außenstehender habe einen Rechtsanspruch darauf, tatsächlich hineinzugelangen. Am ehesten wird man diejenigen hereinlassen wollen, die als national oder ethnisch „Verwandte“ angesehen werden können. [...] Anders steht es mit der moralischen Verpflichtung auf gegenseitige Hilfe, Flüchtlinge aufzunehmen, wenn es die territorialen und ökonomischen Verhältnisse und Voraussetzungen erlauben. Die Verpflichtung endet, wo sie den Lebensstandard der Gemeinschaft zu senken droht, insbesondere den der ärmeren Schichten (87). [...] Natürlich bleibt es das Recht der Gemeinschaft, einen Strom der Zuwanderung Einhalt zu gebieten; dieses Recht ist Konstituens gemeinschaftlicher Selbstbestimmung (92).

[Seite 123]

Walzer verweist auf einen Satz Rousseaus: „... wie sollten (Menschen) das Vaterland lieben, wenn es ihnen nicht mehr bedeutet als den Ausländern und wenn es ihnen nur zugesteht, was es niemand verweigern kann?“ (Rousseau 1977: 57).

Nach Alasdair MacIntyre (McIntyre [sic] 1993: 85) „definiert sich der Patriotismus als eine Art von Loyalität gegenüber einer bestimmten Nation, die nur die haben können, die diese bestimmte Nationalität besitzen.“

[Seite 124]

Diese Betrachtungen machen deutlich, daß das revolutionäre Prinzip (Conze 1964) der Nation seit der großen Französischen Revolution immer wieder durch internationalistisches Denken (von so gegensätzlichen Figuren wie Monarchen, Kommunisten und Kapitalisten) aufzuhalten gesucht wird.

[Seite 125]

Wenn die Elite eines Landes keinen Patriotismus vorlebt, d.h. eine Moral der Verpflichtung und des Dienstes an der eigenen Nation, überläßt sie den anspruchsvollen - wie wir sahen: projektgebundenen (Maclntyre 1993:96, vgl. auch Bendix 1982: 120 u. 132). - Patriotismus einfacheren Kreisen, die nur noch unterscheiden, was national Mein und Dein ist. Daß also Patriotismus zum Nationalismus oder gar Chauvinismus degeneriert, eine tugendhafte Einstellung krankhafte Formen annimmt, ist alles andere als ein Normalfall nationaler Gesellschaftsentwicklung. [...]

Die Wachsamkeit der Gesellschaft freier Bürger ist erforderlich, wenn dem Zerfall der Gemeinschaft entgegengetreten werden soll.

[...]

Der Kommunitarismus ist kein konservativer Traditionalismus von oben, sondern ein Konzept für den patriotischen Bürger, der sein Land vor einer moralischen Konfusion schützen will. Moralische Werte sind schnell abgeschafft, sie wieder einzuführen ist ein mühsamer Prozeß (Etzioni 1993). Der Patriotismus, der hier interessiert, ist nur ein Teil der kommunitaristischen Programmatik. John F. Kennedy hat ihn schon vor über dreißig Jahren ausgedrückt: „Ask not

[Seite 126]

what your Country can do for you. Ask what you can do for your Country.“

Anmerkungen

Die Referenzierung bleibt hinter den Möglichkeiten zurück.


[81.] Mra/Fragment 131 16

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 131, Zeilen: 16-27, 110-112
Quelle: Oberndörfer 1998
Seite(n): 3, Zeilen: l.Sp. 17 ff.
In politischen Gemeinschaften, die sich primär als „Nationen“ verstehen, haben „fremde“ kulturelle Werte und Überlieferungen keinen Platz, denn als ausreichend legitim werden nur „nationale“ Kulturgüter betrachtet. Da die Legitimität der Nation von der Reinheit ihrer kollektiven Kultur abhängt, muss sie von fremden Elementen gesäubert werden, so dass in der Ideologie kollektiver Nationalkulturen daher eine Dynamik der kulturellen Selbsthomogenisierung eingebaut ist.545 Ein klassisches Umsetzungselement dieser Homogenisierung ist die erzwungene Assimilierung oder gar die „ethnische Säuberung“.546 Für diese Form der physischen Vernichtung gibt es in der Geschichte eine Reihe von Beispielen.547

Nation steht damit für das Partikulare, mit dem sich Staaten voneinander abgrenzen. Republik steht hingegen für das weltbürgerliche Fundament des modernen Verfassungsstaates und damit auch für universal gültige Menschenrechte, die nationenübergreifend Gültigkeit beanspru-[chen.]


545 Oberndörfer, ZAR 1998, 3.

546 Eine Politik erzwungener Assimilierung wurde vom französischen Sprach- und Kulturnationalismus praktiziert. Sowohl die Sprache als auch die Überlieferungen der regionalen ethno-kulturellen Minderheiten Frankreichs wurden unterdrückt und verdrängt. Um französischer Staatsbürger zu werden, musste die französische Sprache beherrscht werden und die französische Kultur übernommen werden.

547 z.B. die Vernichtung der armenischen Minderheit in Anatolien; die Genozide und Vertreibungen von Türken und Griechen nach dem Ersten Weltkrieg; der Holocaust, der „artfremde“ Völker vernichtete; die Verfolgung und Vertreibung deutscher Minderheiten in Ost- und Südeuropa sowie die ethnischen Säuberungen in Bosnien- Herzegowina, Oberdörfer ZAR 1998, 3.

Nation steht für das Partikulare, mit dem sich Staaten voneinander abgrenzen, Republik hingegen für das weltbürgerliche Fundament des modernen Verfassungsstaates, für universal gültige Menschenrechte und für die Ableitung der Rechte der Bürger aus der Natur des Menschen. [...] In politischen Gemeinschaften, die sich primär als Nationen verstehen, haben »fremde« kulturelle Überlieferungen und Werte keinen legitimen Platz.[...]

Da die Legitimität der Nation von der Reinheit ihrer kollektiven Kultur abhängt, muß sie von fremden Elementen gesäubert werden. In der Ideologie kollektiver Nationalkulturen ist daher eine Dynamik der kulturellen Selbsthomogenisierung eingebaut. Die klassischen Instrumente dieser Homogenisierung sind die erzwungene Assimilierung oder sogar »ethnische Säuberungen«. Eine Politik erzwungener Assimilierung wurde vom französischen Sprach- und Kultumationalismus praktiziert. Die Sprachen und Überlieferungen der regionalen ethno-kulturellen Minderheiten Frankreichs wurden unterdrückt und verdrängt. [...]

Beispiele hierfür sind die Vernichtung der armenischen Minderheit in Anatolien, die Genozide und Vertreibungen von Griechen und Türken nach dem Ersten Weltkrieg, die Vernichtung »artfremder« Völker im Holocaust, die Verfolgung und Vertreibungen deutscher Minderheiten in Ost- und Südosteuropa sowie in jüngster Zeit die ethnischen Säuberungen in Bosnien-Herzegowina.4


4 Zur Mythologie des völkischen Nationalismus und seiner Verbreitung in Nord-, Mittel-, Ost-, Südosteuropa und Asien vgl. Oberndötfer, Wahn des Nationalen (Fn. 2), S. 31-47. Bei allen oben erwähnten Beispielen ethnischer Säuberungen haben die ideologischen Denkmuster der völkischen Romantik eine maßgebliche Rolle gespielt

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 545 und 547 genannt.


[82.] Mra/Fragment 133 104

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 133, Zeilen: 104-106
Quelle: Wikipedia Austromarxismus 2014
Seite(n): online, Zeilen: 0
[...]

552 Der Austromarxismus ist die von Otto Bauer nach Ende des Ersten Weltkrieges geprägte österreichische Schule des Marxismus. Im Gegensatz zu den Lehren des Marxismus machte Bauer die Initiierung der Sozialen Revolution und die Etablierung der Diktatur des Proletariats vom Erringen der absoluten Mehrheit im Rahmen der real existierenden parlamentarischen Demokratie abhängig, vgl. Albers, Otto Bauer und der „dritte“ Weg. Die Wiederentdeckung des Austromarxismus durch Linkssozialisten und Eurokommunisten, Frankfurt am Main 1979.

Der Austromarxismus war während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine österreichische Schule des Marxismus.

Begründet wurde er 1904 von Otto Bauer, dem stellvertretenden Parteivorsitzenden und führenden Theoretiker der österreichischen SDAP (wobei der Austromarxismus durch ihn weitgehend geprägt wurde), Max Adler und Rudolf Hilferding.[1] Im Gegensatz zu den Lehren des Marxismus und Leninismus machte Bauer die Initiierung der Sozialen Revolution und die Etablierung der Diktatur des Proletariats vom Erringen der absoluten Mehrheit im Rahmen der real existierenden parlamentarischen Demokratie abhängig.

Literatur:

Detlev Albers u.a. (Hg.): Otto Bauer und der „dritte“ Weg. Die Wiederentdeckung des Austromarxismus durch Linkssozialisten und Eurokommunisten. Frankfurt/M 1979.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[83.] Mra/Fragment 133 21

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 133, Zeilen: 21-33
Quelle: Hanf 1991
Seite(n): 63 f., Zeilen: 63:32 ff.; 64: 1 ff.
Dieser Gedanke wurde bereits 1866 von dem österreichischen Liberalen Adolph Fischhof umrissen, einige Jahrzehnte später, 1902 und erneut 1918, von dem sozialistischen Denker und Politiker Karl Renner im Detail entwickelt, 1923 und 1924 nochmals aufgegriffen von Otto Bauer, einem anderen führenden Austromarxisten.552 Seine ideengeschichtliche Wirkung war zunächst nur kurz. 1905 wurde es in Zürich vom russisch-jüdischen Bund und 1912 in Wien von den Menschewiken unter dem Vorsitz Trotzkis diskutiert. Es ging ein in die jüdischen Vorschläge an die Versailler Konferenz zur Neuordnung Osteuropas. Gesetzesrang erhielt es in der kurzlebigen unabhängigen Ukraine von 1918 und in der Sprachenregelung Estlands während der Zwischenkriegszeit. In den dreißiger Jahren beeinflusste es die Debatte in der zionistischen Bewegung über die Zukunft Palästinas. Danach verschwand es weitgehend aus der politischen Debatte, teils aufgrund seiner Ablehnung durch Lenin, vor allem aber wegen der neuen Staatenordnung, die aus dem Willen der siegreichen Mächte resultierte.

Erst in den jüngsten Jahren der Infragestellung des „real existierenden Sozialismus“ entdeckte [das westeuropäische Lager der Linken den Austromarxismus neu und mit ihm die Idee des Personalprinzips.]


551 Hanf, in: Fröschl/Mesner/Ra`anan, Staat und Nation in multi-ethnischen Gesellschaften, Wien 1991, S. 61.

552 Der Austromarxismus ist die von Otto Bauer nach Ende des Ersten Weltkrieges geprägte österreichische Schule des Marxismus. Im Gegensatz zu den Lehren des Marxismus machte Bauer die Initiierung der Sozialen Revolution und die Etablierung der Diktatur des Proletariats vom Erringen der absoluten Mehrheit im Rahmen der real existierenden parlamentarischen Demokratie abhängig, vgl. Albers, Otto Bauer und der „dritte“ Weg. Die Wiederentdeckung des Austromarxismus durch Linkssozialisten und Eurokommunisten, Frankfurt am Main 1979.

Es wurde bereits 1866 von dem österreichischen Liberalen Adolph Fischhof4 umrissen, einige Jahrzehnte später, 1902 und erneut 1918, ven dem sozialistischen Denker und Politiker Karl Renner5 im Detail entwickelt, 1923 und 1924 nochmals aufgegriffen von Otto Bauer6, einem anderen führenden Austromarxisten. [...]

[Seite 64]

Seine ideengeschichtliche Wirkung war zunächst nur kurz.7 1905 wurde es in Zürich vom russisch-jüdischen Bund, 1912 in Wien von den Menschewiken unter dem Vorsitz Trotzkis diskutiert. Es ging ein in die jüdischen Vorschläge an die Versailler Konferenz zur Neuordnung Osteuropas. Gesetzesrang erhielt es in der kurzlebigen unabhängigen Ukraine von 1918 und in der Sprachenregelung des Estland [sic] der Zwischenkriegszeit. In den dreißiger Jahren beeinflußte es die Debatte in der zionistischen Bewegung über die Zukunft Palästinas.8 Dann verschwand es weitgehend aus der politischen Debatte, teils aufgrund seiner Ablehnung durch Lenin9, vor allem aber wegen der neuen Staatenordnung, die aus dem Willen der siegreichen Mächte resultierte. [...]

Erst in den jüngsten Jahren der Infragestellung des „real existierenden Sozialismus“ entdeckte die westeuropäische Linke den Austromarxismus neu und mit ihm die Idee des Personalprinzips.


4 Adolph Fischhof, Österreich und die Bürgerschaften seines Bestandes, Wien 1869.

5 Vgl. Anm. 2.

6 Otto Bauer, Die österreichische Revolution, Wien 1923; ders., Die Nationalitätenfrage und die Sozialdemokratie, Wien 1924 (= Marx-Studien 2).

7 Zur Wirkungsgeschichte vgl. Heinz Kloss, Grundfragen der Ethnopolitik im 20. Jahrhundert. Die Sprachengemeinschaften zwischen Recht und Gewalt, Wien- Stuttgart 1969.

8 Vgl. Franz Ansprenger, Juden und Araber in einem Land, München-Mainz 1978, S. 46, Anm. 22.

9 Wladimir I. Lenin, Über die nationale und die koloniale nationale Frage, Ostberlin 1960, S. 118-122.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn 551 (an der Überschrift weiter oben auf der Seite) genannt.


[84.] Mra/Fragment 134 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 134, Zeilen: 1-38
Quelle: Hanf 1991
Seite(n): 64, 65, 67, Zeilen: 64: 13 ff.; 65: 2 ff.; 67: 13 ff.
[Erst in den jüngsten Jahren der Infragestellung des „real existierenden Sozialismus“ entdeckte] das westeuropäische Lager der Linken den Austromarxismus neu und mit ihm die Idee des Personalprinzips.

Das Personalitätsprinzip ist für Renner ein alternativ zum Territorialprinzip konzipierter Mechanismus der Koexistenzsicherung in Vielvölkerstaaten. Das Interesse aller Volksgruppen kann nach dieser These nur gesichert werden, wenn Nationen als Personenverbände statt als Gebietsherrschaften konstituiert werden. Solche Gruppierungen sollen nach Renner völlige Kulturautonomie genießen und in kulturellen Belangen gleichgestellt werden, d.h. vor Majorisierung der Mehrheit geschützt sein.

Vor Renner hatte bereits Adolph Fischhof diese Forderung gestellt. Er strebte ein Nationalitätengesetz an, in welchem die Gleichberechtigung der Sprachen in Schule, Kirche, Verwaltung, Justiz und Gesetzgebung so klar und unzweideutig normiert werden müsste, dass die nationalen Minderheiten vor jedem Übergriff der Majoritäten völlig geschützt werden. Um dies zu gewährleisten, sollen die gesetzgebenden Körperschaften zwar gemeinsam beraten, aber gesondert in nationalen Kurien abstimmen. Nur solche Gesetze sollen als angenommen betrachtet werden, für welche die Majorität in jeder Kurie gestimmt hat.

Dieser Vorschlag ist ein Rückgriff auf die itio in partes des Westfälischen Friedens, die von 1663 bis 1806 im immerwährenden Reichstag des Heiligen Römischen Reiches zu Regensburg mit Erfolg praktiziert wurde. Allerdings wurde nur siebzehn Mal in eineinhalb Jahrhunderten davon Gebrauch gemacht, da in der Regel bereits die schlichte Möglichkeit des Vetos zu präventiven Kompromissen führte. Die Formel des Westfälischen Friedens regelt die Koexistenz zwischen den Konfessionen. Sie bezog sich jedoch nicht nur auf den status confessionis betreffende, sondern auf alle Fragen, die eine Konfessionspartei für wichtig erachtete. Fischers Vorschlag hob auf die Koexistenzregelung zwischen sprachlich definierten Nationen ab. Er sah das Vetosystem der Kurialvoten jedoch nur in Fragen von nationalem Interesse vor, als solche bezeichnete er die Schul- und Sprachgesetzgebung.

Renner wiederum geht über das eigentliche Konzept des Vetorechtes hinaus. Er konzipierte eine Kulturautonomie in radikaler Form, aber gleichzeitig beschränkt er diese Autonomie strikt auf den, wenn auch weit definierten, Kulturbereich. Dem Staat nimmt er fast alle kulturpolitischen Zuständigkeiten. Ihm sollen nur formale und materielle Rahmenkompetenzen verbleiben.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Personalitätsprinzip nach Renners Entwurf Nationen nach dem Prinzip des freiwilligen Zusammenschlusses von Individuen ungeachtet ihres Wohnorts konstituiert, sie mit exklusiven Kompetenzen auf dem Gebiet von Bildung, Erziehung und Kultur, sowie mit eigenen legislativen, administrativen und exekutiven Institutionen für diesen Bereich ausstattet, gleichsam eine Kulturautonomie. Ziel seiner Vorschläge ist es, durch die Gewährung von Kulturautonomie die Bereiche von Sprache, Kultur und Erziehung, gleichsam die wesentlichen Streitgegenstände, zwischen den Nationen verschwinden zu lassen.

Erst in den jüngsten Jahren der Infragestellung des „real existierenden Sozialismus“ entdeckte die westeuropäische Linke den Austromarxismus neu und mit ihm die Idee des Personalprinzips.

[...]

Das Personalitätsprinzip ist für Renner ein alternativ zum Territorialprinzip konzipierter Mechanismus der Koexistenzsicherung in Vielvölkerstaaten.

[Seite 65:]

[...] Das Interesse aller Volksgruppen kann daher nur gesichert werden, wenn „Nationen als Personenverbände statt als Gebietsherrschaften“11 konstituiert werden Solchermaßen verfaßte Nationen sollen, so fordert Karl Renner, völlige Kulturautonomie genießen und in kulturellen belangen gleichgestellt das heißt vor Majorisierung gesichert sein.

Vor Renner hatte bereits Adolph Fischhof diese Forderung gestellt. Er strebte ein Nationalitätengesetz an, in welchem „die Gleichberechtigung der Sprachen [...] in Schule, Kirche, Verwaltung, Justiz und Gesetzgebung so klar und unzweideutig normiert werden müßte], daß die nationalen Minderheiten vor jedem Übergriff der Majoritäten völlig sichergestellt werden“.12 Um dies zu gewährleisten, sollen die gesetzgehenden Körperschaften zwar „gemeinsam beraten, aber gesondert in nationalen Kurien abstimmen“. Nur solche Gesetze sollen als angenommen betrachtet werden, „für welche die Majorität in jeder Kurie gestimmt hat“.13

Dieser Vorschlag ist ein Rückgriff auf die itio in partes des Westfälischen Friedens, die von 1663 bis 1806 im immerwährenden Reichstag des Heiligen Römischen Reiches zu Regensburg mit Erfolg praktiziert wurde - nämlich kaum; nur siebzehn Mal in eineinhalb Jahrhunderten wurde von ihr Gebrauch gemacht, da in der Regel bereits die schiere Möglichkeit des Vetos zu präventiven Kompromissen führte.14 Die Formel des Westfälischen Friedens regelte die Koexistenz zwischen den Konfessionen. Sie bezog sich jedoch nicht nur auf den status confessionis betreffende, sondern auf alle Fragen, die eine Konfessionspartei für wichtig erachtete. Fischhofs Vorschlag hob auf die Koexistenzregelung zwischen sprachlich definierten Nationen ab. Er sah das Vetosystem der Kurialvoten jedoch nur „in Fragen von nationalem Interesse“15 vor; als solche bezeichnete er die Schul- und Sprachgesetzgebung, aber auch, über den Kulturbereich hinausgehend, Änderungen der Verfassung und des Wahlgesetzes.

Renner geht über das Konzept des Vetorechtes hinaus. Er konzipierte eine radikale Kulturautonomie - man könnte fast von einer Kultursouveränität sprechen -, aber gleichzeitig beschränkt er diese Autonomie strikt auf den - wenn auch weit definierten - Kulturbereich. Den Staat entkleidet er fast aller kulturpolitischen Zuständigkeiten.16 Ihm sollen nur formale und materielle Rahmenkompetenzen verbleiben: [...]

[Seite 67:]

Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß das Personalitätsprinzip nach Renners Entwurf Nationen nach dem Prinzip des freiwilligen Zusammenschlusses von Individuen ungeachtet ihres Wohnorts konstituiert, sie mit exklusiven Kompetenzen auf dem Gebiet von Bildung, Erziehung und Kultur sowie mit eigenen legislativen, administrativen und exekutiven Institutionen für diesen Bereich ausstattet: ein [sic] perfekte Kulturautonomie. [...]

Ziel seiner Vorschläge ist es, durch die Gewährung von Kulturautonomie die Bereiche von Sprache, Kultur und Erziehung als Streitgegenstände zwischen den Nationen zum Verschwinden zu bringen.


11 Ebenda, S. 36.

12 Fischhof, Österreich, S. 188.

13 Ebenda, S. 189.

14 Vgl. Martin Heckel, Itio in partes. Zur Religionsverfassung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, in: ders., Gesammelte Schriften. Staat, Kirche, Recht, Geschichte, Band 2, hg. von Klaus Schlaich, Tübingen 1989, S. 636-736; ders., Parität, in: Zeitschrift für Rechtsgeschichte der Savigny Stiftung, Kanonische Abteilung, Jg. 80(1963), S. 261-420.

15 Fischhof, Österreich, S. 190.

16 Hiergegen vor allem wandte sich Lenin. Vgl. ders., Nationale und koloniale nationale Frage, S. 118ff. Lenin trat jedoch für das Recht auf Unterricht in der Muttersprache ein.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 551 auf S. 133 erwähnt.


[85.] Mra/Fragment 135 13

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 135, Zeilen: 13-38
Quelle: Lipp 1994
Seite(n): 97 f., Zeilen: 97: 24 ff.; 98: 1 ff.
Im Geflecht regionaler, nationaler und übernationaler Bezüge, wie es in Europa zu finden ist, zählt Multikulturalität heute zu den soziokulturellen Basiserfahrungen.553 Eingelagert in die Lebenswelt (ausländischer Arbeitnehmer, Minoritäten, Touristen, etc.) ist sie insoweit längst europäische Selbstverständlichkeit. Davon abgehoben kursiert Multikulturalität als abstrakte ideologische Formel, die auf Entgrenzungen aller Art abzielt. Sie vermischt die Idylle potentieller interethnischer Nachbarschaft mit dem Ernstfall weltweiter Migration, schleichender Unterschichtung und steigender sozialer Aggressivität. Dabei zeigt sich, wie vor allem das Beispiel der USA sichtbar macht, dass hinter der Idylle nicht Harmonie, sonder [sic] latente, ethnische Ressentiments oder gar die Potentiale zu einem umfassenden antiwestlichen Zivilisationskonflikt stecken. Jede nähere soziologische Analyse der Zusammenhänge wird jedoch darauf achten, monokausale Zuordnungen zu vermeiden.554 Sie wird vielmehr auf die Faktoren in Mehrebenenmodellen verknüpfen und zeigen, wie Nationen, Regionen, europäische Mechanismen wechselweise, vielschichtig und vernetzt ineinander greifen. Es ergibt sich, dass Nationalstaaten als oberstes politisches Ordnungsschema zwar ihr Monopol verlieren, als wichtige untergeordnete soziale Steuerungsinstanz, z.B. für die Pflege des kulturellen Erbes, aber erhalten bleiben. Multikulturalismus stellt demgegenüber, anders als es für Regionen gilt, weniger einen Ordnungsfaktor als einen Faktor von Irritationen dar. Sie ist „Umwelt“ gleichsam höheren Grades, erzeugt im System Turbulenzen und weist bestimmte, im Einzelnen zu ermittelnde, stabilitätskritische Grenzwerte auf. Die Entwicklungen, die im Gange sind, geben der Nation auf Dauer aber veränderten, in der Reichweite zurückgenommenen Stellenwert, und es wäre historisch wie politisch falsch, in diese Lage zurückzukehren und in Europa erneut auf die Ordnungslogik etwa der alten, politisch rechtlich ebenso exklusiven wie restriktiven, nationalstaatlichen Souveränität zurückzufallen. So sehr man inzwischen beobachten kann, dass die Idee des Nationalen heute selbst Intellektuelle bewegt, die bisher anational, wenn nicht antinational zu argumentieren pflegten, so sehr ist doch daran festzuhalten, dass die großen politischen Aufgaben der Gegenwart längst nicht mehr nur auf „Nation“ oder [„Wiederherstellung der Nation“ lauten können, sondern Europa heißen und die Schaffung einer die Nationalitäten übergreifenden, größeren „Europäischen Staatenordnung“ bedeuten.]

553 Vgl. Thym, ZAR 2006, 184 für Großbritannien; Papayannis, ZAR 2006, 399 für Griechenland.

554 Lipp, in: Estel/Mayer, Das Prinzip Nation in modernen Gesellschaften, Opladen 1994, S. 97.

Im Geflecht regionaler, nationaler und übernationaler Bezüge, wie es in Europa vorliegt, zählt „Multikulturalität“ heute zu den alltagspraktischen soziokulturellen Basiserfahrungen. Eingelagert in die Lebenswelt (ausländische Arbeitnehmer, Minoritäten, Touristen etc.), ist sie insoweit längst erprobte europäische Selbstverständlichkeit. Davon abgehoben

[Seite 98]

kursiert „Multikulturalismus“ als abstrakte ideologische Formel, die auf Entgrenzungen aller Art abzielt; sie vermischt die Idylle potentieller interethnischer Nachbarschaft mit dem Ernstfall weltweiter Migration, schleichender Unterschichtung und steigender sozialer Agressivität [sic]. Dabei zeigt sich, wie vor allem das Beispiel der USA sichtbar macht, daß hinter der Idylle nicht Harmonie, sondern latente, antiwestliche ethnische Ressentiments, besonders der Bevölkerungsanteile der Farbigen, ja die Potentiale zu einem umfassenden antiwestlichen Zivilisationskonflikt stecken.

Jede nähere soziologische Analyse der Zusammenhänge wird darauf achten, monokausale (monofinale) Zuordnungen zu vermeiden; sie wird vielmehr die Faktoren in Mehrebenenmodellen verknüpfen und zeigen, wie Nationen, Regionen, europäische Mechanismen wechselweise, vielschichtig und vernetzt ineinandergreifen. Es ergibt sich, daß Nationalstaaten als oberstes politisches Ordnungsschema zwar ihr Monopol verlieren, als wichtige untergeordnete soziale Steuerungsinstanz (z. B. für diverse sozioökonomische „Transfers“, für die Pflege des „kulturellen Erbes“, für Vorsorgen „ökologischer“ Art) aber erhalten bleiben. Multikulturalismus stellt demgegenüber - anders als es für Regionen gilt - weniger einen Ordnungsfaktor als einen Faktor von Irritationen dar; sie ist „Umwelt“ gleichsam höheren Grades, erzeugt im System Turbulenzen und weist bestimmte, im einzelnen zu ermittelnde, stabilitätskritische Grenzwerte auf.

[...] Deutschland ist in der Tat wiederhergestellt; die Entwicklungen, die im Gange sind, geben der Nation auf Dauer doch aber veränderten, in der Reichweite zurückgenommenen Stellenwert, und es wäre historisch wie politisch falsch, in dieser Lage umzukippen ins Restaurative und in Europa erneut auf die Ordnungslogik etwa der alten, politisch(rechtlich) ebenso exklusiven wie restriktiven, nationalstaatlichen Souveränitäten zurückzufallen. So sehr man inzwischen beobachten kann, daß die Idee des Nationalen heute selbst Intellektuelle bewegt, die bisher anational, wenn nicht antinational zu argumentieren pflegten - so daß Wendehalseffekte ganz besonderer Art auftreten -, so sehr ist doch daran festzuhalten, daß die großen politischen Aufgaben der Gegenwart längst nicht mehr nur auf „Nation“ - oder „Wiederherstellung der Nation“ - lauten können, sondern Europa heißen und die Schaffung einer die Nationalitäten übergreifenden, größeren „Europäischen Staatenordnung“ bedeuten.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 554 genannt. Umfang und Wörtlichkeit der Übernahme gehen daraus nicht hervor.


[86.] Mra/Fragment 138 01

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 138, Zeilen: 1-37
Quelle: Lipp 1994
Seite(n): 102, 103, 104, 105, 108, Zeilen: 102: 23 ff., 103: 1 ff., 104: 1 ff., 105: 4 ff., 108: 16 ff.
[Die Aufgabe muss vor Ort europäisch bewältigt werden und man kann ihr nicht ausweichen, indem man abstellt auf ein rein äußerliches perfektes,] multikulturell Imaginäres. Europa weist zunächst ganz bestimmte, kulturgeschichtlichgeistige Konturen auf: Freiheit, Rationalität, Selbstverwaltung und Demokratie; Individualismus und Personalität; Konkurrenz und Kritik, Reflexivität und Fähigkeit zu Renaissancen, zur Reform, zur Erneuerung.560 Soziologisch gesehen haben diese Eigenschaften das langfristige Wirken bestimmter, für Europa typischer Mechanismen der „sozialen Differenzierung“ zur Voraussetzung: so die Mechanismen der Differenzierung von weltlicher und geistlicher Macht, d.h. historisch: ursprünglich von Kaiser und Papst; Mechanismen der Differenzierung von Feudalherrschaft und genossenschaftlicher Selbstverwaltung, d.h. historisch: der Herausbildung der europäischen Stadt; und ferner die Entstehung von Märkten, Fachverwaltungen von Recht und Wissenschaft, von parlamentarischen Körperschaften. In politisch-praktischer Sicht ergibt sich heute die Alternative, ob ein vereinigtes Europa aus einem Guss, gleichsam als „Supernation“ zu bilden sei, mit gestärktem Parlament, einer Länderkammer und einer Zentralregierung bzw. dem Europäischen Rat, der vermehrte, bisher national verfasste, politische Funktionen, bis hin zur Verteidigung und Außenpolitik, an sich zieht oder ob alle entscheidenden souveränen Rechte bei den bisherigen europäischen Nationalstaaten verbleiben sollten.

Natürlich zeigt sich sofort, dass Fragen, wie sie hier angeschnitten werden, nicht rein theoretisch gelöst werden können. Problematisch zeigt sich vor allem der Umstand, dass Europa heute eine sehr komplexe Größe geworden ist. Zum EG-Europa, das Spannungen von Nord nach Süd, schon in sich aufweist, sind Mittel- und Osteuropa getreten, beide mit sehr unterschiedlichen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Potentialen, die am Ende nur abgestuft, mit sehr unterschiedlichen Integrationsgeschwindigkeiten, in ein übergreifendes System zu bringen wären. Und vielleicht wichtiger noch die Barriere, dass ein supranationales, noch zu schaffendes Europa, das zwangsläufig unter chronischer politischer Aufgabenüberlastung stehen müsste, zunehmenden Schwierigkeiten der Legitimitäts- und Konsensbeschaffung ausgesetzt wäre.

In Deutschland hat man die Erfahrung, dass man mit bislang fremden ethno-kulturellen Gruppen zusammenlebt, am Beispiel von Gastarbeitern schon mindestens seit dreißig Jahren zusammenwirtschaftet und die Erfahrung gemacht hat, dass man Millionen Fremde im Lande aufnehmen und integrieren konnte. Eine andere, nicht weniger wichtige Quelle der gegenwärtigen, längst praktizierten, realen europäischen Multikulturalität ist der Tourismus, jener auf dem Austausch von Kulturgütern, Kulturtechniken, Kultursymbolen beruhender riesiger Wirtschaftszweig, ohne den ein modernes Leben gar nicht mehr denkbar wäre; Schließlich darf auch die Verbreitung der Bildwelt des Multikulturalismus nicht verkannt werden: Die Massenmedien, besonders das Fernsehen, haben die Welt bekanntlich zum Dorf gemacht, in dem jeder alles möglichst hautnah erlebt und sie haben auch auf diese Weise dazu beigetragen, obsolete provinzialistische oder nationalistische Handlungsschemata aufzulösen.


560 Vgl. auch Kluth, ZAR 2007, 20.

[Seite 102]

These 8

Zur ersten Frage: Was ist Europa? Europa weist zunächst ganz bestimmte, kulturgeschichtlich-geistige Konturen auf, und ich nenne nur die Stichworte dazu (vgl. a. Lipp, 1991): Freiheit; Rationalität; Genossenschaftlichkeit, Selbstverwaltung und Demokratie; Individualismus und Personalität; Konkurrenz und Kritik; Reflexivität und Fähigkeit zu Renaissancen, zur Reform, zur Erneuerung (vgl. a. Morin, 1988).

Soziologisch gesehen haben diese Eigenschaften das langfristige Wirken bestimmter, für Europa typischer, Mechanismen der „sozialen Differenzierung“ zur Voraussetzung: so die Mechanismen der Differenzierung von weltlicher und geistlicher Macht, d.h. historisch: ursprünglich von Kaiser und Papst; Mechanismen der Differenzierung von Feudalherrschaft und genossenschaftlicher Selbstverwaltung, d.h. historisch: der Herausbildung der europäischen „Stadt“; und ferner die Entstehung von Märkten, Fachverwaltungen, von Recht und Wissenschaft, von parlamentarischen Körperschaften.

[Seite 103]

These 9

Politisch-praktisch ergibt sich heute die Alternative, ob a) ein vereinigtes Europa aus einem Guß, gleichsam als „Supernation“, zu bilden sei, mit gestärktem Parlament, einer Länderkammer und einer Zentralregierung bzw. dem Europäischen Rat, der vermehrte, bisher national verfaßte, politische Funktionen, bis hin zur Verteidigung und Außenpolitik, an sich zieht (vgl. zu dieser Option bes. Weidenfeld, 1991), oder ob b) alle entscheidenden souveränen Rechte bei den bisherigen europäischen Nationalstaaten verbleiben sollen.

[...]

Natürlich zeigt sich sofort, daß Fragen, wie sie hier aufgeworfen werden, weder nur am grünen Tisch noch im Sinne von Optionen entschieden werden können, die sich auf vorgefaßte abstrakte Werteskalen - eine bestkonzipierte europäische Utopie, ein Modelleuropa - beziehen. Mindestens zwei - konkret limitierende - Bedingungen, wie die gegenwärtige politische Praxis sie vorgibt, laufen dem entgegen:

Erstens der Umstand, daß Europa heute eine sehr komplexe, soziopolitisch vibrierende, planerisch teilweise ungreifbare Größe geworden ist: Zum EG-Europa - das Spannungen, z.B. von Nord nach Süd, schon in sich aufweist - sind Mittel- und Osteuropa getreten, beide mit sehr unterschiedlichen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Potentialen, die am Ende nur abgestuft, mit sehr unterschiedlichen Integrationsgeschwindigkeiten, in ein übergreifendes System zu bringen wären (vgl. f.a. Bodzenta, 1990, mit weiteren Literaturhinweisen); und zweitens, und vielleicht wichtiger noch, die Barriere, daß ein supranatio-

[Seite 104]

nales, noch zu schaffendes Europa, das zwangsläufig unter chronischer politischer Aufgabenüberlastung stehen müßte, zunehmenden Schwierigkeiten der Legitimitäts- und Konsensbeschaffung ausgesetzt wäre.

[Seite 105]

These 11

[...] In Deutschland etwa hat man die Erfahrung, daß man mit bislang fremden ethnokulturellen Gruppen zusammenleben, zusammenwirtschaften, „zusammenkommen“ kann, am Beispiel von „Gastarbeitern“ wie Italienern, Griechen, Türken mindestens seit dreißig Jahren gemacht, und die Erfahrung, daß man elf Millionen „Fremde“ - ich meine jene Heere von Flüchtlingen und Vertriebenen, die sogenannten Volksdeutschen - im Lande aufnehmen und „integrieren“ konnte (vgl. f.a. Frantzioch, 1987, mit ausführlicher „kommentierter Bibliographie“, S. 279-411), reicht noch weiter zurück. Eine andere, nicht weniger wichtige Quelle der gegenwärtigen, längst praktizierten, realen europäischen Multikulturalität ist der Tourismus, jener auf dem Austausch von Kulturgütern, Kulturtechniken, Kultursymbolen beruhende riesige Wirtschaftszweig, ohne den modernes Leben gar nicht mehr denkbar wäre; [...] als dritte Quelle schließlich, die Multikulturalität trägt und zumindest indirekt stets präsent hält, nenne ich die Bildwelt, die Programmschemata, die Deutungsangebote der Massenmedien, besonders des Fernsehens; sie haben die Welt bekanntlich zum Dorf gemacht, in dem jeder alles möglichst hautnah erlebt, und auf ihre Weise dazu beigetragen, obsolete provinzialistische oder nationalistische Handlungsschemata aufzulösen.

[Seite 108]

Sie muß vor Ort, europäisch, bewältigt werden, und man kann ihr nicht ausweichen, indem man abspringt ins bloß Allgemeine, Globale, ein schillerndes, multikulturell Imaginäres.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[87.] Mra/Fragment 140 15

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 140, Zeilen: 15-20, 24-39
Quelle: Lipp 1994
Seite(n): 105, 106, Zeilen: 105: 31 ff., 106: 1 ff.
Von der real praktizierten, gegenwärtigen europäischen Multikulturalität zu unterscheiden ist dabei das ebenfalls aus den USA stammende, überzogene ideologische Postulat des Multikulturalismus. Es fordert die verschiedensten, in einem gegebenen soziokulturellen Raum, einem Territorium anzutreffenden und aufeinander treffenden ethno-kulturellen (sprachlichen, auch religiösen) Gruppen maßstabslos, ohne Ausrichtung an einem größeren, übergeordneten kulturellen Ganzen, „gleichgültig“ einander gleichzustellen. [...]

Gegen die (langfristige) Tragfähigkeit solcher Modelle spricht zunächst die drastische historische Erfahrung, dass multikulturelle Systeme wie Österreich-Ungarn, Südafrika, der Balkan oder der Nahe Osten oder auch ganz aktuell der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland, politisch bisher gescheitert sind, unabhängig davon, welche Mittel sie einsetzten. Gegen die Machbarkeit praktikabler multikultureller Lösungen spricht aber auch die vorsichtige Prognose, dass Multikulturalismus, der über Asylanten- und Migrationsströme aller Art gleichsam heute frei Haus geliefert wird, mittelfristig zu neuer sozialer Armut zu Unterschichtungen und neuen Klassengegensätzen, also zu drohenden sozialen Konflikten und hohen Stabilitätsrisiken führen könnte. Im Maße, in dem die Systeme sich ethnisch aufkörnen, wachsen die zentripetalen Kräfte und sie gehen einher mit steigender, quer über die Gruppen laufender sozialer Aggressivität. Dies gilt dokumentiert z.B. für Paris: Die Vorstädte von Paris, Lyon und Marseille erlebten in den letzten Jahren Revolten, die sich von den Rassenunruhen in den Vereinigten Staaten nur wenig unterschieden. Die Polizei meidet bestimmte Stadtteile der „Banlieue“. Die Einheimischen ziehen aus den verrufenen „Cités“ aus, die Immigrés und ihre Nachkommen bleiben unter sich. Wie die Großfamilie bietet ihnen die Volksgruppe Rückhalt, schränkt zu-[gleich aber auch die Entscheidungsfreiheit und den Aufstieg des Einzelnen ein.]

[Seite 105]

These 12

Von der real praktizierten, gegenwärtigen europäischen Multikulturalität zu unterscheiden ist das aus den USA stammende, überzogene ideologische Postulat des „Multikulturalismus“; es fordert, die verschiedensten, in einem gegebenen soziokulturellen Raum - einem Territorium - anzutreffenden und aufeinandertreffenden ethnokulturellen (sprachlichen, auch religiösen) Gruppen maßstabslos, ohne Ausrichtung an einem größeren, übergeordneten kulturellen Ganzen, „gleichgültig“ einander gleichzustellen (vgl. f.a. Radtke, 1991). Gegen die Tragfähigkeit solcher Modelle spricht zunächst die drastische historische Erfahrung, daß multikulturelle - oder doch potentiell multikulturelle - Systeme wie Österreich-Ungarn (sc. die frühere „Donaumonarchie)“, Südafrika, der Balkan oder der Nahe Osten, welche Mittel sie auch einsetzten, politisch bisher gescheitert sind; ihre Lösungen blieben allenfalls labil. Gegen die Machbarkeit praktikabler

[Seite 106]

multikultureller Lösungen spricht aber auch die vorsichtige sozialwissenschaftliche Prognose, daß Multikulturalismus - der über Asylanten- und Migrationsströme aller Art (dazu z. B. Bade, 1994a) gleichsam heute frei Haus geliefert, ja akademisch noch „herbeimanifestiert“ wird (vgl. Bade, 1994b) - mittelfristig zu „neuer sozialer Armut“, zu „Unterschichtungen“ und neuen „Klassengegensätzen“, also zu drohenden sozialen Konflikten und hohen Stabilitätsrisiken führen müsse (vgl. z.B. Hoffmann-Nowotny, 1975, 1993; Schmid, 1989).

[...]

Im Maße, in dem die Systeme sich ethnisch aufkörnen, wachsen die zentripetalen Kräfte, und sie gehen einher mit steigender, quer über die Gruppen laufender sozialer Aggressivität. „Die Vorstädte von Paris, Lyon und Marseille erlebten in den letzten Jahren Revolten, die sich von den Rassenunruhen in ... den Vereinigten Staaten nur wenig unterschieden. Die Polizei meidet bestimmte Stadtteile der ,Banlieue‘. Die Einheimischen ziehen aus den verrufenen ,Cités‘ aus, die Immigrés und ihre Nachkommen bleiben unter sich. Wie die Großfamilie bietet (ihnen) die Volksgruppe ... Rückhalt, schränkt aber auch die Entscheidungsfreiheit und den Aufstieg des einzelnen ein. [...]“

Anmerkungen

Wird fortgesetzt in Mra/Fragment_141_01.


[88.] Mra/Fragment 141 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 141, Zeilen: 1-33
Quelle: Lipp 1994
Seite(n): 106, 107, 108, Zeilen: 106: 23 ff., 107: 1, 108: 20 ff.
[Wie die Großfamilie bietet ihnen die Volksgruppe Rückhalt, schränkt zu-]gleich aber auch die Entscheidungsfreiheit und den Aufstieg des Einzelnen ein. Zwei Entwicklungen tragen zur Abschließung bei: der militante Islam, aus dem junge Nordafrikaner der zweiten Generation ein neuartiges Selbstbewusstsein ziehen und die Polygamie unter den schwarzafrikanischen Einwanderern.568 Die Lage nimmt vorzivilisatorische, ja vielleicht stammeskulturelle Züge an.

Zieht man nun ein Resümee, so lässt sich für den Multikulturalismus auch theoretisch, ordnungs- und institutionentheoretisch, kaum ein Argument finden, das Praktikabilität suggerierte. Mit dem formalen Appell an die Menschenrechte allein und der Geste der Menschheitsverbrüderung lässt sich den Problemen, die nicht nur eine moralische, sondern auch eine sozialökonomische Seite haben, die für Mensch und Gesellschaft mit gravierenden Zwängen, Friktionen und Belastungen verbunden ist, jedenfalls nicht beikommen. Auch der eilfertige Vorwurf, wer Einwanderung in Frage stelle und Fremde nicht herzlichst begrüße, sei „Rechtsextremer“ kann zur Diskussion nichts beitragen. Kriminalität, Gewaltausbrüche und jener vielfach drohender mafiöse Bandenkampf, der mit Ethno-Ghetto-Konglomeration einhergeht, werden auf diese Weise nicht verhindert, sondern eher verstärkt.

Multikulturalismus unter ideologischem Aspekt stellt übrigens nichts anderes dar, als eine kaum verhüllte, agitatorisch-aggressive kulturpolitische Streitformel: „Kulturen aller Länder vereinigt euch gegen die Einheit.“569 Dies würde eine Art Klassenkampf bedeuten und hinterlässt den Eindruck eines Weltbürgerkrieges. Multikulturalismus, wie er sich dort heute entwickelt hat, ist nicht schlicht Pluralismus, er gleicht ihm allenfalls äußerlich. Bleibt Pluralismus an Einheit, übergeordneter kultureller Einheit, werthaft grundsätzlich ausgerichtet, zieht Multikulturalismus demgegenüber gegen Einheit zu Felde und bricht den kulturellen Konsens. Zumindest für die Vereinigten Staaten, die Vielfalt von Anfang an begrüßten und als Basiswert nicht nur ihrer Kultur, sondern von Demokratie und als Ausdruck von Freiheit verstanden, ist inzwischen offensichtlich geworden, dass Multikulturalismus weniger das Neben- und Miteinander, als das Gegeneinander der Kulturen bewirkt. In Absage an die alte liberale Hoffnung, die Neue Welt fungiere als „Schmelztiegel“, sog. melting-pot, der quer durch die Einwandererkulturen hindurch eine niveauvolle, fortschrittlichere, einheitliche westliche Kultur vermittele, betreibt der gegenwärtige amerikanische Multikulturalismus den Aufstand gegen den Westen, die Demontage der klassischen kulturellen Herkunft von Europa, die Trockenlegung traditioneller okzidentaler Bildungswerte, Verhaltensstile und Rationalitätskriterien. Namhafte amerikanische Intellektuelle haben den Zusammenhang inzwischen registriert und sie reagieren bestürzt darauf.570


568 Lipp, in: Estel/Mayer, Das Prinzip Nation in modernen Gesellschaften, Opladen 1994, S. 95.

569 Lipp, in: Estel/Mayer, Das Prinzip Nation in modernen Gesellschaften, Opladen 1994, S. 95.

570 Lipp, in: Estel/Mayer, Das Prinzip Nation in modernen Gesellschaften, Opladen 1994, S. 95.

[Seite 106]

„[...] Wie die Großfamilie bietet (ihnen) die Volksgruppe ... Rückhalt, schränkt aber auch die Entscheidungsfreiheit und den Aufstieg des einzelnen ein. Zwei Entwicklungen der letzten Jahre tragen zur Abschließung bei: der militante Islam, aus dem junge Nordafrikaner der zweiten Generation ein neuartiges Selbstbewußtsein ziehen, und die Polygamie unter den (schwarz) afrikanischen (Einwanderern)“ (von Münchhausen, 1994). Die Lage nimmt vorzivilisatorische, ja vielleicht stammeskulturelle Züge an.

Nimmt man die Anzeichen zusammen, läßt sich für Multikulturalismus auch theoretisch - ordnungs- und institutionentheoretisch - kaum ein Argument finden, das Praktikabilität suggerierte. Mit „Lichterketten“ allein, dem Appell an „Menschenrechte“ und der Geste der Menschheitsverbrüderung läßt sich den Problemen - die nicht nur eine weltumschließende moralisch-moralistische, sondern eine knappheitsdiktierte (sozial)ökonomische Seite haben, die für Mensch und Gesellschaft mit gravierenden Zwängen, Friktionen und Belastungen verbunden ist - jedenfalls nicht beikommen. Auch der eilfertige - und um so verantwortungslosere - Vorwurf, wer Einwanderung in Frage stelle und „Fremde“ nicht liebend umarme, sei „Rechtsextremer“ u.d.h., im fanatisierten rhetorischen Keulenschlag, nackter „Rassist“ (vgl. nur Bielefeld, 1991), wird hier nicht weiterführen. Kriminalität, Gewaltausbrüche und jener vielfach drohende mafiose Bandenkampf, der mit Ethno-Ghetto-Konglomeraten einhergeht (vgl. z. B. Heitmeyer, 1994), werden durch aufputschende ideologische Drogen dieser Art, so modisch sie geworden sind, nicht verhindert, sondern

[Seite 107]

verstärkt; [...]

[Seite 108]

These 15

Anzumerken an dieser Stelle ist im übrigen, daß Multikulturalismus, ideologisch ins Prinzipielle gewendet, nichts anderes darstellt als eine kaum verhüllte, agitatorisch-aggressive kulturpolitische Streitformel. „Kulturen aller Länder vereinigt euch“, hieße diese Formel dann im Klartext: „vereinigt euch gegen die Einheit“, und sie röche nicht nur scharf nach Klassenkampf, sondern hinterließe den Geschmack des „Weltbürgerkriegs“ (Kesting, 1959). Multikulturalismus, wie er sich heute entwickelt hat, ist nicht „Pluralismus“; er gleicht ihm allenfalls äußerlich. Bleibt Pluralismus an Einheit - übergeordneter kultureller Einheit - werthaft grundsätzlich ausgerichtet, zieht Multikulturalismus gegen Einheit zu Felde; er „bricht den kulturellen Konsens“ (vgl. f.a. Feuer, 1991). Zumindest für die Vereinigten Staaten, die Vielfalt von Anfang an bejahten und als Grundlage nicht nur ihrer Kultur, sondern von Demokratie und als Ausdruck von Freiheit verstanden, ist inzwischen evident, daß Multikulturalismus weniger das Neben- und Miteinander als das Gegeneinander der Kulturen propagiert: In Absage an die alte liberale Hoffnung, die Neue Welt fungiere als „Schmelztiegel“ (vgl. dazu Glazer/Moynihan, 1964), der quer durch die Einwandererkulturen hindurch eine niveauvollere, fortschrittlichere, einheitliche „westliche Kultur“ vermitteln werde, betreibt der gegenwärtige amerikanische Multikulturalismus den Aufstand gegen den Westen, die Demontage der klassischen kulturellen Herkunft von Europa, die Trockenlegung traditioneller okzidentaler Bildungswerte, Verhaltensstile und Rationalitätskriterien. Namhafte amerikanische Intellektuelle haben den Zusammenhang inzwischen registriert (vgl. neben Feuer, 1991, auch Horowitz, 1991; ferner z.B. Schlesinger, 1991), und sie reagieren bestürzt darüber.

Anmerkungen

Die Quelle ist dreimal genannt, doch bleibt die weitgehende Wörtlichkeit der Übernahme ungekennzeichnet.

Der Text aus von Münchhausen (1994) am Anfang ist anders als in der Quelle nicht mehr als Zitat erkennbar.


[89.] Mra/Fragment 149 10

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 149, Zeilen: 10-19
Quelle: Bade 2008
Seite(n): 396, Zeilen: online
Die weltweite Entwicklung von Wirtschaft, Bevölkerung und Wanderung steht im Zeichen tiefgreifender Veränderungen: Ökonomische Entwicklungsspannungen und Spannungen zwischen demographischer Alterung und Schrumpfung in hoch entwickelten Regionen einerseits und einem explosiven Wachstum von demographisch jungen Bevölkerungen in minder entwickelten Regionen andererseits. Abgesehen von Flucht- und Wohlstandswanderungen sind dies die wichtigsten materiellen Bestimmungsfaktoren des internationalen Wanderungsgeschehens. Das Ergebnis ist ein scheinbar unkalkulierbar zunehmender Migrationsdruck auf hoch entwickelte Regionen, zu denen auch Europa zählt.603 Neben dem Wanderungsbewegungsproblem gibt es auch nicht immer realitätsbezogene Projektionen von ökonomischer, sozialer und kultureller Angst in weiten Teilen der europäischen Öffentlichkeit.

603 So Bade, ZAR 2008, 396.

Die weltweite Entwicklung von Wirtschaft, Bevölkerung und Wanderung steht im Zeichen tief greifender Veränderungen: Im Zentrum stehen zunehmende demo-ökonomische Rangspannungen: ökonomische Entwicklungsspannungen und Spannungen zwischen demographischer Alterung und Schrumpfung in hoch entwickelten Regionen einerseits und einem explosiven Wachstum von demographisch jungen Bevölkerungen in minder entwickelten Regionen andererseits. Das sind – von Flucht- bzw. Zwangswanderungen, Karriere- oder Wohlstandswanderungen abgesehen – die wichtigsten materiellen Bestimmungsfaktoren des internationalen Wanderungsgeschehens. [...]

Das Ergebnis ist ein scheinbar unkalkulierbar zunehmender Migrationsdruck auf hoch entwickelte Regionen, zu denen auch Europa zählt. [...] Zum Problem gehören aber nicht nur die Wanderungsbewegungen als solche, sondern auch darauf gerichtete, nicht immer realitätsbezogene Projektionen von ökonomischer, sozialer und kultureller Angst in weiten Bereichen der europäischen Öffentlichkeit.

Anmerkungen

Die Quelle in in Fn. 603 genannt, doch dürfte ein Leser aufgrund der dortigen Angabe "So Bade" eher eine inhaltliche Übereinstimmung mit der Quelle erwarten - und nicht eine tatsächlich größtenteils wörtliche Abschrift daraus.


[90.] Mra/Fragment 149 28

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 149, Zeilen: 28-31
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 229, Zeilen: 14 ff.
Individuelle Menschenrechte, zunächst in Europa entstanden, haben ihre Wurzeln in der westlich-liberalen Tradition und sind seitdem universalisiert worden. Sie können weder auf den Westen eingegrenzt werden, noch von einer liberalen Tradition exklusiv beansprucht werden. Menschrechte [sic] als individuelle Autonomie- und Gleichheitsrechte, die von der Gesellschaft [mittels der Beschränkung des staatlichen Handlungsbereiches institutionell geschützt werden müssen, können durch nicht-westliche Auffassungen von Menschenwürde bereichert werden, die im Westen vielleicht manchmal fehlen.] Individuelle Menschenrechte, zunächst in Europa entstanden, haben zwar ihre Wurzeln in der westlich-liberalen Tradition25, sind aber seitdem universalisiert worden. Sie können weder auf den Westen eingegrenzt, noch von einer liberalen Tradition exklusiv beansprucht werden. Menschenrechte als individuelle Autonomie- und Gleichheitsrechte, die von der Gesellschaft mittels der Beschränkung des staatlichen Handlungsbereiches institutionell geschützt werden müssen, können durch nicht-westliche Auffassungen von Menschenwürde bereichert werden, die im Westen vielleicht manchmal fehlen.

25 Michel Lacey/Knud Haakonssen (Hg.), A Culture of Rights, Cambridge 1992.

Anmerkungen

In Fn. 606 auf S. 151 findet sich ein Verweis auf S. 257 der Quelle.


[91.] Mra/Fragment 150 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 150, Zeilen: 1-14, 16-32, 35-44
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 226, 229, 235-238 256, Zeilen: 226: 15 ff.; 229: 28 ff.; 235: 22 ff.; 237: 12 ff.; 238: 1 ff.; 256: 8 ff.
[Menschrechte [sic] als individuelle Autonomie- und Gleichheitsrechte, die von der Gesellschaft] mittels der Beschränkung des staatlichen Handlungsbereiches institutionell geschützt werden müssen, können durch nicht-westliche Auffassungen von Menschenwürde bereichert werden, die im Westen vielleicht manchmal fehlen. Sie können auch um ökonomische und soziale Rechte erweitert werden. Individuelle Menschenrechte, wie z.B. das Recht auf körperliche Unversehrtheit des Individuums, sind natürlich vorgegeben, auch wenn sie von Diktatoren verletzt werden. Es ist richtig, dass diese ursprünglich liberalen Werte nicht mehr länger auf die politische Tradition des europäischen Liberalismus beschränkt werden können. Abstrakter Individualismus, rein politische Rechte ohne soziale Gerechtigkeit und ein formalpartizipatorisches Politikverständnis sind durchaus Fehlentwicklungen der liberalen Theorie. In unserer Zeit werden diese liberalen Defizite im Rahmen einer Neubewertung des zeitgenössischen Liberalismus daher diskutiert. Dennoch können wir nicht übersehen, dass unser modernes Menschenrechtsverständnis auf der Globalisierung europäischer Errungenschaften, vor allem auch der Demokratie, basiert. Die ursprünglich liberalen Werte bestimmen unser Verständnis von Demokratie. Vertreter des anti-westlichen Denkens qualifizieren die westliche Demokratie schlichtweg ab, um von der politischen Willkürherrschaft in ihren eigenen Ländern abzulenken. Eine innovative Einbindung der ursprünglich europäischen Tradition der Menschenrechte in nicht-westliche lokale Kulturen erscheint erforderlich. Diese kulturelle Synthese beinhaltet die Artikulation der angesprochenen Rechte durch lokal-kulturelle, vermittelnde Elemente, ohne das fundamentale und globale Anliegen zu vernachlässigen; die Freiheit des Individuums als ein freies Subjekt. Eine kulturelle Aneignung der Menschenrechte durch Nicht-Europäer vormoderner Kulturen bleibt fraglich, wenn dabei die individuellen Freiheiten außer Acht bleiben. Darüber hinaus müsste ein internationaler, d.h. kulturübergreifender Standard der Menschenrechte auf einer globalen Ebene verbindlich etabliert werden. Unsere Aufgabe müsste es sein, die entsprechenden lokal-kulturellen Werte mit der Universalität der Menschenrechte in einer Situation zu vereinbaren, in welcher es an einer „universellen“ Moralität fehlt. Der globale Werte-Konsens kann dieses Fehlen kompensieren und die Grundlage für eine internationale Moralität schaffen. Auf den Islam bezogen bedeutet der skizzierte Bezugsrahmen, dass nicht ein Auferlegen der Menschenrechte, sondern eine kulturelle Synthese anzustreben ist. Die Durchführbarkeit und Entfaltung einer auf der angestrebten Synthese basierenden islamischen Menschenrechtstradition erfordert die Einbettung des islamischen Weltbildes in einen universellen, pluralistisch-kulturellen Menschenrechtskonsens. Nur dieser kann die Geltung dieser Rechte im Islam gewährleisten. Demokratische Strukturen sollten als institutionelle Rahmenbedingung, die sich für Menschenrechte entfaltet, ebenfalls vorhanden sein.

Der nächste Schritt wäre die Frage nach der realen Verwirklichung dieser Ideen und dem institutionellen Rahmen für ihre Durchsetzung, der die materielle Existenz von Menschenrechten gewährleistet. Von einem historischen Blickwinkel aus können wir argumentieren, dass nur die legale Herrschaft wirklich einen institutionellen Rahmen zum Schutz der Menschenrechte bietet. In einem freiheitlichen System ist die politische Herrschaft in einem zeitlich begrenzten Amt verkörpert und durch rechtlich-rationale, von Institutionen kontrollierte Bindung der zeitlich limitierten Herrschaft an ebenso institutionell gültige Normen definiert. Ein nur einer Person verliehenes Amt kann ihr institutionell wieder aberkannt werden, wenn der Amtsinhaber die festgesetzten Regeln des Amtes nicht befolgt: eine Unumkehrbarkeit dieser Entscheidung gibt es im Islam jedoch nicht. Ein ausdifferenziertes institutionelles System, in [dem eine nach dem Prinzip der Gewaltenteilung unabhängige und autonome Richterschaft eine zentrale Rolle spielt, ist der Hüter der legalen Herrschaft.]

Ich definiere die Menschenrechte als individuelle Autonomie- und Gleichheitsrechte, die von der Gesellschaft mittels der Beschränkung des staatlichen Handlungsbereiches institutionell geschützt werden müssen, können durch nicht-westliche Auffassungen von Menschenwürde bereichert werden, die im Westen vielleicht manchmal fehlen. Sie können auch um ökonomische und soziale Rechte erweitert werden.

[Seite 229]

Individuelle Menschenrechte, wie z.B. das Recht auf körperliche Unversehrtheit des Individuums, sind natürlich vorgegeben, auch wenn sie von Diktatoren verletzt werden.

[Seite 235]

Es ist richtig, daß diese ursprünglich liberalen Werte nicht mehr länger auf die politische Tradition des europäischen Liberalismus beschränkt werden können. Abstrakter Individualismus, rein politische Rechte ohne soziale Gerechtigkeit und ein formal-partizipatorisches Politikverständnis sind durchaus Fehlentwicklungen der liberalen Theorie. In unserer Zeit werden diese liberalen Defizite im Rahmen einer Neubewertung des zeitgenössischen Liberalismus von vielen Publizisten und Wissenschaftlern diskutiert. Dennoch können wir nicht übersehen, daß unser modernes Menschenrechtsverständnis auf der Globalisierung europäischer Errungenschaften - vor allem der Demokratie - basiert. Die ursprünglich liberalen Werte bestimmen unser Verständnis von Demokratie.

[Seite 237]

Darunter verstehe ich die innovative Einbindung der ursprünglich europäischen Tradition der Menschenrechte in nicht-westliche lokale Kulturen. Diese kulturelle Synthese beinhaltet die Artikulation der angesprochenen Rechte durch lokal-kulturelle, vermittelnde Elemente, ohne das fundamentale und globale Anliegen zu vernachlässigen: die Freiheit des Individuums als ein freies Subjekt. Eine kulturelle Aneignung der Menschenrechte durch Nicht-Europäer vormoderner Kulturen bleibt fraglich, wenn dabei die individuellen Freiheiten außer acht bleiben.

[Seite 238]

Darüber hinaus müßte ein internationaler, d.h. kulturübergreifender Standard der Menschenrechte auf einer globalen Ebene konsensuell etabliert werden. Unsere Aufgabe müßte es sein, die entsprechenden lokalkulturellen Werte mit der Universalität der Menschenrechte in einer Situation zu vereinbaren, in welcher es an einer »universellen Moralität« fehlt. Der globale Werte-Konsens kann dieses Fehlen kompensieren und die Grundlage für eine internationale Moralität schaffen.

Auf den Islam übertragen bedeutet der skizzierte Bezugsrahmen, daß nicht ein Auferlegen der Menschenrechte, sondern eine kulturelle Synthese anzustreben ist. Die Durchführbarkeit und Entfaltung einer auf der angestrebten Synthese basierenden islamischen Menschenrechtstradition erfordert die Einbettung des islamischen Weltbildes in einen universellen, pluralistisch-kulturellen Menschenrechtskonsens. Nur dieser kann die Geltung dieser Rechte im Islam gewährleisten.

[Seite 256]

Der nächste Schritt wäre, die Frage nach der realen Verwirklichung dieser Ideen und dem institutionellen Rahmen für ihre Durchsetzung, der die materielle Existenz von Menschenrechten gewährleistet, zu stellen. [...] Von einem historischen Blickwinkel aus können wir dann argumentieren, daß nur die legale Herrschaft wirklich einen institutionellen Rahmen zum Schutz der Menschenrechte bietet.

In einem die Bezeichnung »legal« verdienenden politischen System ist politische Herrschaft in einem zeitlich begrenzten Amt verkörpert und - als überaus wichtiges Kriterium - durch rechtlich-rationale, von Institutionen kontrollierte Bindung der zeitlich limitierten Herrschaft an ebenso institutionell gültige Normen definiert. Ein einer Person verliehenes Amt kann ihr institutionell wieder aberkannt werden, wenn der Amtsinhaber die festgesetzten Regeln des Amtes nicht befolgt; eine Amtsenthebung gibt es im Islam jedoch nicht. Ein ausdifferenziertes institutionelles System, in dem eine nach dem Prinzip der Gewaltenteilung unabhängige und autonome Richterschaft eine zentrale Rolle spielt, ist der Hüter jeder legalen Herrschaft.

Anmerkungen

Nur zwei Sätze finden sich nicht wörtlich in der Quelle (und werden bei der Zeilenzählung nicht berücksichtigt).


[92.] Mra/Fragment 151 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 151, Zeilen: 1 ff. (komplett)
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 256, 257, 286, 298, Zeilen: 256: 27 ff.; 257: 3 ff.; 286: 11 ff.; 287: 4 ff.; 298: 9 ff.: 299: 1 ff.
[Ein ausdifferenziertes institutionelles System, in] dem eine nach dem Prinzip der Gewaltenteilung unabhängige und autonome Richterschaft eine zentrale Rolle spielt, ist der Hüter der legalen Herrschaft. Es reicht eben nicht aus, auf die Frömmigkeit der Herrscher oder auf ihr subjektives religiöses Pflichtgefühl, so wie dies im Islam vertreten ist, zu vertrauen. Vielmehr ist eine institutionell kontrollierbare Unterordnung unter das Recht das Rückgrat jeder legalen Herrschaft. Dies ist eine säkulare, d.h. weltlich zu regelnde, und keine göttliche Angelegenheit, die zwischen dem Herrscher und Gott unter Ausschluss des Volkes zu entscheiden wäre. Im klassischen Islam wurde die Vorschrift entwickelt, dass politische Herrscher, vermögen sich auch noch so ungerecht sein, nur Gott gegenüber verantwortlich seien.606 Und auch aktuell gibt es nur wenig Entwicklung. In der „Islamischen Deklaration der Menschenrechte“ kann man lesen607, dass politische Herrschaft ein Amt sei, das Gott, also nicht das Volk, verleiht. Gott hat das islamische Recht, die Scharia, verkündet, um die Beziehungen zwischen Herrscher und Beherrschten zu regulieren. Im Bewusstsein dieser Aussage schreiben die Verfasser der islamischen Deklaration dem Islam den Charakter einer legalen Herrschaft zu. Für sie ist die Scharia nicht nur islamisches Recht, sondern Recht im Allgemeinen, d.h. für die gesamte Menschheit bestimmt.608 Legale Herrschaft basiert auf modernem Recht, welches legislativ ist. Die Scharia ist jedoch ein interpretatives Recht, das auf der Erforschung des göttlichen Willens, wie er im Koran geoffenbart worden ist, basiert. Es geht also um göttliche Gebote als ethische und moralische Richtlinien für das Leben der Menschen, nicht aber um Rechte als materielle Regeln für Institutionen. Ob Europa den Islam auf seinem Territorium tolerieren kann, ist mit der Frage verbunden, ob Muslime individuelle europäische Bürger werden oder ethnisch-religiöse Kollektive bilden. Es ist zu befürchten, dass sich muslimische Migranten in England, Frankreich und Deutschland sich in Zukunft defensiv als ethnische Wir-Großgruppen formieren werden, sollte den Abschottungstendenzen nicht entgegengewirkt werden. Dies ist eine große Gefahr, die einem ethnisch-religiösen Konfliktszenario in Europa zugrunde liegt: Islamische Fundamentalisten lehnen die Einstufung der Muslime als individuelle Bürger ab, weil sie die islamische Gemeinde vorzugsweise als den verlängerten Arm der Welt des Islam sehen möchten. „Euro- Islam“ wäre genau das Gegenprogramm zu einer solchen fundamentalistischen Strategie, weil es Muslime anerkennt und nicht dem religiös-ethnischen Kollektiv einverleibt. Wenn man ohne Doppeldeutigkeiten und multikulturelles Zögern darauf besteht, die kulturelle Moderne, also Demokratie, Pluralismus und individuelle Menschenrechte, als Identitätsbasis der Zivilisationen Europas zu bewahren, dann muss man politisch-kulturelle Forderungen an Migranten aus vormodernen Kulturen stellen. Für einen Muslim aus dem Orient, der durch einen Wahlakt europäischer Bürger geworden ist und somit beiden Zivilisationskreisen angehört, ist daher die Erfüllung solcher Forderungen im Rahmen der Überwindung der Spannung zwischen Islam und kultureller Moderne, zunächst auf dem europäischen Kontinent selbst, zentral. Die Muslime können im freiheitlichen Europa ungehindert ihre Religion ausüben, Moscheen errichten und nach dem Modell des einst toleranten Islam einen aufgeschlossenen demokratischen „Euro-Islam“ entfalten, der unter den Bedingungen unseres Zeitalters mit der Moderne vereinbar ist. Im öffentlichen Leben Europas in unserem Zeitalter gibt es religiöse Toleranz nach dem Verständnis der säkularen Kultur der Moderne; Toleranz gilt heute nicht mehr nach [dem islamischen Vorbild des Mittelalters als Duldung der Christen und Juden.]

606 Tibi, Im Schatten Allahs, München 1994, S. 257.

607 Vgl. bereits obige Ausführungen unter A II 7.

608 Vgl. oben detaillierte Ausführungen unter A II 7.

Ein ausdifferenziertes institutionelles System, in dem eine nach dem Prinzip der Gewaltenteilung unabhängige und autonome Richterschaft eine zentrale Rolle spielt, ist der Hüter jeder legalen Herrschaft. Es reicht nicht aus, auf die Frömmigkeit der Herrscher oder auf ihr subjektives religiöses Pflichtgefühl, so wie dies im Islam der Fall ist, zu vertrauen. Vielmehr ist eine institutionell kontrollierbare Unterordnung unter das Recht das Rückgrat jeder legalen Herrschaft. Dies ist eine säkulare, d.h. weltlich zu regelnde, und keine göttliche Angelegenheit, die zwischen dem Herrscher und Gott unter Ausschluß des Volkes zu entscheiden wäre.

[Seite 257]

Im klassischen Islam entwickelte der mittelalterliche Rechtsgelehrte Ibn Taimiyya die Vorschrift, daß politische Herrscher - mögen sie auch noch so ungerecht sein - nur Gott gegenüber verantwortlich seien.10 Wie sieht dies in der Gegenwart, d.h. im modernen Islam aus?

In der »Islamischen Deklaration der Menschenrechte« lesen wir, daß politische Herrschaft ein Amt sei, das Gott - also nicht das Volk - verleiht. Vor Gott sind Herrscher und Beherrschte jedoch Gleiche. Er hat das islamische Recht, die Scharia, verkündet, um die Beziehungen zwischen ihnen zu regulieren: »Der Herrscher, als Amtsinhaber, ist verpflichtet, hinsichtlich der Ziele (Ghayat) und der Methoden (Minhadj) in Einklang mit der Scharia zu handeln.« Im Bewußtsein dieser Aussage schreiben die Verfasser der islamischen Deklaration, offensichtlich projizierend, dem Islam den Charakter einer »legalen Herrschaft« zu. Für sie ist die Scharia nicht nur islamisches Recht, sondern Recht im allgemeinen, d.h. für die gesamte Menschheit bestimmt! Legale Herrschaft basiert auf modernem Recht, welches legislativ ist. Die Scharia jedoch ist ein interpretatives Recht, das auf der Erforschung des göttlichen Willens, wie er im Koran geoffenbart worden ist, basiert (vgl. Kap. 7). Es geht also um göttliche Gebote als ethische und moralische Richtlinien für das Leben der Menschen, nicht aber um Rechte als materielle Regeln für Institutionen.


10 [...]

[Seite 286]

Ob Europa den Islam auf seinem Territorium tolerieren kann, ist mit der Frage verbunden, ob Muslime individuelle europäische Bürger werden oder ethnisch-religiöse Kollektive bilden.

[Seite 287]

Es ist zu befürchten, daß muslimische Migranten in England, Frankreich und auch in Deutschland sich in Zukunft nach dem Vorbild auf dem Balkan defensiv als ethnische Wir-Großgruppen formieren werden. [...]

Ich möchte einleitend die drei größten Gefahren, die einem ethnisch-religiösen Konfliktszenario in Europa zugrunde liegen, angeben:

1) Islamische Fundamentalisten lehnen die Einstufung der Muslime als individuelle Bürger im Sinne von Citoyens in Europa ab, weil sie die islamische Gemeinde lieber als den verlängerten Arm der Welt des Islam sehen möchten. [...] Euro-Islam wäre genau das Gegenprogramm zu einer solchen fundamentalistischen Strategie, weil es Muslime als Individuen anerkennt und nicht dem religiös-ethnischen Kollektiv einverleibt.

[Seite 298]

Wenn man ohne Doppeldeutigkeiten und multikulturelles Zögern darauf besteht, die kulturelle Moderne, sprich säkulare Demokratie, Pluralismus und individuelle Menschenrechte, als Identitätsbasis der Zivilisation Europas und seiner Tochtergesellschaften in Nordamerika zu bewahren, dann muß man politisch-kulturelle Forderungen an die Migranten aus vor-modernen Kulturen stellen. Als Muslim aus dem Orient, der durch einen Wahlakt europäischer Bürger geworden ist und somit beiden Zivilisationskreisen angehört, halte ich die Erfüllung solcher Forderungen im Rahmen der Überwindung der Spannung zwischen Islam und kultureller Moderne zunächst auf dem europäischen Kontinent selbst für zentral.

[...] Die Muslime können im freiheitlichen Europa ungehindert ihre Religion ausüben, Moscheen errichten und nach dem Modell des einst toleranten Islam

[Seite 299]

im arabischen Spanien1 einen aufgeschlossenen demokratischen Euro-Islam entfalten, der unter den Bedingungen unseres Zeitalters mit der Moderne vereinbar ist.

Im öffentlichen Leben Europas in unserem Zeitalter gilt religiöse Toleranz nach dem Verständnis der säkularen Kultur der Moderne; Toleranz gilt heute nicht mehr nach dem islamischen Vorbild des Mittelalters als Duldung der Christen und Juden in ihrer Eigenschaft als »Dhimmi/Schutzbefohlene«.


1 [...]

1

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 606 mit Verweis auf S. 257 genannt.


[93.] Mra/Fragment 152 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 152, Zeilen: 1-4, 12-14
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 299, 308, 309, Zeilen: 299: 8 ff., 308: 30 ff., 309: 8-9
Das müssen Muslime respektieren, wenn sie europäische Bürger und demokratische Verfassungspatrioten werden wollen. In der kulturellen Moderne kann der politische Glaube an einen Herrscher als Allah nicht zu der Identität als Muslim in Europa gelten. [...]

Nur ein Islam, der entpolitisiert, tolerant und liberal ist, ist überhaupt integrationsfähig. Diese kulturelle Voraussetzung muss einhergehen mit ökonomischer und sozialer. Der politische Islam findet seinen Nährboden gerade in Situationen wirtschaftlicher Not.

Das müssen Muslime aus vollem Herzen respektieren, wenn sie europäische Bürger und demokratische Verfassungspatrioten werden wollen. [...] Als Demokrat kann der politische Glaube an einen Herrscher als »Zhul Allah / Schatten Allahs auf Erden« nicht zu meiner Identität als Euro-Muslim gehören.

[Seite 308]

Nur ein Euro-Islam als entpolitisierter, gleichsam toleranter und liberaler Islam ist in Europa integrationsfähig. Diese kulturelle Voraussetzung muß einhergehen mit ökonomischer und sozialer Integration der Betroffenen, die jedoch nur dann möglich ist, wenn europäische Regierungen nur soviel Einwanderer zulassen, wie der Arbeitsmarkt verkraftet.

[Seite 309]

Der politische Islam findet seinen Nährboden gerade in Situationen wirtschaftlicher Not.

Anmerkungen

Ein Hinweis auf die Quelle findet sich eine Seite vorher in Fn. 606.


[94.] Mra/Fragment 152 15

KomplettPlagiat
Untersuchte Arbeit:
Seite: 152, Zeilen: 15-24
Quelle: Hellermann 1994
Seite(n): 144, Zeilen: 24 ff.
Das Zustandekommen und die Gestaltung einer multikulturellen Gesellschaft sind also auch abhängig von Entwicklungen und politischen Entscheidungen, die außerhalb der Reichweite der Grundrechte liegen. Die erfolgreiche Gestaltung einer multikonfessionellen, multikulturellen Gesellschaft ist eine prekäre Aufgabe; sie steht vor der Herausforderung, einerseits die gebotene Freiheit der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen zu gewährleisten, andererseits aber den im demokratischen Verfassungsstaat erforderlichen Grundkonsens der Freiheitsrechte und seiner [sic] Voraussetzungen zu bewahren und ein Auseinanderfallen der Gesellschaft in einzelne gesellschaftliche Gruppen von je eigener Identität zu verhindern. Es bestätigt sich auch und gerade hier: Der säkularisierte freiheitliche Verfassungsstaat kann jene kulturelle [sic] Voraussetzungen, auf denen er beruht, rechtlich nicht garantieren. Das Zustandekommen und die Gestaltung einer multikulturellen Gesellschaft sind abhängig von Entwicklungen und politischen Entscheidungen, die außerhalb der Reichweite der Grundrechte liegen. Die erfolgreiche Gestaltung einer multikonfessionellen, multikulturellen Gesellschaft ist eine prekäre Aufgabe; sie steht vor der Herausforderung, einerseits die gebotene Freiheit der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen zu gewährleisten, andererseits aber den im demokratischen Verfassungsstaat erforderlichen Grundkonsens zu bewahren und ein Auseinanderfallen der Gesellschaft in einzelne gesellschaftliche Gruppen von je eigener Identität zu verhindern, Es bestätigt sich auch und gerade hier: Der säkularisierte freiheitliche Verfassungsstaat kann jene kulturellen Voraussetzungen, auf denen er aufruht, rechtlich nicht garantieren69.

69 E.-W. Böckenförde, Die Entstehung des Staates als Vorgang der Säkularisation, int ders., Recht, Staat, Freiheit, 1991, S, 92 (112).

Anmerkungen

Kein Hinweis auf eine Übernahme.


[95.] Mra/Fragment 153 17

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 153, Zeilen: 17-25, 29-38
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 300, 302, 306, 307, Zeilen: 300: 27 ff.; 302: 1 ff.; 306: 19 ff.; 307: 5 ff.
Außerdem ist der islamische Fundamentalismus nur zu gut geeignet, bei den Europäern Ängste vor dem Islam zu schüren und entsprechende Feindbilder hervorzurufen. Hinzu kommt noch, dass das bundesrepublikanische System unter den europäischen politischen Systemen sich als schwerfällig darstellt, so dass es in der Anpassung an wandelnde politische Bedingungen nachhinkt. Europäische Nachbarstaaten haben damit begonnen, ihre Systeme umzustellen, nachdem sie erkannt haben, dass Europa heute ein Ziel massenhafter Migration geworden ist, die sogar als eine Vorstufe zu Völkerwanderungen betrachtet werden kann.615 Dagegen haben die Deutschen jahrelang bis zur Grundgesetzänderung im Mai 1993 und darüber hinaus bis heute über das politische Asyl diskutiert. [...] Die Erkenntnis hatte sich durchgesetzt, dass auch die Bundesrepublik die Probleme des wirtschaftlichen Elends auf dieser Welt durch die Öffnung der Grenzen für eine uneingeschränkte Zuwanderung nicht lösen kann. Auch kann kein Land der Erde die Probleme der politischen Verfolgung durch uneingeschränkte Aufnahme von Asylsuchenden mildern.

Ein realistisches Konzept auf europäischer Ebene ist dringend nötig. Es existieren Prognosen, dass die Migration aus islamischen Mittelmeerländern nach Europa in absehbarer Zukunft dramatische Formen annehmen wird (die 60 Mio. umfassende Bevölkerung des Maghreb nimmt jährlich netto um 2 Mio. zu, für die keine ökonomischen Ressourcen und kein Lebensraum vorhanden sind; es bleibt nur der Ausweg der Migration).616 Deshalb ist es wichtig, eine [restriktive, d.h. am Arbeitsmarkt orientierte Einwanderungspolitik zu entwickeln, die mit einem kulturellen Integrationskonzept gekoppelt werden müsste.]


615 Tibi, Im Schatten Allahs, München 1994, S. 300.

616 Tibi, Im Schatten Allahs, München 1994, S. 307.

Unter den europäischen politischen Systemen ragt nun das bundesrepublikanische als das in der Anpassung an sich wandelnde politische Bedingungen schwerfälligste Regierungssystem heraus. Europäische Nachbarstaaten haben damit begonnen, ihre Systeme umzustellen, nachdem sie erkannt haben, daß Europa heute ein Ziel massenhafter Migration geworden ist, die als eine Vorstufe zu Völkerwanderungen betrachtet werden kann. Dagegen haben die Deutschen jahrelang bis zur Grundgesetzänderung im Mai 1993 und darüber hinaus bis heute über das politische Asyl - entweder formal-legalistisch oder gesinnungsethisch - diskutiert.

[Seite 302]

Obwohl ich für ein Einwanderungsgesetz eintrete, sage ich offen: Wie die anderen europäischen Länder - vor allem Frankreich -, so kann auch die Bundesrepublik die Probleme des wirtschaftlichen Elends auf dieser Welt durch die Öffnung der Grenzen für die uneingeschränkte Zuwanderung nicht lösen. Auch kann kein Land der Erde die Probleme der politischen Verfolgung durch uneingeschränkte Aufnahme von Asylsuchenden mildern.

[Seite 306]

Die Verbreitung des islamischen Fundamentalismus unter den islamischen Migranten in Europa ist bestens dazu geeignet, bei den Europäern Ängste vor dem Islam zu schüren und entsprechende Feindbilder hervorzurufen, die, wie erwähnt, auch die Orient-Okzident-Beziehung belasten.

[Seite 307]

Moralisieren und Gesinnungsethik sind angesichts dieser brisanten Problematik unbrauchbar; ein realistisches politisches Konzept auf europäischer Ebene ist dringend nötig. Eingedenk der angeführten Prognosen, daß die Migration aus den islamischen Mittelmeerländern nach Europa in absehbarer Zukunft dramatische Formen annehmen wird (die 60 Mio. umfassende Bevölkerung des Maghreb nimmt jährlich netto um 2 Mio. zu, für die keine ökonomischen Ressourcen und kein Lebensraum vorhanden sind - es bleibt nur der Ausweg der Migration), ist es wichtig, eine restriktive, d.h. am Arbeitsmarkt orientierte Einwanderungspolitik zu entwickeln, die mit einem kulturellen Integrationskonzept gekoppelt werden müßte.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 615 und 616 genannt. Umfang und Wörtlichkeit der Übernahme gehen daraus nicht hervor.


[96.] Mra/Fragment 154 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 154, Zeilen: 1-6
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 307, Zeilen: 7 ff.
[Deshalb ist es wichtig, eine] restriktive, d.h. am Arbeitsmarkt orientierte Einwanderungspolitik zu entwickeln, die mit einem kulturellen Integrationskonzept gekoppelt werden müsste. Denn jeder muslimische arbeitslose Einwanderer befindet sich in einer Krise, die sich nicht auf seine ökonomische Situation beschränkt und ihn folglich für den Fundamentalismus anfällig macht. Es wird einem solchen Menschen schwer begreiflich zu machen sein, dass der Arbeitsmarkt und nicht irgendeine „kreuzzüglerische Mentalität“ seinen ökonomischen Zustand verursacht. Eingedenk der angeführten Prognosen, daß die Migration aus den islamischen Mittelmeerländern nach Europa in absehbarer Zukunft dramatische Formen annehmen wird (die 60 Mio. umfassende Bevölkerung des Maghreb nimmt jährlich netto um 2 Mio. zu, für die keine ökonomischen Ressourcen und kein Lebensraum vorhanden sind - es bleibt nur der Ausweg der Migration), ist es wichtig, eine restriktive, d.h. am Arbeitsmarkt orientierte Einwanderungspolitik zu entwickeln, die mit einem kulturellen Integrationskonzept gekoppelt werden müßte. Denn jeder muslimische arbeitslose Zuwanderer befindet sich in einer Krise, die sich nicht auf seine ökonomische Situation beschränkt und ihn folglich für den Fundamentalismus anfällig macht. Es wird einem solchen Zuwanderer schwer begreiflich zu machen sein, daß der Arbeitsmarkt und nicht irgendeine »kreuzzüglerische Mentalität/al-Salibiyya« seinen ökonomischen Zustand verursacht.
Anmerkungen

Die Quelle ist unmittelbar zuvor in Fn. 616 genannt; die Wörtlichkeit der Übernahme bleibt gleichwohl ungekennzeichnet.


[97.] Mra/Fragment 155 32

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 155, Zeilen: 32-37
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 48, 141, Zeilen: 48: 33 ff.; 141: 3 ff.
Angesichts der Dominanz vormoderner Werte und Normen in der politischen Kultur des Islam ergibt sich der Gegensatz zum modernen Konzept der Menschenrechte und damit entsteht ein Konflikt zwischen islamischer und westlicher Zivilisation im Allgemeinen.

Der Konflikt muss auf zwei Ebenen bewältigt werden, einmal auf der zwischenstaatlichen und zum anderen auf der binnengesellschaftlichen Ebene. Auf der zwischenstaatlichen Ebene müssen Verkehrsformen gefunden werden, die diesen inter-zivilisatorischen Konflikt in fried-[liche Bahnen lenken können.]

Angesichts der Dominanz vormoderner Werte und Normen in der politischen Kultur des Islam ergibt sich der Gegensatz zwischen dem Islam und dem modernen Konzept der Menschenrechte und damit ein Konflikt zwischen islamischer und westlicher Zivilisation.

[Seite 141]

Der in der Rushdie-Affäre offenbar werdende Konflikt zwischen islamischer Kollektiv-Vorstellung und den individuellen Rechten des Menschen muß auf zwei Ebenen bewältigt werden, einmal auf der zwischenstaatlichen und zum anderen auf der binnengesellschaftlichen Ebene. Auf der zwischenstaatlichen Ebene müssen Verkehrsformen zwischen dem Westen und der Welt des Islam gefunden werden, die diesen inter-zivilisatorischen Konflikt in friedliche Bahnen lenken können.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[98.] Mra/Fragment 156 01

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 156, Zeilen: 1-13, 15-21
Quelle: Tibi 1994
Seite(n): 141, 208-210, 218, Zeilen: 141: 7 ff.; 208: 14 ff.; 209: 30 ff.; 210: 28 ff.; 218: 29 ff.
[Auf der zwischenstaatlichen Ebene müssen Verkehrsformen gefunden werden, die diesen inter-zivilisatorischen Konflikt in fried-]liche Bahnen lenken können. Die verbindliche Anerkennung eines Minimums von Individualrechten als Menschenrechte durch Staaten beider Zivilisationen könnte ein erster Schritt sein. Eine Modernisierung der Sozialstrukturen des islamischen Orients ist zum Scheitern verurteilt, solange sie nicht parallel dazu versucht, die islamische Kultur mit einzubeziehen. Nur eine Reform von innen kann daher Erfolg versprechen. Die größte Hürde, die sich Muslime selbst errichten, ist ihr Glaube daran, dass islamisches Recht ein heiliges Recht sei. Es ist von Gott offenbart und darf daher weder historisch begriffen noch verändert werden; es soll nach dem islamischen Wertverständnis für alle Zeiten und für die ganze Menschheit ewig gelten. Nach dem islamischen Rechtsverständnis dient die Scharia den Menschen nicht dabei, ihr soziales Leben rechtlich zu gestalten, ihre Funktion sei vielmehr, menschliche Handlungen zu kontrollieren und diesem Willen unterzuordnen. Muslime müssen daher lernen, dass sie auch von Nicht-Muslimen lernen können, auch im Bereich des Rechts.619 Das bedeutet konkret eine Öffnung für den Rationalismus und einen Abschied von der Scharia-Orthodoxie. Schließlich ist die Sicherung der Menschenrechte in einem Staat, der keine säkulare Demokratie kennt, kaum vorstellbar. Der Islam ist dabei eine Religion, die grundsätzlich zwar zu respektieren ist, was aber letztlich nicht zu einer Selbstverleugnung Europas führen darf, etwa dergestalt, dass die Vorstellungen anderer über die Gestaltung des Gemeinwesens akzeptiert und die Übertragung ihrer zivilisatorischen Lebenswelt auf den europäischen Kontinent hingenommen wird. Die Religion selbst soll aber nicht abgelehnt werden, im Gegenteil, es soll betont werden, dass die Glaubensfreiheit ein grundlegendes Recht ist, jedoch nicht auf Kosten anderer gehen darf.

619 So auch, Schachtschneider, Grenzen der Religionsfreiheit am Beispiel des Islam, Berlin 2011.

Auf der zwischenstaatlichen Ebene müssen Verkehrsformen zwischen dem Westen und der Welt des Islam gefunden werden, die diesen inter-zivilisatorischen Konflikt in friedliche Bahnen lenken können. Die verbindliche Anerkennung eines Minimums von Individualrechten als Menschenrechte durch Staaten beider Zivilisationen könnte ein erster Schritt in diese Richtung sein. [...] Der Islam ist eine Religion, die grundsätzlich zu respektieren ist; dies darf aber nicht zu einer Selbstverleugnung Europas führen, etwa indem die Vorstellungen anderer über die Gestaltung des Gemeinwesens akzeptiert und die Übertragung ihrer zivilisatorischen Lebenswelt auf den europäischen Kontinent hingenommen wird.

[Seite 208]

Denn eine Modernisierung der Sozialstrukturen des islamischen Orients ist zum Scheitern verurteilt, solange sie nicht parallel dazu versucht, die islamische Kultur mit einzubeziehen. Nur eine Reform von innen kann daher Erfolg versprechen; diese müßte auch an ähnlich gelagerte islamische Traditionen anschließen.

[Seite 209]

Die größte Hürde, die sich Muslime selbst errichten, ist ihr Glaube daran, daß islamisches Recht eine lex divina/heiliges Recht sei; es ist von Gott offenbart und darf deshalb weder historisch begriffen noch verändert werden; es soll nach dem islamischen Wertverständnis für alle Zeiten und für die ganze Menschheit ewig gelten. Nach dem islamischen Rechtsverständnis dient die Scharia den Menschen nicht dabei, ihr soziales Leben rechtlich zu gestalten; ihre Funktion sei vielmehr, menschliche Handlungen im Sinne des göttlichen Willens zu kontrollieren und diesem Willen unterzuordnen.

[Seite 210]

Muslime müssen lernen, daß sie auch von Nicht-Muslimen lernen können, auch im Bereich des Rechts. Das bedeutet konkret Öffnung für den Rationalismus und Abschied von der Scharia-Orthodoxie.

[Seite 218]

Er erläutert: »Wir lehnen die Religion nicht ab. Ganz im Gegenteil betonen wir, daß die Glaubensfreiheit ein grundlegendes Recht ist, jedoch nicht auf Kosten anderer gehen darf. [...]

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[99.] Mra/Fragment 159 28

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 159, Zeilen: 28-38
Quelle: Jochum 2001
Seite(n): 115, Zeilen: 20 ff.
Der aus diesem Gedanken resultierende Versuch zwischen einer Bindung der islamischen Gruppen an die grundgesetzlichen Werte im Außenverhältnis und einer in der Regel nicht an den grundlegenden Verfassungsprinzipien auszurichtenden Binnensphäre zu differenzieren, begegnet allerdings von vorneherein grundlegenden Bedenken. Die deutsche Verfassung kennt keine rechtsfreien Räume. Auch erscheint eine so pauschale Trennung zwischen Binnen- und Außensphäre allenfalls als Gedankenmodell möglich. Die Überschneidungen beider Sphären, das stete Ineinandergreifen beider Bereiche liegen auf der Hand. Unterwirft sich ein Mitglied der muslimischen Gemeinschaft den islamischen Glaubensvorstellungen nicht freiwillig, so ist der deutsche Staat zum Eingreifen aufgerufen. Darüber hinaus kann der deutsche Staat aber auch trotz freiwilliger Beachtung islamischer Vorschriften zum Eingreifen in die Binnensphäre der islamischen Gemeinschaft verpflichtet sein. Der Versuch, insoweit zwischen einer Bindung der islamischen Gruppen an die grundgesetzlichen Werte im Außenverhältnis und einer „in der Regel nicht an den grundlegenden Verfassungsprinzipien auszurichtenden Binnensphäre“ zu differenzieren58, begegnet grundlegenden Bedenken. Die deutsche Verfassung kennt keine rechtsfreien Räume. Auch erscheint eine so pauschale Trennung zwischen Binnen- und Außensphäre allenfalls als Gedankenmodell möglich. Die Überschneidungen der beiden Sphären, das stete Ineinandergreifen beider Bereiche liegen auf der Hand. [...] Unterwirft sich ein Mitglied der muslimischen Gemeinschaft den islamischen Glaubensvorstellungen nicht freiwillig, so ist der deutsche Staat zum Eingreifen aufgerufen59. Darüber hinaus kann der deutsche Staat aber auch trotz freiwilliger Beachtung islamischer Vorschriften zum Eingreifen in die „Binnensphäre“

[Seite 116]

der islamischen Gemeinschaft verpflichtet sein.


58 So aber Hans Markus Heimann, Materielle Anforderungen an Religionsgemeinschaften für die Erteilung schulischen Religionsunterrichts, in diesem Band, S. 81 ff.

59 Martin Heckel, Religionsunterricht für Muslime, JZ 1999, 741 (753).

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[100.] Mra/Fragment 160 01

KomplettPlagiat
Untersuchte Arbeit:
Seite: 160, Zeilen: 1-5
Quelle: Jochum 2001
Seite(n): 116, Zeilen: 1 ff.
Grundrechte stehen nicht unbegrenzt zur Disposition der Grundrechtsinhaber. Es gibt Grenzen, die auch durch freiwilligen Verzicht nicht überschritten werden können. Die dem Staat auferlegten Schutzpflichten können auch insoweit mit den islamisch geprägten Wertvorstellungen kollidieren und verhindern die sachgerechte Abgrenzung von Binnen- und Außensphäre. Grundrechte stehen nicht unbegrenzt zur Disposition der Grundrechtsinhaber. Es gibt Grenzen, die auch durch freiwilligen Verzicht nicht überschritten werden können. Die dem Staat auferlegten Schutzpflichten können auch insoweit mit den islamisch geprägten Wertvorstellungen kollidieren und verhindern die sachgerechte Abgrenzung von Binnen- und Außensphäre.
Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[101.] Mra/Fragment 162 12

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 162, Zeilen: 12-32
Quelle: Evers 1979
Seite(n): 106 f., 111, Zeilen: 106: 22 ff.; 107: 1 ff.; 111: 10 ff.
Das Grundgesetz und die Landesverfassungen sind zudem grundlegende Bestandteile der Rechtsordnung, der der Bürger Gehorsam schuldet. Die Pflicht zum Rechtsgehorsam kann daher auch zum Gegenstand schulischer Erziehung bestimmt werden.643 Die auf die Grundwerte der Verfassung gerichtete Erziehung soll indessen mehr erreichen. Achtung für das Recht schuldet der Bürger in hier nicht zu erörternden Grenzen auch Normen, die ihre Grundlage in einem Wert- und Weltbild haben können, die seinem widerstreiten. Ein solcher Rechtsgehorsam kann umso mehr verlangt werden, weil der Normadressat die politischen, weltanschaulichen oder religiösen Motive und Zwecke einer Rechtsnorm als verpflichtende Werte nicht anzuerkennen braucht, sondern sich in der Regel mit äußerem Gehorsam begnügen kann. Dagegen soll ein auf die Grundwerte des Grundgesetzes gerichtetes Erziehungsprogramm die Anerkennung der hinter den Rechtsnormen stehenden Werte als verpflichtende Werte bewirken; Dadurch aber weist die Schule der Selbstentfaltung des Schülers eine bestimmte Richtung, was eine grundsätzlich gewichtige Einflussnahme auf seine politische und geistige Freiheit bedeutet. Für den Schüler zumutbar ist die Erziehung zur Bejahung der Grundwerte des Grundgesetzes dann, wenn dieser Erziehungsauftrag nicht absolut gesetzt wird, sondern der viel weitergehenden Aufgabe, dem Schüler zu seiner Selbstentfaltung zu verhelfen, untergeordnet wird. Sie ist im Geiste der Freiheit wahrzunehmen, wozu gehört, dass vom Schüler weder Bekenntnisse abverlangt werden, noch einzelne Wertentscheidungen des Grundgesetzes überbewertet und dadurch ideologisiert werden.

643 Evers, Die Befugnis des Staates zur Festlegung von Erziehungszielen, Berlin 1979, S. 106.

GG und Landesverfassung sind grundlegende Bestandteile der Rechtsordnung, der der Bürger Gehorsam schuldet. [...] Die Pflicht zum Rechtsgehorsam als einer generellen, auch ethisch verbindlichen Verhaltensnorm kann daher auch zum Gegenstand schulischer Erziehung bestimmt werden.

Die auf die Grundwerte der Verfassung gerichtete Erziehung soll indessen mehr erreichen. „Achtung für das Recht“ schuldet der Bürger in hier nicht zu erörternden Grenzen auch Normen, deren Sinnhaftigkeit er bestreitet und die ihre Grundlage in einem Wert- und Weltbild

[Seite 107:]

haben können, die seinem Wert- und Weltbild widerstreiten. Ein solcher Rechtsgehorsam kann um so mehr verlangt werden, weil der Normadressat die politischen, weltanschaulichen oder religiösen Motive und Zwecke einer Rechtsnorm als verpflichtende Werte nicht anzuerkennen braucht17, sondern sich — zumindest in der Regel — mit äußerem Gehorsam begnügen kann. Dagegen soll ein auf die Grundwerte des GG gerichtetes Erziehungsprogramm die Anerkennung der hinter den Rechtsnormen stehenden Werte als verpflichtende Werte bewirken; ein solches Programm muß alternative Werte ausklammern oder sogar ihrer Anerkennung als verpflichtend entgegenwirken. Dadurch aber weist die Schule der Selbstentfaltung des Schülers eine bestimmte Richtung; das ist eine gewichtige Einflußnahme auf seine politische und geistige Freiheit.

[Seite 111:]

Für den Schüler zumutbar ist die Erziehung zur Bejahung der Grundwerte des GG, wenn dieser Erziehungsauftrag nicht absolut gesetzt wird, sondern der viel weitergreifenden Aufgabe, dem Schüler zu seiner Selbstentfaltung zu verhelfen, untergeordnet wird. Sie ist im Geiste der Freiheit wahrzunehmen; dazu gehört, daß vom Schüler weder Bekenntnisse abverlangt werden — woran wohl heute kein vernünftiger Pädagoge denkt —, noch einzelne Wertentscheidungen des GG überbewertet und dadurch ideologisiert werden36.


17 So auch BVerfGE 22, 180 (209) im Hinblick auf das dem Sozialhilfegesetz zugrunde liegende Subsidiaritätsprinzip.

36 Nicht ohne Grund sieht Grabitz, Freiheit als Verfassungsprinzip, Rechtstheorie 1977, 1 (11) in der ausschließlichen — d. h. andere Verfassungsprinzipien beiseite schiebenden — Propagierung der demokratischen Teilhabe als alleinige Garantie von Freiheit, Gleichheit und sozialer Gerechtigkeit „ein Stück ideologischer Unduldsamkeit“ der Rousseauschen „religion civile“. Für die ausschließliche Propagierung der ordnungsstiftenden Kraft des GG — an die derzeit die Pädagogen wohl nicht denken — würde Gleiches gelten; aber auch die Grundrechte sind „keine Glaubensartikel“, sondern Voraussetzungen dafür, daß jeder seinen Lebenssinn findet, Isensee, Essener Gespräche, 102.

Anmerkungen

Die Quelle ist nach dem zweiten Satz des übernommenen Texts in Fn. 643 genannt; die Wörtlichkeit der Übernahme bleibt ungekennzeichnet.


[102.] Mra/Fragment 164 18

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 164, Zeilen: 18-21
Quelle: Wikipedia Landesteilung 2013
Seite(n): online, Zeilen: 0
Die radikalste Regelungsform besteht in der Teilung der verschiedenen Gruppen. Darunter versteht man die einvernehmliche oder aufgezwungene Partition eines Landes. Aus einem vorher einer einheitlichen Regierung und Verwaltung unterstehenden Gebiet entstehen nach der Teilung zwei oder mehr voneinander unabhängige Gebiete. Unter einer Landesteilung versteht man die einvernehmliche oder aufgezwungene Partition (Aufteilung) eines Landes, aus einem vorher einer einheitlichen Regierung und Verwaltung unterstehenden Gebiet entstehen also nach der Teilung zwei oder mehr voneinander unabhängige Gebiete.
Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.

Nur ein kurzes Fragment, das in der Gesamtschau aber mit die häufige, dabei jedoch stets unausgewiesene Verwendung von Wikipedia-Inhalten und -wortlauten in der Arbeit dokumentiert.


[103.] Mra/Fragment 165 02

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 165, Zeilen: 2-9, 13-28
Quelle: Hanf 1991
Seite(n): 68 f., Zeilen: 68: 22 ff.; 69: 1, 15 ff.; 70: 1-2
Eine zweite mögliche Form ist die Dominanz einer ethnischen Gruppe über eine andere. Die Methoden der Aufrechterhaltung ethnischer Herrschaft variieren beträchtlich, von demokratischer Mehrheitskontrolle einer Gruppe (wie in Israel) über die Leugnung des Bestehens ethnischer Gruppen und die Dominanz einer von ihnen, die strikte Reglementierung einer Ethnohierarchie bis hin zu physischen Repressionen.

Gerade in Fällen von Repressionen zeigt sich jedoch häufig, dass dominierte ethnische Gruppen sich in der Regel nicht auf Dauer mit ihrer Lage abfinden und sich auch in Fällen hoffnungslos erscheinender Unterlegenheit gegen die Dominanz auflehnen. [...]

Eine weitere Form der Konfliktregelung zielt weder auf die Ausmerzung der dominierten Kulturen noch auf die Dominanz einer ethnischen Gruppe über die andere. Sie kann als Konkordanz oder mit dem politikwissenschaftlichen Neologismus consociation bezeichnet werden. Konkordanzsysteme erkennen das Bestehen unterschiedlicher nationaler, sprachlicher oder religiöser Gemeinschaften an und versuchen, ihre Koexistenz zu organisieren. In ihnen werden Meinungsverschiedenheiten nicht durch Mehrheitsentscheidungen, sondern im Konsens und durch Kompromiss geregelt. In der Regel besitzen die verschiedenen Gruppen weitgehende Kulturautonomie.649 Konkordanz kann als Konfliktregelung in einer Übergangszeit praktiziert werden, bis politische Integration erreicht worden ist. Sie kann aber auch eine auf Dauer angelegte Form der politischen Organisation sein. Konkordanzsysteme beruhen auf der Einsicht, dass keine der beteiligten Gruppen ihre Dominanz durchsetzen kann oder nur zu einem zu hohen Preis. Man kann dieses System auch als eine zivilisierte Form des Waffenstillstandes bezeichnen, als Produkt eines Machtgleichgewichts. Daher sind Konkordanzsysteme immer dann gefährdet, wenn das Gleichgewicht durch demographische Verschiebungen oder externe Einflüsse in Frage gestellt wird.


649 Vgl. dazu bereits die obigen Ausführungen von „Kulturautonomie“ unter B VII 4.

Eine zweite Form ist die Dominanz einer ethnischen Gruppe über andere. [...] Die Methoden der Aufrechterhaltung ethnischer Herrschaft variieren beträchtlich, von demokratischer Mehrheitskontrolle einer Gruppe wie in Israel über die Leugnung des Bestehens ethnischer Gruppen und die Dominanz einer von ihnen wie in Burundi und Syrien, die strikte Reglementierung einer Ethnohierarchie wie bisher in Südafrika bis zur physischen Repression wie in Äthiopien, dem Sudan, dem Irak - und vielerorts. Gerade die zahlreichen Fälle von Repression zeigen jedoch, daß dominierte ethnische Gruppen sich in der Regel nicht auf Dauer mit ihrer Lage abfinden und sich auch in Fällen hoffnungslos

[Seite 69:]

erscheinender Unterlegenheit gegen die Dominanz auflehnen.

[...]

Eine andere Form der Konfliktregelung zielt weder auf die Ausmerzung der dominierten Kulturen noch auf die Dominanz einer ethnischen Gruppe über die andere. Sie wird im politischen Vokabular der Schweiz Konkordanz genannt oder mit dem politikwissenschaftlichen Neologismus consociation bezeichnet.31 Konkordanzsysteme erkennen das Bestehen unterschiedlicher nationaler, sprachlicher oder religiöser Gemeinschaften an und versuchen, ihre Koexistenz zu organisieren. In ihnen werden Meinungsverschiedenheiten nicht durch Mehrheitsentscheidungen, sondern im Konsens und durch Kompromiß geregelt. Die verschiedenen Gruppen nehmen auf der Grundlage des Proporzes oder auch der Parität an der Ausübung der Macht teil. In der Regel besitzen die verschiedenen Gruppen in Konkordanzsystemen weitgehende Kulturautonomie. Konkordanz kann als Konfliktregelung in einer Übergangszeit praktiziert werden, bis politische Integration erreicht worden ist, so in der zweiten österreichischen Republik. Sie kann aber auch eine auf Dauer angelegte Form der politischen Organisation sein, wie dies in der Schweiz, in Belgien, im Libanon und in Malaysia der Fall ist. [...] Sie beruhen auf der Einsicht, daß keine der beteiligten Gruppen ihre Dominanz durchsetzen kann oder nur zu einem Preis, der ihnen zu hoch erscheint. Man könnte Konkordanz als eine zivilisierte Form des Waffenstillstandes bezeichnen, auf jeden Fall als das Produkt eines Machtgleichgewichts. Daher sind Konkordanzsysteme

[Seite 70:]

immer dann gefährdet, wenn das Gleichgewicht durch demographische Verschiebungen oder externe Einflüsse in Frage gestellt wird.


31 Hierzu vgl. Gerhard Lehmbruch, Proporzdemokratie. Politisches System und politische Kultur in der Schweiz und in Österreich, Tübingen 1967, [...]

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[104.] Mra/Fragment 165 38

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 165, Zeilen: 38-39
Quelle: Wikipedia Synkretismus 2014
Seite(n): online, Zeilen: 0
Synkretismus650 bedeutet die Vermischung von religiösen Ideen oder Philosophien zu einem neuen System oder Weltbild. Voraussetzung ist, dass diese [Ideen oder Philosophien sich zuvor inhaltlich voneinander abgegrenzt haben und dass sie als religiös-philosophische Teilaspekte auf einen Absolutheitsanspruch verzichten.]

650 Vgl. Bernhardt, Multiple religiöse Identität: aus verschiedenen Traditionen schöpfen, Zürich 2008; Drehsen, Im Schmelztiegel der Religionen: Konturen des modernen Synkretismus, Gütersloh 1996; Siller, Suchbewegungen: Synkretismus, kulturelle Identität und kirchliches Bekenntnis, Darmstadt 1991.

Synkretismus ist die Vermischung religiöser Ideen oder Philosophien zu einem neuen System oder Weltbild. Voraussetzung ist, dass diese Ideen oder Philosophien sich zuvor als inhaltlich voneinander unterschieden abgegrenzt haben und dass sie als religiös-philosophische Teilaspekte auf einen Absolutheitsanspruch verzichten.

Literatur:

Volker Drehsen, Walter Sparn (Hrsg.): Im Schmelztiegel der Religionen. Konturen des modernen Synkretismus, Kaiser, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1996, ISBN 3-579-00247-3.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[105.] Mra/Fragment 166 01

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 166, Zeilen: 1-12, 101-103
Quelle: Wikipedia Synkretismus 2014
Seite(n): online, Zeilen: 0
[Voraussetzung ist, dass diese] Ideen oder Philosophien sich zuvor inhaltlich voneinander abgegrenzt haben und dass sie als religiös-philosophische Teilaspekte auf einen Absolutheitsanspruch verzichten. Synkretismus nimmt so die Aspekte unterschiedlicher Religionen bewusst auf und formt sie zu etwas Neuem.651 Positionen in der heutigen Religionswissenschaft betrachten ein gewisses Maß an Synkretismus als weit verbreitetes Phänomen, da dies eine naheliegende Folge des Umgangs mit Fremdheit oder Neuem ist. Diesem Vorgang wird daher umgangssprachlich oft eine gewisse „Natürlichkeit“ unterstellt. Aber sogar innerhalb einer Konfession treten praktisch Widersprüche und Ansichts-Strömungen auf. Dieser Vorgang widerspricht jedoch dogmatischen Vorstellungen, die im Laufe der Zeit in machen [sic] Religionsorganisationen wachsen und einer Beliebigkeit entgegenwirken sollen. Monotheistische Religionen grenzen sich von synkretistischen Tendenzen in der Regel stärker ab als Religionen, deren innere Struktur ohnehin einen gewissen Pluralismus und eine Widersprüchlichkeit aufweist.

651 Der Buddhismus beispielsweise ist offen für andere Lehren. Insbesondere in Japan und China ist es üblich, nicht einer Religion anzugehören, sondern verschiedene Religionen und Lehren (Buddhismus, Daoismus, Konfuzianismus) nach eigener Vorstellung zu mischen. Auch werden deren Heiligtümer abwechselnd verehrt.

Voraussetzung ist, dass diese Ideen oder Philosophien sich zuvor als inhaltlich voneinander unterschieden abgegrenzt haben und dass sie als religiös-philosophische Teilaspekte auf einen Absolutheitsanspruch verzichten. Synkretismus nimmt vielmehr die Aspekte unterschiedlicher Religionen mehr oder weniger bewusst auf und formt sie zu etwas Neuem.

[...]

Positionen in der heutigen Religionswissenschaft betrachten ein gewisses Maß an Synkretismus als weit verbreitetes Phänomen, da dies eine naheliegende Folge des Umgangs mit Fremdheit oder Neuem ist. Diesem Vorgang wird daher umgangssprachlich oft eine gewisse „Natürlichkeit“ unterstellt. Aber sogar innerhalb einer Konfession treten praktisch Widersprüche und Ansichtsströmungen auf. Dieser Vorgang widerspricht jedoch dogmatischen Vorstellungen, die im Laufe der Zeit in manchen Religionsorganisationen (z. B. Kirchen) wachsen und einer Beliebigkeit entgegenwirken sollen. Monotheistische Religionen grenzen sich von synkretistischen Tendenzen in der Regel stärker ab als Religionen, deren innere Struktur ohnehin einen gewissen Pluralismus aufweist. [...]

Der Buddhismus[1] beispielsweise ist offen für andere Lehren. Er verneint allerdings kategorisch die Existenz einer Seele (atma) und die Existenz einer Persönlichkeit (pudgala)[2]. Insbesondere in Japan, Vietnam und China ist es üblich, nicht einer Religion „anzugehören“, sondern verschiedene Religionen und Lehren (Buddhismus, Daoismus, Konfuzianismus, Shintō) nach eigener Vorstellung zu mischen (vgl. Shinbutsu-Shūgō, Japanische Götter, Drei Lehren, Quanzhen-Daoismus). Auch werden deren Heiligtümer abwechselnd verehrt.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[106.] Mra/Fragment 166 13

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 166, Zeilen: 13-17, 22-40
Quelle: Hanf 1991
Seite(n): 70 ff., Zeilen: 70: 7 ff.; 71: 1 ff.; 72: 1 ff.
Was immer an ethnischer, sprachlicher oder religiöser Vielfalt in einem Staat besteht, wird nicht nur hingenommen, sondern als Reichtum der Gesellschaft bewertet und gefördert, die Vielfalt wird positiv als Charakteristikum einer übergreifenden Einheit gewertet. Möglich wird dies durch eine strikte Gleichbehandlung aller ethnischen Gruppen und durch Respektierung ihrer kulturellen Eigenart, aber gleichzeitig durch ihre Entpolitisierung. [...]

Sie finden sich dennoch sowohl in autoritär wie liberal demokratisch verfassten Vielvölkerstaaten und ignorieren Menschen bzw. Freiheitsrechte in unterschiedlicher Art und Weise. Diese Regelungen werden allerdings nun häufig mit Versuchen verknüpft, das aus ethnischer Vielfalt resultierende Konfliktpotential zu vermindern, um eine Regelung zu erreichen. Unter diesen Versuchen lassen sich vor allem zwei Mechanismen beobachten: föderalistische Machtdezentralisierung und Kulturautonomie. Föderalismus wirkt konfliktmindernd, da er solchen politischen Kräften, die nicht an der gesamtstaatlichen Macht teilhaben, durch die Möglichkeit regionaler Machtteilhabe eine Befriedigung verschafft, die sie von desperater Totalopposition abgrenzt. Eine ähnliche Wirkung kann auch dem Mechanismus der Kulturautonomie zugeschrieben werden. Dominanzsysteme werden nur zugelassen, wenn die politische wie kulturelle Überlegenheit der herrschenden Gruppe völlig unzweifelhaft ist; in diesem Falle nimmt Kulturautonomie nicht selten einen zwiespältigen Charakter an: Sie bewahrt zwar die Identität der dominierten Gruppe, wirkt aber gleichzeitig durch den mit ihr verbundenen Ausschluss von der herrschenden Kultur diskriminierend. Die beiden Konfliktminderungsmechanismen sind von unterschiedlicher Eignung für unterschiedliche multi-ethnische Problemlagen. Auf den ersten Blick scheint Föderalismus vor allem für Staaten mit klaren Siedlungsgrenzen geeignet zu sein. Kulturautonomie dagegen für Gemengelagen. Beide Mechanismen können durchaus miteinander verbunden sein und sich ergänzen.

Was immer an ethnischer, sprachlicher oder religiöser Vielfalt in einem Staat besteht, wird nicht nur hingenommen, sondern als Reichtum einer Gesellschaft bewertet und gefördert - die Vielfalt wird positiv als Charakteristikum einer übergreifenden Einheit gewertet. Möglich wird dies durch eine strikte Gleichbehandlung aller ethnischen Gruppen und durch Respektierung ihrer kulturellen Eigenart, aber gleichzeitig durch ihre Entpolitisierung. [...]

Die dargestellten fünf Hauptformen der Konfliktregelung finden sich sowohl in autoritär wie liberal demokratisch verfaßten Vielvölkerstaaten, wenn auch in unterschiedlicher Verteilung.

[Seite 71:]

In den meisten politischen Systemen, die eine der verbliebenen vier Regelungsformen verwenden, weiden diese verbunden mit Versuchen, das aus ethnischer Vielfalt resultierende Konfliktpotential zu vermindern, um die Regelung zu erleichtern. Unter diesen Versuchen lassen sich vor allem zwei Mechanismen beobachten: föderalistische Machtdezentralisierung und Kulturautonomie.

Föderalismus wirkt konfliktmindernd, da er solchen politischen Kräften, die nicht an der gesamtstaatlichen Macht teilhaben, durch die Möglichkeit regionaler Machtteilhabe eine Befriedigung verschafft, die sie von desperater Totalopposition abhält.

[...]

Ähnliches gilt auch für den Mechanismus der Kulturautonomie. Dominanzsysteme lassen sie nur dann zu, wenn die politische wie die kulturelle

[Seite 72:]

Überlegenheit der herrschenden Gruppe völlig unzweifelhaft ist; in diesem Falle nimmt Kulturautonomie nicht selten einen zwiespältigen Charakter an: Sie bewahrt zwar die Identität der dominierten Gruppe, wirkt aber gleichzeitig durch den mit ihr verbundenen Ausschluß von der herrschenden Kultur diskriminierend. [...]

Die beiden Konfliktminderungsmechanismen sind von unterschiedlicher Eignung für unterschiedliche multi-ethnische Problemlagen. Auf den ersten Blick scheint Föderalismus vor allem für Staaten mit klaren Siedlungsgrenzen ethnischer Gruppen geeignet zu sein, Kulturautonomie hingegen für Gemengelagen. [...] Beide Mechanismen können durchaus miteinander verbunden sein und sich ergänzen.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle, kein Hinweis auf eine Übernahme.


[107.] Mra/Fragment 169 03

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 169, Zeilen: 3-16
Quelle: Hanf 1991
Seite(n): 82, Zeilen: 13 ff.
Wenn eine dominante Gruppe sich für anpassungsbereite Individuen öffnet, wird Erziehung dabei übrigens zur wichtigsten Agentur der erfolgreichen Akkulturation. Entscheidend für den Erfolg der Assimilation durch Erziehung ist jedoch die Möglichkeit, erfolgreiche Akkulturation ökonomisch zu belohnen. Für eine effektive Verbesserung von Lebenschancen sind viele Menschen bereit, eine kulturelle Identität aufzugeben, die dieser im Wege steht. Eine schnell expandierende Gesellschaft bietet daher die besten Voraussetzungen dafür, kulturelle und ethnische Partikularismen zum Verschwinden zu bringen. Beim Fehlen dieser Voraussetzungen, d.h., wenn ökonomische Belohnungen für Anpassung nur in begrenztem Maß zur Verfügung stehen, kann assimilatorische Bildungspolitik nur zu begrenzter Adaption akkulturationsbereiter Eliten der dominierten Gruppen führen. In diesen Fällen pflegen Bildungssysteme rigorose interne Selektivität zu praktizieren. Wer dabei zu den Verlierern gehört, tendiert dazu, seinen Misserfolg nicht dem System, sondern eigener Unfähigkeit zuzuschreiben. Dies führt gewöhnlich zu Resignation und politischer Abstinenz. Wenn eine dominante Gruppe sich für anpassungsbereite Individuen öffnet, wird Erziehung zur wichtigsten Agentur der erforderlichen Akkulturation. Entscheidend für den Erfolg der Assimilation durch Erziehung ist jedoch die Möglichkeit, erfolgreiche Akkulturation ökonomisch zu belohnen. Für eine effektive Verbesserung von Lebenschancen sind viele Menschen bereit, eine kulturelle Identität aufzugeben, die dieser im Wege steht.

Eine schnell expandierende Wirtschaft wie zum Beispiel die Frankreichs im 19. Jahrhundert bietet daher die besten Voraussetzungen dafür, kulturelle und ethnische Partikularismen zum Verschwinden zu bringen. Beim Fehlen dieser Voraussetzungen, das heißt, wenn ökonomische Belohnungen für Anpassung nur in begrenztem Maße zur Verfügung stehen, kann assimilatorische Bildungspolitik nur zu begrenzter Kooptation akkulturationsbereiter Eliten der dominierten Gruppen führen. In diesen Fällen pflegen Bildungssysteme rigorose interne Selektivität zu praktizieren. Wer dabei zu den Verlierern gehört, tendiert dazu, seinen Mißerfolg nicht dem System, sondern eigener Unfähigkeit zuzuschreiben. Dies führt gewöhnlich zu Resignation und politischer Abstinenz.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle, kein Hinweis auf eine Übernahme.


[108.] Mra/Fragment 173 08

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 173, Zeilen: 8-20
Quelle: Schäuble 2006
Seite(n): online, Zeilen: 0
Das Problem bei der Bekämpfung der illegalen Migration sind kriminelle Banden. Es sind organisierte kriminelle Strukturen, die den Menschen und ihren Familien das Geld abnehmen, wenn sie bei der Flucht in das gelobte Land unter furchtbaren Umständen ums Leben kommen. Gleichzeitig ergibt es aber wenig Sinn, wenn man jenen Menschen ein Bleiberecht gewährt, die illegal und häufig auch durch rechtswidrige und systematische Täuschung Aufenthaltsberechtigungen erworben haben. Eine solche Vorgehensweise stärkt die Schleuserbanden, wenn sie den Flüchtlingen sagen können, am Anfang würden sie ein paar Schwierigkeiten haben aber dann „könnt ihr bleiben“. Deswegen ist es zur Bekämpfung dieses Missstandes notwendig, dass die Menschen sehen, dass es so nicht funktioniert. Wenn sie nämlich schnell wieder in die Heimat zurückgebracht werden, haben Schleuser Probleme, ihnen beim nächsten Mal wieder Hoffnungen und falsche Tatsachen vorzuspielen und sie so auf einen lebensbedrohlichen Weg zu bringen. Das Problem bei der Bekämpfung der illegalen Migration – jenseits der Einzelheiten des europäischen Alltags – sind kriminelle Banden. Es sind organisierte kriminelle Strukturen, die den Menschen und ihren Familien das Geld abnehmen. [...]

Das andere ist nur, dass wir rechtliche Vorschriften aufgeben können, wenn wir Menschen schließlich doch das Bleiberecht gewähren, obwohl sie zuvor illegal und häufig auch durch rechtswidrige und systematische Täuschung Aufenthaltsberechtigungen erworben haben.

Eine solche Politik stärkt natürlich auch die Geschäftsgrundlage der kriminellen Schleuser. Denn die sagen ihren Leuten: Ja gut, am Anfang habt ihr ein paar Monate Schwierigkeiten, aber wir besorgen euch im Zweifel noch einen Anwalt, und dann könnt ihr doch bleiben. Am Anfang kriegt ihr Sozialhilfe, und irgendwann könnt ihr bleiben. Das klingt gut. Deswegen ist es für die Bekämpfung der illegalen Migration wichtig, dass die Menschen in den Herkunftsländern sehen, dass es so nicht funktioniert. Und wenn sie schnell wieder in ihre Heimat zurückgebracht werden können, werden es die Schleuser schwerer haben, die nächsten Menschen unter Vorspiegelung falscher Tatsachen und Hoffnungen auf diesen lebensbedrohlichen Weg zu bringen.

Anmerkungen

Spürbar umformuliert, aber die Quelle bleibt sichtbar.


[109.] Mra/Fragment 176 25

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 176, Zeilen: 25-34
Quelle: Zuwanderer in der Stadt 2005
Seite(n): 10, 11, Zeilen: 10: 15 ff., 11: 1-3
Integration soll im Ergebnis eine dauerhafte politische und gesellschaftliche Aufgabe sein, die alle im Land lebenden Menschen betrifft. Das Aufnahmeland muss Integrationsangebote bereitstellen, während die Zuwanderer berechtigt, aber auch angehalten sind, sie wahrzunehmen, sog. Prinzip des Förderns und Forderns. Die Bereitschaft zum Erwerb deutscher Sprachkenntnisse sowie die Anerkennung der Grundwerte unserer Verfassung und der darauf beruhenden allgemeinen Rechtsordnung müssen dabei notwendige Voraussetzungen für eine Integration sein. Zuwanderer sollen aber auch im Rahmen der Verfassung und Rechtsordnung ihre eigene kulturelle und religiöse Prägung bewahren können. Der hier zugrunde gelegte Integrationsbegriff zielt auf die gleichberechtigte Teilhabe der Zuwanderer am wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben unter Respektierung ihrer jeweiligen kulturel-[len Eigenart.701]

701 Vgl. dazu auch: Schulte, in: Kürsat-Ahlers, Die multikulturelle Gesellschaft: Der Weg zur Gleichstellung, Frankfurt am Main 1992, S. 94.

Das Expertenforum legt seinen Empfehlungen den strukturellen Integrationsbegriff zugrunde, der auf die gleichberechtigte Teilhabe der Zuwanderer am wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben unter Respektierung ihrer jeweiligen kulturellen Eigenart zielt.

Das Expertenforum versteht Integration als „eine dauerhafte politische und gesellschaftliche Aufgabe, die alle im Land lebenden Menschen betrifft“ (Bericht der Unabhängigen Kommission „Zuwanderung“, 2001, S. 18). Demnach muss das Aufnahmeland Integrationsangebote bereitstellen, während die Zuwanderer berechtigt, aber auch angehalten sind, sie wahrzunehmen. Die Bereitschaft zum Erwerb deutscher Sprachkenntnisse sowie die Anerkennung der Grundwerte unserer Verfassung und der darauf beruhenden allgemeinen Rechtsordnung sind notwendige Voraussetzungen für die Integration.

[Seite 11]

Zuwanderer sollen aber auch im Rahmen der Verfassungs- und Rechtsordnung ihre eigene kulturelle und religiöse Prägung bewahren können.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[110.] Mra/Fragment 178 15

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 178, Zeilen: 15-26
Quelle: Groß 2007
Seite(n): 316, 317, 319, Zeilen: online
Vor Erlass des Zuwanderungsgesetzes wurden Integrationsfaktoren erst bei den Entscheidungen über eine Verfestigung des Aufenthaltes und über die Einbürgerung berücksichtigt. Wie die betroffenen Ausländer die dafür notwendigen Kenntnisse, insbesondere der deutschen Sprache, erwarben, blieb ihnen selbst überlassen.707 Seit 2005 setzt das Gesetz dagegen bereits an der Erstzuwanderung an und wurde 2007 noch einmal überarbeitet. Die erste Phase der deutschen Integrationspolitik kannte nur eine individuelle Hilfe bzw. gesellschaftliche Verantwortung für die Integration.708 Der Begriff wurde im Ausländerrecht nicht benutzt, zumal die Eingliederung in die deutsche Gesellschaft nicht als staatliche Aufgabe betrachtet wurde. Hintergrund dieses Gedankens war, dass man davon ausging, die meisten Ausländer seien nur vorübergehend hier. Obwohl dies schon lange nicht mehr der sozialen Wirklichkeit entsprach, wurde diese Idee erst mit dem Zuwanderungsgesetz aufgegeben. Das Kernstück der neuen Integrationspolitik bilden nach niederländischem Vorbild die [Integrationskurse.709]

707 Vgl. Gercke/Srur, Integrationskurse für Migrantinnen: Genese und Analyse eines staatlichen Förderprogramms, Oldenburg 2003; kritisch auch Farahat/Fisch/Löhr/Truchseß, ZAR 2008, 58.

708 Die Debatte muss allerdings beachten, dass es immer noch eine erhebliche Anzahl von Migranten gibt, die von vorneherein gar nicht integriert werden sollen, nämlich jene, die auf den Duldungsstatus verwiesen sind. Neben dem Arbeitsmarktsausschluss und einer sog. Residenzpflicht erhalten sie abgesenkte Leistungen. Da sie vor diesem Hintergrund auch ständig eine Art Nomadenleben führen, eröffnet die Aufnahmegesellschaft ihnen keine Grundlage einer vernünftigen Lebensperspektive; vgl. vertiefende Ausführungen bei Farahat/Fisch/Löhr/Truchseß, ZAR 2008, 58.

709 Davy/Weber, Paradigmenwechsel in Einwanderungsfragen?, Baden-Baden 2006, S. 125ff

Die erste Phase der deutschen Integrationspolitik kannte nur eine individuelle bzw. gesellschaftliche Verantwortung für die Integration von Migrantinnen und Migranten. Im Ausländerrecht kam der Begriff nicht vor und auch in der Sache wurde die Förderung der Eingliederung in die deutsche Gesellschaft nicht als staatliche Aufgabe betrachtet. Dahinter stand die Leitvorstellung, die meisten Ausländer seien nur vorübergehend in Deutschland. Sie entsprach jedoch schon lange nicht mehr der sozialen Wirklichkeit, wurde aber erst mit dem Zuwanderungsgesetz offiziell aufgegeben.

[Seite 317]

Das Kernstück der neuen Integrationspolitik bilden nach niederländischem Vorbild die Integrationskurse.19

[Seite 319]

Vor Erlass des Zuwanderungsgesetzes wurden Integrationsfaktoren erst bei den Entscheidungen über eine Verfestigung des Aufenthaltes und über die Einbürgerung berücksichtigt. Wie die betroffenen Ausländer die dafür notwendigen Kenntnisse insbesondere der deutschen Sprache erwarben, blieb ihnen selbst überlassen. Seit 2005 setzt das Gesetz dagegen bereits an der Erstzuwanderung an.


19 Vgl. Groenendijk, in: Davy/Weber (Hrsg.), Paradigmenwechsel in Einwanderungsfragen?, S. 125 ff.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[111.] Mra/Fragment 179 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 179, Zeilen: 1-10, 13-14, 22-28, 30-32
Quelle: Groß 2007
Seite(n): 317, Zeilen: online
Ihr Schwerpunkt liegt eindeutig auf der Sprachvermittlung710, der 600 von 630 Unterrichtsstunden gewidmet sind. Der Einwanderer soll sich im täglichen Leben in seiner Umgebung selbständig sprachlich zurechtfinden und entsprechend seines Alters und seines Bildungsstandes ein Gespräch führen und sich schriftlich ausdrücken. Die erworbenen Kenntnisse werden in einem Abschlusstest geprüft, der auf das durchaus anspruchsvolle Niveau B1 des Zertifikates Deutsch nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen ausgerichtet ist, vgl. § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Integrationskursverordnung (IntV).711 Lediglich 30 Stunden verbleiben für Grundwerte der Staats- und Verfassungsordnung sowie Geschichte und Kultur. Wer erfolgreich abschließt, erhält Erleichterungen bei der Niederlassungserlaubnis sowie bei der Einbürgerung. Der Staat seinerseits muss aktiv entsprechende Integrationshilfen wie Sprachkurse712 bereitstellen. Aufgrund der inhaltlich begrenzten Bundeszuständigkeiten sind auch die Länder verpflichtet, integrationsfördernd tätig zu werden.713 Die Durchführung der meisten Maßnahmen erfolgt aufgrund des örtlichen Bezuges sinnvoller Weise in erster Linie durch die Kommunen.714 [...] Unter bestimmten Umständen können Ausländer demnach zur Teilnahme verpflichtet werden.716 Voraussetzung für eine Verpflichtung ist nach § 44a AufenthG, dass der Ausländer nicht in der Lage ist, sich auf einfache Art in deutscher Sprache mündlich zu verständigen. Außerdem kann auch bei schon bei länger in Deutschland sich aufhaltenden Personen die Ausländerbehörde eine Aufforderung zur Teilnahme aussprechen, sofern dies die Stelle anregt, die einem Ausländer Leistungen nach SGB II bewilligt, oder er in besonderer Weise integrationsbedürftig ist.717 Dieselbe Verpflichtung718 kann von der Ausländerbehörde einem Einwanderer auferlegt werden, wenn er Arbeitslosengeld bezieht oder sonst in besonderer Weise integrationsbedürftig ist. Die Teilnahmepflicht wird bisher durch zwei Arten von Sanktionen flankiert.719 Zum einen ist vorgesehen, dass eine Verletzung der Pflicht zur Teilnahme bei der Entscheidung über die Verlänge-[rung einer Aufenthaltserlaubnis zu berücksichtigen ist720, § 8 Abs.3 AufenthG.]

710 Vgl. dazu näher Schmid-Drüner, ZAR 2005, 93.

711 Groß, ZAR 2007, 315.

712 Gutmann, InfAuslR 2005, 45.

713 Groß, KJ 2006, 1.

714 Näher dazu Schliesky, ZAR 2005, 106.

716 Zur Wirksamkeit der Verpflichtungen am Beispiel der Türkei bei Ehegattennachzug, vgl. EUGH C-138/13 vom 10.07.2014.

717 Eicher/Spellbrink, SGB II, § 31 Rn 1.

718 Es bestehen Ausnahmen von der Teilnahmeverpflichtung, falls der Einwanderer sich in einer Ausbildung in Deutschland befindet, eine Teilnahme an vergleichbaren Bildungsangeboten nachweist oder ihm die Teilnahme auf Dauer unmöglich oder unzumutbar ist. Hierunter fällt allerdings nicht die bloße Erziehung eigener Kinder, BR-Drs 22/03 vom 16.01.2003.

719 Kau, ZAR 2007, 185.

Die Durchführung der meisten anderen Maßnahmen sollte aufgrund des örtlichen Bezugs sinnvoller Weise in erster Linie durch die Kommunen erfolgen.18

Das Kernstück der neuen Integrationspolitik bilden nach niederländischem Vorbild die Integrationskurse.19 Ihr Schwerpunkt liegt eindeutig auf der Sprachvermittlung, der 600 von 630 Unterrichtsstunden gewidmet sind. Das Ziel wird in § 43 Absatz III 1 AufenthG als »Erlangung ausreichender Sprachkenntnisse« definiert. In § 3 Absatz II IntV wird dies näher dadurch umschrieben, dass sich ein Kursteilnehmer im täglichen Leben in seiner Umgebung selbständig sprachlich zurechtfinden und entsprechend seinem Alter und Bildungsstand ein Gespräch führen und sich schriftlich ausdrücken kann. Die erworbenen Kenntnisse werden in einem Abschlusstest geprüft, der auf das durchaus anspruchsvolle Niveau B 1 des Zertifikates Deutsch nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen ausgerichtet ist (§ 17 Absatz I 2 Nr. 1 IntV).20 Lediglich 30 Stunden verbleiben für einen Orientierungskurs, in dem die Teilnehmer mit den Grundwerten der Staats- und Verfassungsordnung sowie der deutschen Geschichte und Kultur vertraut gemacht werden sollen.

Wer den Integrationskurs mit einer Prüfung erfolgreich abgeschlossen hat, erhält Erleichterungen bei der Niederlassungserlaubnis sowie bei der Einbürgerung, also beim Übergang in die zweite bzw. dritte Integrationsperiode.21 [...]

Unter bestimmten Umständen können Ausländer zur Teilnahme verpflichtet werden.23 Nach dem ersten Evaluationsbericht lag der Anteil dieser Gruppe bei etwa einem Drittel.24 Voraussetzung für eine Verpflichtung ist nach § 44 a AufenthG, dass der Ausländer nicht in der Lage ist, sich auf einfache Art in deutscher Sprache mündlich zu verständigen. Außerdem kann auch bei schon länger in Deutschland sich aufhaltenden Personen die Ausländerbehörde eine Aufforderung zur Teilnahme aussprechen, sofern dies die Stelle anregt, die einem Ausländer Leistungen nach SGB II bewilligt, oder er in besonderer Weise integrationsbedürftig ist.

Die Teilnahmepflicht wird bisher durch zwei Arten von Sanktionen flankiert.25 Zum einen ist vorgesehen, dass eine Verletzung der Pflicht zur Teilnahme bei der Entscheidung über die Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zu berücksichtigen ist (§ 8 Absatz III AufenthG).


18 Dazu näher Schliesky, ZAR 2005, 106 (112 ff.).

19 Vgl. Groenendijk, in: Davy/Weber (Hrsg.), Paradigmenwechsel in Einwanderungsfragen?, S. 125 ff.

20Vgl. Hauschild, ZAR 2005, 56 (58).

21 Dazu näher Groß, KJ 2006, 1 (7 f.); Thiele, DÖV 2007, 58 (60 f.).

22 Süßmuth (o. Fn. 2), S. 100.

23 Vgl. dazu näher Groß, KJ 2006, 1 (5 ff.).

25 Zum folgenden näher Kau, ZAR 2007, 185 ff.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 711 genannt.


[112.] Mra/Fragment 180 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 180, Zeilen: 1-9, 102
Quelle: Groß 2007
Seite(n): 317 f., Zeilen: online
Es handelt sich dabei jedoch in der Regel um eine Ermessensentscheidung, bei der auch die Dauer des rechtmäßigen Aufenthaltes, schutzwürdige Bindungen an das Bundesgebiet sowie die Folgen für die rechtmäßig im Bundesgebiet lebenden Familienangehörigen des Ausländers zu berücksichtigen sind. Damit wird dem Verhältnismäßigkeitsprinzip und im letzten Fall auch dem Grundrecht auf Schutz der Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG Rechnung getragen.721 Zum anderen besteht die Möglichkeit, Leistungen nach SGB II um bis zu zehn Prozent zu kürzen, § 44a Abs. 3 S. 2 AufenthG, wobei aber auch hier die Umstände des Einzelfalls zu beachten sind.

721 Zu den grundrechtlichen Bezügen näher, Huber, ZAR 2004, 86; Groß, KJ 2006, 1; Thiele, DÖV 2007, 58.

Es handelt sich dabei jedoch in der Regel um eine Ermessensentscheidung, bei der auch die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts, schutzwürdige Bindungen an das Bundesgebiet sowie die Folgen für die rechtmäßig im Bundesgebiet lebenden Familienangehörigen des Ausländers zu berücksichtigen sind. Damit wird dem Verhältnismäßigkeitsprinzip und im letzten Fall auch dem Grundrecht auf Schutz der Familie aus Art. 6 Absatz I GG Rechnung getragen.26 Zum anderen besteht die Möglichkeit,

[Seite 318]

Leistungen nach SGB II um bis zu zehn Prozent zu kürzen (§ 44 a Absatz III 2 AufenthG). Auch hier sind jedoch die Umstände des Einzelfalls bei der Ermessensausübung zu beachten.


26 Zu den grundrechtlichen Bezügen näher Huber, ZAR 2004, 86 ff.; Groß, KJ 2006, 1 (8 ff.); zu weitgehend deshalb Thiele, DÖV 2007, 58 (62), wonach die Ablehnung der Verlängerung einer Aufenthaltsgenehmigung bei Verletzung der Teilnahmepflicht der Regelfall sei.

Anmerkungen

Die eigentliche Quelle wird genau eine Seite vorher in Fn. 711 genannt, dazwischen befinden sich 9 Fußnoten zu anderen Inhalten und mit Verweisen auf andere Quellen. Das Fragment folgt direkt auf Fragment 179 01 aus der gleichen Quelle.

Die Referenzen werden mitübernommen.


[113.] Mra/Fragment 182 12

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 182, Zeilen: 12-21
Quelle: Hanf 1991
Seite(n): 80, 81, Zeilen: 80: 34 ff.; 81: 22 ff.
Die Perzeption der geringen Achtung einer Sprache oder Religion innerhalb eines Bildungssystems hingegen neigt dazu, bei den Betroffenen tiefe Ressentiments entstehen zu lassen. Wenn Schüler733 sich benachteiligt fühlen und ihre zukünftigen Lebenschancen als begrenzt einschätzen, dann sind sie wenig geneigt, dem zu glauben, was ihnen in der Schule vermittelt wird. Den Meinungen ihrer Eltern und Verwandten, ihrer Altersgenossen der gleichen ethnischen Gruppe schenken sie mehr Vertrauen als dem, was Lehrer aus anderen Gruppen und Schulbücher vermitteln. Eine offiziell vorgeschriebene Lektüre kann also eine der ihr implizierten Absicht gegenteilige Wirkung haben. In Israel z.B. führte die lehrplanmäßige Behandlung des Zionismus bei arabischen Kindern zu einer Verstärkung palästinensisch-nationaler Gefühle.734

733 Strukturelle Defizite weist die Sprachförderung zum jetzigen Zeitpunkt insbesondere in bestimmten Schlüsselphasen der fortgeschrittenen Schullaufbahn auf, etwa beim Übergang von der Primarstufe zur Sekundarstufe, obgleich spezifische Sprachprobleme gerade dann auftreten und nur in dieser Situation bewältigt werden können, Langenfeld, AöR 123, 375.

734 Hanf, in: Fröschl/Mesner/Ra´anan, Staat und Nation in multi-ethischen Gesellschaften, Wien 1991, S. 81.

Die Perzeption der geringeren Achtung einer Sprache oder einer Religion innerhalb eines Bildungssystems hingegen pflegt bei den Betroffenen tiefe Ressentiments entstehen

[Seite 81:]

zu lassen.

[...]

Wenn Schüler sich benachteiligt fühlen und ihre zukünftigen Lebenschancen als begrenzt einschätzen, dann sind sie wenig geneigt, dem zu glauben, was ihnen in der Schule vermittelt wird. Den Meinungen ihrer Eltern und Verwandten, ihrer Altersgenossen der gleichen ethnischen Gruppe schenken sie mehr Vertrauen als dem, was Lehrer aus anderen Gruppen und Schulbücher vermitteln. Offiziell vorgeschriebene Lektüre kann eine der ihr implizierten Absicht gegenteilige Wirkung haben: In Israel führte die lehrplanmäßige Behandlung des Zionismus bei arabischen Kindern zu einer Verstärkung palästinensisch-nationaler Gefühle, in Südafrika die des Afrikaander-Nationalismus bei schwarzen Kindern zu afrikanischem Nationalismus.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 734 genannt.


[114.] Mra/Fragment 189 14

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 189, Zeilen: 14-29
Quelle: Kraus 1998
Seite(n): 199, 200, Zeilen: 199: l Sp. 46-50,52-56; r.Sp. 1-2,48-58; 200: l.Sp.1ff
Der Ausländerbeauftragte bezeichnet zudem die Migrantinnen als eine äußerst heterogene Gruppe, weil sie sich in ihren Lebensbedingungen nach vielerlei Faktoren voneinander unterscheiden, wie Nationalität, Einreisealter, Familienstand, Aufenthaltsdauer, Rechtsstatus, Bildung oder Schichtzugehörigkeit. Frauen der ersten Generation haben seltener als deutsche Frauen formale Berufsabschlüsse gehabt und waren lange unterhalb ihres Qualitätsniveaus erwerbstätig. Von Entlassungen waren sie betroffen und sind vielfach in prekäre Arbeitsverhältnisse abgedrängt worden. Junge Frauen der zweiten Generation haben demgegenüber wesentlich bessere Schulabschlüsse.773 Spezielle Initiativen zunächst zur Verbesserung ihrer Situation in Arbeit und Beruf sind notwendig. Erforderlich sind insbesondere die Schaffung eines positiven Bildes von Frauen ausländischer Herkunft in der Öffentlichkeit, die stärkere Öffnung auch der Medien, die intensivere Förderung der beruflichen Nachqualifizierung mit einem auf die Migrantinnen abgestimmten Bildungs- und Beratungsangebot und eine ausbildungsbegleitende sprachliche und fachliche Förderung für spät eingereiste Mädchen und junge Frauen sowie verstärkte Angebote zum Erwerb der deutschen Sprache. Daneben sollten spezifische Beratungs- Informations- und Aufklärungsangebote in Kooperation mit Migrantinnenvereinen weiterhin verstärkt werden.

773 Kraus, ZAR 1998, 195

Frauen der ersten Generation, die ab Mitte der 60er Jahre einen Anteil von 20% der Angeworbenen stellten, hätten seltener als deutsche Frauen formale Berufsabschlüsse gehabt, und sie seien lange unterhalb ihres Qualitätsniveaus erwerbstätig gewesen, zum Beispiel in Reinigungsberufen.

[...] Dadurch seien die Migrantinnen der ersten Generation vielfach in prekäre Arbeitsverhältnisse - oft unterhalb der Sozialversicherungsgrenze - abgedrängt worden. Für die Lebenssituation der Migrantinnen habe dies weitreichende Folgen gehabt, bis hin zur Armut im Alter. Junge Frauen der zweiten Generation hätten demgegenüber wesentlich bessere Schulabschlüsse. [...] Die Ausländerbeauftragte empfiehlt zur Verbesserung der Bildungs- und Ausbildungssituation der Frauen und Mädchen ausländischer Herkunft zusätzlich zu den aufgezeigten Forderungen, die für alle Jugendlichen ausländischer Herkunft gälten, spezielle Initiativen, zunächst zur Verbesserung ihrer Situation in Arbeit und Beruf. Erforderlich seien insbesondere die Schaffung eines positiven Bildes von Frauen ausländischer Herkunft in der Öffentlichkeit, die stärkere Öffnung auch der Medien und des öffentlichen Dienstes für Migrantinnen, die intensivere Förderung der beruflichen Nachqualifizierung mit einem auch auf die Migrantinnen abgestimmten Bildungs- und

[Seite 200]

Beratungsangebot und eine ausbildungsbegleitende sprachliche und fachliche Förderung für spät eingereiste Mädchen und junge Frauen sowie verstärkte Angebote zum Erwerb der deutschen Sprache und zur beruflichen Nachqualifizierung für spät eingereiste Frauen. Daneben sollten »spezifische Beratungs-, Informations- und Aufklärungsangebote« in Kooperation mit Migrantinnenvereinen weiterhin verstärkt werden.

Migrantinnen werden als eine äußerst heterogene Gruppe dargestellt, deren Lebensbedingungen sich nach vielerlei Faktoren voneinander unterscheiden, wie Nationalität, Einreisealter, Familienstand, Aufenthaltsdauer, Rechtsstatus, Bildung und Schichtzugehörigkeit.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 773 genannt. Die Übernahme setzt sich nach der Fußnote fort.


[115.] Mra/Fragment 191 01

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 191, Zeilen: 1-4, 8-19
Quelle: Laschet 2007
Seite(n): 3, 4, Zeilen: online
Ende Januar 2014 hatte nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit 75 % der arbeitslosen Ausländer keine abgeschlossene Berufsausbildung im Vergleich zu „nur“ 39 % bei den deutschen Arbeitslosen. Die Arbeitslosenquote bei Ausländern ist aktuell mit 14,2 % mehr als doppelt so hoch wie bei den Deutschen. [...]

In einer Leistungsgesellschaft aber, die Einkommen für die Mehrheit der Menschen über Erwerbsarbeit verteilt, ist beruflicher Erfolg die Bedingung einer eigenständigen Lebensführung. Ein langfristiger Ausschluss aus dem Arbeitsleben birgt die Gefahr der sozialen Marginalisierung. Neben materiellem Auskommen sichert beruflicher Erfolg auch Selbstbewusstsein und Selbstwert. Der Zugang zu Arbeit und Einkommen bildet daher über die eigentlichen wirtschaftlichen Aspekte hinaus das Fundament einer gelingenden Integration.

Sprach- und Bildungsförderung für die neu zugewanderten und schon länger hier lebenden Menschen muss zur Regelaufgabe für das gesamte Bildungssystem und sämtlicher Bildungseinrichtungen werden.

Ende September 2005 hatten nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit 75 % der arbeitslosen Ausländer keine abgeschlossene Berufsausbildung im Vergleich zu »nur« 39 % bei den deutschen Arbeitslosen. Die Arbeitslosenquote von Ausländern – auf der Basis der abhängigen zivilen Erwerbspersonen – war 2005 im Jahresdurchschnitt mit 25,2 % fast doppelt so hoch wie bei den Deutschen. [...]9

In einer Leistungsgesellschaft aber, die Einkommen für die Mehrheit der Menschen über Erwerbsarbeit verteilt, ist beruflicher Erfolg die Bedingung einer eigenständigen Lebensführung. Ein langfristiger Ausschluss aus dem Arbeitsleben birgt die Gefahr der sozialen Marginalisierung, der Abwärtsmobilität. Beruflicher Erfolg sichert jedoch nicht nur das materielle Auskommen. Er begründet gleichzeitig Selbstbewusstsein und Selbstwert. Der Zugang zu Arbeit und Einkommen bildet daher über die eigentlichen wirtschaftlichen Aspekte hinaus das Fundament einer gelingenden Integration.

[Seite 4]

Sprach- und Bildungsförderung für die neu zugewanderten und schon länger hier lebenden Menschen muss zur Regelaufgabe für das gesamte Bildungssystem und sämtlicher Bildungseinrichtungen werden.


9 Bundesagentur für Arbeit, Arbeitsmarkt 2005, 2006.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf eine Übernahme. Die Zahlen scheinen sich in neun Jahren nicht geändert zu haben, was allerdings nicht leicht zu prüfen ist, weil Mra auf eine Fundstellenangabe verzichtet.

Auch Politikersprechblasen werden übernommen.


[116.] Mra/Fragment 191 19

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 191, Zeilen: 19-30
Quelle: Hanf 1991
Seite(n): 79, Zeilen: 13 ff.
Dies ist deshalb so, weil Bildung sowohl eine allokative wie sozialisierende Funktion hat, die nicht allein den Status und die Einstellungen von Individuen, sondern auch die ethnischen Gruppen entscheidend bestimmt. Zugang zu Bildungssystemen und Erfolge in ihnen haben Auswirkungen auf Prestige und Einkommen, sie determinieren die Lebenschancen. Bildungsprivilegien werden ebenso vehement verteidigt, wie Bildungsdiskriminierung andererseits bekämpft wird. Solche Konflikte sind nicht selten noch schärfer als unmittelbare Konflikte um Einkommen und Vermögen, da viele Menschen zwar bereit sind, ihre eigene Benachteiligung hinzunehmen, aber nicht mehr die ihrer Kinder. Gerade der meritokratische Anspruch moderner Bildungssysteme stellt die Hinnahme askriptiver Statuszuweisung oder traditioneller ethnischer Hierarchien in Frage.782 Versuche der Aufrechterhaltung ungleicher Bildungschancen sind daher besonders geeignet, offenen ethnischen Konflikt zu provozieren.

782 Hanf, in: Fröschl/Mesner/Ra´anan, Staat und Nation in multi-ethischen Gesellschaften, Wien 1991, S. 79.

Bildungspolitik steht häufig im Zentrum ethnischer Konflikte. Dafür gibt es gute Gründe. Bildung hat sowohl allokative wie sozialisierende Funktionen, die nicht allein den Status und die Einstellungen von Individuen, sondern auch von ethnischen Gruppen entscheidend mitbestimmen.46

Zugang zu Bildungssystemen und Erfolge in ihnen haben Auswirkungen auf Prestige und Einkommen, sie determinieren Lebenschancen. Bildungsprivilegien werden ebenso erbittert verteidigt, wie Bildungsdiskriminierung bekämpft. Solche Konflikte sind nicht selten noch schärfer als unmittelbare Konflikte um Einkommen und Vermögen, da viele Menschen zwar bereit sind, ihre eigene Benachteiligung hinzunehmen, aber nicht mehr die ihrer Kinder. Gerade der meritokratische Anspruch moderner Bildungssysteme stellt die Hinnahme askriptiver Statuszuweisung oder traditioneller ethnischer Hierarchien in Frage. Versuche der Aufrechterhaltung ungleicher Bildungschancen sind daher besonders geeignet, offenen ethnischen Konflikt zu provozieren.


46 Zum folgenden vgl. Theodor Hanf, The Political Function of the Educational System in Culturally Segmented States, in: Zeitschrift für erziehungs- und sozialwissenschaftliche Forschung, Jg. 1/2 (1984), S. 281-299.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 782 genannt.


[117.] Mra/Fragment 191 30

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 191, Zeilen: 30-34
Quelle: Kraus 1998
Seite(n): 197, Zeilen: r.Sp. 22 ff.
Die Ursachen für die unbefriedigende Bildungssituation werden als sehr vielfältig bezeichnet. Neben Faktoren wie Schichtzugehörigkeit, Sprachkenntnisse und Einreisealter, spielen auch strukturelle Benachteiligungen eine herausragende Rolle. Ein niedriges Bildungsniveau erschwert zudem die Akzeptanz bei der einheimischen Bevölkerung, wirke gleichzeitig auch negativ auf das soziale Ansehen und Selbstwertgefühl und fördere so die mangelnde Partizipation der nichtdeutschen Kinder und Jugendlichen.783

783 Kraus, ZAR 1998, 195.

Die Ursachen für die unbefriedigende Bildungssituation werden als sehr vielfältig bezeichnet. Neben Faktoren wie Schichtzugehörigkeit, Sprachkenntnisse und Einreisealter spielten auch strukturelle Benachteiligungen eine herausragende Rolle. Ein niedriges Bildungsniveau erschwere die Akzeptanz bei der einheimischen Bevölkerung und wirke gleichzeitig auch negativ auf das soziale Ansehen und Selbstwertgefühl der nichtdeutschen Kinder und Jugendlichen.
Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 783 genannt.


[118.] Mra/Fragment 192 11

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 192, Zeilen: 11-14
Quelle: Kraus 1998
Seite(n): 200, Zeilen: l.Sp. 21-27
Den jungen Menschen784 sollten außerdem Angebote zur Verfügung gestellt werden, und zwar anknüpfend an die Interessen der jungen Menschen, von ihnen selbst mitbestimmt und mitgestaltet, um sie so zur Selbstbestimmung zu befähigen785 und zur gesellschaftlichen Mitverantwortung und zum sozialen Engagement hinzuführen.786

784 Vgl. ausführlich zu Kinder- und Jugendhilfe für Zugewanderte: Kraus, ZAR 2003, 183.

785 Vgl. auch: Klinkhammer/Jonker, Individualisierung und Säkularisierung islamischer Religiosität: zwei Türkinnen in Deutschland, Berlin 1999.

786 So auch Schmalz-Jacobsen, Einwanderung - und dann?, München 1993, S. 115.

Nach den Bestimmungen des § 11 KJHG sollen den jungen Menschen die zur Förderung ihrer Entwicklung erforderlichen Angebote zur Verfügung gestellt werden, und zwar anknüpfend an die Interessen der jungen Menschen, von ihnen selbst mitbestimmt und mitgestaltet, um sie so zur Selbstbestimmung zu befähigen und zur gesellschaftlichen Mitverantwortung und zum sozialen Engagement hinzuführen.
Anmerkungen

Die Quelle wird zwar genannt, aber eine andere Seite.


[119.] Mra/Fragment 193 06

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 193, Zeilen: 6-14, 106-110
Quelle: Laschet 2007
Seite(n): 3, Zeilen: online
Das deutsche Integrationsmodell war bis zu den 1990er Jahren durchaus erfolgreich, was auch der internationale Vergleich zeigt.789 Heute funktioniert dies aber nicht mehr richtig, denn Arbeit und soziale Rechte stehen als Integrationsressourcen nur noch eingeschränkt zur Verfügung. Der arbeitssparende technische Fortschritt und der grundlegende Wandel der Fertigungs- und Arbeitsprozesse hat die Nachfrage der Unternehmen nach qualifizierten Arbeitskräften erhöht, die nach Geringqualifizierten ist zurückgegangen. Da Deutschland nie Elitemigration organisierte, sondern Arbeitskräfte anwarb, die zupacken konnten, sind auch jene Menschen in besonderem Maße von der Beschäftigungskrise betroffen.790

789 Laschet, ZAR 2007, 1.

790 Wie negativ sich mangelnde schulische und berufliche Qualifikation auswirken, zeigt eine Rechnung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Danach lag das Arbeitslosigkeitsrisiko von Akademikern in den letzten 30 Jahren mehr oder weniger konstant bei 4 %. Für Personen ohne abgeschlossene Berufsausbildung ist dieses Risiko von knapp 7 % Mitte der 70er Jahre auf heute 25 % gestiegen. Für alle Industrieländer gilt, dass Erwerbspersonen umso eher arbeitslos werden, je geringer qualifiziert sie sind; Laschet ZAR 2007, 1.

Das deutsche Integrationsmodell war bis zu den 1990er Jahren durchaus erfolgreich. Das zeigt auch der internationale Vergleich. Heute aber funktioniert es nicht mehr richtig. Der Integrationsmotor stottert. Arbeit und soziale Rechte stehen als Integrationsressourcen nur noch eingeschränkt zur Verfügung. [...]

Der arbeitssparende technische Fortschritt und der grundlegende Wandel der Fertigungs- und Arbeitsprozesse hat die Nachfrage der Unternehmen nach qualifizierten Arbeitskräften erhöht, die nach Geringqualifizierten und Ungelernten ist dagegen zurückgegangen. Da Deutschland nie Elitenmigration organisierte, sondern Arbeitskräfte anwarb, die im produzierenden Gewerbe zupacken konnten, trifft die Beschäftigungskrise diese Menschen ganz besonders. [...]

Wie negativ sich mangelnde schulische und berufliche Qualifikation auswirken, zeigt eine Rechnung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Danach lag das Arbeitslosigkeitsrisiko von Akademikern in den letzten 30 Jahren mehr oder weniger konstant bei 4 %. Für Personen ohne abgeschlossene Berufsausbildung ist es im Gegenzug von knapp 7 % Mitte der 70er Jahre auf heute 25 % gestiegen.8 Für alle Industrieländer gilt, dass Erwerbspersonen umso eher arbeitslos werden, je geringer qualifiziert sie sind.


8 Brenke, Wachsender Niedriglohnsektor in Deutschland – sind Mindestlöhne sinnvoll?, in: DIW-Wochenbericht Nr. 15/16, 2006

Anmerkungen

Die Quelle ist in beiden Fußnoten genannt; die Wörtlichkeit der Übernahme lässt sich daraus nicht erschließen.


[120.] Mra/Fragment 193 15

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 193, Zeilen: 15-23, 111-114
Quelle: Schuleri-Hartje Reimann 2005
Seite(n): 164, 165, Zeilen: online
In der aktuellen Diskussion werden zudem Gebiete, in denen Zuwanderer in hoher Anzahl leben, zunehmend als Problem angesehen, da diese Gebiete als integrationshemmend und als Ausdruck für Desintegration gewertet werden. Die bauliche Realität in einer multikulturellen Gesellschaft, gerade in vielen Großstädten, ist die sozialräumliche Ausdifferenzierung, die Abschottung, teilweise Ghettoisierung und schließlich die daraus resultierende Segregation, d.h. die räumliche Abbildung sozialer Ungleichheiten, der Wohnbevölkerung nach Herkunft, Ethnie, sozialer Lage und Lebensstil. Auch wenn eine ethnische Mischung im Baugesetzbuch791 und im Wohnraumförderungsgesetz792 Ziel kommunaler Wohnungswirtschaft sein soll, hat sich eine Mischung nur in Ansätzen als umsetzbar erwiesen.

791 § 1 Abs. 5 S. 2 Baugesetzbuch sieht vor, „die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung bei Vermeidung einseitiger Bevölkerungsstrukturen zu berücksichtigen.“

792 § 6 Wohnraumförderungsgesetz, wonach die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen bei der Förderung von Wohnungen zu berücksichtigen sind.

Realität in vielen Großstädten ist die sozialräumliche Ausdifferenzierung und Segregation – das heißt die räumliche Abbildung sozialer Ungleichheiten – der Wohnbevölkerung nach Herkunft, Ethnie, sozialer Lage und Lebensstil. [...]

In der aktuellen Diskussion werden Gebiete, in denen Zuwanderer in hoher Anzahl leben, zunehmend als Problem angesehen, da diese Gebiete als integrationshemmend und als Ausdruck für Desintegration gewertet werden.

[Seite 165]

  • - Sozialräumliche Ausdifferenzierung und Segregation der Wohnbevölkerung ist in vielen, vor allem Großstädten die Realität; auch wenn eine ethnische Mischung im Baugesetzbuch10 und im Wohnraumförderungsgesetz11 Ziel kommunaler Wohnungswirtschaft sein soll, haben sich die mit der Mischung der einheimischen und zugewanderten Wohnbevölkerung verfolgten Strategien, wie Zuzugssperren, nur in Ansätzen als umsetzbar erwiesen.

10 § 1 V 2 Baugesetzbuch sieht vor, »die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung bei Vermeidung einseitiger Bevölkerungsstrukturen zu berücksichtigen«.

11 § 6 Wohnraumförderungsgesetz, wonach die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen bei der Förderung von Wohnungen zu berücksichtigen sind.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[121.] Mra/Fragment 194 33

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 194, Zeilen: 33-36
Quelle: Schönbohm 1997
Seite(n): 4, Zeilen: r. Sp. 14 ff.
Die Integrationsfähigkeit von Gesellschaften ist folglich begrenzt. Integration wird umso schwieriger, je höher der Anteil der Ausländer ist.798 Auch werden sich Öffnungsbereitschaft und Akzeptanz nur sichern lassen, wenn die deutsche Bevölkerung nicht das Gefühl hat, übervorteilt und überfordert zu werden.

798 Zur Bedeutung einer Steuerung der Zuwanderung aus wirtschaftspolitischer Sicht: Henkel, ZAR 2003, 124.

Die Integrationsfähigkeit von Gesellschaften ist begrenzt. Integration wird umso schwieriger, je höher der Anteil der Ausländer ist. Auch werden sich Öffnungsbereitschaft und Akzeptanz nur sichern lassen, wenn die deutsche Bevölkerung nicht das Gefühl hat, übervorteilt und überfordert zu werden.
Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[122.] Mra/Fragment 194 37

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 194, Zeilen: 37-38
Quelle: Borella 2007
Seite(n): 231, Zeilen: online
Die Einheimischen befürchten einen doppelten Schaden. Einerseits sorgen sie sich um den eventuellen Verlust des Arbeitsplatzes auf-[grund Verdrängung.] Die Einheimischen befürchten einen doppelten Schaden. Einerseits sorgen sie sich um den eventuellen Verlust des Arbeitsplatzes wegen der oben erwähnten Verdrängung.
Anmerkungen

Ein kurzes Fragment, für dessen Inhalt die Quelle auf S. 195 - und dann erst nach fünf weiteren Fußnoten mit anderen Referenzen - in Fn. 804 und dort an zweiter Stelle genannt wird.

Fortsetzung auf der folgenden Seite.


[123.] Mra/Fragment 195 01

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 195, Zeilen: 1-2
Quelle: Borella 2007
Seite(n): 231, Zeilen: online
[Einerseits sorgen sie sich um den eventuellen Verlust des Arbeitsplatzes auf-]grund Verdrängung. Andererseits könnte bei Eintreten dieses Falles das Auffangnetz des Sozialstaates wegen Überlastung nicht mehr dasselbe Niveau an Versorgung für alle garantieren. Einerseits sorgen sie sich um den eventuellen Verlust des Arbeitsplatzes wegen der oben erwähnten Verdrängung. Andererseits könnte bei Eintreten dieses Falles das Auffangnetz des Sozialstaats wegen Überbelastung nicht mehr dasselbe Niveau an Versorgung für alle garantieren.
Anmerkungen

Ein kurzes Fragment, für dessen Inhalt die Quelle auf S. 195 - und dann erst nach fünf weiteren Fußnoten mit anderen Referenzen - in Fn. 804 und dort an zweiter Stelle genannt wird.

Fortsetzung von S. 194.


[124.] Mra/Fragment 195 06

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 195, Zeilen: 6-15
Quelle: Luft 2007
Seite(n): 263, Zeilen: l.Sp. 23 ff.
Im Gegenzug wird immer wieder laut, dass der Arbeitsmarkt zusätzlicher Arbeitskräfte bedürfe und es deshalb weitere Zuwanderung geben müsse.800 Auch die EU-Kommission spricht sich dafür aus.801 Dies erscheint allerdings im Hinblick auf rund sieben Millionen Beschäftigungsmöglichkeiten unplausibel.802 Die erste Aufgabe muss darin bestehen, den hier bereits lebenden Zuwanderern den Eintritt in gesicherte Beschäftigungsverhältnisse zu ermöglichen. Dazu müssen in erster Linie die Qualifizierungsdefizite überwunden werden803, denn arbeitsmarkt-orientierte Zuwanderung sollte weiterhin nicht generell als Ausgleich für Versäumnisse in der Bildungspolitik fungieren. Eine zunehmende Zuwanderung Geringqualifizierter würde Verdrängungsprozesse auf dem Arbeitsmarkt verstärken, die Konkurrenz im Niedriglohnsektor und bei den „prekären Beschäftigungsverhältnissen“ verschärfen sowie die Gefahr einer weiteren Belastung der sozialen Sicherungssysteme bedeuten.804

800 Ausführlich bei Luft, ZAR 2007, 261.

801 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, KOM (2004) 811, 13.

802 Hickel, Kassensturz. Sieben Gründe für eine andere Wirtschaftspolitik, Reinbeck 2006.

803 Reinberg/Hummel, Höhere Bildung schützt auch in der Krise vor Arbeitslosigkeit, Nürnberg 2005.

804 Ausführlich zu den ökonomischen Folgen von Wanderungsentscheidungen Steinmann, ZAR 2007, 222 m. w. N.; Borella, ZAR 2007, 229.

Auch die EU-Kommission spricht sich für eine intensivierte »Politik zur Anwerbung von Wirtschaftsmigranten und zur Erleichterung ihrer Aufnahme« aus.21 Das ist angesichts der genannten Zahlen sowie einer Arbeitsplatzlücke von insgesamt rund sieben Millionen Beschäftigungsmöglichkeiten in Deutschland22 unplausibel. [...] Die erste Aufgabe muss darin bestehen, den hier bereits lebenden Zuwanderern den Eintritt in gesicherte Beschäftigungsverhältnisse zu ermöglichen. [...] Dazu müssen in erster Linie die Qualifizierungsdefizite überwunden werden. »Arbeitsmarktorientierte Zuwanderung sollte weiterhin nicht generell als Ausgleich für Versäumnisse in der Bildungspolitik fungieren [...]«, stellt das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit fest.24 Eine zunehmende Zuwanderung Geringqualifizierter würde Verdrängungsprozesse auf dem Arbeitsmarkt verstärken, die Konkurrenz im Niedriglohnsektor und bei den »prekären Beschäftigungsverhältnissen«25 verschärfen sowie die Gefahr einer weiteren Belastung der sozialen Sicherungssysteme bedeuten.

21 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Grünbuch über ein EUKonzept zur Verwaltung der Wirtschaftsmigration«, KOM(2004) 811, S. 13.

22 Vgl. Hickel, Kassensturz. Sieben Gründe für eine andere Wirtschaftspolitik, Reinbeck 2006, S. 13.

24 Stellungnahme des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesanstalt für Arbeit für die Öffentliche Anhörung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages am 16.1.2002, S. 4.

25 Vgl. Dörre, Prekäre Arbeit und soziale Desintegration, in: Vorgänge, H. 4/2006, S. 13-22.

Anmerkungen

Quelle ist unmittelbar vor dem übernommenen Abschnitt in Fn. 800 genannt.


[125.] Mra/Fragment 195 23

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 195, Zeilen: 23-34
Quelle: Zerger 2009
Seite(n): 85 f., Zeilen: online
Zugleich muss die Aufmerksamkeit auch auf die Auswirkungen von Migrationsprozessen gerichtet werden, die durch Klima- und Umweltveränderungen ausgelöst werden. Verschiedene Prognosen prophezeien für die nächsten Jahrzehnte ein starkes Anwachsen klimabedingter Migration und damit verbunden eine steigende Gefahr von Verteilungskonflikten.806 Unklar ist bislang insbesondere der völkerrechtliche Status von Migranten und Flüchtlingen, die aufgrund klimatisch oder umweltbedingter Gründe ihr Herkunftsland verlassen.807 Bereits im Jahre 2007 diskutierte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen über Sicherheitsfragen infolge von Klimaveränderungen.808 Schlussfolgerungen wurden jedoch nicht gezogen, obwohl „environmental migration“ mehrfach als größter Risikofaktor erkannt wurde. Die vom Klimawandel am stärksten betroffenen Staaten verlangen zwar eine drastische Reduzierung klimaschädlicher Treibhausgase, allerdings verpflichten sich die größten Produzenten dieser Treibhausgase wie die USA und China nur zögerlich.

806 Vgl. dazu Welzer, Klimakriege – Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird, Frankfurt am Main 2008.

807 Ausführlich Zerger, ZAR 2009, 85.

808 Sitzung des VN-Sicherheitsrates am 17.04.2007.

Die Auswirkungen von Klima- und Umweltveränderungen auf Migrationprozesse beschäftigen zunehmend die Migrationsforschung, politische Entscheider sowie Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen. Verschiedene Prognosen prophezeien für die nächsten Jahrzehnte ein starkes Anwachsen klimabedingter Migration und damit verbunden eine steigende Gefahr von Verteilungskonflikten. Unklar ist bislang insbesondere der völkerrechtliche Status von Migranten und Flüchtlingen, die aufgrund klimatisch oder umweltbedingter Gründe ihr Herkunftsland verlassen.

1. Bedrohung der Lebensgrundlage durch den Klimawandel

Im Jahr 2007 diskutierte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mehrere Stunden über Sicherheitsfragen infolge von Klimaveränderungen. 1 In der Debatte wurde »environmental migration« mehrfach als größter Risikofaktor angesprochen. [...]

[...]

Insofern ist es wenig erstaunlich, wenn die von den Folgen des Klimawandels voraussichtlich am stärksten betroffenen Staaten wie Tuvalu und die Malediven die Industriestaaten als Hauptverursacher von Klimaveränderungen an ihre Verantwortung erinnern und eine schnelle und drastische Reduzierung klimaschädlicher Treibhausgase einfordern. Bislang haben sich jedoch gerade einige der größten Produzenten von Treibhausgasen,

[Seite 86]

insbesondere die USA, aber auch die Schwellenländer China und Indien, nur sehr bedingt bzw. gar nicht der Reduktion von Treibhausgasemissionen verpflichtet.


1 Sitzung des VN-Sicherheitsrates am 17.4.2007.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 807 genannt.


[126.] Mra/Fragment 196 06

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 196, Zeilen: 6-23
Quelle: Zerger 2009
Seite(n): 86, 87, 88, Zeilen: online
Zum Umfang aktueller und zukünftiger klima- bzw. umweltbedingter Wanderungsbewegungen existieren zwar unterschiedliche Schätzungen, allerdings kann kein Migrationsforscher die komplexen Wechselwirkungen der verschiedenen Faktoren bestimmen. Als allgemein anerkannt erscheint allerdings die Zahl von 25 Mio. Umweltflüchtlingen810, wobei dieser Begriff, oder auch der des Klimaflüchtlings, relativ neu ist und eine allgemein akzeptierte Definition noch nicht existiert. Dies wiederum wirft vor allem völkerrechtliche Probleme auf, denn für den Status als international anerkannter Flüchtling ist die Fluchtursache entscheidend. Die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) von 1951 und das aus dem Jahre 1967 stammende Zusatzprotokoll erkennen jede Person als Flüchtling an, die „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten politischen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will.“ Umweltgründe oder klimatische Veränderungen sind darin also (bislang) nicht vorgesehen.811

Was schließlich zu einer handlungsleitenden Wanderung führt, wird im Einzelfall bei verschiedensten klimatischen, ökonomischen und sozialen Migrations- bzw. Fluchtursachen nur schwer zu ermitteln sein.


810 So beispielsweise auch Stern, The Economics of Climate Change. The Stern Review. Cambridge 2006.

811 Vgl. zur Frage der Ausweitung der GFK oder alternativer Modelle, Zerger, ZAR 2009, 85.

Zum Umfang aktueller und künftiger klima- bzw. umweltbedingter Wanderungsbewegungen existieren verschiedene Schätzungen und Prognosemodelle,9 allerdings kann kein Migrationsforscher exakt die komplexe Wechselwirkung zwischen den verschiedenen Konfliktkonstellationen und deren Einfluss auf Migration10 bestimmen.

[Seite 87]

Die erste Schätzung von ca. 25 Mio. Umwelflüchtlingen wurde später immer wieder aufgegriffen, so etwa 2001 im World Disasters Report der Internationalen Roten Kreuz und Roten Halbmond Organisation, ebenso die erwarteten 200 Mio., etwa im Stern Report zur Fussnote11 oder im IPCC.12

[Seite 88]

Da keine allgemein akzeptierte Definition der Termini existiert, scheint eine Begriffsklärung dringend notwendig. [...] Es müsste also auf jeden Fall zwischen klimatischen, ökonomischen und sozialen Migrations- bzw. Fluchtursachen differenziert werden. In der Praxis dürfte dies allerdings nur schwer und kaum trennscharf zu bewerkstelligen sein. [...] Für den Status als international anerkannter Flüchtling ist jedoch die Fluchtursache entscheidend.

5. Zum Rechtsstatus von Klima- bzw. Umweltflüchtlingen und -migranten

Die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) von 1951 und das Zusatzprotokoll von 1967 sehen vor, jede Person als Flüchtling anzuerkennen, die »aus der begründeten Furcht vor Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will«. Umweltgründe und klimatische Veränderungen sind darin nicht verankert.


9 Kritisch dazu Black, Environmental Refugees: Myth or Reality? Working Paper No. 34, UNHCR, 2001.

10 Vgl. Hugo, Environmental Concerns and International Migration, International Migration Review 30, 1996, S. 105-131. Clark, Environmentally Induced Migration and Conflict, Berlin, 2007

11 Stern, The Economics of Climate Change: The Stern Review, Cambridge, 2006.

12 Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC): Climate Change 2001. Impacts, Adaptation and Vulnerability – Summary for Policy Makers, Contribution of Working Group I to the Fourth Assessment Report of the IPCC, Geneva 2001

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 811 genannt; dass auch der Inhalt davor und danach - teils wörtlich - aus ihr stammt, wird nicht deutlich.


[127.] Mra/Fragment 198 06

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 198, Zeilen: 6-13, 15-19, 22-35, 101-103
Quelle: Dorf 2008
Seite(n): 98 f., 101, Zeilen: online
Die Frage nach dem demokratisch unabdingbaren Kommunikationsniveau zu stellen, bedeutet eine Ebene zu finden, die eine Plattform schafft, um die in der demokratischen Ordnung vorausgesetzten Kommunikationsabläufe sicherzustellen.832 Für die Voraussetzung eines schriftliches Basisausdrucksvermögens spricht unter Zugrundelegung es verfassungsrechtlichen Nutzens folgende Überlegung: Erst mit der Befähigung, Gedanken und Meinung schriftlich zu fixieren, ist die Fähigkeit erreicht, im Kommunikationsprozess Verstetigung, Verlässlichkeit und wechselseitiges Vertrauen herbeizuführen. So kann ein rationaler demokratischer Diskurs, ein pluralistischer Wettbewerb der Meinungen stattfinden. Ein rein mündlicher Kommunikationsprozess legt die Befürchtung nahe, dass eine komplexere politische Willensbildung nicht möglich sein kann.833 Wer also als Einwanderer in Deutschland eingebürgert werden will, muss deutsch sprechen, verstehen, lesen und, auf einem gewissen Basisniveau, auch schreiben können. Die neue Einbürgerungsrechtslage stimmt mit dem verfassungsrechtlich angelegten Zusammenhang von politischer Willensbildung und Kommunikationsfähigkeit der Gesellschaft überein. Allerdings besteht Uneinigkeit darüber, ob bei der Einbürgerung ein Eid auf die Verfassung geleistet werden soll. Bis jetzt ist dieser noch nicht Gegenstand der Einbürgerungstestverordnung.834

Mit Aushändigung der von der zuständigen Verwaltungsbehörde ausgefertigten Einbürgerungsurkunde erwirbt der Ausländer dann die deutsche Staatsangehörigkeit (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 5; § 16 S. 1 StAG).835 Der formgebundene Verwaltungsakt ist in doppelter Weise, völkerrechtlich und staatsrechtlich, relevant. Er stellt die Zugehörigkeit zum Staatsvolk als einen der drei konstituierenden Elemente von Staatlichkeit im völkerrechtlichen Sinne her. Er ordnet den Eingebürgerten der völkerrechtlichen Personalhoheit der Bundesrepublik Deutschland unter, was beispielsweise dann besondere Bedeutung erlangt, wenn die Bundesrepublik mit ihren Strafverfolgungsorganen Auslandsstraftaten verfolgt oder überhaupt Rechtsfolgen an extraterritoriale Sachverhalte knüpft. Zugleich bildet die Einbürgerung die Grundlage für die völkerrechtliche Zuständigkeit zur Ausübung diplomatischen Schutzes. Damit ist gemeint, dass der Heimatstaat den zum Nachteil seines Bürgers begangenen Völkerrechtsverstoß als eine Verletzung seines eigenen Rechts gegenüber dem Verletztenstaat mit allen zu Gebote stehenden diplomatischen Mitteln geltend machen kann.836 Gegenstück dieser Befugnis ist die Verpflichtung des Heimatstaates, den eigenen Staatsangehörigen, der aus dem Ausland aus-[gewiesen wird, auf dem eigenen Staatsgebiet aufzunehmen.]


831 Während als erstes Obergericht der Hessische Verwaltungsgerichtshof im Jahre 2002 den Nachweis schriftlicher Sprachkenntnisse als Voraussetzung für die Einbürgerung bejahte, vgl. NVwZ 2003, 762, verneinte das Verwaltungsgericht Stuttgart kurz danach eben dieses Erfordernis, vgl. InfAuslR 2003, 164. Auf der anderen Seite entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass zu der deutschen Sprache auch der schriftliche Ausdruck gehöre, ZAR 2006, 283 und auch DVBl. 2006, 922, zum letzten Urteil, Wagner, JA 2008, 39, wobei das Mindestniveau „gewisse“ Kenntnisse ausreichen lasse. Details bei Dorf, ZAR 2008, 96.

832 So auch BVerwGE 124, 268.

833 So auch Dorf, ZAR 2008, 96.

834 Einbürgerungstestverordnung aufgrund § 10 Abs. 7 StAG.

835 Vgl. auch § 29 StAG, das sog. „Optionsmodell“, Details bei Kluth, ZAR 2009, 134.

836 Vgl. Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, München 2012, S. 125.

Während als erstes Obergericht der Hessische Verwaltungsgerichtshof im Jahre 2002 den Nachweis schriftlicher Sprachkenntnisse als Voraussetzung für die Einbürgerung bejahte,15 verneinte das Verwaltungsgericht Stuttgart kurze Zeit später das Erfordernis der schriftlichen Deutschkenntnisse beim Einbürgerungsbewerber.16

[...]

Mit Aushändigung der von der zuständigen Verwaltungsbehörde ausgefertigten Einbürgerungsurkunde erwirbt der Ausländer die deutsche Staatsangehörigkeit (s. §§ 3 Absatz I Nr. 5, 16 S. 1 StAG). Der formgebundene Verwaltungsakt ist in doppelter Weise, völkerrechtlich und staatsrechtlich relevant. Er stellt die Zugehörigkeit zum Staatsvolk als einem der drei konstituierenden Elemente von Staatlichkeit im völkerrechtlichen Sinne her. Er ordnet den Eingebürgerten der völkerrechtlichen Personalhoheit der Bundesrepublik Deutschland unter, was beispielsweise dann virulent wird, wenn die Bundesrepublik mit ihren Strafverfolgungsorganen Auslandsstraftaten verfolgt oder überhaupt Rechtsfolgen an extraterritoriale Sachverhalte knüpft. Zugleich bildet die Einbürgerung die Grundlage für die völkerrechtliche Zuständigkeit zur Ausübung des diplomatischen Schutzes. Damit ist gemeint, dass der Heimatstaat den zum Nachteil seines Bürgers begangenen Völkerrechtsverstoß als eine Verletzung seines eigenen Rechts gegenüber dem Verletzerstaat mit allen zu Gebote stehenden diplomatischen Mitteln geltend machen kann.25

[Seite 99]

Gegenstück dieser Befugnis ist die Verpflichtung des Heimatstaates, den eigenen Staatsangehörigen, der aus dem Ausland ausgewiesen wird, auf dem eigenen Staatsgebiet aufzunehmen.

[Seite 101]

Die Frage nach dem demokratisch unabdingbaren Kommunikationsniveau zu stellen heißt nicht, nach einem integrationspolitischen Bildungsniveau zu fragen. Es geht um nicht mehr, aber auch um nicht weniger, als die Frage, ob ein bloß auf das Verstehen und Autorisieren von Schriftsprache beschränktes Sprachniveau schon ausreicht, um die in der demokratischen Ordnung vorausgesetzten Kommunikationsabläufe sicher zu stellen,48 oder ob nicht doch ein bestimmtes schriftliches Basis-Ausdrucksvermögen vorausgesetzt werden muss. Der Unterschied ist größer, als das Bundesverwaltungsgericht wahrhaben will. Erst mit der Befähigung, Gedanken und Meinungen schriftlich zu fixieren, ist die Fähigkeit erreicht, im Kommunikationsprozess Verstetigung, Verlässlichkeit und wechselseitiges Vertrauen herbei zu führen. Erst damit erreicht die Kommunikation das Mindestniveau, ohne das ein rationaler demokratischer Diskurs, ein pluralistischer Wettbewerb der Meinungen nicht stattfinden kann.

[...]

Wer als Ausländer in Deutschland eingebürgert werden will, muss nicht nur deutsch sprechen und verstehen, sondern auch deutsch lesen und – auf einem gewissen Basisniveau – schreiben können. Die neue Einbürgerungsrechtslage stimmt mit dem verfassungsrechtlich angelegten Zusammenhang von politischer Willensbildung und Kommunikationsfähigkeit der Gesellschaft überein.


15 S. Urteil des VGH Kassel vom 19. 8. 2002, NVwZ 2003, 762 ff.

16 S. Urteil vom 9. 10. 2002, InfAuslR 2003, 164 ff.

25 Vgl. Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, 2007, S. 125.

48 So BVerwGE 124, 268 (273) und BVerwG 5 C 17.05 v. 20. 10. 2005, S. 9 http://www. bundesverwaltungsgericht.de, s. jeweils auch Leitsätze 2 und 3.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 831 und 833 genannt.


[128.] Mra/Fragment 200 17

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 200, Zeilen: 17-29, 112-117
Quelle: Wikipedia Einbürgerungstest 2013
Seite(n): online, Zeilen: 0
Im März 2006 führte auch Hessen einen „Leitfaden Wissen und Werte in Deutschland und Europa“ ein.840 Weil sich abzeichnete, dass weitere Länder diesem Beispiel folgen würden und aber eine bundesweite einheitliche Regelung sinnvoll erschien, verständigten sich die Innenminister der Länder im Mai 2006 darauf, dass einbürgerungswillige Ausländer sich in deutscher Sprache verständigen können müssen und zudem einen im Bundesgebiet einheitlichen Einbürgerungstest absolvieren müssen. Demgemäß erfolgte auch zunächst eine Änderung des Staatsangehörigengesetzes bezüglich der Anforderungen an die Sprachkenntnisse841, die am 28. August 2007 in Kraft trat. Nunmehr werden Sprachkenntnisse nach dem Zertifikat Deutsch in mündlicher und schriftlicher Form gefordert. Seit 1. September 2008 müssen Einwanderungswillige nunmehr in jedem Bundesland einen bundeseinheitlichen Einbürgerungstest bestehen.842 Die Einzelheiten sind in der Einbürgerungstestverordnung geregelt. Es gibt nunmehr einen Katalog von 310 Fragen843 (mit den Themen „Leben in der Demokratie“, „Geschichte und Verantwortung“, „Mensch und [Gesellschaft“) aus dem 33 Fragen gewählt werden.]

840 Kritisch Arzt/Geyer, NJW 2006, 1107.

841 Vgl. § 10 Abs. 5, Abs. 7 StAG.

842 Auf der Innenministerkonferenz am 31.05. und 01.06.2007 einigten sich die Innenminister der Länder und der Bundesinnenminister auf „Bundeseinheitliche Standards für das Einbürgerungsverfahren“. Wenig später schaffte das Gesetz zur Umsetzung Aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 hierfür die rechtlichen Voraussetzungen, in dem dessen Art. 5 Nr. 7 lit.c in § 10 StAG einen Absatz 7 einfügte, der das Bundesinnenministerium ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests und das Curriculum für den Einbürgerungskurs durch Rechtsverordnung ohne Beteiligung des Bundesrats zu regeln. Auf dieser gesetzlichen Grundlage erließ das Bundesinnenministerium am 05.08.2008 die Verordnung zu einem Einbürgerungstest und Einbürgerungskurs, die am 01.09.2008 in Kraft getreten ist, BGBl. I 2008, 1649. Ebenfalls am 1. September 2008 ist eine entsprechende Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes im Hinblick auf inhaltliche Kenntnisse erfolgt. Seitdem muss der Einbürgerungswillige über „Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügen.“, vgl. auch § 10 StAG.

843 Der Test wurde an der Humboldt-Universität zu Berlin im Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen innerhalb eines Jahres entwickelt und am 8. Juli 2008 der Öffentlichkeit vorgestellt. Er kostet 25 € und kann beliebig oft wiederholt werden. Der „Gesamtkatalog der fürdenbundeseinheitlichen Einbürgerungstest vorgesehene Prüfungsfragen“ ist als Anlage zur Einbürgerungstestverordnung veröffentlicht worden.

Der Test wurde an der Humboldt-Universität zu Berlin im Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen entwickelt und am 8. Juli 2008 der Öffentlichkeit vorgestellt. Der Test ist mit 25 Euro Gebühren belegt und kann beliebig oft wiederholt werden.

[...]

Mittlerweile zog auch das Bundesland Hessen nach, dessen Innenminister am 14. März 2006 einen „Leitfaden Wissen und Werte in Deutschland und Europa, 100 Fragen zu kulturellen, historischen und politischen Tatbeständen“ veröffentlichte.

[...]

Seit dem 1. September 2008 müssen Ausländer in Deutschland zur Einbürgerung einen bundeseinheitlichen Einbürgerungstest bestehen. Die Einzelheiten zur Durchführung des Testes werden in der Einbürgerungstestverordnung geregelt. Er besteht aus 33 Fragen aus einem Katalog von 310 Fragen, von denen 17 richtig beantwortet werden müssen.

[...]

Einstimmig haben die Innenminister der Länder im Mai 2006 sich darauf verständigt, dass einbürgerungswillige Ausländer sich in deutscher Sprache verständigen können müssen und zudem einen im Bundesgebiet einheitlichen Einbürgerungstest absolvieren müssen. [...]

Eine entsprechende Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes hinsichtlich der Anforderungen an die Sprachkenntnisse ist am 28. August 2007 in Kraft getreten. Danach werden nunmehr Sprachkenntnisse nach dem Zertifikat Deutsch in mündlicher und schriftlicher Form gefordert.

Im Hinblick auf inhaltliche Kenntnisse „kultureller, politischer und historischer“ Art ist eine entsprechende Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes erst am 1. September 2008 in Kraft getreten. Seitdem ist eine zusätzliche Voraussetzung für den Einbürgerungsanspruch, dass der antragstellende Ausländer „über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt.“

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[129.] Mra/Fragment 202 06

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 202, Zeilen: 6-17
Quelle: Hanschmann 2008
Seite(n): 392, Zeilen: online
Nunmehr wird gefragt, was in Art. 1 GG garantiert wird, wer die Abgeordneten des Bundestages wählt, wie das deutsche Wappen aussieht und welches Tier hierauf zu sehen ist, welche Organe Verfassungsorgane sind und welche nicht, welche Parteien sich 2007 zu der Partei „die Linke“ vereinigt haben, was ehrenamtliche Arbeit bedeutet, welche Möglichkeiten dem Arbeitnehmer im Falle einer unrechtmäßigen Kündigung zustehen, zu welcher Gewalt Richter gehören, von wann bis wann das nationalsozialistische Terrorregime bestand, wann der zweite Weltkrieg endete, wann die DDR gegründet wurde, wer der erste Bundeskanzler der BRD war, was Willy Brandt mit seinem Kniefall im ehemaligen Warschauer Ghetto ausdrücken wollte, etc. Dadurch kann weder die Gestaltung noch die Durchführung des Tests erkennen, dass auf eine bestimmte Gruppe abgezielt wird oder andere, z.B. sicherheitsrechtliche, Aspekte verfolgt werden als die Nachprüfung historischer und staatsorganisatorischer Kenntnisse. Nunmehr wird unverfänglich beispielsweise danach gefragt, was in Art. GG Artikel 1 GG garantiert wird, wer die Abgeordneten des Bundestages wählt, wie das deutsche Wappen aussieht und welches Tier hierauf zu sehen ist, welche Organe Verfassungsorgane sind und welche nicht, welche Parteien sich 2007 zur Partei »DIE LINKE« vereinigt haben, was ehrenamtliche Arbeit bedeutet, welche Möglichkeiten dem Arbeitnehmer im Falle einer unrechtmäßigen Kündigung zustehen, zu welcher Gewalt Richter gehören, von wann bis wann das nationalsozialistische Terrorregime an der Macht war und wann der Zweite Weltkrieg endete, wann die DDR gegründet wurde, wer der erste Bundeskanzler der BRD war oder was Willy Brandt mit seinem Kniefall im ehemaligen Warschauer Ghetto ausdrücken wollte. Kurz gesagt lassen weder Gestaltung noch Durchführung des Einbürgerungstests erkennen, dass der Test auf eine bestimmte Gruppe von Einbürgerungsbewerbern zielt oder andere Zwecke verfolgt als die Nachprüfung historischer und staatsorganisatorischer Kenntnisse.
Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 852 am Ende des Absatzes genannt, der großteils wörtliche Charakter der Übernahme bleibt jedoch ungekennzeichnet.


[130.] Mra/Fragment 203 11

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 203, Zeilen: 11-32
Quelle: Groenendijk 2007
Seite(n): 325, Zeilen: online
Zusammenfassend lässt sich demnach feststellen, dass ein Staat zwischen verschiedenen Kriterien bei der Entscheidung, welche Einwanderer auf Dauer zur Gesellschaft zugelassen werden, wählen kann: Aufenthalt, Beteiligung, Loyalität, moralische Verpflichtungen, Identität oder gemeinsame ethnische Herkunft. Die Einführung einer neuen Integrationspolitik in einigen Mitgliedstaaten führte zu einer eindeutigen Verlagerung der Kriterien, ob Einwanderer zugelassen werden, einen Daueraufenthalt erhalten oder die Staatsangehörigkeit erwerben. Im EU-Freizügigkeitsrecht sind Gegenseitigkeit, Aufenthalt und Arbeitsteilnahme die hauptsächlichen Einbeziehungskriterien von Einwanderern in die Gesellschaft. In Deutschland waren jahrzehntelang Aufenthalt und Beteiligung maßgeblich. Beteiligung bemaß sich nach Aufenthaltsdauer, Beschäftigungszeiten, Beiträgen zur Sozialversicherung, Sprachkenntnissen und Straftatabwesenheit. In einigen Mitgliedstaaten wie Dänemark und Niederlande ist erkennbar, dass Kriterien wie Identität und Loyalität mehr und mehr in den Vordergrund rücken. So wird die Einführung eines Loyalitätseides, die systematische Prüfung von Sicherheitsdaten, die Kenntnis der Geschichte oder Politik des Gastlandes und stark erhöhte Anforderungen an die Sprache verlangt.855

Hier lassen sich Problematiken erkennen: zum einen stellt sich die Frage, wie eben Loyalität und Identität zu messen sind, daneben müsste zunächst eine Einigung darüber gefunden werden, was denn genau die gemeinsame Identität eines Landes ist und schließlich kann festgestellt werden, dass die öffentliche Debatte über die nationale Identität soziale Spannungen wohl eher verstärkt, denn mindert. Diese Debatte über Identität tendiert dazu, sowohl innerhalb der Mehrheitsbevölkerung und innerhalb der Einwanderer die Unterschiede zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen stärker herauszustellen als die Gemeinsamkeiten und kann insoweit auch nicht zu einer sinnvollen Lösung führen.


855 Groenendijk, ZAR 2007, 320.

Ein Staat kann zwischen verschiedenen Kriterien bei der Entscheidung, welche Einwanderer auf Dauer zur Gesellschaft zugelassen werden, wählen: Aufenthalt, Beteiligung, Loyalität, moralische Verpflichtungen, Identität oder gemeinsame ethnische Herkunft. Die Einführung einer neuen Integrationspolitik in einigen Mitgliedstaaten führte zu einer eindeutigen Verlagerung der Kriterien, ob Einwanderer zugelassen werden, einen Daueraufenthalt erhalten oder die Staatsangehörigkeit erwerben. Im EU-Freizügigkeitsrecht sind Gegenseitigkeit, Aufenthalt und Arbeitsteilnahme die hauptsächlichen Kriterien für die Einbeziehung von Einwanderern in die Gesellschaft. In Deutschland, wie in den meisten anderen Mitgliedstaaten, waren während etlicher Jahrzehnte Aufenthalt und Beteiligung die Hauptbedingungen für einen Daueraufenthalt oder die Einbürgerung. Beteiligung bemaß sich nach der Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts, der Beschäftigungszeiten, Beiträgen zur Sozialversicherung, Grundkenntnissen der Sprache und der Abwesenheit von Straftaten. In einigen Mitgliedstaaten, wie Dänemark und den Niederlanden, sehen wir in den letzten Jahren einen eindeutigen Trend, dass Kriterien wie Loyalität und Identität mehr Gewicht erhalten: die Einführung eines Loyalitätseides, die systematische Prüfung von Sicherheitsdaten, die Kenntnis der Geschichte oder Politik des Gastlandes und stark erhöhte Anforderungen an die Sprachkenntnisse. Diese Verlagerung bringt aber drei Probleme mit sich.

Das erste Problem ist, wie Loyalität und Identität zu messen sind. Aufenthalt und Beteiligung können leichter und objektiver bemessen werden. [...]

Das zweite Problem ist, dass um Identität zu messen, zunächst Übereinstimmung darüber herzustellen ist, was die gemeinsame Identität des Landes ist, die von den Einwanderern gelernt oder akzeptiert werden soll. [...]

Das dritte Problem ist, dass die öffentliche Debatte über die nationale Identität soziale Spannungen eher verstärkt und nicht vermindert. Diese Debatte über Identität tendiert dazu, sowohl innerhalb der Mehrheitsbevölkerung und innerhalb der Einwanderer die Unterschiede zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen stärker heraus zu stellen als die Gemeinsamkeiten.

Anmerkungen

Die Quelle ist zwar in Fn. 855 genannt, doch bleiben Art und Umfang der Übernahme ungekennzeichnet.

Das Fragment bildet den Abschluss des Kapitels (D.V. Der sog. Einbürgerungsfragebogen, S. 196-203).


[131.] Mra/Fragment 204 02

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 204, Zeilen: 2-9
Quelle: Rogall-Grothe 2009
Seite(n): 50, Zeilen: online
Die Bundeskanzlerin, Angela Merkel, hat im Jahr 2006 einen Integrationsgipfel ins Leben gerufen, der alle Aspekte in der Verantwortung von Bund, Ländern, Kommunen und der Zivilgesellschaft gemeinsam mit Vertretern der Migranten aufarbeiten soll und inzwischen einen „Nationalen Integrationsplan“ mit insgesamt mehr als 400 Selbstverpflichtungen aller Beteiligten verabschiedet. Für die in mehrfacher Hinsicht einer grundlegenden Aufarbeitung und Diskussion benötigten Themen im Zusammenhang mit der Integration des Islam wurde mit der vom damaligen Bundesinnenminister Schäuble organisierten Deutschen Islam Konferenz926 ein besonderes Forum geschaffen.927

926 Vgl. bereits Auführungen unter A IV.

927 Rogall-Grothe, ZAR 2009, 50.

Die Bundeskanzlerin hat im Jahr 2006 einen Integrationsgipfel ins Leben gerufen, der alle Aspekte in der Verantwortung von Bund, Ländern, Kommunen und der Zivilgesellschaft gemeinsam mit Vertretern der Migranten aufarbeiten soll und inzwischen einen »Nationalen Integrationsplan« mit insgesamt mehr als 400 Selbstverpflichtungen aller Beteiligten verabschiedet hat. Für die in mehrfacher Hinsicht einer grundlegenden Aufarbeitung und Diskussion benötigenden Themen im Zusammenhang mit der Integration des Islam wurde mit der von Bundesminister Dr. Schäuble organisierten Deutschen Islam Konferenz ein besonderes Forum geschaffen.
Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 927 genannt.


[132.] Mra/Fragment 216 07

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 216, Zeilen: 7-24
Quelle: Groß 2007
Seite(n): 319, Zeilen: online
Seit das Thema Integration überhaupt entdeckt worden ist, ist ein Trend zur Vorverlagerung und Verschärfung der Anforderungen festzustellen.

Kaum jemand bezweifelt, dass es sinnvoll ist, die Kenntnis der Sprache des Landes953 zu fördern, in dem man lebt. Sie ist Voraussetzung für die Beteiligung am gesellschaftlichen und erst recht am politischen Leben. Strittig ist hier lediglich, mit welchen Mitteln die offensichtlich vorhandenen Defizite am besten beseitigt werden können. Die erste Generation der Integrationskurse war jedenfalls zu stark standardisiert und hat deshalb unbefriedigende Ergebnisse gebracht. Problematisch ist die zweite positive Integrationsforderung, wenn sie im Sinne der Forderung nach einer „Leitkultur“ auf eine weitgehende kulturelle Integration zielen würde. Dieser Zweck wurde in der politischen Debatte insbesondere mit den Einbürgerungstests verbunden. Dagegen spricht jedoch, dass es in einer liberalen und pluralistischen Gesellschaft keine staatlichen Vorgaben für moralische und soziale Normen geben kann, die über die für alle verbindliche Rechtsordnung hinausgehen. Insbesondere muss die religiöse Sphäre in einem säkularen Staat Privatsache bleiben. Allgemeine staatsbürgerliche Kenntnisse sind dagegen durchaus sinnvoll. Es geht dann aber um Wissensvermittlung, während die paternalistische Bemühung, durch staatlich angeordnete Kurse eine emotionale Bindung an das neue Heimatland zu schaffen, einem freiheitlichen Verständnis der Verfassungsordnung widerspricht und auch kaum erfolgreich sein wird.954


953 Details siehe oben unter D II.

954 Ein Fortschrittsbericht zum Integrationsplan findet sich z.B. bei Krüger Potratz/Schiffauer, Migrationsreport 2010, Frankfurt am Main 2011, S. 238 ff.

Seit das deutsche Migrationsrecht das Thema Integration entdeckt hat, ist ein Trend zur Vorverlagerung und Verschärfung der Anforderungen festzustellen. ...]

Kaum jemand bezweifelt, dass es sinnvoll ist, die Kenntnis der Sprache des Landes zu fördern, in dem man lebt. Sie ist Voraussetzung für die Beteiligung am gesellschaftlichen und erst recht am politischen Leben. Strittig ist hier lediglich, mit welchen Mitteln die offensichtlich vorhandenen Defizite am besten beseitigt werden können. Die erste Generation der Integrationskurse war jedenfalls zu stark standardisiert und hat deshalb unbefriedigende Ergebnisse gebracht. [...]

Problematisch ist die zweite positive Integrationsanforderung, wenn sie im Sinne der Forderung nach einer »Leitkultur« auf eine weitgehende kulturelle Integration zielt.46 Dieser Zweck wurde in der politischen Debatte insbesondere mit den Einbürgerungstests verbunden. Dagegen spricht jedoch, dass es in einer liberalen und pluralistischen Gesellschaft keine staatlichen Vorgaben für moralische und soziale Normen geben kann, die über die für alle verbindliche Rechtsordnung hinausgehen.47 Insbesondere muss die religiöse Sphäre in einem säkularen Staat Privatsache bleiben. Allgemeine staatsbürgerliche Kenntnisse sind dagegen durchaus sinnvoll. Es geht dann aber um Wissensvermittlung, während die paternalistische Bemühung, durch staatlich angeordnete Kurse eine emotionale Bindung an das neue Heimatland zu schaffen, einem freiheitlichen Verständnis der Verfassungsordnung widerspricht und auch kaum erfolgreich sein wird.


46 Zur politischen Debatte vgl. Keskin (o. Fn. 2), S. 74 ff.

47 Santel, Politische Bildung 3/2006, 9 (17).

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.

Angesichts der nur oberflächlichen Änderungen ist auch eine Einordnung als Komplettplagiat denkbar.


[133.] Mra/Fragment 216 25

KomplettPlagiat
Untersuchte Arbeit:
Seite: 216, Zeilen: 25-33
Quelle: Bundesregierung 2009
Seite(n): 58, 59, Zeilen: 58: 19 ff; 59: 15 ff.
Mit zunehmender Bedeutung von Integrationspolitik stellt sich zudem mehr denn je die Frage, wie die Wirkung von Integrationsmaßnahmen und die integrationspolitischen Ziele erfasst werden können. Bisher fehlte es hierfür oftmals an Statistiken und wissenschaftlich fundierten Analysen. Mit der Konzeption „Integration fördern - Erfolge messen – Zukunft gestalten“ legte die Beauftragte der Bundesregierung im Juni 2008 dem Kabinett ein Konzept für ein bundesweites Integrationsmonitoring vor. Das Integrationsmonitoring beschreibt die Entwicklung der Integration der Bevölkerung mit Migrationshintergrund im Zeitverlauf und bietet somit wesentliche Ansatzpunkte für die Verbesserung integrationspolitischer Instrumente und Maßnahmen. Mit der zunehmenden Bedeutung von Integrationspolitik als gesellschaftspolitischem Schlüsselthema stellt sich mehr denn je die Frage, wie die Wirkung von Integrationsmaßnahmen und die integrationspolitischen Ziele erfasst werden können. Bisher fehlte es hierfür oftmals an Statistiken und einheitlichen Kriterien und an wissenschaftlich fundierten Analysen.

[Seite 59]

Mit der Konzeption „Integration fördern - Erfolge messen - Zukunft gestalten“ legte die Beauftragte im Juni 2008 dem Kabinett ein Konzept für ein bundesweites Integrationsmonitoring vor. [...]

Das Integrationsmonitoring beschreibt die Entwicklung der Integration der Bevölkerung mit Migrationshintergrund im Zeitverlauf und bietet somit wesentliche Ansatzpunkte für die Verbesserung integrationspolitischer Instrumente und Maßnahmen.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[134.] Mra/Fragment 217 04

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 217, Zeilen: 4-16
Quelle: Riesgo Alonso 2007
Seite(n): online, Zeilen: 0
Im Geist der Achtung, des Respekts und der Dialogbereitschaft begann im Bundeskanzleramt mit viel Symbolik zudem seit 2006 der Integrationsgipfel und damit ein Prozess, an dem sich Migranten an der Mitgestaltung einer, wie es hieß „Aufgabe von nationaler Bedeutung“ aktiv beteiligen konnten. Die Partizipation von überwiegend in Migrantenselbstorganisationen engagierten Menschen ist und bleibt ein innovativer und zugleich qualitativ bestimmender Aspekt dieses Prozesses. Der aktivierende, mobilisierende Effekt, den sowohl die Integrationsgipfel als auch die Arbeiten in den Arbeitsgruppen nicht nur bei Migranten und ihren Gemeinschaften, sondern auch in weiten Teilen der Gesellschaft ausgelöst haben, hat eine über den erarbeiteten Plan selbst weit hinausgehende Dynamik entwickelt, die als eine bedeutsame Ressource für das Gelingen von Integration zu pflegen und voranzutreiben ist. Der Erfolg des Planes wird also in hohem Maße davon abhängen, ob es gelingt, seinen Prozess-Charakter aufrechtzuerhalten und weiterzuführen und die Dynamik der Partizipation und des gesellschaftlichen Dialogs als integrationspolitische Ressource nachhaltig zu nutzen. Im Geist der Achtung, des Respekts und der Dialogbereitschaft begann im Bundeskanzleramt mit viel Symbolik der Integrationsgipfel und damit ein Prozess, an dem sich Migrantinnen und Migranten an der Mitgestaltung einer, wie es hieß, „Aufgabe von nationaler Bedeutung“ aktiv beteiligen konnten. Die Partizipation von überwiegend - aber nicht ausschließlich - in Migrantenselbstorganisationen engagierten Menschen ist und bleibt ein innovativer und zugleich qualitativ bestimmender Aspekt dieses Prozesses. [...]

Der aktivierende, mobilisierende Effekt, den sowohl die beiden Integrationsgipfel als auch die Arbeiten in den Arbeitsgruppen nicht nur bei Migrantinnen und Migranten und ihren Communities, sondern auch in weiten Teilen der Gesellschaft ausgelöst haben, hat eine über den erarbeiteten Plan selbst weit hinausgehende Dynamik entwickelt, die als eine bedeutsame Ressource für das Gelingen der Integration zu pflegen und voranzutreiben ist.

[...]

Der Erfolg des Plans wird also in hohem Maß davon abhängen, ob es gelingt, seinen Prozess-Charakter aufrechtzuerhalten und weiter zu führen und die Dynamik der Partizipation und des gesellschaftlichen Dialogs als integrationspolitische Ressource nachhaltig zu nutzen.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[135.] Mra/Fragment 217 18

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 217, Zeilen: 18-24, 26
Quelle: Wikipedia Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration 2014
Seite(n): online, Zeilen: 0
Von 2002 bis 2005 war das Amt des bzw. der Integrationsbeauftragten dem Familienministerium zugeordnet, davor seit der Schaffung des Amtes 1978 als „Beauftragter zur Förderung der Integration der ausländischen Arbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen“ bzw. als „Beauftragter der Bundesregierung für Ausländerfragen“ dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung. Das Amt des Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration wurde 2005 von der Bundeskanzlerin Angela Merkel im Kanzleramt angesiedelt und als Staatsminister für Integration in der Bedeutung aufgewertet, wodurch deutlich wird, dass die gesellschaftspolitische Querschnittsaufgabe insgesamt an Bedeutung gewonnen hat. Der jeweilige Amtsinhaber hat den Rang des Parlamentarischen Staatssekretärs. Das Amt des Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration wurde 2005 von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Kanzleramt angesiedelt und als Staatsminister für Integration in der Bedeutung aufgewertet. Der Amtsinhaber hat den Rang eines Parlamentarischen Staatssekretärs.

Von 2002 bis 2005 war das Amt dem Familienministerium zugeordnet, davor seit der Schaffung des Amtes 1978 als „Beauftragter zur Förderung der Integration der ausländischen Arbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen“ bzw. als „Beauftragter der Bundesregierung für Ausländerfragen“ dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.

Eine halbsatzartige kleine Mra-Zutat geht nicht in die Zeilenzählung ein.


[136.] Mra/Fragment 217 26

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 217, Zeilen: 26-33
Quelle: Bundesregierung 2009
Seite(n): online, Zeilen: 0
3. Das Amt der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung955

[...]

Die Bundesregierung hat somit zu Beginn der 16. Legislaturperiode die Voraussetzungen dafür geschaffen, Integrationspolitik zum gesellschaftspolitischen Schlüsselthema zu machen und zu verankern. Angela Merkel begründete dies damit, dass „Integration eine Schlüsselaufgabe unserer Zeit ist, die auch durch den demographischen Wandel immer mehr an Bedeutung gewinnt.“ Integrationspolitik betreffe alle Politik- und Gesellschaftsbereiche. Dies gelte sowohl im Hinblick auf die unterschiedlichen Politikbereiche als auch bezogen auf die föderalen Ebenen sowie auf das Zusammenwirken von staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren.


955 www.bundesregierung.de

Die Bundesregierung hat somit zu Beginn der 16. Legislaturperiode die Voraussetzungen dafür geschaffen, Integrationspolitik zum gesellschaftspolitischen Schlüsselthema zu machen und als Querschnittsaufgabe zu verankern.

[...]

"Integration ist eine Schlüsselaufgabe unserer Zeit, die auch durch den demografischen Wandel immer mehr an Bedeutung gewinnt", begründete Bundeskanzlerin Angela Merkel diese gesellschaftspolitische Schwerpunktsetzung. Integrationspolitik betreffe alle Politik- und Gesellschaftsbereiche. Dies gelte sowohl im Hinblick auf die unterschiedlichen Politikbereiche als auch bezogen auf die föderalen Ebenen sowie auf das Zusammenwirken von staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren.

Anmerkungen

Ein Versuch einer Quellenangabe findet sich in Fn. 955 (eher ungenau zitiert, aber immerhin ein "sprechender" - bzw. hier eher raunender - Link).


[137.] Mra/Fragment 219 01

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 219, Zeilen: 1-8, 15-21
Quelle: Reimann 2008
Seite(n): 202 f., Zeilen: 202: 7 ff., 26 ff.; 203: 1-2
Außerdem bilden sie eine Brückenfunktion zwischen Zugewanderten und Neuzuwandern sowie zwischen Migranten und deutscher Bevölkerung, die dadurch darauf aufmerksam gemacht werden könnten, dass sich nicht jeder Ausländer lediglich als „Sozialschmarotzer“ in der Bundesrepublik aufhält. Das Potential der ethnischen Ökonomie ist daher gezielt zu stärken, u.a. durch eine kommunale Wirtschaftsförderung, die ethnische Existenzgründer und Ausbildungsverbände ausländischer Unternehmen unterstützt. Dadurch wiederum kann die Schaffung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen für Zuwanderer vor Ort verbessert werden.

[...]

[...] Diffuse Ängste werden in der Regel auf „Fremde“ projiziert, auf Personen, die sich durch Aussehen, Sprache und Verhalten von Einheimischen unterscheiden. Dem ist durch bauliche und personelle Maßnahmen Rechnung zu tragen, wie durch die Verbesserung der Beleuchtung, die Beseitigung von Sichthindernissen, die bauliche Abgrenzung von privatem, halböffentlichem und öffentlichem Raum, die Bereitstellung von Freiflächen und Spiel- bzw. Sportflächen für Kinder und Jugendliche und das Einstellen von Hausbetreuern.

Außerdem haben die Betriebe und Geschäfte der Migranten als Anlauf- und Informationsstellen häufig eine Brückenfunktion zwischen Zugewanderten und Neuzuwanderern sowie zwischen Migranten und deutscher Bevölkerung. Das Potenzial der Migrantenökonomie sollte daher gezielt gestärkt werden, unter anderem durch eine kommunale Wirtschaftsförderung, die ethnische Existenzgründer und Ausbildungsverbünde ausländischer Unternehmen unterstützt und damit die Schaffung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen für Zuwanderer vor Ort befördert.

[...]

Die Beeinträchtigung des Sicherheitsempfindens bei Bewohnern im Quartier wirkt integrationshemmend. Diffuse Ängste werden in der Regel auf „Fremde“ projiziert, auf Personen, die sich durch Aussehen, Sprache und Verhalten von Einheimischen unterscheiden. Dem Sicherheitsempfinden sollte durch bauliche und personelle Maßnahmen Rechnung getragen werden, z. B. durch die Verbesserung der Beleuchtung, die Beseitigung von Sichthindernissen, die bauliche Abgrenzung von privatem, halböffentlichem und öffentlichem Raum, die Bereit-

[Seite 203:]

stellung von Freiflächen und Spiel- und Sportflächen für Kinder und Jugendliche und das Einstellen von Hausbetreuern.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[138.] Mra/Fragment 219 22

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 219, Zeilen: 22-28, 31- 41
Quelle: Sachverständigenrat 2004
Seite(n): 437, 438, Zeilen: 437: 22 ff.; 438: 14 ff.
Es gibt Zuwandererviertel, in denen es vielerlei Lebensweisen gibt und diese werden vielfach auch als kulturelle Bereicherung wahrgenommen. Auf der anderen Seite stehen Sorgen und Ängste. Es wird befürchtet, dass hier Brennpunkte der Armut, der Verwahrlosung und der Kriminalität entstehen, die sich allmählich der staatlichen Kontrolle entziehen und deren Bewohner sich bewusst von der Mehrheitsgesellschaft abkapseln. Diese Ängste müssen ernst genommen werden. Gerade hier muss eine aktive Integrationspolitik ansetzen. Unter den Möglichkeiten, das Sicherheitsempfinden der Bürger zu erhöhen, wird oft ein erhöhter Einsatz von Polizeistreifen zu Fuß oder mit dem Fahrrad gewünscht. Auch spezielle Wohngebietsbeamte, mit denen man vertraut ist, können hier ein Ansatz sein. Die Kriminalprävention auf lokaler Ebene sollte aber nicht ausschließlich als polizeiliche Aufgabe betrachtet werden, sondern die Mitwirkungsbereitschaft und das „Hinsehen“ der Bürger aktivieren. Maßnahmen müssen zum Ziel haben, bei Konflikten die Selbstregelungsfähigkeit von Familien, Nachbarschaftsgemeinschaften sowie kommunalen und privaten Einrichtungen zu mobilisieren und ein Verantwortungsgefühl für das unmittelbare räumliche Lebensumfeld zu schaffen. Durch Integrationsförderung im jeweiligen Wohnumfeld können Defizite in der Wohnsituation der Migranten nicht gänzlich abgebaut werden. Anstrengungen zur Verbesserung eben jenes Wohnumfeldes, Mieter- und Bürgerbeteiligung sowie Aufklärungs- und Informationsangebote können jedoch bestehende Defizite abmildern, den sozialen Zusammenhalt vor Ort stärken und eine [sic] maßgeblichen Beitrag zur zukünftigen Entwicklung benachteiligter Stadtteile leisten. Zuwandererviertel, in denen es vielerlei Lebensweisen gibt, werden ohne Zweifel vielfach als kulturelle Bereicherung wahrgenommen. Auf der anderen Seite stehen Sorgen und Ängste. Es wird befürchtet, dass hier Brennpunkte der Armut, der Verwahrlosung und der Kriminalität entstehen, die sich allmählich der staatlichen Kontrolle entziehen und deren Bewohner sich bewusst von der Mehrheitsgesellschaft abkapseln. Diese Ängste müssen ernst genommen werden; gerade in diesen benachteiligten Stadtvierteln muss aktive Integrationspolitik ansetzen.

[Seite 438]

Auch die Kriminalprävention auf lokaler Ebene sollte nicht ausschließlich als polizeiliche Aufgabe betrachtet werden, sondern die Mitwirkungsbereitschaft und das „Hinsehen“ der Bürger aktivieren. Maßnahmen müssen zum Ziel haben, bei Konflikten die Selbstregelungsfähigkeit von Familien, Nachbarschaftsgemeinschaften sowie kommunalen und privaten Einrichtungen zu mobilisieren und ein Verantwortungsgefühl für das unmittelbare räumliche Lebensumfeld zu schaffen. [...]

Durch Integrationsförderung im Wohnumfeld können die Defizite in der Wohnsituation von Migranten nicht abgebaut werden. Anstrengungen zur Verbesserung des Wohnumfeldes, Mieter- und Bürgerbeteiligung sowie Aufklärungs- und Informationsangebote können jedoch bestehende Defizite abmildern, den sozialen Zusammenhalt vor Ort stärken und einen maßgeblichen Beitrag zur zukünftigen Entwicklung benachteiligter Stadtteile leisten.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[139.] Mra/Fragment 220 11

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 220, Zeilen: 11-26
Quelle: Luft 2007
Seite(n): 262 f., Zeilen: 262: r.Sp.: 3 ff.; 263: l.Sp. 1 ff.
Mit Beginn des Niederlassungsprozesses Anfang der 70er Jahre, in dem aus „Gastarbeitern“ „Wohnbevölkerung“ wurde, haben sich in zahlreichen Städten „ethnische Kolonien“ gebildet. Die Mechanismen, die dazu geführt haben, sind vielfältig. Im Ergebnis hat sich diese Segregation über die Jahrzehnte verfestigt. Wer es sich leisten konnte, verließ diese Stadtteile, das gilt auch für zugewanderte soziale Aufsteiger. Dieser selektive Wanderungsprozess wird verstärkt durch die Kettenmigration, die im Wesentlichen dazu beiträgt, dass sich die ethnischen Kolonien immer wieder neu auffüllen, nämlich durch den Nachzug von Ehepartnern. Rund 60 % der Ehen türkischer Staatsbürger in Deutschland werden nach Einschätzung von Fachleuten mit einem Partner aus der Türkei geschlossen.962 Waren zunächst lediglich soziale und demographische Segregation registriert worden, kam seit den 80er Jahren auch noch eine ethnische Komponente hinzu. Sie korreliert inzwischen mit den anderen Faktoren derart stark, dass ethnische Konzentration in Stadtvierteln heute gleichbedeutend ist mit Armut und Kinderreichtum. Im Laufe der Zeit ist der Zusammenhang dieser drei Dimensionen stärker geworden, d.h. die meisten Ausländer leben heute in Stadtteilen, in denen auch die meisten armen Inländer leben. Dort leben heute, zumindest in Städten, auch die meisten Familien und Kinder.963

962 Straßburger, Zeitschrift für Migration und Soziale Arbeit 2001, 34; Luft, Wege aus der Integrationskrise, Gräfelfing 2006.

963 Institut für Landes- und Stadtentwicklung und Bauwesen des Landes Nordrhein-Westfalen, Sozialraumanalyse, Dortmund 2006.

Mit Beginn des Niederlassungsprozesses Anfang der 70er Jahre, in dem aus »Gastarbeitern« »Wohnbevölkerung« wurde, haben sich in zahlreichen Städten »ethnische Kolonien« gebildet. Die Mechanismen, die dazu geführt haben, sind vielfältig. Im Ergebnis hat sich diese Segregation über die Jahrzehnte verfestigt. Wer es sich leisten konnte, verließ diese Stadtteile, das gilt auch für zugewanderte soziale Aufsteiger. Dieser selektive Wanderungsprozess wird verstärkt durch die Kettenmigration, die wesentlich dazu beiträgt, dass sich die ethnischen Kolonien immer wieder neu auffüllen; dies insbesondere durch den Nachzug von Ehepartnern. Rund 60 % der Ehen türkischer Staatsbürger in Deutschland werden nach Einschätzung von Fachleuten mit einem Partner oder einer Partnerin aus der Türkei geschlossen.17 Waren zunächst lediglich soziale (arm/reich) und demografische Segregation (alt/jung, kinderlos/kinderreich) registriert worden, kam in den 80er Jahren eine ethnische Komponente hinzu. Sie

[Seite 263:]

korreliert inzwischen mit den beiden anderen Faktoren so stark, dass ethnische Konzentration in Stadtvierteln heute (von wenigen Ausnahmen abgesehen) gleichbedeutend ist mit Armut und Kinderreichtum. »Die ethnische Segregation war lange kein eigenständiger Faktor, sondern war Teil der Armutssegregation. Im Zeitverlauf ist der Zusammenhang dieser drei Dimensionen stärker geworden, d. h. die meisten ›Ausländer‹ leben heute in den Stadtteilen, in denen auch die meisten armen ›Inländer‹ leben. In diesen Stadtteilen wohnen heute (zumindest in den Städten) auch die meisten Familien und Kinder.«18


17 Straßburger Warum aus der Türkei? Zum Hintergrund transnationaler Ehen der zweiten Migrantengeneration. In: Zeitschrift für Migration und Soziale Arbeit (2001) H. 1, S. 34; vgl. Luft, Abschied von Multikulti. Wege aus der Integrationskrise, Gräfelfing 2006, S. 193 ff.

18 Institut für Landes- und Stadtentwicklung und Bauwesen des Landes Nordrhein-Westfalen (ILS NRW) (Hrsg.): Sozialraumanalyse. Soziale, ethnische und demografische Segregation in den nordrhein-westfälischen Städten, Dortmund 2006, S. 7.

Anmerkungen

Die Referenzen werden mitübernommen; die eigentliche Quelle für den ganzen Abschnitt findet sich eher unscheinbar bei Fn. 962 an zweiter Stelle.


[140.] Mra/Fragment 221 25

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 221, Zeilen: 25-30
Quelle: Wikipedia Public Social Private Partnership 2014
Seite(n): online, Zeilen: 0
Darunter ist vor allem in den westeuropäischen Industrieländern der Ausdruck einer starken Tendenz der (Re-) Privatisierung zu verstehen, die durch das Ende der Hochkonjunktur und der u.a dadurch hervorgerufenen Strukturkrise im gemeinwirtschaftlichen Sektor verstärkt wurde. Dies wird heute vor allem mit dem Fehlen der öffentlichen Mittel erklärt. PPP sind, grob zusammengefasst, Kooperationsformen zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben. PPP ist, vor allem in den westeuropäischen Industrieländern, Ausdruck einer starken Tendenz der (Re-)Privatisierung. Dies wurde verstärkt durch das Ende der Hochkonjunktur und der unter anderem dadurch hervorgerufenen Strukturkrise im gemeinwirtschaftlichen Sektor (vgl. Eschenbach, Müller, Gabriel: 1993). Das Aufkommen von Public Private Partnership zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch die öffentliche Verwaltung gemeinsam mit privatwirtschaftlichen Unternehmen steht im Zusammenhang dieser Gegenbewegung.

Heute wird in (wirtschafts)politischen Diskursen vor allem mit dem Fehlen öffentlicher Mittel argumentiert.

[...]

PPPs sind, grob zusammengefasst, Kooperationsformen zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[141.] Mra/Fragment 228 103

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 228, Zeilen: 103-108
Quelle: Wikipedia Wolfgang Klafki 2014
Seite(n): online, Zeilen: 0
[...]

1024 Wolfgang Klafki wurde am 1. September 1927 in Ostpreußen geboren und ist einer der bekanntesten deutschen Erziehungswissenschaftler der Gegenwart. Gemeinsam mit Wolfgang Kramp (1927-1983) hat er die bildungstheoretische Didaktik maßgeblich geprägt, die auf den Ideen der geisteswissenschaftlichen Pädagogik basiert. Klafki leitete ab 1972 das Marburger Grundschulprojekt, in dem innovative Grundschulkonzepte und komplexe Unterrichtsprojekte für den Sachunterricht entwickelt wurden. Bundesländer wie Bremen und Nordrhein-Westfalen haben ihn in Kommissionen zur Entwicklung von Bildungsplänen für die Zukunft berufen, vgl. z.B. Koch-Priewe/Stübig/Arnold, Das Potenzial der Allgemeinen Didaktik. Stellungnahmen aus der Perspektive der Bildungstheorie von Wolfgang Klafki, Weinheim 2007.

Gemeinsam mit Wolfgang Kramp (1927–1983) hat er die bildungstheoretische Didaktik maßgeblich geprägt, die auf den Ideen der geisteswissenschaftlichen Pädagogik basiert. Klafki leitete ab 1972 das Marburger Grundschulprojekt, in dem innovative Grundschulkonzepte und komplexe Unterrichtsprojekte für den Sachunterricht entwickelt wurden. [...] Bundesländer wie Bremen und Nordrhein-Westfalen haben ihn in Kommissionen zur Entwicklung von Bildungsplänen für die Zukunft berufen (Denkschrift der Bildungskommission NRW Zukunft der Bildung – Schule der Zukunft, 1995).
Anmerkungen

Kein Hinweis auf eine Übernahme.

Immerhin könnte man aber aus der Lokalisierung in der Fußnote schließen, dass es sich nach Auffassung der Verf. um nicht belegbedürftiges Allgemeinwissen handelt.


[142.] Mra/Fragment 231 12

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 231, Zeilen: 12-20
Quelle: Herrmann 2008c
Seite(n): online, Zeilen: 0
Besonderes Aufsehen erregte 2005 in Deutschland der Mord an Hatun Sürücü. Die junge Türkin wurde in Berlin geboren und mit 16 Jahren von ihren Eltern gezwungen, einen Cousin in der Türkei zu heiraten. Sie bekam ein Kind von ihm, kehrte aber nach Berlin zurück, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Die Familie sah durch die Scheidung und durch den westlichen Lebensstil der jungen Frau ihre Ehre verletzt. Deshalb wurde sie von ihrem jüngsten Bruder in Berlin auf offener Straße erschossen. Die älteren Brüder waren der aktiven Tatvorbereitung verdächtig, wurden aber zunächst mangels Beweisen freigesprochen. 2007 hat der Bundesgerichtshof für Strafsachen in Leipzig das Urteil aufgehoben und den Fall zur Nachverhandlung erneut nach Berlin verwiesen. Besonderes Aufsehen erregte 2005 in Deutschland der Mord an Hatun Sürücü. Die junge Türkin wurde in Berlin geboren und mit 16 Jahren von ihren Eltern gezwungen, einen Cousin in der Türkei zu heiraten. Sie bekam ein Kind von ihm, kehrte aber nach Berlin zurück, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Die Familie sah durch die Scheidung und durch den westlichen Lebensstil der jungen Frau ihre Ehre verletzt. Deshalb wurde sie von ihrem jüngsten Bruder in Berlin auf offener Straße erschossen. Die älteren Brüder waren der aktiven Tatvorbereitung verdächtig, wurden aber zunächst mangels Beweisen freigesprochen. 2007 hat der Bundesgerichtshof in Leipzig das Urteil aufgehoben und den Fall zur Nachverhandlung an ein Berliner Schwurgericht überwiesen.
Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[143.] Mra/Fragment 232 25

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 232, Zeilen: 25-27, 32-35
Quelle: Karakaşoğlu 2006
Seite(n): 22 f., Zeilen: online
Was Ehrenmorde in der Gesamtschau anbelangt, so sind sie kein neues Phänomen unter Migranten aus der Türkei, sondern durchziehen leider als wiederkehrende Einzelfälle die mittlerweile 40-jährige türkisch-deutsche Migrationsgeschichte. [...]

[...]

Hierbei entspricht die Verbindung „Ehrenmord“ islamisch nicht den Fakten, denn einige der bekannt gewordenen Fälle aus Berlin beziehen sich auf yezidische Familien mit kurdischem Hintergrund. Ehrenmorde sind auch kein auf Kulturen in Anatolien begrenztes Phänomen; es findet sich auch in katholischen Mittelmeeranrainerstaaten, in Südamerika oder auf dem Bal-[kan1089, sogar in der Bibel finden sich ähnliche Ehranschauungen.1090]


1089 Karakasoglu, ZAR 2006, 22.

1090 „ Ists aber die Wahrheit, dass das Mädchen nicht mehr Jungfrau war, so soll man sie heraus vor die Tür des Vaters führen, und die Leute der Stadt sollen sie zu Tode steinigen (…), ausführlich dazu: Pohlreich, „Ehrenmorde“ im Wandel des Strafrechts, Berlin 2009, S. 46.

Was Ehrenmorde anbelangt, so sind sie kein neues Phänomen unter Migranten und Migrantinnen aus der Türkei, sondern

[Seite 23]

durchziehen leider als wiederkehrende Einzelfälle die mittlerweile 40 jährige türkisch-deutsche Migrationsgeschichte. Hierbei entspricht die Verbindung »Ehrenmord« = islamisch nicht den Fakten, denn einige der bekannt gewordenen Fälle aus Berlin beziehen sich auf yezidische Familien mit kurdischem Hintergrund. Ehrenmorde sind auch kein auf Kulturen in Anatolien begrenztes Phänomen, es findet sich auch in katholischen Mittelmeeranrainerstaaten, in Südamerika oder auf dem Balkan.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 1089 genannt; die Wörtlichkeit der Übernahme bleibt ungekennzeichnet.


[144.] Mra/Fragment 233 01

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 233, Zeilen: 1-6
Quelle: Wikipedia Ehrenmord 2010
Seite(n): online, Zeilen: 0
Allerdings sind besonders stark traditionell verwurzelte Menschen, eben in islamisch geprägten Ländern, betroffen. Die auffällige Anhäufung von Ehrenmorden im islamischen Kulturkreis, auch innerhalb von Einwandererpopulationen, lässt darauf schließen, dass islamisch-fundamentalistische bzw. islamisch-antiwestliche Grundeinstellungen bei den Tätern die Anwendung der vorislamischen Praxis begünstigt. Insbesondere stark traditionsbewusst verwurzelte Menschen, Gruppen oder Gesellschaften, wie häufig in islamisch geprägten Ländern – dort ebenfalls bei nicht-muslimischen Minderheiten, wie z. B. der Fall der Jesidin Du’a Khalil Aswad zeigt – orientieren sich stark an alten Sitten, Bräuchen und Ritualen. [...]

Die auffällige Häufung von Ehrenmorden im islamischen Kulturkreis, auch innerhalb von bestimmten Einwandererpopulationen, lässt allerdings darauf schließen, dass islamisch-fundamentalistische bzw. islamisch-antiwestliche Grundeinstellungen bei den Tätern die Anwendung der vorislamischen Praxis eher begünstigt.[2]


[2] The Daily Telegraph: Father killed family for being too western, 22. Februar 2007

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[145.] Mra/Fragment 233 06

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 233, Zeilen: 6-10
Quelle: Karakaşoğlu 2006
Seite(n): 23, Zeilen: online
Auch wenn demnach nicht nur islamische Kulturen vom Phänomen des Ehrenmordes betroffen sind, wird diese Form der Gewaltanwendung eindimensional auf „die Kultur“ der Betroffenen zurückgeführt.1091 Fallanalysen aber zeigen, dass z.B. eine Symbiose von psychischen und sozioökonomischen Problemlagen innerhalb einer solchen Migrantenfamilie vorliegen muss, wenn ein innerfamiliärer Konflikt in Gewalt ausartet.

1091 Vgl. auch Lachmann, Tödliche Toleranz: die Muslime und unsere offene Gesellschaft, München 2005.

Auf diese Weise wird Gewaltanwendung in türkischen bzw. kurdischen Familien gegenüber Frauen eindimensional auf »die Kultur« der Betroffenen zurückgeführt. Fallanalysen (Schiffauer 2002) zeigen, dass ein ganzes Bündel an psychischen und sozioökonomischen Problemlagen innerhalb einer solchen Migrantenfamilie vorliegen muss, wenn ein innerfamiliärer Konflikt in Gewalt ausartet, denn in aller Regel lösen auch türkische oder kurdische Familien ihre Meinungsverschiedenheiten zwischen Generationen und Geschlechtern auf friedliche, diskursive Weise.

Schiffauer, Werner (2002): Migration und kulturelle Differenz. Studie für das Büro der Ausländerbeauftragten des Senats von Berlin, Berlin.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 1089 genannt.

Unmittelbar vor dem Fragment befindet sich Fragment 233 01.


[146.] Mra/Fragment 234 02

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 234, Zeilen: 2-10
Quelle: Karakaşoğlu 2006
Seite(n): 22, Zeilen: online
Zusammengenommen ergibt sich damit zunächst aus diesem Aspekt ein alarmierendes Bild einer in sich geschlossenen, nach eigenen rechtlichen Regeln agierenden, archaischen Parallelgesellschaft, die Kontakte zur Mehrheitsgesellschaft ablehnt und bestrebt ist, besonders ihre weiblichen Mitglieder notfalls mit Gewalt daran zu hindern, Kontakte zur Mehrheitsgesellschaft aufzunehmen. Vielleicht muss allerdings auch ein differenzierteres Bild betrachtet werden. 1093 Zahlen werden bislang nur kursiv [sic] überprüft und eine Interpretation wird bei diesem Thema kaum gewagt. Es muss nämlich berücksichtigt werden, dass es sich um ein von der sozialen Schicht beeinflusstes Phänomen handelt und die am meisten betroffene niedrige soziale Schicht bei türkischen Migranten überproportional vertreten ist.

1093 So auch Pohlreich, „Ehrenmorde“ im Wandel des Strafrechts, Berlin 2009, S. 41ff.

Zusammen genommen ergibt sich ein alarmierendes Bild einer in sich geschlossenen, nach eigenen rechtlichen Regeln agierenden archaischen Parallelgesellschaft, die Kontakte zur Mehrheitsgesellschaft ablehnt, und bestrebt ist, besonders ihre weiblichen Mitglieder notfalls mit Gewalt daran zu hindern, Kontakte zur Mehrheitsgesellschaft aufzunehmen.

Kaum jemand überprüft die Zahlen und ihre Interpretation. So ist bei der Berechnung, dass mehr Frauen aus türkischen denn aus deutschen Familien Opfer familiärer Gewalt werden, zu berücksichtigen, dass es sich um ein von der sozialen Schicht beeinflusstes Phänomen handelt und die am meisten betroffene niedrige soziale Schicht (gemessen am Bildungsstand und Familieneinkommen) bei türkischen Migranten und Migrantinnen überproportional vertreten ist.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.

Mit kursiv dürfte kursorisch gemeint gewesen sein.


[147.] Mra/Fragment 234 17

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 234, Zeilen: 17-26
Quelle: Herrmann 2008c
Seite(n): online, Zeilen: 0
Problematisch erscheint häufig zudem die juristische Aufarbeitung von Gewalt an Frauen anderer Kulturkreise durch westliche Gerichte. Diese stehen vor dem Dilemma, bei ihrer Urteilsfindung den kulturellen Eigenarten von im Land wohnenden Minderheiten Rechnung zu tragen, und den in Deutschland geltenden Gesetzen zum Recht zu verhelfen. Öffentlich diskutiert wurde im März 2007 beispielsweise die Entscheidung einer Amtsrichterin in Frankfurt am Main, die einer muslimischen Frau eine vorzeitige Ehescheidung mit dem Hinweis verweigert hatte, dass dem Ehemann die beanstandete Züchtigung durch den Koran erlaubt sei. Der oberste Maßstab für die Urteilsfindung kann aber nur die Orientierung an den grundlegenden Freiheitsrechten unserer Rechtsordnung sein, sog. Grundsatz des ordre public, die der Staat zu achten, zu schützen und zu gewährleisten hat. Problematisch erscheint häufig die juristische Aufarbeitung von Gewalt an Frauen anderer Kulturkreise durch westliche Gerichte. Diese stehen vor dem Dilemma, bei ihrer Urteilsfindung den kulturellen Eigenheiten von im Land wohnenden Minderheiten Rechnung zu tragen, und den in Deutschland geltenden Gesetzen zum Recht zu verhelfen. Öffentlich diskutiert wurde im März 2007 beispielsweise die Entscheidung einer Amtsrichterin in Frankfurt am Main, die einer muslimischen Frau eine vorzeitige Ehescheidung mit dem Hinweis verweigert hatte, dass dem Ehemann die beanstandete Züchtigung durch den Koran erlaubt sei. Diese Entscheidung wurde auch von muslimischen Frauen kritisiert. Nach überwiegender Meinung ist der oberste Maßstab für die Urteilsfindung die Orientierung an den grundlegenden Freiheitsrechten, die der Staat zu achten, zu schützen und zu gewährleisten hat. Er muss den betroffenen Frauen vor Bedrückungen durch das eigene Milieuumfeld Schutz bieten.
Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[148.] Mra/Fragment 235 31

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 235, Zeilen: 31-33
Quelle: Kelek 2006
Seite(n): 233, Zeilen: online
Der Begriff der Zwangsheirat umfasst nach einer Definition von Amnesty International eine Ehe, die ohne eindeutige Zustimmung von beiden Partnern geschlossen wird oder deren Zustimmung durch Nötigung, sozialen oder psychischen Druck oder emotionale Erpressung zu-[stande gekommen ist und mindestens einer der Eheschließenden mit seiner Weigerung kein Gehör findet oder es nicht wagt, sich der Eheschließung zu widersetzen, weil Eltern, Familie, Verlobte und Schwiegereltern mit den unterschiedlichsten Mitteln Druck ausüben.] Zwangsheirat ist nach einer Definition von amnesty international eine »Ehe, die ohne eindeutige Zustimmung von beiden Partnern geschlossen wird oder deren Zustimmung durch Nötigung, sozialen und psychischen Druck oder emotionale Erpressung zustande gekommen ist.«
Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 1098 genannt.


[149.] Mra/Fragment 236 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 236, Zeilen: 1-5, 9-14, 23-28, 105-114
Quelle: Göbel-Zimmermann Born 2007
Seite(n): 54, Zeilen: online
[Der Begriff der Zwangsheirat umfasst nach einer Definition von Amnesty International eine Ehe, die ohne eindeutige Zustimmung von beiden Partnern geschlossen wird oder deren Zustimmung durch Nötigung, sozialen oder psychischen Druck oder emotionale Erpressung zu-]stande gekommen ist und mindestens einer der Eheschließenden mit seiner Weigerung kein Gehör findet oder es nicht wagt, sich der Eheschließung zu widersetzen, weil Eltern, Familie, Verlobte und Schwiegereltern mit den unterschiedlichsten Mitteln Druck ausüben. Als solche gelten neben emotionalen Motiven oder psychischem Druck auch physische oder sexuelle Gewalt, Einsperren, Entführen sowie Sanktionsandrohungen bis hin zu Ehrenmorden.1097

[...] Die Thematik an sich wird häufig nur mit Muslimen türkischer Herkunft in Verbindung gebracht. Als größte Migrantengruppe in unserem Land stellen sie zwar rein faktisch den größten Teil der Betroffenen dar1099, jedoch beschränkt sich das Phänomen der Zwangsverheiratungen keineswegs auf den islamischen Kulturkreis1100, sondern ist neben zahlreichen afrikanischen Staaten1101 auch im buddhistisch-hinduistischen1102 Raum und christlich-europäischen Regionen wie Griechenland oder Süditalien1103 zu finden.1104

[...]

Zur Vermeidung von Missverständnissen ist zwischen Zwangsehen und sog. „arrangierten Ehen“ zu unterscheiden. Eine arrangierte Ehe im Gegensatz zu einer „Zwangsehe“ ist eine Ehe, die auf Wunsch, mit Einverständnis oder Duldung beider Ehegatten durch Verwandte oder Bekannte initiiert wird. Hier beruht die Eheschließung auf dem freien Willen beider Ehegatten.1106 Dies im Einzelfall festzustellen, ist schwierig und es muss danach abgegrenzt werden, ob erstens [die objektive Möglichkeit einer Weigerung besteht und ob zweitens das Fehlen einer solchen Möglichkeit subjektiv als Zwang erlebt wird.]


1097 Schubert/Moebius, ZRP 2006, 33; vgl. auch: Bentzin, Die soziale und religiöse Bedeutung der Eheschließung für türkische Frauen der zweiten Generation in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin 1998.

1099 Schubert/Moebius, ZRP 2006, 33.

1100 Insbesondere Ägypten, Afghanistan, Irak, Iran, Jordanien, Libanon, Pakistan, Syrien und Türkei, Göbel-Zimmermann, ZAR 2007, 54.

1101 So in Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen und Kamerun.

1102 Indien, Bangladesch, Sri Lanka, Vietnam.

1103 Bericht der Fachkommission Zwangsheirat der Landesregierung Baden-Württemberg unter www.jum.badenwuerttemberg.de/servlet/PB/menu/1155603/index.html?ROOT=1153239.

1104 In diesem Zusammenhang ist auch die sog. „Verwandten-Ehe“ als weit verbreitetes Phänomen christlicher Minderheiten in islamischen Staaten zu nennen. So heiraten syrisch-orthodoxe Christen oder Yeziden im Südosten der Türkei aus Gründen des Schutzes bzw. der Erhaltung ihrer Gemeinschaft in der Regel untereinander, vgl. www.yeziden.de/142.0.html.

1106 Straßburger, Beiträge zur feministischen Theorie und Praxis 2003, 15.

Im Folgenden soll ein integrativer Lösungsansatz einer Problematik dargestellt werden, die häufig nur mit Muslimen türkischer Herkunft in Verbindung gebracht wird. Als größte Migrantengruppe in unserem Land stellen sie zwar rein faktisch den größten Teil der Betroffenen dar.2 Jedoch beschränkt sich das Phänomen der Zwangsverheiratung keineswegs auf den islamischen Kulturkreis,3 sondern ist neben zahlreichen afrikanischen Staaten4 auch im buddhistisch-hinduistischen Raum5 und christlich-europäischen Regionen wie Griechenland oder Süditalien6 zu finden. In diesem Zusammenhang ist auch die sog. „Verwandten-Ehe“ als weit verbreitetes Phänomen christlicher Minderheiten in islamischen Staaten zu nennen. So heiraten syrisch-orthodoxe Christen oder Yeziden im Südosten der Türkei aus Gründen des Schutzes bzw. der Erhaltung ihrer Gemeinschaft in der Regel untereinander.7

Zur Vermeidung von Missverständnissen ist zwischen Zwangsehen und den sog. „arrangierten Ehen“ zu unterscheiden8: Eine Zwangsheirat liegt vor, wenn mindestens einer der Eheschließenden durch eine Drucksituation zur Ehe gezwungen wird und mit seiner Weigerung kein Gehör findet oder es nicht wagt, sich der Eheschließung zu widersetzen, weil Eltern, Familie, Verlobte und Schwiegereltern mit den unterschiedlichsten Mitteln Druck ausüben. Als solche gelten emotionaler oder psychischer Druck, physische oder sexuelle Gewalt, Einsperren, Entführen sowie Sanktionsandrohungen bis hin zu Ehrenmorden.9 Demgegenüber handelt es sich bei der „arrangierten Ehe“ um eine Ehe, die auf Wunsch, mit Einverständnis oder Duldung beider Ehegatten durch Verwandte oder Bekannte initiiert wird. Hier beruht die Eheschließung – anders als bei der Zwangsverheiratung – auf dem freien Willen beider Ehegatten.10 [...] Es muss daher im Einzelfall danach abgegrenzt werden, ob erstens die objektive Möglichkeit einer Weigerung besteht und ob zweitens das Fehlen einer solchen Möglichkeit subjektiv als Zwang erlebt wird.11


2 Schubert/Moebius, ZRP 2006, 33, 34.

3 Insbesondere Ägypten, Afghanistan, Irak, Iran, Jordanien, Libanon, Pakistan, Syrien und Türkei; ausführlich jeweils zur rechtlichen und tatsächlichen Lage: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Informationszentrum für Asyl und Migration zum Thema „Ehrenmorde“, November 2005 (nur für den Dienstgebrauch).

4 So in Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen und Kamerun.

5 Indien, Bangladesch, Sri Lanka, Vietnam.

6 Bericht der Fachkommission Zwangsheirat der Landesregierung Baden-Württemberg unter I. (S. 5), http://www.jum.baden-wuerttemberg.de/servlet/PB/menu/1155603/index.html?ROOT=1153239

7 Vgl. Internet, http://www.yeziden.de/142.0.html

8 So auch Schuler-Harms in Bawig u. a. (Hrsg.), Perspektivwechsel in Ausländerrecht 2007, S. 276. Gegen eine Unterscheidung u. a. Kelek, ZAR 2006, 232, 234).

9 Schubert/Moebius, ZRP 2006, 33, 34

10 Ebenda; eingehend: Straßburger, Nicht westlich und doch modern. Partnerwahlmodi türkischer Migrant(inn)en in Diskurs und Praxis, in: Beiträge zur feministischen Theorie und Praxis 26 (2003), S. 15.

11 Vgl. agisra Köln, Informations- und Beratungsstelle für Migrantinnen und Flüchtlingsfrauen, (Teil 1, Nr. 6, S. 1) Stellungnahme bei der schriftlichen Anhörung des Innen- und Sozialpolitischen Ausschusses des Hessischen Landtages zu den Anträgen betreffend Zwangsverheiratung - Drs. 16/5293, 16/5330, 16/5395, 16/5443, 16/5422 -, http://www.hessischer-landtag.de/index.cfm?rubrik=2&unterrubrik=18

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn 1100 und in Fn. 1107 auf der Folgeseite genannt.


[150.] Mra/Fragment 237 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 237, Zeilen: 1-7, 9-10, 19-23
Quelle: Göbel-Zimmermann Born 2007
Seite(n): 54, Zeilen: online
[Dies im Einzelfall festzustellen, ist schwierig und es muss danach abgegrenzt werden, ob erstens] die objektive Möglichkeit einer Weigerung besteht und ob zweitens das Fehlen einer solchen Möglichkeit subjektiv als Zwang erlebt wird. Dies wird letztlich davon abhängen, wie sehr die Betroffenen mit traditionellen Vorstellungen über das Zustandekommen von Ehen verflochten sind bzw. ob nach dem Erfahrungshorizont des Opfers überhaupt eine Vorstellung über das Vorhandensein alternativer Eheschließungs- bzw. Lebensmodelle besteht. Je schwächer die Ausprägung dieser Vorstellung, desto eher dürfte die Zwangsverheiratung als „normal“ empfunden werden.1107 [...] Dies ist ein Ausdruck eines traditionell-patriarchalischen Familienverständnisses, das den Söhnen und Töchtern kein Recht auf Selbstbestimmung zugesteht. [...]

In der Praxis unterscheidet man vier Erscheinungsformen:1110

Als Importehegatten bezeichnet man die Eheschließung hier lebender Migranten mit jungen, teils minderjährigen Frauen aus dem Herkunftsstaat, die dann im Wege des Ehegattennachzuges nach Deutschland einreisen.


1107 Göbel-Zimmermann/Born, ZAR 2007, 54.

1110 Vgl. Göbel-Zimmermann/Born, ZAR 2007, 54; vgl. allgemein: Wolbert, Migrationsbewältigung: Orientierungen und Strategien; biographisch-interpretative Fallstudien über die „Heiratsmigration“ dreier Türkinnen, Köln 1984

Es muss daher im Einzelfall danach abgegrenzt werden, ob erstens die objektive Möglichkeit einer Weigerung besteht und ob zweitens das Fehlen einer solchen Möglichkeit subjektiv als Zwang erlebt wird.11 Letzteres wird praktisch davon abhängig sein, wie stark die Betroffenen mit traditionellen Vorstellungen über das Zustandekommen von Ehen verflochten sind bzw. ob nach dem Erfahrungshorizont des Opfers überhaupt eine Vorstellung über das Vorhandensein alternativer Eheschließungs- bzw. Lebensmodelle besteht. Je schwächer diese Vorstellung ausgeprägt ist, desto eher dürfte die Zwangsverheiratung subjektiv als „normal“ empfunden werden.

Zwangsverheiratungen sind Ausdruck eines traditionell-patriarchalischen Familienverständnisses, das vor allem Mädchen und Frauen – teilweise aber auch den Söhnen12 – kein Recht auf Selbstbestimmung zugesteht.13 [...]

In der Praxis unterscheidet man vier Erscheinungsformen. Zu nennen ist einmal die Verheiratung in Deutschland lebender Personen mit Migrationshintergrund. Das Schlagwort der „Importehegatten“ bezeichnet die Eheschließung hier lebender Migranten mit jungen, teils minderjährigen Frauen aus dem Herkunftsstaat, die dann im Wege des Ehegattennachzuges nach Deutschland einreisen.


11 Vgl. agisra Köln, Informations- und Beratungsstelle für Migrantinnen und Flüchtlingsfrauen, (Teil 1, Nr. 6, S. 1) Stellungnahme bei der schriftlichen Anhörung des Innen- und Sozialpolitischen Ausschusses des Hessischen Landtages zu den Anträgen betreffend Zwangsverheiratung - Drs. 16/5293, 16/5330, 16/5395, 16/5443, 16/5422 -, http://www.hessischer-landtag.de/index.cfm?rubrik=2&unterrubrik=18

12 Soweit im Folgenden von Frauen und Mädchen die Rede ist, trägt dies lediglich der Tatsache Rechnung, dass sie den weit überwiegenden Teil der Betroffenen stellen.

13 Schubert/Moebius, ZRP 2006, 33, 34.

Anmerkungen

Die Quelle ist zwar in Fn. 1107 und 1108 genannt, die Wörtlichkeit der Übernahme bleibt jedoch ungekennzeichnet.


[151.] Mra/Fragment 238 12

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 238, Zeilen: 12-16, 19-22
Quelle: Göbel-Zimmermann Born 2007
Seite(n): 54 f., Zeilen: online
Eine solche ist anzunehmen, wenn der Betroffene im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland erheblicher Diskriminierung ausgesetzt wäre oder wegen Beeinträchtigung schutzwürdiger Belange ein Festhalten an der ehelichen Gemeinschaft unzumutbar erscheint. Letzteres ist anerkannt bei physischer oder psychischer Misshandlung.1111 [...]

Bei der sog. Heiratsverschleppung werden in Deutschland lebende junge Frauen anlässlich eines vorübergehend deklarierten Aufenthaltes, sog. Ferienverheiratung, im Herkunftsland der Eltern, oftmals ohne ihr Wissen, verheiratet und durch Wegnahme des Passes gezwungen, im Ausland zu bleiben. [...]

Nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG erlischt der Aufenthaltstitel abseits des Ablaufs seiner Geltungsdauer außerdem, wenn ein Ausländer „aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausreist“. Zwar berechtigt die Eheschließung allein noch nicht die Annahme einer dauerhaften Ausreise, es genügt jedoch, wenn anhand objektiver Kriterien, wie z.B. die Aufgabe des Arbeitsplatzes oder die polizeiliche Abmeldung, diese Annahme nahe liegt. Der subjektive Rückkehrwille ist unerheblich.


1111 Ziffer 31.2.5.1 VAH, Details bei Göbel-Zimmermann/Born, ZAR 2007, 54.

Umgekehrt werden bei der

[Seite 55:]

„Heiratsverschleppung“ in Deutschland lebende junge Frauen anlässlich eines als vorübergehend deklarierten Aufenthaltes („Ferienverheiratung“) im Herkunftsland der Eltern – in der Regel ohne ihr Wissen – verheiratet und durch Wegnahme des Passes gezwungen, im Ausland zu bleiben.

[...]

Nach § 51 Absatz I AufenthG erlischt der Aufenthaltstitel abseits des Ablaufs seiner Geltungsdauer (§ 51 Absatz I Nr. 1 AufenthG), wenn ein Ausländer „aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausreist“ (§ 51 Absatz I Nr. 6 AufenthG). Zwar berechtigt die Eheschließung für sich genommen nicht zur Annahme einer dauerhaften Ausreise. Jedoch genügt es, wenn anhand objektiver Kriterien - etwa der Aufgabe des Arbeitsplatzes oder der polizeilichen Abmeldung - feststeht, dass der Ausländer nicht nur vorübergehend das Bundesgebiet verlassen hat. Der subjektive Rückkehrwille ist in diesem Fall unerheblich.19

[...]

Eine solche ist anzunehmen, wenn der Betroffene im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland erheblicher Diskriminierung ausgesetzt wäre oder wegen Beeinträchtigung schutzwürdiger Belange ein Festhalten an der ehelichen Gemeinschaft unzumutbar erscheint. Letzteres ist anerkannt bei physischer oder psychischer Misshandlung.28


19 Vgl. Ziffer 51.1.4.1 der Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zum Aufenthaltsgesetz und Freizügigkeitsgesetz/EU (Stand: 22.12.2004) –VAH-; BVerwG InfAuslR 1989, 114 (114).

28 Ziffer 31.2.5.1 VAH.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 1111 genannt.


[152.] Mra/Fragment 239 10

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 239, Zeilen: 10-14, 24-34
Quelle: Wikipedia Zwangsheirat 2014
Seite(n): online, Zeilen: 0
Die Mädchen werden in ihrem Herkunftsland oder dem Herkunftsland ihrer Eltern, wo sie üblicherweise die Ferien verbringen, verlobt und dann verheiratet, ohne vorher darüber informiert zu sein. Das eigentliche Ziel der Ferien wurde durch die Familie nicht bekannt gemacht. In diesem Fall ist die Frau ein Mittel zur legalen Einwanderung des Mannes im Rahmen des Ehegattennachzuges. [...]

[...] Oft ist die Abgrenzung schwierig, weil es letztlich der subjektiven Einschätzung der Beteiligten unterliegt, was als Zwang empfunden wird. Eine Heirat ist eine sehr wichtige Lebensentscheidung, die bei Braut und Bräutigam zu Nervosität und Stress führen kann. Von außen herangetragene Erwartungen und sozialer Druck können die Stresssituation so verstärken, dass oft nicht von außen objektiv festgestellt werden kann, ob Zwang oder Nötigung vorliegen. Eindeutig ist eine Zwangsheirat nur bei Androhung oder Anwendung von Gewalt, bei einer Eheschließung trotz ausdrücklichem Protest von Seiten der Braut oder des Bräutigams. Wenn Frauen oder auch Männer sich aber weigern, die für sie bestimmte Heirat einzugehen, sind sie oft Repressionen durch Mitglieder der eigenen Familie ausgesetzt, die von Beschimpfungen und Drohungen über Prügel bis hin zu den bereits angesprochenen Ehrenmorden reichen können.

Die Abgrenzung der Zwangsheirat zur arrangierten Ehe ist fließend, weil es letztlich der subjektiven Einschätzung der Beteiligten unterliegt, was als Zwang empfunden wird. Eine Heirat ist eine wichtige Lebensentscheidung. Von außen herangetragene Erwartungen und sozialer Druck können die Stresssituation so verstärken, dass oft nicht objektiv festgestellt werden kann, ob Zwang oder Nötigung vorliegen. [...]

[...] Wenn die Betroffenen sich weigern, die für sie bestimmte Heirat einzugehen, sind sie oft Repressionen durch Mitglieder der eigenen Familie ausgesetzt, zum Beispiel Beschimpfungen, Drohungen, Prügel oder sogar Mord (sogenannte Ehrenmorde).

[...]

  • Die zweite Form der Zwangsheirat ist die der „Ferien-Verheiratung“: Ausländische Mädchen werden in ihrer Heimat, wo sie üblicherweise die Ferien verbringen, verlobt und dann verheiratet, ohne vorher darüber informiert zu sein. Das eigentliche Ziel der Ferien wurde durch die Familie nicht bekanntgemacht. Die Mädchen bleiben dann gegen ihren Willen im Ausland („Heiratsverschleppung“), manchmal als zweite oder dritte Frau, und besonders im bäuerlichen Milieu werden sie als Arbeitskraft benutzt.
  • Die dritte Form ist die „Verheiratung für ein Einwanderungsticket“. Dabei wird eine Frau mit einem gesicherten Aufenthaltsstatus in Deutschland – häufig während eines Urlaubs in ihrem Heimatland – von ihrer eigenen Familie einem noch im Ausland lebenden Landsmann versprochen. In diesem Fall ist die Frau ein Mittel zur legalen Einwanderung des Mannes im Rahmen des Ehegattennachzugs.
Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[153.] Mra/Fragment 239 39

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 239, Zeilen: 39-40, 101-102 (240: 101-103)
Quelle: Kelek 2006
Seite(n): 233, Zeilen: online
Über die Zahl der Zwangsehen in Deutschland gibt es keine verlässlichen Erhebungen, obwohl das Problem seit Jahren erkannt wird.1112

1112 Die Visumstatistik des Auswärtigen Amtes besagt, dass 2004 insgesamt 66.000 Personen im Rahmen des Familiennachzuges nach Deutschland eingereist sind. Davon waren 20.000 Ehegatten, die zu ausländischen [Partnern zogen, 31.500 zogen zu Bürgern mit deutschem Pass. Nimmt man diese Zahl und rechnet sie auf etwa 30 Jahre hoch, kommt man auf die potentiell betroffene Gruppe zwischen einer halben bis einer Million Menschen, Kelek, ZAR 2006, 232.]

Über die Zahl der Zwangsehen in Deutschland gibt es keine verlässlichen Erhebungen. Dabei ist das Problem in seiner ganzen Dramatik seit Jahren bekannt.

Die Visumstatistik des Auswärtigen Amts besagt, dass 2004 insgesamt 66.000 Personen im Rahmen des Familiennachzuges nach Deutschland eingereist sind. Davon waren 20.000 Ehegatten, die zu ausländischen Partnern zogen, 31.500 zogen zu Bürgern mit deutschem Pass. Nimmt man diese Zahl und rechnet sie auf die etwa dreißig Jahre hoch seit dem Familienzusammenführung stattfindet, kommt man in etwa auf die potenziell betroffene Gruppe zwischen einer halben bis einer Million Menschen.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 1112 genannt (deren Inhalt auch übernommen wurde).


[154.] Mra/Fragment 240 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 240, Zeilen: 1-4
Quelle: Kelek 2006
Seite(n): 233, Zeilen: online
Die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen hat in einer Umfrage bei mehr als 50 Einrichtungen aus dem Jugendhilfe- und Migrationsbereich für das Jahr 2002 230 zwangsverheiratete Mädchen und Frauen ermittelt. Die meisten waren unter 22, viele erst 16 Jahre alt. Die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen hat in einer Umfrage bei mehr als 50 Einrichtungen aus dem Jugendhilfe- und Migrationsbereich für das Jahr 2002 230 zwangsverheiratete Mädchen und Frauen ermittelt. Die meisten dieser Frauen, die sich in ihrer Not an eine der Einrichtungen gewandt haben, waren unter zweiundzwanzig, viele erst sechzehn Jahre alt.
Anmerkungen

Die Quelle ist am Ende der Vorseite in Fn. 1112 genannt.


[155.] Mra/Fragment 248 13

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 248, Zeilen: 13-17
Quelle: Klein 1989
Seite(n): 1633, Zeilen: online
Die typische Abwehrfunktion der Grundrechte würde dann versagen. Das gefährdete Individuum würde durch ein Unterlassen, ein Nichthandeln des Staates gerade nichts gewinnen. Vielmehr kommt es ihm auf ein Tätigwerden der jeweils zuständigen Organe an; dabei kann je nach Sachlage der Gesetzgeber, die Exekutive oder die rechtsprechende Gewalt gefordert sein. Die typische Abwehrfunktion der Grundrechte versagt hier7: Das gefährdete Individuum würde durch ein Unterlassen, ein Nichthandeln des (deutschen) Staates gerade nichts gewinnen. Vielmehr kommt es ihm auf ein Tätigwerden der jeweils zuständigen Organe an; dabei kann je nach Sachlage der Gesetzgeber, die Exekutive oder die rechtsprechende Gewalt gefordert sein8.

7 Badura, StaatsR, 1986, S. 79.

8 Vgl. Robbers (o. Fußn. 6), S. 125. Die rechtsprechende Gewalt ist hinsichtlich der Auslegung einfacher Gesetze (vgl. BVerfGE 53, 30 (61 f.) = NJW 1980, 759) und des richterlichen Prüfungsrechts gefordert.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf eine Übernahme.


[156.] Mra/Fragment 253 02

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 253, Zeilen: 2-27
Quelle: Kelek 2006a
Seite(n): 65, Zeilen: online
Die Migrantenjugendlichen selbst, die das Tuch freiwillig tragen, sehen dies als eine religiöse Vorschrift an, die als Teil ihres türkisch-muslimischen „Common Sense“ gesehen werden muss. Bei der Frage, woher sie das wüssten, werden die Eltern und der Hodscha aufgeführt, bei dem sie ihre Sicherheit für ihr strenges Leben bekommen. Auch die religiös aktiven Brüder in den Moscheenvereinen spielen eine wichtige Rolle, die Familie ideologisch zu orientieren. Diese traditionelle Orientierung wird von den Vereinen und Koranschulen getragen und die Jugendlichen werden dadurch einseitig geprägt. Wenn also festzustellen ist, dass die jungen Menschen in diesem türkisch-muslimischen „Common Sense“ gefangen sind, kann man unmöglich davon ausgehen, dass die jungen Mädchen und Frauen „freiwillig“ das Kopftuch tragen. Die Entscheidung ist von ihrer sozialen Umgebung gefällt worden: die Prägung der Eltern, der Verwandten, der Koranschulen, der Geschwister. Wenn man zusätzlich konstatiert, dass sich die jungen Frauen in einem für die Persönlichkeitsentwicklung wichtigem Ablöseprozess von den Eltern, der Pubertät befinden, sind die Folgen, die das Kopftuch als Symbol für ihre Rolle als Frau, fatal. In der muslimischen Tradition ist es ein gegebener Wert, dass nur eine Frau mit Kopftuch „rein“ ist. Es geht um die Ehre, ein zentraler Begriff des türkisch-muslimischen Selbstverständnisses. Und zur Ehre des Mannes gehört die Pflicht, Beleidigungen zu rächen und sein Gesicht zu wahren. Die Frau ist die Ehre des Mannes. Ein antiquiertes Weltbild, das zwangsläufig Probleme bei der Integration unausweichlich macht.1156 Ähnlich gestaltet sich die Lage, wenn man zur Feststellung gelangt, dass junge Frauen und Mädchen das Kopftuch tragen, weil ihnen dies in der Familie, der Gemeinde, der Koranschule vorgelebt wird und sie so am ehesten den Erwartungen der Umma1157 genügen können. Es stellt sich dann nämlich die Frage für die säkulare demokratische Gesellschaft, ob sie dieser Entwicklung Vorschub leisten will und vor allem, ob sie sie hinnehmen will. Gerade die Schule ist ein Raum, wo unsere Gesellschaft den jungen Menschen den Raum und die Gelegenheit geben muss, ein Leben in Selbstbestimmung, Chancengleichheit und Gleichberechtigung kennen zu lernen und positiv zu besetzen.

1156 Kelek, ZAR 2006, 65.

1157 Darunter versteht man die religiöse Gemeinschaft der Muslime.

Das Tragen eines Kopftuches sehen die Migrantenjugendlichen als eine religiöse Vorschrift, die aber nach den Aussagen der Probanden als ein Teil ihrer türkischmuslimischer Common Sense gesehen werden muss. [...]

Bei der Frage woher sie das wüssten, wurden die Eltern und der Hodscha aufgeführt, bei dem sie ihre Sicherheit für ihr strenges Leben bekommen. Auch die religiös aktiven Brüder in den Moscheevereinen spielen eine wichtige Rolle, die Familie ideologisch neu zu orientieren. Diese traditionelle Orientierung wird von den Vereinen und Koranschulen getragen und die Jugendlichen werden einseitig geprägt. [...]

Wenn festzustellen ist, dass die jungen Menschen in diesem türkisch-muslimischen Common Sense gefangen sind, kann man unmöglich davon reden, dass die jungen Mädchen und Frauen »freiwillig« das Kopftuch nehmen. Die Entscheidung ist von ihrer sozialen Umgebung gefällt worden: die Prägung der Eltern, der Verwandten, der Koranschulen, der Geschwister. Wenn man zusätzlich konstatiert, dass sich die jungen Frauen in einem für die Persönlichkeitsentwicklung wichtigem Ablöseprozess von den Eltern, der Pubertät, befinden, sind die Folgen, die das Kopftuch als Symbol für ihre Rolle als Frau hat, fatal. In der muslimischen Tradition ist es ein gegebener Wert: Nur eine Frau mit Kopftuch ist »rein«; d. h. im muslimischen Sinne »rein«, also heiratsfähig. So auch das Selbstverständnis mancher Kopftuchträgerinnen. Es geht um die Ehre, ein zentraler Begriff des türkisch-muslimischen Selbstverständnisses. Und zur Ehre des Mannes gehört die Pflicht, Beleidigungen zu rächen und sein Gesicht zu wahren. Die Frau ist die Ehre des Mannes. Ein antiquiertes Weltbild, das zwangsläufig Probleme bei der Integration unausweichlich macht.

Zusammenfassend kann festgestellt werden: Die jungen Frauen und Mädchen tragen das Kopftuch, weil ihnen dies in der Familie, der Gemeinde, der Koranschule vorgelebt wird und sie so am ehesten den Erwartungen der Umma genügen können. Es stellt sich die Frage für die säkulare demokratische Gesellschaft, ob sie dieser Entwicklung Vorschub leisten will – und sie hinnehmen will.

Für mich ist deshalb die Schule der Raum, wo unsere Gesellschaft den jungen Menschen den Raum und die Gelegenheit geben muss, ein Leben in Selbstbestimmung, Chancengleichheit und Gleichberechtigung kennenzulernen und positiv zu besetzen.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 1156 genannt, die Wörtlichkeit der Übernahme (die sich auch nach dieser Fn. fortsetzt) bleibt ungekennzeichnet.


[157.] Mra/Fragment 254 26

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 254, Zeilen: 254: 26-34, 111 (255: 1, 101-104)
Quelle: Janz Rademacher 1999
Seite(n): 707, 712, Zeilen: online
Allerdings erweist es sich bei näherer Betrachtung in der Verfassungswirklichkeit als weniger strikt. Es wird in diesem Zusammenhang auf die Vorrechte der großen christlichen Kirchen verwiesen, die ihrerseits insofern eine Bevorzugung erfahren, da Lehrkräfte im Unterricht Kreuze tragen dürfen. Von einer völligen Nichtidentifikation des Staates mit bestimmten Glaubensrichtungen kann angesichts der engen Verhaftung des Gemeinwesens in der christlich-abendländischen Tradition also letztlich keine Rede sein. Dies zeigt sich im Grundgesetz selbst schon in dessen Präambel, die mit einer invocatio dei beginnt.1168 Auch der bestehende Schutz der Sonntagsruhe, der gemäß Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV gewährleistet wird („als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung“) knüpft eindeutig [an die christliche Überlieferung an.1169]

1168 Zur Nennung Gottes in der Präambel des Grundgesetzes, Ennuschat, NJW 1998, 953.

[1169 Vgl. Altes Testament, 1. Buch Mose, Kap. 2, Vers 3: „Und Gott segnete den siebten Tag und heiligte ihn darum, dass er an demselben geruht hatte von allen seinen Werken, die Gott schuf und machte.“ Durch diese Regelung wird ein wesentliches Stück christlicher Überlieferung geschützt und der Verfügungsmasse des einfachen Gesetzgebers entzogen, Janz/Rademacher, NVwZ 1999, 706.]

Denn so eindeutigdas [sic] Neutralitätsprinzip auch erscheint, so wenig strikt durchgehalten erweist es sich bei näherer Betrachtung in der Verfassungswirklichkeit. Von einer völligen Nichtidentifikation des Staates mit bestimmten Glaubensrichtungen kann angesichts der erwähnten engen Verhaftung des Gemeinwesens in derchristlich-abendländischen Tradition letztlich keine Rede sein. Dies zeigt sich im Grundgesetz selbst schon in dessen Präambel, die mit einer invocatio dei beginnt16. Auch der bestehende Schutz der Sonntagsruhe, der gem. Art. GG Artikel 140 GG i.V. mit Art. WRV Artikel 139 WRV gewährleistet wird („als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung“), knüpft eindeutig an die christliche Überlieferung an17.

[Seite 712]

Werden demgegenüber gleichzeitig etwa Kreuzanhänger, die durchaus eine auffällige Größe haben und gut sichtbar für alle getragen werden können, als grundrechtlich unbedenklich erachtet, so drängt sich der Verdacht auf, daß hier mit zweierlei Maß gemessen wird.


16 Zur Nennung Gottes in der Präambel des Grundgesetzes zuletzt Ennuschat, NJW 1998, 953.

17 S. Altes Testament, 1. Buch Mose, Kap. 2, Vers 3: „Und Gott segnete den siebten Tag und heiligte ihn, darum daß er an demselben geruht hatte von allen seinen Werken, die Gott schuf und machte“. Hollerbach, in: Isensee–Kirchhof (Hrsg.), HdbStR VI, 1989, § 140 Rdnr. 60, weist zutreffend darauf hin, daß mittels dieser Regelung ein wesentliches Stück christlicher Überlieferung (und mithin religiösen und kulturellen Erbes) geschütztwerde [sic], das der Verfügungsmasse des einfachen Gesetzgebers entzogen sei.

Anmerkungen

Die Quelle ist auf der folgenden Seite in Fn. 1169 an deren Ende genannt.


[158.] Mra/Fragment 255 04

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 255, Zeilen: 4-17
Quelle: Goerlich 1999
Seite(n): 2931, Zeilen: online
Der öffentliche Dienst ist angewiesen auf allseitige Akzeptanz, ganz unabhängig von den hoheitlichen Instrumenten, die er zur Erledigung der Aufgaben einsetzen kann. Diese Akzeptanz erfordert Distanz und Neutralität, ohne dass darum die eigene Identität preisgegeben würde. Daher geht es nicht um eine Leugnung eigener Anschauungen oder Überzeugungen. Genauso wenig sollen Glaubensfragen und Gewissensdinge unterdrückt werden. Es geht vielmehr um eine hinreichende Trennung der wahrgenommenen Funktionen von den individuellen Überzeugungen und Haltungen. Das bewirkt beim Bürger erst die Erwartung einer ordnungsgemäßen Amtsführung, die wiederum Glaubwürdigkeit verschafft. Deshalb folgt aus diesem Erziehungsauftrag eine zunehmende Zurückhaltung in dem Maße, in dem die kulturelle Vielfalt zunimmt und deshalb stets latente Gefährdungen der Ziele dieses Auftrages virulent werden. Solche Gefährdungen nehmen in einer multikulturellen Sozialstruktur eher zu, besonders wenn andere soziale Belastungen im Bildungssektor jenseits des Arbeitslebens und in den Nachbarschaften sich verstetigen und dies ohne Aussicht, sie wirksam und nachhaltig zu beseitigen. Der öffentliche Dienst ist angewiesen auf allseitige Akzeptanz, ganz unabhängig von den hoheitlichen Instrumenten, die er zur Erledigung der Aufgaben einsetzen kann. Diese Akzeptanz erfordert Distanz und Neutralität, ohne daß darum die eigene Identität preisgegeben würde. Daher geht es nicht um eine Leugnung eigener Anschauungen oder Überzeugungen. Auch sollen Glaubensfragen und Gewissensdinge nicht unterdrückt werden. Es geht vielmehr nur um eine hinreichende Trennung der wahrgenommenen Funktionen von den individuellen Überzeugungen und Haltungen. Das bewirkt beim Bürger erst die Erwartung einer ordnungsgemäßen Amtsführung, die Glaubwürdigkeit verschafft.

[...]

Deshalb folgt aus diesem Erziehungsauftrag eine zunehmende Zurückhaltung in dem Maße, in dem die kulturelle Vielfalt zunimmt und deshalb stets latente Gefährdungen der Ziele dieses Auftrags virulent werden. Solche Gefährdungen nehmen in einer multikulturellen Sozialstruktur eher zu, zumal wenn andere soziale Belastungen im Bildungssektor jenseits des Arbeitslebens und in den Nachbarschaften sich verstetigen und dies ohne die Aussicht, sie in wirksamem und nachhaltigem Ausmaß zu beseitigen.

Anmerkungen

Die Quelle ist auf S. 254 in Fn. 1166 zum letzten Mal genannt. Daher ist auch eine Einordnung als Bauernopfer denkbar.


[159.] Mra/Fragment 255 20

KomplettPlagiat
Untersuchte Arbeit:
Seite: 255, Zeilen: 20-23
Quelle: Battis Bultmann 2004
Seite(n): 584, Zeilen: l.Sp. 30 ff.
Zu klären ist, ob der „böse“ Schein des muslimischen Kopftuches mit seiner gesellschaftspolitischen Aussage für beamtenrechtliche Konsequenzen ausreichen kann oder ob es insoweit auf die tatsächliche Auffassung der betreffenden Kopftuchträgerin ankommt. Zu klären ist, ob der „böse“ Schein des muslimischen Kopftuches mit seiner gesellschaftspolitischen Aussage für beamtenrechtliche Konsequenzen ausreichen kann oder ob es insoweit auf die tatsächliche Auffassung der betreffenden Kopftuchträgerin ankommt.
Anmerkungen

Kein Hinweis auf eine Übernahme.


[160.] Mra/Fragment 257 06

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 257, Zeilen: 6-10
Quelle: Häußler 1999
Seite(n): 33, Zeilen: r. Sp. 9 ff.
Das Neutralitätsprinzip ist allerdings kein geschriebenes Verfassungsrecht und aus diesem Grund gibt es keine durchgängige, einheitliche Bedeutung. Sein Inhalt muss vielmehr für den jeweiligen Kontext, in dem er zur Anwendung gebracht werden soll, gesondert bestimmt werden.1179 In Betracht kommt, je nach den Umständen des für einen konkreten Fall maßgeblichen rechtlichen Rahmens, entweder ohnehin gefundene Auslegungsergebnisse zu bekräftigen oder Lücken im Verfassungsrecht zu schließen.1180

1179 Kritisch vgl. Michael, JZ 2003, 256: Die Auffassung des Gerichts überhöht die „Neutralität“ zu einem dynamischen Prinzip, das den Pluralismus eindämmen soll. Dafür bleibt das Gericht eine Begründung schuldig. Gegen ein Prinzip dynamischer Neutralität sprechen zwei Bedenken: Erstens ist die Neutralität im Grundgesetz nicht explizit verankert, sondern ein verfassungsrechtlicher Argumentationstopos, der bestenfalls heuristisch umschreibt, was aus der Verfassung selbst zu begründen ist. Zweitens führt seine Verselbständigung in letzter Konsequenz zum Laizismus, den das Grundgesetz gerade nicht vorschreibt. Ob der Laizismus verfassungspolitisch wünschenswert ist, ist aber wiederum eine Frage, die weder an dieser Stelle, noch von den Gerichten beantwortet werden soll und kann. Allein die (verfassungsgebenden) Gesetzgeber des Bundes und der Länder könnten den von der Rechtsprechung anvisierten Weg legitimerweise beschreiten.

1180 Häußler, ZAR 1999, 32.

Aus diesem Grund hat es keine durchgängige, einheitliche Bedeutung; sein Inhalt muß vielmehr für den jeweiligen normativen Kontext, in dem es zur Anwendung gebracht werden soll, gesondert bestimmt werden. [...] In Betracht kommt lediglich, je nach den Umständen des für einen konkreten Fall maßgeblichen rechtlichen Rahmens entweder ohnehin gefundene Auslegungsergebnisse zu bekräftigen oder Lücken im Verfassungsrecht zu schließen.9

9 Schlaich, Neutralität als verfassungsrechtliches Prinzip, 1972, S. 197.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 1180 genannt.

Der Inhalt von Fn. 1179 ist (aus anderer Quelle) ebenfalls übernommen; siehe Fragment 257 102.


[161.] Mra/Fragment 257 102

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 257, Zeilen: 102-110
Quelle: Michael 2003
Seite(n): 256, Zeilen: li. Sp. letzte Zeile - re. Sp. 1 ff.
[...]

1179 Kritisch vgl. Michael, JZ 2003, 256: Die Auffassung des Gerichts überhöht die „Neutralität“ zu einem dynamischen Prinzip, das den Pluralismus eindämmen soll. Dafür bleibt das Gericht eine Begründung schuldig. Gegen ein Prinzip dynamischer Neutralität sprechen zwei Bedenken: Erstens ist die Neutralität im Grundgesetz nicht explizit verankert, sondern ein verfassungsrechtlicher Argumentationstopos, der bestenfalls heuristisch umschreibt, was aus der Verfassung selbst zu begründen ist. Zweitens führt seine Verselbständigung in letzter Konsequenz zum Laizismus, den das Grundgesetz gerade nicht vorschreibt. Ob der Laizismus verfassungspolitisch wünschenswert ist, ist aber wiederum eine Frage, die weder an dieser Stelle, noch von den Gerichten beantwortet werden soll und kann. Allein die (verfassungsgebenden) Gesetzgeber des Bundes und der Länder könnten den von der Rechtsprechung anvisierten Weg legitimerweise beschreiten.

Die Auffassung des Gerichts hingegen überhöht die „Neutralität“ zu einem dynamischen Prinzip, das den Pluralismus eindämmen soll. Dafür bleibt das Gericht eine Begründung schuldig. Gegen ein Prinzip dynamischer Neutralität sprechen zwei Bedenken: Erstens ist die Neutralität im GG nicht explizit verankert, sondern ein verfassungsrechtlicher Argumentationstopos, der bestenfalls heuristisch umschreibt, was aus der Verfassung selbst zu begründen ist. Zweitens führt seine Verselbständigung in letzter Konsequenz zum Laizismus, den das GG gerade nicht vorgibt (M. Morlok, in: H. Dreier, GG, Bd III, zu Art. 140/137 Rz. 20). [...]

[...] Ob der Laizismus verfassungspolitisch wünschenswert ist, ist eine Frage, die weder an dieser Stelle, noch von den Gerichten beantwortet werden soll und kann. Allein die (verfassungsändernden) Gesetzgeber des Bundes und der Länder können den von der Rechtsprechung anvisierten Weg legitimerweise beschreiten.

Anmerkungen

Die Quelle ist in der Fn. genannt, die Wörtlichkeit der Übernahme bleibt ungekennzeichnet.


[162.] Mra/Fragment 257 19

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 257, Zeilen: 19-22
Quelle: Di Fabio Mellinghoff 2003
Seite(n): 1170, Zeilen: 35-39
Auf der anderen Seite, wer Beamter wird, stellt sich in freier Willensentschließung auf die Seite des Staates. Der Beamte kann sich deshalb nicht in gleicher Weise auf die freiheitssichernde Wirkung der Grundrechte berufen wie jemand, der nicht in die Staatsorganisation eingegliedert ist.1183

1183 Di Fabio/Mellinghoff, JZ 2003, 1170; vgl. allgemein zu dieser Thematik: Zwirner, Politische Treuepflicht

1. Wer Beamter wird, stellt sich in freier Willensentschließung auf die Seite des Staates. Der Beamte kann sich deshalb nicht in gleicher Weise auf die freiheitssichernde Wirkung der Grundrechte berufen wie jemand, der nicht in die Staatsorganisation eingegliedert ist.
Anmerkungen

Die Quelle wird in Fn. 1183 genannt, die Wörtlichkeit der Übernahme bleibt ungekennzeichnet.


[163.] Mra/Fragment 258 19

KomplettPlagiat
Untersuchte Arbeit:
Seite: 258, Zeilen: 19-21
Quelle: Goerlich 1999
Seite(n): 2931, Zeilen: online
Deshalb kann es der Lehrperson nicht verwehrt sein, ihr persönliches und soziales religiöses Leben zu führen. Daher muss es in diesen Lebensbereichen gestattet sein, Bekleidungsregeln des eigenen Glaubens zu folgen. Deshalb kann es der Lehrperson nicht verwehrt sein, ihr persönliches und soziales religiöses Leben zu führen. Daher muß es in diesen Lebensbereichen gestattet sein, Bekleidungsregeln des eigenen Glaubens zu folgen.
Anmerkungen

Kleinteilig, aber wortlautidentisch ohne jeden Hinweis.


[164.] Mra/Fragment 260 32

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 260, Zeilen: 32-36
Quelle: Morlok Krüper 2003
Seite(n): 1021, Zeilen: online
Während die Amtsperson letztlich zur Neutralität verpflichtet wird, soll die Privatperson ihre Religion offen bekennen können. Eine Versöhnung oder eine sog. praktische Konkordanz1199 dieser widerstreitenden Rechtspositionen lässt sich wohl nur dadurch erreichen, dass man sich nicht länger der Erkenntnis verschließt, dass sich diese Sphären in der Schule überlappen. Nicht nur in Person [unterrichtet die Lehrerin, sondern auch als Person.]

1195 Morlok/Krüper, NJW 2003, 1020.

1199 Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Heidelberg 1999.

Während die Amtsperson zu Neutralität verpflichtet ist, soll die Privatperson ihre Religion offen bekennen können. Eine Versöhnung dieser widerstreitenden Rechtspositionen lässt sich letztlich nur dadurch erreichen, dass man sich nicht länger der Erkenntnis verschließt, dass diese Sphären sich in der Schule überlappen: Nicht nur in Person unterrichtet die Lehrerin, sondern auch als Person22.

22 So auch VGH München, NVwZ 2002, 1000, 1003.

Anmerkungen

Die Quelle ist weiter oben auf der Seite in Fn. 1195 genannt, daher auch Einordnung als BO möglich.

Die ungenaue Angabe in Fn. 1199 lässt ein Blindzitat vermuten.


[165.] Mra/Fragment 261 20

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 261, Zeilen: 20-26, 28-29
Quelle: Mahlmann 2004
Seite(n): 124, Zeilen: online
Die verschiedenen dargebotenen Konfliktlösungsansätze im Kopftuchstreit haben unterschiedliche rechtliche und politische Überzeugungskraft. Das laizistische Modell der strengen Trennung von Staat und Religion hat den Vorteil, die Gleichbehandlung der Religionen zu verwirklichen. Es hat den weiteren Vorteil, die Trennung von Staat und Kirche ernst zu nehmen. Dieses Modell hat aber auch einen entscheidenden Nachteil: Es gewährt den Menschen in einem essentiell entscheidenden Bereich weniger Freiheit als andere Modelle, weil von vorneherein religiöse Bekundungen im Schuldienst ausgeschlossen werden. [...] Es mag Zeiten geben, in denen Laizismus die einzige Möglichkeit ist, den Frieden in einer Gesellschaft zu erhalten, etwa bei bürgerkriegsähnlichen religiösen [Spannungen.] Die verschiedenen Lösungsmodelle haben unterschiedliche rechtliche und politische Überzeugungskraft. Das Laizistische Modell hat den Vorzug, die Gleichbehandlung der Religionen zu verwirklichen. Es hat den weiteren Vorteil, die Trennung von Staat und Kirche ernst zu nehmen18. Dieses Modell hat aber auch einen entscheidenden Nachteil: Es gewährt Menschen in einem existenziell entscheidenden Bereich19 weniger Freiheit als andere Modelle, weil es von vornherein religiöse Bekundungen im Schuldienst oder auch darüber hinaus ausschließt. [...] Es mag Zeiten geben, in denen Laizismus die einzige Möglichkeit ist, den Frieden in einer Gesellschaft zu erhalten, etwa in Anbetracht von großen, bürgerkriegsähnlichen religiösen Spannungen.

18 Vgl. z.B. Laskowski, KJ 2003, 420 (36).

19 Die Religionsfreiheit wird mit Recht vom BVerfG in enge Verbindung zur Menschenwürde gebracht, vgl. BVerfGE 41, 29 (50) = NJW 1976, 947, BVerfG, NJW 2003, 3111 (3113).

Anmerkungen

Die Quelle ist weiter oben auf der Seite in Fn. 1202 genannt.


[166.] Mra/Fragment 263 08

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 263, Zeilen: 8-24
Quelle: Michael 2003
Seite(n): 257, Zeilen: li. Sp. 8 ff.
Fordert eine nicht laizistische Verfassung die religiöse Unkenntlichkeit der Lehrer? Oder sollte dem Staat das persönliche Verhalten eines Beamten erst dann zugerechnet werden, wenn es die Schwelle zur direkten Einflussnahme erreicht?

Das Kruzifix symbolisiert eine zentrale Glaubensaussage. Es steht für die christliche Botschaft. Demgegenüber steht das Kopftuch nicht für eine zentrale Glaubensaussage des Islam, es ist kein wirklich vergleichbar starkes religiöses Symbol. Es darf einer Muslima nicht von vorneherein unterstellt werden, dass ihr Kopftuch primär den Aussagewert hat, dass sie sich öffentlich zu ihrem Glauben bekennt.1212 Die Muslima will mit ihrem Kopftuch nicht zwangsläufig etwas mitteilen, sondern vielmehr auch umgekehrt einen bestimmten Anblick vermeiden. Das Kopftuch wäre in diesem Fall die Folge des Selbstverständnisses einer Frau, die sich aus religiösen Gründen weniger freizügig kleidet, als dies in unserer Gesellschaft Mode ist. Erst dadurch, dass dies eine verbreitete Bekleidungskonvention im Islam darstellt, kann der objektive Betrachter Rückschlüsse auf ihren Glauben ziehen. Der Eindruck erschließt sich demnach aber nur aus persönlicher Wertung eines Dritten.

Schließlich muss man sagen, ob eine Lehrerin ein Kopftuch tragen darf, sollte vom konkreten Verhalten der Lehrerin, nicht aber vom konkreten Widerstand der Schüler oder Eltern abhängen.


1212 Siehe bereits oben unter III 1.

Fordert eine nicht laizistische Verfassung die religiöse Unkenntlichkeit der Lehrerschaft?

Dem Staat sollte das persönliche Verhalten eines Beamten erst dann zugerechnet werden, wenn es die Schwelle zur direkten Einflussnahme erreicht. [...]

2. Das Kruzifix symbolisiert eine zentrale Glaubensaussage. Es steht für eine religiöse Botschaft. Auch wer der starken Gewichtung der negativen Glaubensfreiheit durch die Rechtsprechung (in den Worten des BVerwG: die „grundsätzlich gleichrangige negative und positive Religionsfreiheit“ skeptisch gegenübersteht, muss anerkennen, dass jeder, der ein Kruzifix anblicken muss, einem starken Bild ausgesetzt ist, das schlechthin „die“ christliche Botschaft symbolisiert. Demgegenüber steht das Kopftuch nicht für eine zentrale Glaubensaussage des Islams, es ist kein „starkes religiöses Symbol“ (so aber das Schweizer BGE 123 I, 296 und zustimmend VGH Mannheim DVBl. 2001, 1534, 1539). [...] Es darf einer Muslimin nicht unterstellt werden, dass ihr Kopftuch primär den Aussagewert hat, dass sie sich öffentlich zu ihrem Glauben bekennt. Die Muslimin will mit ihrem Kopftuch nicht der Öffentlichkeit etwas mitteilen, sondern ihr vielmehr umgekehrt einen bestimmten Anblick vorenthalten. Das Kopftuch ist die Folge des Selbstverständnisses einer Frau, die sich aus religiösen Gründen weniger freizügig kleidet, als es in unserer Gesellschaft Mode ist. Erst dadurch, dass dies eine verbreitete Bekleidungskonvention im Islam darstellt, kann der objektive Betrachter auf ihren Glauben zurückschließen. [...]

3. Auch im Ergebnis kann die Lösung der Kruzifix-Fälle kein Vorbild sein: Ob eine Lehrerin ein Kopftuch tragen darf, sollte vom konkreten Verhalten der Lehrerin, nicht aber vom konkreten Widerstand der Schüler oder Eltern abhängen. [...]

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 1210 auf Vorseite genannt, Art und Umfang der Übernahme bleiben jedoch ungekennzeichnet.


[167.] Mra/Fragment 264 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 264, Zeilen: 1-15, 101-105, 107-115
Quelle: Coumont 2009
Seite(n): 9, Zeilen: online
[Inwieweit der Staat im schulischen Bereich zur Rücksichtnahme auf Glaubensvorstellungen muslimischer Schüler, Schülerinnen und Eltern verpflichtet ist, hängt vor allem davon ab, ob] bezüglich der konkreten religiösen Ansicht1215 der Schutzbereich von Grundrechten eröffnet ist. Dies ist von vorneherein nur dann der Fall, wenn von den Grundrechtsträgern/innen die Existenz einer entsprechenden Glaubensregel nachgewiesen werden kann. Im Hinblick auf den Islam beurteilt sich dabei die Frage, ob eine Glaubensvorschrift besteht, ausschließlich nach dem religiösen Selbstverständnis1216 der einzelnen Grundrechtsträger/trägerinnen. Die eigentliche Problematik ergibt sich allerdings dadurch, dass der Islam keine zentrale Lehr- und Rechtsinstanz1217 kennt, die tatsächlich in religiösen und theologischen Fragen Verbindlichkeit entfalten kann.1218 Eine konkrete Vorgabe besteht daher nicht, es werden unterschiedliche Ansichten zur Existenz von Glaubensvorschriften vertreten. Dies gilt vor allem auch aufgrund der verschiedenen islamischen Strömungen. Für eine erfolgreiche Berufung auf Grundrechte genügt dennoch keinesfalls, dass lediglich das Bestehen eines Gebotes behauptet wird, es muss vielmehr der Nachweis erbracht werden, dass die betreffende religiöse Verhaltensvorschrift individualbezogen Geltung beansprucht und dass sie im eigenen alltäglichen Leben Beachtung findet.1219 Sie unterliegt dabei einer Plausibilitätskontrolle, die vorliegend jedoch unstrittig gegeben ist.

1215 Vgl. dazu didaktische Fallaufbaugestaltung bei Coumont, ZAR 2009, 9; vgl. außerdem Coumont, Muslimische Schüler und Schülerinnen in der öffentlichen Schule, Frankfurt am Main 2008.

1216 Die Frage, ob ein bestimmtes Verhalten von religiöser Ausprägung ist, beurteilt sich in erster Linie nach dem Selbstverständnis, vgl. Tillmanns, Jura 2004, 619; Heinig/Morlok, JZ 2003, 777.

1217 Vgl. Janz/Rademacher, NVwZ 1999, 706; Baer/Wrase, JuS 2003, 1162.

1218 Vgl. dazu bereits die obigen Ausführungen unter A II.

1219 Vgl. BVerfGE 108, 282; BVerwGE 94, 82; VG Hamburg, NVwZ-RR 2006, 121; VG Düsseldorf, NWVBl. 2006, 68; Anger, Islam in der Schule, Rechtliche Wirkungen der Religionsfreiheit und der Gewissensfreiheit sowie des Staatskirchenrechts im öffentlichen Schulwesen, Berlin 2003; Fraglich kann das Alter der betroffenen Schüler sein, vgl. VG Hamburg NVwZ-RR 2006, 121; OVG NRW, NVwZ 1992, 77; Grundsätzlich wird in der islamischen Welt die Einhaltung der religiösen Vorschriften erst ab der Pubertät verlangt, vgl. VG Hamburg, NVwZ-RR 2006, 121; Khoury/Hagemann/Heine, Islam-Lexikon, Geschichte, Ideen, Gestalten, Freiburg 1999; Breuer, Familienleben im Islam: Traditionen - Konflikte - Vorurteile, Freiburg 1998. Wenn hiervon Abweichendes behauptet wird, muss eine nachvollziehbare Offenlegung erfolgen, warum nach dem eigenen Selbstverständnis das entsprechende Ge- bzw. Verbot bereits zu einem früheren Zeitpunkt gelten soll.

Inwieweit der Staat im schulischen Bereich zur Rücksichtnahme auf Glaubensvorstellungen muslimischer Schüler, Schülerinnen und Eltern verpflichtet ist, hängt vor allem davon ab, ob bezüglich der konkreten religiösen Ansicht2 der Schutzbereich von Grundrechten eröffnet ist. Dies ist von vornherein nur dann der Fall, wenn von den Grundrechtsträgern bzw. -trägerinnen die Existenz einer entsprechenden Glaubensregel nachgewiesen werden kann. Im Hinblick auf den Islam beurteilt sich dabei die Frage, ob eine Glaubensvorschrift besteht, ausschließlich nach dem religiösen Selbstverständnis der einzelnen Grundrechtsträger bzw. -trägerinnen.3 Der Islam kennt keine zentrale Lehr- und Rechtsinstanz, die in allen religiösen und theologischen Fragen verbindlich entscheiden könnte.4 Eine islamische Religionsgemeinschaft, an deren Vorgaben sich das Selbstverständnis sonst grundsätzlich messen lassen müsste5, besteht nicht.6 In der islamischen Welt werden folglich unterschiedliche Ansichten zur Existenz von Glaubensvorschriften vertreten.7

Für eine erfolgreiche Berufung auf Grundrechte hinsichtlich der Befolgung islamischer Ge- bzw. Verbote genügt nun aber keinesfalls, dass ihr Bestehen lediglich pauschal behauptet wird. Insofern reicht auch der Verweis auf die religiösen Quellen, insbesondere den Koran oder eine islamische Lehrmeinung allein nicht aus. Es muss vielmehr der Nachweis erbracht werden, dass die betreffende religiöse Verhaltensvorschrift individualbezogen Geltung beansprucht und dass sie im eigenen alltäglichen Leben Beachtung findet.8 Das jeweilige Vorbringen unterliegt einer Plausibilitätskontrolle.9


2 S. zu den einzelnen im Bereich der Schule fraglichen islamischen Glaubensvorschriften ausführlich Coumont, Muslimische Schüler und Schülerinnen in der öffentlichen Schule, 2008, S. 10 ff. mit umfangreichen Nachweisen.

3 Die Frage, ob ein Verhalten religiös geprägt ist, beurteilt sich primär nach dem Selbstverständnis, vgl. Tillmanns, Jura 2004, JURA Jahr 2004 Seite 619 (JURA Jahr 2004 Seite 622); Heinig/Morlok, JZ 2003, JZ Jahr 2003 Seite 777 (JZ Jahr 2003 Seite 779 f.).

4 Vgl. Muckel, in: Friauf/Höfling, Berliner Kommentar zum Grundgesetz, Band I, Loseblatt-Kommentar, Stand 2008, Art. 4 Rn. 29; Janz/Rademacher, NVwZ 1999, NVWZ Jahr 1999 Seite 706 (NVWZ Jahr 1999 Seite 710); Baer/Wrase, JuS 2003, JUS Jahr 2003 Seite 1162 (JUS Jahr 2003 Seite 1163).

5 S. BVerfGE 24, BVERFGE Jahr 24 Seite 236 (BVERFGE Jahr 24 Seite 247 f.); 108, 282 (299); OVG NRW, NVwZ 1992, NVWZ Jahr 1992 Seite 77 (NVWZ Jahr 1992 Seite 78) Muckel; in: Isensee/Rees/Rüfner, Dem Staate, was des Staates – der Kirche, was der Kirche ist, Festschrift für Joseph Listl zum 70. Geburtstag, 1999, S. 239-257, Religionsfreiheit für Muslime in Deutschland, S. 248; v. Campenhausen, in: Isensee/Kirchhof/v. Campenhausen, Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band 6, Freiheitsrechte, 2. Aufl., 2001, § 136 Rn. 69.

6 Vgl. BVerwG, NJW 2005, NJW Jahr 2005 Seite 2101 (NJW Jahr 2005 Seite 2105); OVG NRW, NWVBl. 2004, NWVBL Jahr 2004 Seite 224 (NWVBL Jahr 2004 Seite 225); VG Düsseldorf, NWVBl. 2002, NWVBL Jahr 2002 Seite 196 ff.; Muckel, in: Rees, Recht in Kirche und Staat. Festschrift für Joseph Listl zum 75. Geburtstag, 2004, S. 715-742, Wann ist eine Gemeinschaft Religionsgemeinschaft? Überlegungen zum Begriff der Religionsgemeinschaft im Sinne von Art. GG Artikel 7 Abs. GG Artikel 7 Absatz 3 GG unter besonderer Berücksichtigung muslimischer Dachverbände, S. 729. Zum Problemkreis des islamischen Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen s.: Emenet, Verfassungsrechtliche Probleme einer islamischen Religionskunde an öffentlichen Schulen. Dargestellt anhand des nordrhein-westfälischen Schulversuchs »Islamische Unterweisung«, 2003; Spriewald, Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Einführung von islamischem Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach an deutschen Schulen, 2003; Ogorek, Geltung und Fortbestand der Verfassungsgarantie staatlichen Religionsunterrichts in den neuen Bundesländern, Ein Beitrag zur Lehre vom sogenannten Verfassungswandel, 2004; Muckel, JZ 2001, JZ Jahr 2001 Seite 58 ff.; Coumont, in: Muckel, (o. Fn. 1). S. 551 ff.

7 Es soll deshalb betont werden, dass die in diesem Aufsatz genannten Glaubensregeln keineswegs auf den »gesamten Islam« übertragbar sind und häufig nur von einer Minderheit der (vor allem in Deutschland lebenden) Muslime und Musliminnen vertreten werden.

8 Vgl. BVerfGE 108, BVERFGE Jahr 108 Seite 282 (BVERFGE Jahr 108 Seite 298); BVerwGE 94, BVERWGE Jahr 94 Seite 82 (BVERWGE Jahr 94 Seite 87); VG Hamburg, NVwZ-RR 2006, NVWZ-RR Jahr 2006 Seite 121 f.; VG Düsseldorf, NWVBl. 2006, NWVBL Jahr 2006 Seite 68 (NWVBL Jahr 2006 Seite 69); Anger, Islam in der Schule, Rechtliche Wirkungen der Religionsfreiheit und der Gewissensfreiheit sowie des Staatskirchenrechts im öffentlichen Schulwesen, 2003, S. 112; Muckel, JA 1994, JA Jahr 1994 Seite 109 (JA Jahr 1994 Seite 111). Unter Plausibilitätsgesichtspunkten fraglich kann das Alter muslimischer Schüler und Schülerinnen sein, vgl. VG Hamburg, NVwZ-RR 2006, NVWZ-RR Jahr 2006 Seite 121 (NVWZ-RR Jahr 2006 Seite 121 ff.); OVG NRW, NVwZ 1992, NVWZ Jahr 1992 Seite 77 (NVWZ Jahr 1992 Seite 78). Grundsätzlich wird in der islamischen Welt die Einhaltung der religiösen Vorschriften erst ab der Pubertät verlangt, vgl. VG Hamburg, NVwZ-RR 2006, NVWZ-RR Jahr 2006 Seite 121 (NVWZ-RR Jahr 2006 Seite 122); Heine, in: Khoury/Hagemann/Heine, Islam-Lexikon, Geschichte – Ideen – Gestalten, Band 3, O-Z, 1999, S. 665; Breuer, Familienleben im Islam, Traditionen – Konflikte – Vorurteile, 2. Aufl., 1998, S. 84. Wenn hiervon Abweichendes behauptet wird, muss nachvollziehbar offen gelegt werden, warum nach dem eigenem Selbstverständnis das entsprechende Ge- bzw. Verbot bereits zu einem früheren Zeitpunkt Geltung beansprucht, vgl. Anger aaO S. 170 f.; Coumont aaO S. 63 f.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 1215 genannt. Umfang und Wörtlichkeit der tatsächlichen Übernahme gehen daraus nicht hervor. Die Belege werden erkennbar mitübernommen.


[168.] Mra/Fragment 266 08

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 266, Zeilen: 8-17, 19-22, 104-107
Quelle: Spies 1993
Seite(n): 638, Zeilen: online
Als verfassungsimmanente Schranke kommen zunächst einmal die Grundrechte anderer Schüler in Betracht. Diese haben nämlich das Recht, aus Art. 140 GG i. V. m. Art. 136 Abs. 3 S. 1 WRV, ihr Bekenntnis nicht offenbaren zu müssen. Zum Grundrechtskonflikt kann es aber nur kommen, wenn die muslimischen Schülerinnen durch das Tragen des Schleiers in Art. 140 GG i.V.m. Art. 136 Abs. 3 S. 1 WRV eingreifen. Durch den bloßen Anblick eines Kleidungsstücks der Klassenkameradin wird indes, trotz fehlender Ausweichmöglichkeit, kein Schüler gezwungen, seinen Glauben oder seine Weltanschauung zu offenbaren. Die negative Religionsfreiheit schützt nicht vor „religiösem Umwelteinfluss“1229 bzw. ist kein Konfrontationsschutz. In der Entscheidung zum Kreuz im Gerichtssaal, dessen Problematik vergleichbar scheint, findet sich folgender Satz:1230 „Das bloße Vorhandensein eines Kreuzes verlangt (…) weder eine eigene Identifizierung mit den darin symbolhaft verkörperten Ideen oder Institutionen noch ein irgendwie geartetes aktives Verhalten.“ Gleiches kann also nur gelten, wenn im Unterricht eine Mitschülerin einen Schleier trägt.1231 Wer diese These vertritt muss sich allerdings vor Augen führen, dass man sich durch einen Blick in die deutschen Klassenräume eines besseren belehren lassen muss, sich die faktische Situation also anders darstellt.

1229 von Campenhausen, in: Isensee-Kirchhof, HdbStR VI, Heidelberg 2000, § 136.

1230 Spies, NVwZ 1993, 637.

1231 Wohl nicht mehr von der Freiheit der Religionsausübung gedeckt wäre ein Ausnützen der „Zwangsinstitution Schule“, um die Mitschüler zum islamischen Glauben zu bekehren. Nach übereinstimmender Auffassung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts ist eine Glaubenswerbung missbräuchlich, die unter Ausnutzung besonderer Verhältnisse (z.B. einer Strafanstalt, eines Arbeitsplatzes) durchgeführt wird. Diese Feststellung lässt nun wiederum eine erneute Frage aufkommen, wer die Entscheidung treffen soll, wann ein solcher Fall vorliegt.

Solche Bestimmungen sind zunächst einmal die Grundrechte der Mitschüler. Diese haben nämlich das Recht aus Art. GG Artikel 140 GG i. V. mit Art. WRV Artikel 136 WRV Artikel 136 Absatz III 1 WRV, ihr Bekenntnis nicht offenbaren zu müssen. Die Konstellation ähnelt damit dem Grundrechtskonflikt in der Schulgebetsentscheidung des BVerfG zwischen Befürwortern und Gegnern des Gebets im Unterricht25. Zum Grundrechtskonflikt kann es aber nur kommen, wenn die muslimischen Schülerinnen durch das Tragen des Schleiers in Art. GG Artikel 140 GG i. V. mit Art. WRV Artikel 136 WRV Artikel 136 Absatz III 1 WRV eingreifen.

Durch den bloßen Anblick eines Kleidungsstücks der Klassenkameradin wird indes kein Schüler gezwungen, seinen Glauben oder seine Weltanschauung zu offenbaren. Die negative Religionsfreiheit schützt nicht vor “religiösem Umwelteinfluß"26. In der Entscheidung des BVerfG zum Kreuz im Gerichtssaal findet sich der treffende Satz: “Das bloße Vorhandensein eines Kreuzes verlangt (...) weder eine eigene Identifizierung mit den darin symbolhaft verkörperten Ideen oder Institutionen noch ein irgendwie geartetes aktives Verhalten"27. Gleiches gilt, wenn im Unterricht eine Mitschülerin einen Schleier trägt.

Wohl nicht mehr von der Freiheit der Religionsausübung gedeckt wäre ein Ausnützen der “Zwangssituation Schule"28, um die Mitschüler zum islamischen Glauben zu bekehren. Nach übereinstimmender Auffassung des BVerfG und des BVerwG ist eine Glaubenswerbung mißbräuchlich, die unter “Ausnutzung besonderer Verhältnisse” (z. B. einer Strafanstalt, eines Arbeitsplatzes) durchgeführt wird29.[...]

Wer diese These vertritt, wird sich durch einen Blick in die deutschen Klassenräume eines besseren belehren lassen müssen.


25 BVerfGE 52, 223 (245 f.) = NJW 1980, 575; Herzog (o. Fußn. 20), Art. 4 Rdnrn. 56, 60 f.

26 v. Campenhausen, in: Isensee-Kirchhof, HdbStR VI, § 136 Rdnr. 95.

27 BVerfGE 35, 366 (376) = NJW 1973, 2196.

28 Terminus von Alberts, NVwZ 1985, 92 (95).

29 BVerfGE 12, 1 (5) = NJW 1961, 211 - Glaubenswerbung durch Mithäftling; BVerwGE 15, 134 (137) = NJW 1963, NJW 1170 - Glaubenswerbung des Lehrlings durch den Lehrherrn. Krit. Häberle, JuS 1969, 265 (266-268).

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 1230 genannt, auch danach wird weiter aus ihr übernommen.

Das Zitat nach Fn. 1230 geht nicht in die Zeilenzählung ein.


[169.] Mra/Fragment 267 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 267, Zeilen: 1-2, 3-13, 18-29, 33-39
Quelle: Spies 1993
Seite(n): 639 f., Zeilen: online
Eine andere Möglichkeit einer Eingriffslegitimierung ist der Rückgriff auf den Erziehungsauftrag des Staates durch das Schulwesen gemäß Art. 7 Abs. 1 GG. Vorliegend sind Art. 4 Abs. 2 GG und Art. 7 Abs. 1 GG im Konfliktfall gegeneinander abzuwägen. Man könnte zunächst einmal daran denken, dass die Funktionsfähigkeit der Schule als umfassende Bildungseinrichtung betroffen sein könnte. Nahrung für diese These, dass gerade das Schleiertragen die Erziehungsziele der Schule konterkariert, liefert die Schulgebetsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Dort heißt es nämlich: „Die Schule fördert (…) die Anschauung des Christentums und damit ein religiöses Element in der Schule, das über die religiösen Bezüge hinausgeht, die sich aus der Anerkennung des prägenden Kultur- und Bildungsfaktors ergeben.“1233 Ähnliche Formulierungen enthalten auch die Schulgesetze der Länder.1234

Das traditionelle Frauenbild des Islam, dem sich die Schülerin durch das Anlegen des Schleiers oder Tuches erkennbar unterordnet, ist mit dem Bild der Frau als gleichberechtigte, mündige Staatsbürgerin im Sinne des Art. 3 Abs. 2 GG nicht in Deckung zu bringen. Wie oben bereits ausführlich dargestellt, existieren aber dennoch verschiedene Interpretationen, was denn nun das Tragen eines Tuches oder Schleiers konkret ausdrücken soll, so dass auch weniger frauenfeindliche Deutungen möglich sind. Der konkrete Nachweis, dass das Tragen gerade nur dazu dienen soll, die weibliche Unterordnung zu demonstrieren, gelingt somit nicht. Kann dennoch von einer muslimischen Schülerin verlangt werden, in der Schule den Schleier bzw. das Tuch abzulegen, nur weil es ein abendländisches Erziehungsziel der Schule ist? Gegen die Zulässigkeit des Schleiertragens spricht allerdings nicht die Tatsache, dass die Verwaltungsgerichte es den Lehrern versagen, sich im Unterricht entsprechend ihrer Religion zu kleiden, da der Lehrer als Erzieher die Schule verkörpert, die trotz des bereits genannten von christlich-abendländischen Werten geprägten Erziehungsziels religiös neutral ist. Die verschleierten Schülerinnen hingegen verkörpern nur sich selbst. Im Unterschied zum Lehrer besteht kein Grund hinsichtlich einer Sonderstellung, den Schülerinnen zu verbieten, ein bestimmtes Kleidungsstück aus religiösen Gründen zu untersagen.

Als Einwand seitens der Schule zugunsten eines Verbotes des Schleiers bzw. Tuches bleibt allerdings noch übrig, nämlich dass nur ein Schleier- bzw. Tuchverbot im Unterricht verhindert, dass die Schülerinnen innerhalb der Klasse in eine Außenseiterrolle gedrängt werden. Den Konflikt könnte man dahingehend zuspitzen, ob man, um der Forderung des Art. 3 Abs. 1 GG gerecht zu werden, Chancengleichheit in dem Sinne gewähren müsse, dass für jeden Begabten der ihm gemäße Bildungsgang erreichbar sei, oder ob man Nachteile bestimmter Gruppen durch kompensatorische Maßnahmen ausgleichen müsse.1235 OVG Münster und OVG Lüneburg vertreten die Meinung, dass die Schülerinnen diese nachteiligen Auswirkungen der Religionsbetätigungsfreiheit hinnehmen müssten.1236 Wer sich freiwillig einer religiösen Regel unterwirft, muss deren Konsequenzen hinnehmen.

Was aber, wenn die pädagogischen Mittel versagen und der Bildungsauftrag gegenüber den Mitschülern oder sogar Leib oder Leben der Schülerinnen durch Angriffe ihrer Mitschüler gefährdet sind? Ein Recht zum Märtyrertum kann indes nicht so weit gehen, dass die betrof-[fenen Schülerinnen nicht zu ihrem eigenen Schutz in eine parallele Klasse versetzt werden dürfen.]


1233 BVerfGE 52, 223.

1234 Vgl. z.B. auch: § 1 Abs. 3 NRWSchulOG: „Die Schule hat die Aufgabe, die Jugend auf der Grundlage des abendländischen Kulturgutes und des deutschen Bildungserbes (…) sittlich, geistig und körperlich zu bilden…“.

1235 Vgl. ausführlich zur allgemeinen Förderungsproblematik Püttner, in: FS Dürig, München 1990, S. 279.

1236 OVG Münster, NVwZ 1992, 77; OVG Lüneburg, NVwZ 1992, 79.

Eine andere Möglichkeit einer Eingriffslegitimierung ist der Rekurs auf den Erziehungsauftrag des Staates durch das Schulwesen (Art. GG Artikel 7 GG Artikel 7 Absatz I GG)32 [...] Der VGH München geht noch einen Schritt weiter: Art. GG Artikel 4 GG Artikel 4 Absatz II GG werde durch die “Funktionsfähigkeit der Schule als umfassender Bildungseinrichtung" Grenzen gezogen36.

Nahrung für die These, daß das Schleiertragen die Erziehungsziele der Schule konterkariert, liefert die Schulgebets-Entscheidung des BVerfG. Dort heißt es nämlich: “Die Schule fördert (...) die Anschauung des Christentums und damit ein religiöses Element in der Schule, das über die religiösen Bezüge hinausgeht, die sich aus der Anerkennung des prägenden Kultur- und Bildungsfaktors des Christentums ergeben 37.

Ähnliche Formulierungen enthalten die Schulgesetze der Länder38. Das traditionelle Frauenbild des Islam, dem sich die Schülerin durch das Anlegen des Schleiers erkennbar unterordnet, ist mit dem Bild der Frau als gleichberechtigte, mündige Staatsbürgerin i. S. des Art. GG Artikel 3 GG Artikel 3 Absatz II GG nicht in Deckung zu bringen. Art. GG Artikel 7 GG Artikel 7 Absatz I GG ist insoweit durch das Schleiertragen berührt.

Damit stellt sich das Problem, wie verfassungsrechtlich Art. GG Artikel 4 GG Artikel 4 Absatz II und Art. GG Artikel 7 GG Artikel 7 Absatz I GG miteinander in Ausgleich gebracht werden können. Konkret: Kann von einer muslimischen Schülerin verlangt werden, in der Schule den Schleier abzulegen, weil ein abendländisches Menschenbild Erziehungsziel der Schule ist?

[...]

Gegen die Zulässigkeit des Schleiertragens läßt sich nicht als Geschütz auffahren, daß die Verwaltungsgerichte es den Lehrern versagen, sich im Unterricht entsprechend ihrer Religion (Bhagwan-Glaube) zu kleiden42. Zwar unterliegen Lehrer wie Schüler im Unterricht dem besonderen Gewaltverhältnis43 (neuerdings: “Sonderstatus”44). Innerhalb des Sonderstatus gibt es allerdings Abstufungen in der Beschränkung der Grundrechtsausübung45. Der Lehrer als Erzieher verkörpert die Schule, die trotz des bereits genannten von christlich-abendländischen Werten geprägten Erziehungsziels religiös neutral ist46. [...] Die verschleierte Schülerin hingegen verkörpert nur

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sich selbst. Im Unterschied zum Lehrer besteht kein Grund, der Schülerin zu verbieten, ein bestimmtes Kleidungsstück aus religiösen Gründen zu tragen.

Als Einwand seitens der Schule zugunsten eines Verbotes des Schleiers bleibt übrig, daß nur ein Schleierverbot im Unterricht verhindert, daß die Schülerin innerhalb der Klasse in eine Außenseiterrolle gerät. Das OVG Münster und das OVG Lüneburg haben sich mit diesem Argument im Hinblick auf die Teilnahme am Sportunterricht auseinandergesetzt. Beide Gerichte meinen, daß die Schülerin diese nachteiligen Auswirkungen der Religionsbetätigungsfreiheit hinnehmen müsse48.

Im Prinzip ist dieser Standpunkt einleuchtend. Wer sich einer religiösen Regel unterwirft, muß deren Konsequenzen hinnehmen. Was aber, wenn die pädagogischen Mittel versagen und der Bildungsauftrag gegenüber den Mitschülern oder sogar Leib oder Leben der Schülerin durch Angriffe ihrer Mitschüler gefährdet ist? Die Schülerin hat nicht nur ein Recht, sondern die Pflicht, am Unterricht teilzunehmen49. Ein Recht zum Märtyrertum im Unterricht kann nicht soweit gehen, daß die Schülerin nicht zu ihrem eigenen Schutz, zur Sicherung ihrer Pflicht zur Unterrichtsteilnahme und zur Wiederherstellung der Ordnung in der Klasse in eine parallele Klasse versetzt werden darf.


32 St. Rspr., zuletzt BVerfG, NVwZ 1990, 54; OVG Münster, NVwZ 1992, 77 (78).

36 VGH München, NVwZ 1987, 706 (708).

37 BVerfGE 52, 223 (240) = NJW 1980, 575.

38 Vgl. Art. 7 Absatz I NRWVerf.: wonach Erziehungsziel “Ehrfurcht vor Gott” ist, sowie § § 1 Absatz III NRWSchulOG: “Die Schule hat die Aufgabe, die Jugend auf der Grundlage des abendländischen Kulturgutes und des deutschen Bildungserbes (...) sittlich, geistig und körperlich zu bilden ..."

42 VGH München, NVwZ 1986, 405; OVG Hamburg, NVwZ 1986, 406; BVerwG, NVwZ 1988, 937; a. A. Alberts, NVwZ 1985, Seite 92 (93). Vgl. auch die Urteilsanm. von Hufen, JuS 1987, 232 und Andrick, JA 1989, 320 sowie BVerfGE 84, 290 (292) = NJW 1991, 2472 = LKV 1991, 308 = NVwZ 1991, 977 L, wonach einem Lehrer das Tragen einer Anti-Atomkraft-Plakette im Unterricht vom Dienstherrn verboten werden darf.

43 Jarass-Pieroth (o. Fußn. 17), Vorb. Art. 1 Rdnr. 32; v. Münch (o. Fußn. 17), Vorb. Art. 1-19 Rdnr. 59.

44 Loschelder, in: Isensee-Kirchhof, HdbStR V, 1992, § 123 Rdnr. 1.

45 Loschelder (o. Fußn. 44), Rdnr. 34.

46 BVerfGE 18, 385 (386) = NJW 1965, 961; BVerfGE 24, 236 (246) = NJW 1969, 31; BVerfGE 32, 98 (106); BVerfGE 33, 23 (28) = NJW 1972, 1183; BVerfGE 84, 290 (297 f.) = NJW 1991, 2472 = LKV 1991, 308 = NVwZ 1991, 977L. Ausf. Zezschwitz, JZ 1971, 11 (13); Herzog (o. Fußn. 20), Art. 4 Rdnr. 19; Schlaich, Neutralität als Verfassungsprinzip, 1972, S. 129 ff.; Renck, NVwZ 1992, 1171 (1172).

48 OVG Münster, NVwZ 1992, 77 (79); OVG Lüneburg, NVwZ 1992, 79 (81).

49 Vgl. Art. 8 Absatz II NRWVerf.

Anmerkungen

Die Quelle ist auf der Vorseite in Fn. 1230 genannt.


[170.] Mra/Fragment 270 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 270, Zeilen: 1 ff. (komplett)
Quelle: Hellermann 1994
Seite(n): 140, 141, 142, 143, Zeilen: 140: 27 ff.; 141: 1 ff.; 142: 11 ff.; 143: 1 ff.
Darüber, wie die Schule ihren Bildungs- und Erziehungsauftrag1251 angesichts einer multikulturell zusammengesetzten Schülerschaft angemessen erfüllen kann, wird eine umfangreiche pädagogische Diskussion geführt. Aus verfassungsrechtlicher Perspektive besteht insoweit ein weitreichender Gestaltungsspielraum des Staates. Die staatliche Schulhoheit schließt das Recht des Staates ein, eigene schulische Erziehungs- und Bildungsziele festzulegen und zu verfolgen, um das Kind zu einem selbstverantwortlichen Mitglied der Gesellschaft heranzubilden. Der Staat ist dabei nicht von jeglicher rechtlicher Bindung, insbesondere Rücksichtnahme auf die religiös-weltanschauliche Orientierung der Kinder und ihrer Eltern frei; insbesondere darf die öffentliche Schule nicht die Verbindlichkeit bestimmter Glaubensinhalte beanspruchen oder in weltanschaulich-religiöser Hinsicht missionarisch, indoktrinierend wirken. Eine religiös-weltanschauliche Parteinahme ist dem Staat danach nicht erlaubt, weshalb das landesverfassungsrechtliche Bildungsziel der „Ehrfurcht vor Gott“ zumindest einer erheblichen Relativierung seines normativen Gehaltes auf der praktischen Ebene bedarf. Kulturell abweichende Positionen von Eltern und Kindern erfahren hierdurch eine substantielle Begrenzung ihrer Entfaltungsmöglichkeiten im Schulbereich. Eltern dürfen ihre Kinder der staatlichen Erziehungs- und Bildungstätigkeit in öffentlichen Schulen nicht entziehen, auch wenn sie selbst entgegenstehende religiös-weltanschauliche Positionen haben bzw. vermitteln wollen. Die Grundrechte verbürgen auch Angehörigen neuer Religionsgemeinschaften aus fremden Kulturkreisen den gleichen grundrechtlichen Schutz der Religionsausübung, des Bekenntnisses und ihrer sonstigen Betätigung, bis hin zur Respektierung glaubensbedingter Gewissenspositionen Einzelner dort, wo diese sich von hiesigen ethnisch-kulturellen [sic] Vorstellungen weit entfernen. Gemessen an dem Anspruch, auch Religionen und Religionsgemeinschaften fremder Kulturkreise nach ihrem Selbstverständnis gleichberechtigte Entfaltungsmöglichkeiten zu garantieren, muss dieser Grundrechtsschutz gleichwohl unvollständig bleiben. Die Grundrechte als begrenzte rechtliche Gewährleistungen individueller Freiheit können von vorneherein kein Recht auf glaubensgerechte Lebensverhältnisse verbürgen. Darüber hinaus ist auch die nähere tatbestandliche Fassung insbesondere der hinzutretenden staatskirchenrechtlichen Garantien, aber auch der Grundrechte, nicht vollkommen frei von christlich-abendländischer Prägung; so wird der privilegierte Schutz der Kultusfreiheit doch einem christlichen Religionsverständnis eher gerecht werden als dem einer islamischen Gruppierung, die ihr ganzes Leben in ständigem Gedenken Gottes zu verbringen trachtet. Genügt ein solcher individualgrundrechtlicher Schutz der Religionsfreiheit unter den Bedingungen einer multikulturell zusammengesetzten Bevölkerung noch den Anforderungen an einen freiheitlichen Verfassungsstaat? Vermag eine hierauf gegründete, liberale Rechtsordnung auch den Angehörigen kulturellen Minderheiten in dem Bedürfnis, ihre spezifische Lebensform zu bewahren, angemessenen Schutz zu gewährleisten? In der Multikulturalismus-Debatte der politischen Theorie wird das bezweifelt. Anknüpfend an die Kommunitarismus-Debatte ist Ausgangspunkt dafür die Erkenntnis, dass das in seiner Freiheit zu schützende Individuum erst in seinen jeweiligen Lebenszusammenhängen seine Identität findet. Die Kritik zielt dann auf die der liberalen Rechtsordnung mit ihrem Modell gleicher individueller Rechte innewohnende, eigene Blindheit gegenüber den natürlichen Unterschieden wie Geschlecht, Glauben, Abstammung, o.ä. Die verfassungstheoretisch zentrale Frage ist, ob sich diese neutrale Blindheit [nicht, weil der normativ vorausgesetzte, abstrakte Begriff der Rechtsperson die konkreten Identitäten etwa von Angehörigen kultureller Minoritäten verfehlt, in eine Blindheit gegenüber dem moralischen Erfordernis einer Anerkennung dieser besonderen Identitäten verkehrt.]

1251 Der staatliche Bildungs- und Erziehungsauftrag kann zur Beschränkung der Gewissensfreiheit und des elterlichen Erziehungsrechts herangezogen werden, vgl. dazu Anger, KritV 2005, 52.

Darüber, wie die Schule ihren Bildungs- und Erziehungsauftrag angesichts einer multikulturell zusammengesetzten Schülerschaft angemessen erfüllen kann, wird eine umfangreiche pädagogische Diskussion geführt. Aus verfassungsrechtlicher Perspektive besteht insoweit ein weitreichender Gestaltungsspielraum des Staates. Die staatliche Schulhoheit schließt das Recht des Staates ein, eigene schulische Erziehungs- und Bildungsziele festzulegen und zu verfolgen, um das Kind zu einem selbstverantwortlichen Mitglied der Gesellschaft heranzubilden. Der Staat ist dabei nicht von jeglicher rechtlicher Bindung, insbesondere Rücksichtnahme auf die religiös-weltanschauliche Orientierung der Kinder und ihrer Eltern frei; insbesondere darf die öffentliche Schule nicht die Verbindlichkeit bestimmter Glaubensinhalte beanspruchen oder in weltanschaulich-religiöser Hinsicht missionarisch, indoktrinierend wirken. Eine religiös-weltanschauliche Parteinahme ist dem Staat danach nicht erlaubt - weshalb das landesverfassungsrechtliche Bildungsziel der Ehrfurcht vor

[Seite 141:]

Gott zumindest einer erheblichen Relativierung seines normativen Gehalts bedarf55, Es ist ihm aber nicht verwehrt, vielmehr aufgegeben, in der Formulierung von Erziehungs- und Bildungszielen ethisch-kulturell Position zu beziehen56.

Kulturell abweichende Positionen von Eltern und Kindern erfahren hierdurch eine substantielle Begrenzung ihrer Entfaltungsmöglichkeiten im Schulbereich. Kinder können sich, Eltern dürfen ihre Kinder der staatlichen Erziehungs- und Bildungstätigkeit in Öffentlichen Schulen nicht entziehen, auch wenn sie selbst entgegenstehende religiös-weltanschauliche Positionen haben bzw. vermitteln wollen.

[Seite 142:]

Sie verbürgen auch Angehörigen neuer Religionsgemeinschaften aus fremden Kulturkreisen den gleichen grundrechtlichen Schutz der Religionsausübung, des Bekenntnisses und ihrer sonstigen Betätigung - bis hin zur Respektierung glaubensbedingter Gewissenspositionen einzelner auch dort, wo diese sich von hiesigen ethisch-kulturellen Vorstellungen weit entfernen. Gemessen an dem Anspruch, auch Religionen und Religionsgemeinschaften fremder Kulturkreise nach ihrem Selbstverständnis gleichberechtigte Entfaltungsmöglichkeiten zu garantieren, muß dieser Grundrechtsschutz gleichwohl unvollständig bleiben. Die Grundrechte als begrenzte rechtliche Gewährleistungen individueller Freiheit können von vornherein kein Recht auf glaubensgerechte Lebensverhältnisse verbürgen. Darüber hinaus ist auch die nähere tatbestandliche Fassung insbesondere der hinzutretenden staatskirchenrechtlichen Garantien, aber auch der Grundrechte, nicht frei von christlich-abendländischer Prägung; so wird der gegenüber sonstigem glaubensgeleitetem Handeln privilegierte Schutz der Kultusfreiheit, auch wenn deren nähere Umgrenzung nicht an christlicher Tradition orientiert wird, doch christlichem Religionsverständnis eher gerecht werden als dem einer islamischen Gruppierung, die ihr ganzes Leben in ständigem Gedenken Gottes zu verbringen trachtet.

III. Grundrechtsschutz gleicher individueller Freiheit vs. Politik der Anerkennung kollektiver Identitäten

Genügt ein solcher individualgrundrechtlicher Schutz der Religionsfreiheit - wie auch anderer Freiheiten - unter den Bedingungen einer multikulturell zusammengesetzten Bevölkerung noch den Anforderungen an einen freiheitlichen Verfassungsstaat? Vermag eine hierauf gegründete, liberale Rechtsordnung auch den Angehörigen kultureller Minderheiten in dem Bedürfnis, ihre spezifische Lebensform zu bewahren, angemessenen Schutz zu gewährleisten?

In der Multikulturalismus-Debatte der politischen Theorie wird das bezweifelt. Anknüpfend an die kommunitaristische Liberalismus-Kritik ist der Ausgangspunkt dafür die Erkenntnis, daß das in seiner Freiheit zu schützende Individuum erst in sei-

[Seite 143:]

nen jeweiligen Lebenszusammenhängen seine Identität findet. Die Kritik ziele dann auf die der liberalen Rechtsordnung mit ihrem Modell gleicher individueller Rechte eigene Blindheit gegenüber den Unterschieden zwischen den verschiedenen einzelnen hinsichtlich Abstammung, Geschlecht, Glauben etc. Die verfassungstheoretisch zentrale, kritische Frage ist, ob sich diese neutrale Blindheit nicht, weil der normativ vorausgesetzte, abstrakte Begriff der Rechtsperson die konkreten Identitäten etwa von Angehörigen kultureller Minoritäten verfehle, in eine Blindheit gegenüber dem moralischen Erfordernis einer Anerkennung dieser besonderen Identitäten verkehrt63.

Anmerkungen

Hellermann ist in Fn. 1252 auf S. 271 zitiert. Die Wörtlichkeit der Übernahme wird nicht erkennbar.


[171.] Mra/Fragment 274 12

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 274, Zeilen: 12-16, 24-34, 109-113(-275: 101-106)
Quelle: Korioth 1997
Seite(n): 1041 f., Zeilen: online
Die enge Verbindung bedeutet anhaltende politische Brisanz des Religionsunterrichts inden öffentlichen Schulen. Die Rechts- und Akzeptanzfragen, die aufgeworfen werden, sind empfindliche und deutliche Indikatoren für aktuelle oder sich anbahnende Probleme des Staatskirchenrechts. Bisher war deshalb in den christlichen Kirchen und in den Kultusverwaltungen die Neigung spürbar, beim Religionsunterricht möglichst alles beim alten zu belassen. [...] Gravierende religionspädagogische und verfassungsrechtliche Probleme entstehen aber letztlich dann, wenn im weltanschaulich neutralen, dennoch durch christlich-abendländische Tradition geprägten Staat, religiöse Überzeugungen seiner Anwohner und Bürger an Bedeutung gewinnen, die zwar außerhalb dieser Tradition stehen, aber trotzdem die hergebrachten Institute des Staatskirchenrechts für sich beanspruchen. Die Kulturministerien einiger Länder erwägten, wenngleich mit Vorsicht und Zurückhaltung, die Einführung eines islamischen Religionsunterrichtes. Im Sommer 1994 machte das nordrhein-westfälische Kultusministerium bekannt, dass muslimische Schüler ab dem Schuljahr 1996/1997 in „Werte und Sinnfragen“ unterrichtet werden sollen. Die Begründung für dieses Vorhaben, mit dem bestehenden Unterrichtsformen1298 weitergeführt und vertieft werden sollen, erregte Aufmerksamkeit.

1298 Seit 1984 gibt es in Nordrhein-Westfalen „Religiöse Unterweisung und Vermittlung religiöser Lehrinhalte auf islamischer Grundlage für Schüler aus islamischen Ländern“ im Rahmen des in der taatlichen Schule veranstalteten muttersprachlichen Ergänzungsunterrichts. Entsprechendes gilt in Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und teilweise in Bayern. Daneben gibt es in den Ländern zwei weitere Formen islamischen Unterrichts: 1. eine religiöse Unterweisung auf islamischer Grundlage für muslimische Schüler im Rahmen des [von diplomatischen Vertretungen veranstalteten muttersprachlichen Ergänzungsunterrichts ist in Baden- Württemberg, Berlin (nicht an öffentlichen Schulen, aber mit finanzieller Unterstützung durch das Land), im Saarland und in Schleswig-Holstein (außerhalb der staatlichen Schulverantwortung) möglich; 2. Religiöse Unterweisung auf islamischer Grundlage, insbesondere für türkische Schüler, ist im Rahmen des Regelunterrichts nach deutschen Lehrplänen in den Jahrgangsstufen 1 bis 5 der bayerischen Volksschulen eingerichtet. Keine religiöse Unterweisung auf islamischer Grundlage findet in den Schulen der neuen Länder und Bremens statt, vgl. Korioth, NVwZ 1997,1041 m. w. N.]

Die enge Verbindung bedeutet anhaltende politische Brisanz des Religionsunterrichts in den öffentlichen Schulen. Die Rechts- und Akzeptanzfragen, die er aufwirft, sind empfindliche und deutliche Indikatoren für aktuelle oder sich anbahnende Probleme des Staatskirchenrechts5. Bisher war deshalb in den christlichen Kirchen und in den Kultusverwaltungen die Neigung spürbar, beim Religionsunterricht möglichst alles beim alten zu belassen.

[Seite 1042]

Schon der christliche Religionsunterricht befindet sich in der Krise. Gravierende religionspädagogische und verfassungsrechtliche Probleme entstehen aber dann, wenn im weltanschaulich neutralen, dennoch durch christlich-abendländische Traditionen geprägten Staat religiöse Überzeugungen seiner Einwohner und Bürger an Bedeutung gewinnen, die zwar außerhalb dieser Tradition stehen, aber trotzdem die hergebrachten Institute des Staatskirchenrechts für sich beanspruchen.

Die Kultusministerien einzelner Länder erwägen - wenngleich mit deutlicher spürbarer Vorsicht und Zurückhaltung - die Einführung islamischen Religionsunterrichts. Im Sommer 1994 wurde aus dem Kultusministerium in Nordrhein-Westfalen bekannt, daß muslimische Schüler ab dem Schuljahr 1996/97 in “Werte- und Sinnfragen” unterrichtet werden sollen. Die Begründung für dieses Vorhaben, mit dem seit einem Jahrzehnt bestehende Unterrichtsformen6 weitergeführt und vertieft werden sollen, ließ aufhorchen: [...]


5 Ein Beispiel aus neuester Zeit: Im Sommer 1990 wandte sich der Bund der evangelischen Kirchen in der DDR gegen eine Einführung des Religionsunterrichts nach Art. GG Artikel 7 GG Artikel 7 Absatz III GG in den neuen Ländern, vgl. Winter, NVwZ 1991, NVWZ Jahr 1991 Seite 753. Es wurde - auf dem Hintergrund der Erfahrungen im Verhältnis von Staat und Kirche in der DDR nur allzu verständlich - eine Vereinnahmung der Kirchen durch den Staat befürchtet. Diese Sorge scheint überwunden. Inzwischen haben alle östlichen Länder - mit Ausnahme Brandenburgs, das unter Berufung auf Art. GG Artikel 141 GG unter heftigem Widerspruch der Kirchen das Fach “Lebensgestaltung/Ethik/Religion” geschaffen hat -, Religionsunterricht nach dem Modell des Art. GG Artikel 7 GG Artikel 7 Absatz III GG eingeführt, vgl. Schlink, NJW 1992, NJW Jahr 1992 Seite 1008; de Wall, Theologische Literaturzeitung 119 (1994), 292; Kremser, JZ 1995, JZ Jahr 1995 Seite 928. Zur Situation des Religionsunterrichts in den neuen Ländern s. Stadler, FAZ Nr. 124 v. 30. 5. 1995, S. 37.

6 Seit 1984 gibt es in Nordrhein-Westfalen “Religiöse Unterweisung und Vermittlung religiöser Lehrinhalte auf islamischer Grundlage für Schüler aus islamischen Ländern” im Rahmen des in der staatlichen Schule veranstalteten muttersprachlichen Ergänzungsunterrichts, vgl. Lähnemann (o. Fußn. 1), S. 112ff. Entsprechendes gilt in Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und teilweise in Bayern. Daneben gibt es in den Ländern zwei weitere Formen islamischen Unterrichts: a) Religiöse Unterweisung auf islamischer Grundlage für muslimische Schüler im Rahmen des von diplomatischen Vertretungen veranstalteten muttersprachlichen Ergänzungsunterrichts ist in Baden-Württemberg, Berlin (nicht an öffentlichen Schulen, aber mit finanzieller Unterstützung durch das Land), im Saarland und in Schleswig-Holstein (außerhalb der staatlichen Schulverantwortung) möglich; b) Religiöse Unterweisung auf islamischer Grundlage, insb. für türkische Schüler, ist im Rahmen des Regelunterrichts nach deutschen Lehrplänen in den Jahrgangsstufen 1 bis 5 der bayerischen Volksschulen eingerichtet. Keine religiöse Unterweisung auf islamischer Grundlage findet in den Schulen der neuen Länder und Bremens statt (schriftliche Auskunft des Sekretariats der Ständigen Konferenz der Kulturminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland vom 1. 12. 1995). Die verschiedenen religionspädagogischen Konzepte und Modelle islamischen Unterrichts beschreibt Siegele (o. Fußn. 2), S. 33ff.; s. auch Stempel, Zwischen Koran und GG. Religiöse Betätigung muslimischer Ausländer in der BRep. Dtschld., Diss.jur. Hamburg 1986, S. 339ff.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 1298 (recht unspezifisch) genannt, die Wörtlichkeit der Übernahme bleibt jedoch ungekennzeichnet.


[172.] Mra/Fragment 275 10

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 275, Zeilen: 10-13
Quelle: Rohe 2000
Seite(n): 211, Zeilen: online
Dies darf aber nicht darüber hinweg täuschen, dass wir es in diesem Fall auch gleichzeitig mit einem Souveränitätsproblem zu tun haben. Die türkische Regierung erhebt auch durch ihre Repräsentanten in Deutschland bisweilen einen deutlichen Anspruch auf Mitsprache in Angelegenheiten der türkischen Bevölkerungsgruppe in Deutschland. Dies alles darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir es auch mit einem Souveränitätsproblem zu tun haben. Die türkische Regierung erhebt auch durch ihre Repräsentanten in Deutschland bisweilen recht unverhohlen Anspruch auf Mitsprache in Angelegenheiten der türkischen Bevölkerungsgruppe in Deutschland.
Anmerkungen

Kein Hinweis auf eine Übernahme.


[173.] Mra/Fragment 275 14

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 275, Zeilen: 14-21, 114-118
Quelle: Korioth 1997
Seite(n): 1042, Zeilen: online
Wie weit reicht nun aber die Befugnis des Staates zur Einrichtung und Gestaltung dieses Religionsunterrichts? Bedarf es Abstimmungen mit islamischen Religionsgemeinschaften? Haben islamische Eltern und Schüler, aber auch islamische Glaubensgemeinschaften, einen grundrechtlichen Anspruch auf Religionsunterricht nach ihren Vorstellungen in öffentlichen Schulen? Setzt der Religionsunterricht als gemeinsame Angelegenheit von Staat und Religionsgemeinschaft voraus, dass die betreffende Religionsgemeinschaft den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts1300 hat?

1300 Keine verfassungsrechtlichen Probleme entstehen dadurch, dass die Landesverfassungen teilweise ausdrücklich dem christlichen Staatsbild verpflichtet sind, wonach die schulische Erziehung auf die Ehrfurcht vor Gott zielt. Eine normativ zwingende Verengung möglicher Inhalte des Religionsunterrichts auf solche christlich-abendländischer Herkunft folgt daraus nicht, denn dies stünde im Widerspruch zu den Grundprinzipien des säkularen, pluralistischen und weltanschaulich neutralen Staates nach dem Grundgesetz.

Wie weit reicht die Befugnis des Staates zur Einrichtung und Gestaltung dieses Religionsunterrichts, was genau bedürfte der Abstimmung mit den islamischen Religionsvereinigungen? Haben islamische Eltern und Schüler, aber auch islamische Glaubensgemeinschaften einen grundrechtlichen Anspruch auf Religionsunterricht nach ihren Vorstellungen in öffentlichen Schulen? (II). Und weiter: Setzt der Religionsunterricht als gemeinsame Angelegenheit von Staat und Religionsgemeinschaft voraus, daß die betreffende Religionsgemeinschaft den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts hat? (III)13.

13 Keine verfassungsrechtlichen Probleme entstehen dadurch, daß die Landesverfassungen teilweise ausdrücklich dem christlichen Staatsbild verpflichtet sind, so z.B. Art. Artikel 7 NWVerf., wonach die schulische Erziehung auf die “Ehrfurcht vor Gott” zielt. Eine normativ zwingende Verengung möglicher Inhalte des Religionsunterrichts auf solche christlich-abendländischer Herkunft folgt daraus nicht, denn dies stünde in Widerspruch zu den Grundprinzipien des säkularen, pluralistischen und weltanschaulich neutralen Staates nach dem Grundgesetz.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf eine Übernahme.


[174.] Mra/Fragment 276 33

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 276, Zeilen: 33-35
Quelle: Heckel 1999
Seite(n): 742, Zeilen: l.Sp. 19-24
Dem gesellschaftlichen und kulturellen Leben der Bundesrepublik Deutschland werden durch die Immigration jedenfalls neue Akzente aufgesetzt. Der Islam wiederum ist eine der großen Weltreligionen, erfüllt von striktem Offenbarungsglauben, [Weltgestaltungsverlangen und Gehorsamsanspruch.] Aber dem gesellschaftlichen und kulturellen Leben der Bundesrepublik Deutschland werden durch die Immigration jedenfalls neue Akzente aufgesetzt. Der Islam ist eine der großen Weltreligionen, erfüllt von striktem Offenbarungsglauben, Weltgestaltungsverlangen und Gehorsamsanspruch.
Anmerkungen

Die Quelle ist auf S. 277 in Fn. 1307 genannt.


[175.] Mra/Fragment 277 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 277, Zeilen: 1-9
Quelle: Heckel 1999
Seite(n): 742, Zeilen: l.Sp. 24 ff.
An Mitgliederzahl überragt er die kleineren Religionsgemeinschaften Deutschlands gewaltig. Zwar hat er als dritte der großen abrahamitischen Offenbarungsreligionen manche Strukturverwandschaft [sic] mit dem Christentum und Judentum gemein, aber seinen aus den ländlichen Gebieten der Türkei, des Balkans und Nordafrikas eingeströmten verschiedensten Anhängern sind die Erfahrungen konfessioneller Koexistenz, Parität und Toleranz weitgehend fremd geblieben, die sich in Mitteleuropa in der frühen Neuzeit seit dem Ende der Religionskriege1306 zur religiösen und sozialen Kultur verdichtet haben und die als selbstverständliche „faktische“ Verfassungsvoraussetzungen der staatskirchenrechtlichen Normen gelten können.1307

1306 Zum Beispiel die des Zeitalters der Gegenreformation (1555-1648); die Hugenottenkriege (1562-1629) und der Dreißigjährige Krieg (1618-1648).

1307 Heckel, JZ 1999, 741.

An Mitgliederzahl und religiöser Wirkungskraft überragt er die kleineren Religionsgemeinschaften Deutschlands gewaltig. Zwar hat er als die dritte der großen abrahamitischen Offenbarungsreligionen manche Strukturverwandtschaft mit dem Christentum und Judentum gemein. Aber seinen aus den ländlichen Gebieten der Türkei, des Balkans und Nordafrikas eingeströmten Anhängern sind die Erfahrungen konfessioneller Koexistenz, Parität und Toleranz weitgehend fremd geblieben, die sich in Mitteleuropa in der frühen Neuzeit seit dem Ende der Religionskriege zur religiösen und sozialen Kultur verdichtet haben und die als selbstverständliche „faktische“ Verfassungsvoraussetzungen der staatskirchenrechtlichen Normen gelten können.
Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 1307 genannt. Die wörtliche Übernahme geht daraus nicht hervor.


[176.] Mra/Fragment 277 104

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 277, Zeilen: 104-113
Quelle: Korioth 1997
Seite(n): 0, Zeilen: online
[...]

1308 In der Literatur ist allerdings häufig ein Unbehagen zu spüren, den weiten Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG ohne Vorbehalt dem islamischen Glauben und seiner Glaubensbetätigung zu öffnen, vgl. Müller-Vorbehr [sic], DÖV 1995, 301, der dem Islam einen Grundrechtsschutz „grundsätzlich“ zugesteht. Das Unbehagen erklärt sich zum einen daraus, dass der Islam das Leben der Gläubigen vollständig prägt und erfasst, jedes Verhalten also zumindest religiös motiviert, wenn nicht sogar nach dem Selbstverständnis des Islam, Religionsübung ist. Zum anderen schwingt bei Art. 4 GG die christlich-abendländische Prägung der Glaubensfreiheit mit. So hat das Bundesverfassungsgericht formuliert, das Grundgesetz habe „nicht irgendeine, wie auch immer geartete Betätigung des Glaubens schützen wollen, sondern nur diejenige, die sich bei den heutigen Kulturvölkern auf dem Boden gewisser übereinstimmender sittlicher Grundanschauungen im Laufe der geschichtlichen Entwicklung herausgebildet hat.“ BVerfG, NJW 1961, 211.

[...]

14 Vgl. nur BVerwGE 94, 82 (87) = NVwZ 1994, 578 = NJW 1994, 1889 L; v. Campenhausen, ZevKR 25 (1980), Z4 (136f., 149); ders., ZevKR 37 (1992), 405 (409); Loschelder, in: Essener Gespräche 20 (1986), 149 (152); Müller-Volbehr, DÖV 1995, 301 (307). - In der Lit. ist allerdings häufig ein Unbehagen zu spüren, den weiten Schutzbereich des Art. GG Artikel 4 GG Artikel 4 Absatz I u. GG Artikel 4 Absatz II GG ohne Vorbehalt dem islamischen Glauben und seiner Glaubensbetätigung zu öffnen, vgl. Müller-Volbehr, aaO.: dem Islam stehe der Grundrechtsschutz “grundsätzlich” zu; Loschelder, aaO.: es sei “sorgsam zu prüfen, wie weit sich dieser Grundrechtsschutz im einzelnen erstreckt”. Das Unbehagen erklärt sich zum einen daraus, daß der Islam das Leben der Gläubigen vollständig prägt und erfaßt, jedes Verhalten also zumindest religiös motiviert, wenn nicht sogar nach dem Selbstverständnis des Islam Religionsübung ist. Zum anderen schwingt bei Art. GG Artikel 4 GG die christlich-abendländische Prägung der Glaubensfreiheit mit. So hat das BVerfG gemeint, das Grundgesetz habe “nicht irgendeine, wie auch immer geartete freie Betätigung des Glaubens schützen wollen, sondern nur diejenige, die sich bei den heutigen Kulturvölkern auf dem Boden gewisser übereinstimmender sittlicher Grundanschauungen im Laufe der geschichtlichen Entwicklung herausgebildet hat”, BVerfGE 12, 1 (4) = NJW 1961, 211.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die eigentliche Quelle.


[177.] Mra/Fragment 278 23

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 278, Zeilen: 23-31
Quelle: Heckel 1999
Seite(n): 746, Zeilen: r.Sp. 10 ff.
Aus rein tatsächlicher Sicht kann der Religionsunterricht nämlich auch den Muslimen dazu verhelfen, die Quellen ihrer religiösen Tradition kennen zu lernen, das Selbstverständnis ihres Glaubens zu entwickeln und in einer ihnen fremden Umgebung zu behaupten, die Andersgläubigen ohne Selbstaufgabe zu verstehen, das Zusammenleben mit ihnen in gegenseitiger Achtung zu erleichtern, Vertrauen in den Staat zu fassen, wenn er ihnen als Förderer, nicht nur der allgemeinen Freiheit, sondern auch ihrer eigenen religiösen Vergewisserung und Tradition begegnet. Religionsunterricht dürfte gerade für die Muslime besonders vonnöten sein, um die Spannungen zwischen ihrer religiösen Existenz und ihrer säkularen Umwelt auszuhalten und tunlichst auszugleichen, verstörte und fan-[tastische [sic] Verstocktheit ebenso wie den Verlust der religiösen Identität zu vermeiden.1314]

1314 Heckel, JZ 1999, 741.

Er sollte ihnen dazu verhelfen, die Quellen ihrer religiösen Tradition kennen zu lernen, das Selbstverständnis ihres Glaubens zu entwickeln und in einer ihnen fremden Umgebung zu behaupten, die Andersgläubigen ohne Selbstaufgabe zu verstehen, das Zusammenleben mit ihnen in gegenseitiger Achtung zu erleichtern, Vertrauen zum Staat zu fassen, wenn er ihnen als Förderer nicht nur der allgemeinen Freiheit, sondern auch ihrer eigenen religiösen Vergewisserung und Tradition begegnet. Religionsunterricht dürfte gerade für die Muslime besonders vonnöten sein, um die Spannungen zwischen ihrer religiösen Existenz und ihrer säkularen Umwelt auszuhalten und tunlichst auszugleichen, verstörte und fanatische Verstocktheit ebenso wie den Verlust der religiösen Identität zu vermeiden37.

37 In diese Richtung weisen die Bildungsziele des muttersprachlichen Ergänzungsunterrichts in den Ministerialbekanntmachungen und Curricula, z.B. des nordrhein-westfälichen Landesinstituts für Schule und Weiterbildung, »Religiöse Unterweisung für Schüler islamischen Glaubens«, Soest 1986. - Vgl. auch statt anderer die Antwort der BW Landesregierung auf die parlam. Anfragen (Anm. 1), Landtagsdrucksachen 11/2723 vom 14.3. 1993, S.6; 11/6008 vom 29.5. 1995, S.6; und zu Anfrage 12/3589 vom 24.3. 1999, S. 11. Ferner Gebauer (Anm. 1), S. 271 ff.

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 1314 genannt. Die Wörtlichkeit der Übernahme geht daraus nicht hervor.

Aus "fanatisch" wird "fantastisch". Phantastisch.


[178.] Mra/Fragment 281 22

KomplettPlagiat
Untersuchte Arbeit:
Seite: 281, Zeilen: 22-29, 107-110
Quelle: Hennig 2007
Seite(n): 139, Zeilen: online
In Anlehnung an die Zeugen-Jehovas-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts1325 zum Erwerb des staatskirchenrechtlichen Körperschaftsstatus fordert das Bundesverwaltungsgericht unter dem Stichwort der „Verfassungstreue“, dass eine die Einführung von Religionsunterricht begehrende Religionsgemeinschaft Gewähr dafür bieten müsse, dass ihr künftiges Verhalten die in Art. 79 Abs. 3 GG umschriebenen fundamentalen Verfassungsprinzipien, die dem staatlichen Schutz anvertrauten Grundrechte Dritter, sowie die Grundprinzipien des Religions- und Staatskirchenrechts des Grundgesetzes nicht gefährde.1326 Diese Verfassungstreue-Anforderung war in der Rechtsprechung bisher nicht anerkannt.1327

1325 BVerfGE 102, 370.

1326 BVerwG, NJW 2005, 2101.

1327 Siehe aber zu ähnlichen Forderungen in der Literatur Frisch, DÖV 2004, 462; Korioth, NVwZ 1997, 1041; Muckel, JZ 2001, 58; Hillgruber, JZ 1999, 538.

In Anlehnung an die Zeugen Jehovas-Entscheidung des BVerfG70 zum Erwerb des staatskirchenrechtlichen Körperschaftsstatus fordert das BVerwG unter dem Stichwort der Verfassungstreue, dass eine die Einführung von Religionsunterricht begehrende Religionsgemeinschaft Gewähr dafür bieten müsse, dass ihr künftiges Verhalten die in Art. GG Artikel 79 GG Artikel 79 Absatz III GG umschriebenen fundamentalen Verfassungsprinzipien, die dem staatlichem [sic] Schutz anvertrauten Grundrechte Dritter, sowie die Grundprinzipien des Religions- und Staatskirchenrechts des Grundgesetzes nicht gefährde.71 Diese Verfassungstreue-Anforderung war in der Rechtsprechung bisher nicht anerkannt.72

70 BVerfGE 102, BVERFGE Jahr 102 Seite 370 (BVERFGE Jahr 102 Seite 392-BVERFGE Jahr 102 Seite 397) = NJW 2001, NJW Jahr 2001 Seite 429 (NJW Jahr 2001 Seite 432 f.).

71 Zum Folgenden BVerwG, NJW 2005, NJW Jahr 2005 Seite 2101 (NJW Jahr 2005 Seite 2107 f.), Ziff. 6.

72 Siehe aber zu ähnlichen Forderungen in der Literatur Frisch, DÖV 2004, 462 (470); Korioth, NVwZ 1997, 1041 (1048); Muckel, JZ 2001, JZ 58 (61/63); Hillgruber, JZ 1999, 538 (546).

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[179.] Mra/Fragment 282 01

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 282, Zeilen: 1-3
Quelle: Hennig 2007
Seite(n): 139, Zeilen: online
[Das Erfordernis der Rechtstreue oder Verfassungstreue1328 folgt wiederum aus dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes und aus der Dogmatik zu den verfassungsimmanenten Schranken von vor-]behaltlos gewährten Grundrechten. Dementsprechend würden dem Anspruch aus Art. 7 Abs. 3 GG genauso wie dem Grundrecht aus Art. 4 GG nach dem Grundsatz der Einheit der Verfassung durch andere Bestimmungen des Grundgesetzes Schranken gezogen.

1328 Fechner, NVwZ 1999, 735; Muckel, JZ 2001, 58.

Diese [Verfassungstreue-]Anforderung ist nicht unproblematisch, denn im Wortlaut des Art. 7 Absatz III 1 und 2 GG ist sie nicht angelegt. Das BVerwG bemüht insoweit die Dogmatik zu den verfassungsimmanenten Schranken von vorbehaltlos gewährten Grundrechten.73 Es beschreibt den Anspruch einer Religionsgemeinschaft auf Einführung eines ihrer Glaubensrichtung entsprechenden Religionsunterrichts, »wie [es] das Grundrecht der Religionsfreiheit […] nach dem Wortlaut schrankenlos gewährleistet«.74 Dementsprechend würden dem Anspruch aus Art. 7 Absatz III GG genauso wie dem Grundrecht aus Art. 4 GG »nach dem Grundsatz der Einheit der Verfassung […] durch andere Bestimmungen des Grundgesetzes Grenzen gezogen«.75

73 Zum Folgenden BVerwG, NJW 2005, 2101 (2107), Ziff. 6.

74 BVerwG, NJW 2005, 2101 (2107).

75 BVerwG, NJW 2005, 2101 (2107).

Anmerkungen


[180.] Mra/Fragment 282 04

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 282, Zeilen: 4 ff.
Quelle: Heimann 2001
Seite(n): 88 f., 91 f., Zeilen: 88: 21 ff.; 89: 1 ff.; 91: 12 ff.; 92: 1 ff.
Die Lösung dieses Problems kann also nur dahingehend gesucht werden, dass die Reichweite der Rechtfertigung durch das staatliche Aufsichtsrecht im Lichte von Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG zu bestimmen ist, damit das Grundrecht der Religionsfreiheit auch für den Religionsunterricht möglichst effektiv wirken kann. Einen solchen differenzierten Verhältnismäßigkeitsmaßstab, der auf die Wechselwirkungskonzeption des Lüth Urteils1329 zurückgeht und im vorliegenden Zusammenhang einerseits die Religionsfreiheit und andererseits die damit kollidierenden Rechte Dritter oder sonstige Verfassungsgüter in ein angemessenes Verhältnis bringen will, zieht das Bundesverfassungsgericht in seiner neueren Rechtsprechung auch heran, um den Umfang der Schranke des Selbstbestimmungsrechts der Religionsgemeinschaften der [sic] Religionsgemeinschaften [sic] nach Art. 137 Abs. 3 WRV zu bestimmen.1330 Die Konstellation des Art. 137 Abs. 3 WRV kann mit der des Art. 7 Abs. 3 GG verglichen werden: Der Religionsunterricht stellt ebenso wie das Selbstbestimmungsrecht ein staatliches Entgegenkommen an die Religionsgemeinschaften dar, um eine Verwirklichung der Religionsfreiheit zu optimieren. Die Grenze dieser Privilegierung ist hier das staatliche Aufsichtsrecht. In beiden Fällen muss die genaue Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Staat und Religionsgemeinschaft der Realisierung dieses Zweckes dienen. Beim Religionsunterricht kann das staatliche Aufsichtsrecht nur dort eine Rechtfertigung bieten, wo die Abwägung ergibt, dass Interessen des Staates berührt sind, hinter denen die Religionsfreiheit zurücktreten muss. Darauf basierende Eingriffe müssen mindestens den Schutz gleichrangiger Güter bezwecken, da anderenfalls die Religionsfreiheit bereits wegen ihrer Stellung in der Normenhierarchie bei der Abwägung dominiert. Es kommt also entscheidend darauf an, Kriterien für die Abwägung zu finden. Abstrakt muss sich diese Abwägung daran orientieren, dass der Religionsgemeinschaft soviel Raum für ihren Glauben und dessen Vermittlung in der Schule wie möglich bleibt und sich das staatliche Interesse an der Beachtung sonstiger Verfassungsgüter nur dort durchsetzen soll, wo der Staat des Grundgesetzes und seine wesentlichen Prinzipien in der Glaubenslehre abgelehnt werden. Als Grenze kommen in diesem Zusammenhang beispielsweise religiös begründete Vorstellungen in Betracht, bei deren Verwirklichung der Staat die Achtung und den Schutz der Menschenwürde als tragendes Konstitutionsprinzip und obersten Grundwert der freiheitlichen, demokratisch verfassten Grundordnung, sowie den Schutz menschlichen Lebens und körperlicher Unversehrtheit gegenüber religiös motivierten Handlungen durchsetzen müsste, ihn also eine Schutzpflicht treffen würde. Bei dem Verhältnis des Staates zur Gesellschaft und der Rolle, die die Religionsgemeinschaft dort einnehmen soll, stellt sich die Frage, wie sich die Religionsgemeinschaft die staatliche Ordnung vorstellt und ob diese Vorstellung mit den dem Grundgesetz zugrunde liegenden Prinzipien zu vereinbaren ist.1331 Jede Religionsgemeinschaft kann sich die Gestaltung der Welt und einer Staatsordnung, ganz gleich, wie sehr sie von den fundamentalen Prinzipien des Grundgesetzes abweicht, so vorstellen, wie es ihr beliebt. Wenn diese jeweiligen Glaubenssätze jedoch im Religionsunter-[richt weitergegeben werden sollen, wird durch das staatliche Aufsichtsrecht eine andere Ebene beschritten.]

1329 BVerfGE 7, 198.

1330 Haratsch, Religion und Weltanschauung im säkularen Staat, Stuttgart 2001, S. 89.

1331 So auch Badura, Der Schutz von Religion und Weltanschauung durch das Grundgesetz, Tübingen 1989, S. 56.

Die Lösung dieses Problems muß sich daran orientieren, daß die Reichweite der Rechtfertigung durch das staatliche Aufsichtsrecht im Lichte von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG zu bestimmen ist, um das Grundrecht der Religionsfreiheit auch finden Religionsunterricht möglichst effektiv werden zu lassen. Einen solchen differenzierten Verhältnismäßigkeitsmaßstab, der auf die Wechselwirkungskonzeption des Lüth-Urteils41 zurückgeht und im vorliegenden Zusammenhang einerseits die Religionsfreiheit und andererseits die damit kollidierenden Rechte Dritter oder sonstigen Verfassungsgüter in ein angemessenes Verhältnis bringen

[Seite 89]

will, zieht das Bundesverfassungsgericht in seiner neueren Rechtsprechung auch heran, um den Umfang der Schranke des Selbstbestimmungsrechts der Religionsgesellschaften nach Art. 137 Abs. 3 WRV zu bestimmen. Die Konstellation des Art. 137 Abs. 3 WRV ist mit der des Art. 7 Abs. 3 GG vergleichbar: Der Religionsunterricht stellt ebenso wie das Selbstbestimmungsrecht ein staatliches Entgegenkommen an die Religionsgemeinschaften, ein Mittel zur Verwirklichung der Religionsfreiheit dar; die Grenzen dieser Privilegierungen bilden dort das für alle geltende Gesetz, hier das staatliche Aufsichtsrecht. In beiden Fällen muß die genaue Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Staat und Religionsgemeinschaft der Realisierung dieses Zweckes dienen, kann — beim Religionsunterricht — der Vorbehalt des staatlichen Aufsichtsrechts ganz allgemein also nur dort eine Rechtfertigung bieten, wo die Abwägung ergibt, daß Interessen des Staates berührt sind, hinter denen die besondere Förderung der Religionsfreiheit zurücktreten muß. [...]

Die Eingriffe müssen mindestens den Schutz gleichrangiger Güter bezwek-ken, da andernfalls die Religionsfreiheit bereits wegen ihrer Stellung in der Normenhierarchie die Abwägung dominiert.

[Seite 91]

Es kommt deshalb entscheidend darauf an, Kriterien für die Abwägung von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG mit den sonstigen Verfassungsgütern, über die das staatliche Aufsichtsrecht eine inhaltliche Überprüfung des Religionsunterrichts rechtfertigen kann, zu entwickeln. Abstrakt muß sich diese Abwägung daran orientieren, daß der Religionsgemeinschaft soviel Raum für ihren Glauben und dessen Vermittlung in der Schule wie möglich bleibt und sich das staatliche Interesse an der Beachtung sonstiger Verfassungsgüter nur dort durchsetzen soll, wo der Staat des Grundgesetzes und seine wesentlichen Prinzipien in der Glaubenslehre abgelehnt werden.

[Seite 92]

Als Grenze kommen in diesem Zusammenhang religiös begründete Vorstellungen in Betracht, bei deren Verwirklichung der Staat „die Achtung und den Schutz der Menschenwürde als des tragenden Konstruktionsprinzips und obersten Grundwerts der freiheitlichen, demokratisch verfaßten Grundordnung“47 sowie den Schutz menschlichen Lebens und körperlicher Unversehrtheit gegenüber religiös motivierten Handlungen durchsetzen müßte48, ihn also eine Schutzpflicht träfe. Im übrigen kann die „Binnenkonzeption“, so wie sie in der außerschulischen Ausübung von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG sowie Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV geschützt ist, ohne Einschränkung auch im Religionsunterricht weitergegeben werden.

bb) Die „Außenkonzeption “ der Glaubenslehre

Anders sieht es für die „Außenkonzeption“ in den Glaubenslehren einer Religionsgemeinschaft aus, also bei der Einstellung zum Verhältnis des Staates zur Gesellschaft und der Rolle, die die Religionsgemeinschaft dort einnehmen sollte. Kontrollfrage ist hier, wie sich die Religionsgemeinschaft die staatliche Ordnung vorstellt und ob diese Vorstellung mit den dem Grundgesetz zugrundeliegenden Prinzipien zu vereinbaren ist. Zwar wird die „Außenkonzeption“ einer Glaubenslehre außerhalb des Religionsunterrichts, sofern nicht rechtswidrige Aktionen zu ihrer Verwirklichung unternommen werden und die Religionsgemeinschaft keine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist49, ebenfalls ganz weitgehend von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützt: Jede Religionsgemeinschaft kann sich die Gestaltung der Welt und einer Staatsordnung — auch wenn sie erheblich von fundamentalen Prinzipien des Grundgesetzes abweicht — so vorstellen, wie sie es möchte. Wenn diese Glaubenssätze jedoch im Religionsunterricht weitergegeben werden sollen, wird, vermittelt durch das staatliche Aufsichtsrecht, eine andere Ebene beschritten: [...]


41 BVerfGE 7, 198 (208 f.).

47 BVerfGE 102, 370 (389).

48 Hier ist z. B. an die Beschneidung von Frauen zu denken.

49 Vgl. BVerfGE 102, 370 (389).

Anmerkungen

Ein Hinweis auf die Übernahme findet sich in Fn. 1330.


[181.] Mra/Fragment 283 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 283, Zeilen: 1-18
Quelle: Heimann 2001
Seite(n): 92 f., Zeilen: 92: 25 ff.; 93: 1 ff.
[Wenn diese jeweiligen Glaubenssätze jedoch im Religionsunter]richt weitergegeben werden sollen, wird durch das staatliche Aufsichtsrecht eine andere Ebene beschritten. Werden die religiösen Lehren unter Inanspruchnahme staatlicher Einrichtungen und Mittel weitergegeben, kann dies nur unter der Prämisse bestehen, dass die Religionsfreiheit unter Anerkennung der Voraussetzungen ihrer staatlichen Gewährleistung genutzt wird und eine Nutzung dieser Freiheit gegen den sie gewährleistenden Staat unterbleibt. Das Grundgesetz ermöglicht den Religionsunterricht, um Schüler an ihren jeweiligen Glauben auf der Basis der verfassungsmäßigen Ordnung heranzuführen, nicht aber um ein der Schulpflicht unterliegendes Forum zur Verfügung zu stellen, das diese verfassungsmäßige Ordnung zu überwinden hilft.1332 In diesem Falle wird eine Abwägung ergeben, dass die fundamentalen Prinzipien gegenüber der Glaubensfreiheit überwiegen. Die im Unterricht vermittelten Glaubenslehren einer Religionsgemeinschaft müssen also in ihrer weltlichen Dimension mit Prinzipien wie der Anerkennung der Religionsfreiheit und den Grundsätzen der religiösweltanschaulichen Neutralität des Staates zu vereinbaren sein. Enthält das Weltbild dagegen Elemente wie die Dominanz des Glaubens über den Staat und Recht, wie bereits im Christen [sic] tum und auch im Islam, oder die Privilegierung von Angehörigen der eigenen, wahren Religionsgemeinschaft in der staatlichen Ordnung, ist diese Vereinbarkeit nicht gegeben. Dasselbe gilt, wenn der Grundsatz der Menschenwürde sowie die Prinzipien von Rechtsstaat und Demokratie mit der Konzeption der Glaubenslehre nicht zu vereinbaren sind.1333

1332 Haratsch, Religion und Weltanschauung im säkularen Staat, Stuttgart 2001, S. 92.

1333 Im Ergebnis so auch Muckel, JZ 2001, 58.

Wenn diese Glaubenssätze jedoch im Religionsunterricht weitergegeben werden sollen, wird, vermittelt durch das staatliche Aufsichtsrecht, eine andere Ebene beschriften: Werden die religiösen Lehren unter Inanspruchnahme staatlicher Einrichtungen und Mittel weitergegeben, kann dies nur unter der Prämisse geschehen, daß die Religionsfreiheit unter Anerkennung der Voraussetzungen ihrer staatlichen Gewährleistung genutzt wird und eine Nutzung dieser Freiheit gegen den sie gewährleistenden Staat unterbleibt. Das Grundgesetz ermöglicht den Religionsunterricht, um Schüler an ihren jeweiligen Glauben auf der Basis der verfassungsmäßigen Ordnung heranzuführen, nicht aber, um ein der Schulpflicht unterliegendes Forum zur Verfügung zu stellen, das diese verfassungsmäßige Ordnung zu überwinden hilft. Die Abwägung wird hier durchgängig ergeben, daß gegenüber der Glaubensfreiheit die fundamentalen Prinzipien des Grundgesetzes überwiegen. Die im Unterricht vermittelten Glaubenslehren einer Religionsgemeinschaft müssen also in ihrer weltlichen Dimension mit Prinzipien wie der Anerkennung der Religionsfrei-

[Seite 98]

heit, dem Verbot jeglicher Staatskirche oder Staatsreligion (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 1 WRV), den Grundsätzen der religiös-weltanschaulichen Neutralität des Staates oder der Parität der Religionen und Bekenntnisse zu vereinbaren sein50. Enthält das Weltbild dagegen Elemente wie die Dominanz des Glaubens über Staat und Recht oder die Privilegierung von Angehörigen der eigenen, „wahren“ Religionsgemeinschaft in der staatlichen Ordnung, ist diese Vereinbarkeit nicht gegeben. Dasselbe gilt, wenn der Grundsatz der Menschenwürde sowie die Prinzipien von Rechtsstaat und Demokratie mit der „Außenkonzeption“ der Glaubenslehre nicht zu vereinbaren sind51.


50 Vgl. zur Körperschaft des öffentlichen Rechts BVerfGE 102, 370 (390).

51 Im Ergebnis so auch Muckel (Fn. 5), JZ 2001, 58 (63).

Anmerkungen

Die Übernahme ist in Fn. 1332 angedeutet.


[182.] Mra/Fragment 283 19

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 283, Zeilen: 19-29
Quelle: Muckel 2001
Seite(n): 62, Zeilen: re. Sp. 2 ff.
Der Staat darf nicht hinnehmen, dass in dem vom Staat zu verantwortenden Religionsunterricht die staatliche Rechtsordnung unterwandert oder offen zum Rechtsbruch aufgerufen wird. Entscheidend ist dabei nicht das formale Bekenntnis zur deutschen Rechtsordnung, wie es sich in vielen Satzungen islamischer Vereinigungen findet, sondern dass sie tatsächlich eingehalten werden. Eine lediglich prinzipielle oder nur grundsätzliche Achtung und Befolgung des staatlichen Rechts im Religionsunterricht genügt nicht. Aufrufe zum Rechtsbruch darf der Staat gerade im sensiblen Bereich des Erziehungswesens nicht hinnehmen. Die Pflicht zur Beachtung des staatlichen Rechts hindert hingegen nicht, dass religiöse Gebräuche und Praktiken, die gegen geltendes Recht verstoßen, thematisiert werden. Dabei wird es sich regelmäßig um Verhaltensweisen handeln, die vom Schutzbereich der Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 bzw. Abs. 2 GG erfasst sind. Er [der Staat] darf nicht hinnehmen, daß in dem umfassend54 zu verantwortenden Religionsunterricht staatliche Rechtsordnung unterwandert oder offen zum Rechtsbruch aufgerufen wird. Entscheidend ist dabei nicht das formale Bekenntnis zur deutschen Rechtsordnung wie es sich in vielen Satzungen islamischer Vereinigungen findet, sondern daß sie tatsächlich eingehalten wird. Eine lediglich prinzipielle oder nur grundsätzliche Achtung und Befolgung des staatlichen Rechts im Religionsunterricht genügt nicht. Der Staat hat im Rahmen der ihm obliegenden Aufsicht darauf zu achten, daß die Grundsätze, nach denen der Religionsunterricht als staatliche Veranstaltung erteilt - nicht gegen geltendes Recht verstoßen. Aufrufe zum Rechtsbruch darf der Staat im sensiblen Bereich des Erziehungswesens nicht hinnehmen.

Die Pflicht zur Beachtung des staatlichen Rechts hindern die Religionsgemeinschaften nicht, im Religionsunterricht religiöse Gebräuche und Praktiken, die gegen Recht verstoßen, thematisieren zu lassen. Dabei wird es sich regelmäßig um Verhaltensweisen handeln, die vom Schutzbereich der Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 bzw. 2 erfaßt sind.


54 [...]

Anmerkungen

Die Quelle ist am Ende des vorangehenden Absatzes in Fn. 1333 genannt; die Wörtlichkeit der Übernahme bleibt ungekennzeichnet.


[183.] Mra/Fragment 284 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 284, Zeilen: 1-7
Quelle: Muckel 2001
Seite(n): 62, Zeilen: li. Sp. 24 ff.
Als ordentliches Lehrfach1336 wird der Religionsunterricht zudem dem staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag zugerechnet. Deshalb muss er sich in das Gesamtkonzept der staatlichen Bildungs- und Erziehungsziele einfügen lassen. Ein Religionsunterricht, in dem religiöse Intoleranz gepredigt oder zum Glaubenskampf aufgerufen wird, kann nicht geduldet werden, weil er mit der staatlichen Erziehung zu Toleranz und Friedfertigkeit unvereinbar ist. Einen derartigen Gegenunterricht zum staatlichen Unterricht darf der Staat in den öffentlichen Schulen nicht dulden.1337

1336 Vgl. allgemein zum Unterricht für ausländische Kinder: Jacobs, Ein- und Beschulungsmodelle für ausländische Kinder und Jugendliche, Frankfurt am Main 1982.

1337 So auch Muckel, JZ 2001, 58.

Als ordentliches Lehrfach wird der Religionsunterricht dem staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag zugerechnet48. Deshalb muß er sich in das Gesamtkonzept der staatlichen Bildungs- und Erziehungsziele inhaltlich einfügen lassen. Ein Religionsunterricht, in dem religiöse Intoleranz gepredigt oder zum Glaubenskampf aufgerufen wird, ist unstatthaft, weil er mit der staatlichen Erziehung zu Toleranz49, Duldsamkeit50 und Friedfertigkeit51 unvereinbar ist. Einen derartigen Gegenunterricht zum staatlichen Unterricht darf der Staat in den öffentlichen Schulen nicht dulden.

48 [...]

49 [...]

50 [...]

51 [...]

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 1337 genannt.


[184.] Mra/Fragment 284 25

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 284, Zeilen: 25-35
Quelle: Heimann 2001
Seite(n): 89 f., Zeilen: 89: 30 ff.; 90: 1 ff.
Andererseits dürfen keine inhaltlichen Anforderungen staatlicherseits an den Religionsunterricht gestellt werden, die keine Anhaltspunkte im Schutz sonstiger Verfassungsgüter finden. Aus diesem Grunde ist es fraglich, ob der Religionsunterricht sich nach staatlichen Bildungs- und Erziehungszielen zu richten hat, sofern diese über den Schutz sonstiger Güter des Grundgesetzes hinausgehen. Zwar ist der Religionsunterricht an sich Bestandteil der staatlichen Schulerziehung, doch auch wenn alle, sich aus dem Landesrecht ergebenden, Normen letztlich auf die Anordnung in Art. 7 Abs. 1 GG zurückgeführt werden könnten, die dem Staat auch die Setzung von Lern- und Erziehungszielen erlauben, ändert das nichts daran, dass auch Glaubensvermittlung im Religionsunterricht stattfinden soll. Abweichungen von den Erziehungszielen der übrigen Fächer sind also möglich. Beachtet werden müssen vielmehr die im Grundgesetz selbst angelegten Grenzen für die schulische Glaubensvermittlung. Damit kann weiterhin festgehalten werden, daß von staatlicher Seite keine inhaltlichen Anforderungen an den Religionsunterricht gestellt werden dürfen, die keine Stütze im Schutz sonstiger Verfassungsgüter finden. Einfachgesetzliche oder landesverfassungsrechtliche Regelungen allein - also solche, die nicht den Schutz anderer Güter des Grundgesetzes konkretisieren - können deshalb keine Rechtfertigung im staatlichen Aufsichtsrecht finden.

Insofern ist es höchst fraglich, ob der Religionsunterricht sich, wie dies oftmals behauptet wird43, nach staatlichen Bildungs- und Erziehungszielen zu richten hat, sofern diese über den Schutz sonstiger Güter des Grundgesetzes hinausgehen44. Zwar ist der Religionsunterricht Bestandteil der staatlichen Schulerziehung, doch selbst wenn alle sich aus dem Landesrecht ergebenden Normen

[Seite 90]

letztlich auf die Anordnung der staatlichen Schulaufsicht in Art. 7 Abs. 1 GG, die dem Staat auch die Setzung von Lern- und Erziehungszielen gestattet, zurückgeführt werden könnten, änderte dies nichts daran, daß „legitimer Erziehungs- und Bildungsauftrag“ des Religionsunterrichts nach der Anordnung des Grundgesetzes zumindest auch die Glaubensvermittlung sein soll, deren Inhalt sich aber von einzelnen staatlichen Erziehungszielen gerade unterscheiden kann und vielleicht auch unterscheiden soll. [...]

Abweichungen von den Erziehungszielen der übrigen Fächer sind also möglich und hinzunehmen, das Augenmerk muß sich vielmehr auf die im Grundgesetz selbst angelegten Grenzen für die schulische Glaubensvermittlung richten.


43 So Fechner (Fn. 27), NVwZ 1999, 735 (736); Hildebrandt (Fn. 2), S. 236; Korioth (Fn. 1), NVwZ 1997, 1041 (1044); Muckel (Fn. 5), JZ 2001, 58 (62); Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 5. Aufl. 2000, Art. 7 Rn. 11; ders. (Fn. 35), ZevKR 38 (1993), 189 (193).

44 Wie hier wohl Schmitt-Kammler, in: Sachs (Hrsg.), GG, 2. Aufl. 1999, Art. 7 Rn. 59, der die staatlichen Erziehungsziele „korrekterweise auf die Verfassungsessenz und allgemeine Rechtstreue“ festgelegt wissen will.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[185.] Mra/Fragment 286 16

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 286, Zeilen: 12-16, 20-34
Quelle: Heimann 2001
Seite(n): 87, Zeilen: 12 ff.
Die auf diese Weise den Religionsgemeinschaften zugewiesene Letztentscheidung für die Unterrichtsgestaltung könnte jedoch gleichfalls nicht uneingeschränkt bestehen, weil der Religionsunterricht nämlich außerdem dem staatlichen Aufsichtsrecht untersteht. [...] Das Bundesverfassungsgericht versteht die Schulaufsicht im Sinne des Art. 7 Abs. 1 GG als Befugnis des Staates zur Planung und Organisation des Schulwesens mit dem Ziel, ein Schulsystem zu gewährleisten, das allen jungen Bürgern gemäß ihren Fähigkeiten die dem heutigen gesellschaftlichen Leben entsprechenden Bildungsmöglichkeiten eröffnet. Deshalb gehören zur staatlichen Gestaltungsbereich nicht nur die organisatorische Gliederung der Schule und die strukturellen Festlegungen des Ausbildungssystems, sondern auch das inhaltliche und didaktische Programm der Lehrvorgänge sowie das Setzen der Lernziele und die Entscheidung darüber, ob und inwieweit diese Ziele von dem Schüler erreicht worden sind.1348 Dieses nach Art. 7 Abs. 3 S. 2 GG grundsätzlich auch für den Religionsunterricht geltende Recht des Staates steht nun in einem offenen Spannungsverhältnis zu der Gestaltungsdominanz der Religionsgemeinschaften. Wie kann dieses Spannungsverhältnis gelöst werden?

1348 BVerfGE 34, 165; vgl. auch Schmidt-Kammler, Elternrecht und schulisches Erziehungsrecht nach dem Grundgesetz, Berlin 1983; Böckenförde, Elternrecht - Recht des Kindes - Recht des Staates, Münster 1980; Huber, BayVBl. 1994, 545; Häberle, Erziehungsziele und Orientierungswerte im Verfassungsstaat, Freiburg/München 1981; von Campenhausen, ZevKR 20 (1989), 135.

Das auf diese Weise den Religionsgemeinschaften zugewiesene Letztentscheidungsrecht für die Unterrichtsgestaltung besteht jedoch gleichfalls nicht uneingeschränkt: Der Religionsunterricht unterliegt nämlich außerdem dem staatlichen Aufsichtsrecht35. Das Bundesverfassungsgericht versteht die Schulaufsicht im Sinne des Art. 7 Abs. 1 GG als Befugnis des Staates zur Planung und Organisation des Schulwesens mit dem Ziel, ein Schulsystem zu gewährleisten, das allen jungen Bürgern gemäß ihren Fähigkeiten die dem heutigen gesellschaftlichen Leben entsprechenden Bildungsmöglichkeiten eröffnet. Deshalb gehören zum staatlichen Gestaltungsbereich nicht nur die organisatorische Gliederung der Schule und die strukturellen Festlegungen des Ausbildungssystems, sondern auch das inhaltliche und didaktische Programm der Lernvorgänge sowie das Setzen der Lernziele und die Entscheidung darüber, ob und inwieweit diese Ziele von dem Schüler erreicht worden sind36. Dieses nach Art. 7 Abs. 3 Satz 2 GG grundsätzlich auch für den Religionsunterricht geltende „Vollrecht“37 des Staates steht nun in einem Spannungsverhältnis zu der in derselben Norm angeordneten Gestaltungsdominanz der Religionsgemeinschaften.

Wie kann dieses Spannungsverhältnis aufgelöst werden?


35 Bodo Pieroth, Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer Öffnung des Religionsunterrichts, ZevKR 38 (1993), 189(193).

36 BVerfGE 34, 165 (182); 45, 400 (415); 59, 360 (377); zur Entwicklung im Verständnis des staatlichen Aufsichtrechts Hildebrandt (Fn. 2), S. 57 ff.

37 Korioth (Fn. 1), NVwZ 1997, 1041 (1044).

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[186.] Mra/Fragment 287 01

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 287, Zeilen: 1-16
Quelle: Heimann 2001
Seite(n): 87 f., 93, Zeilen: 87: letzte Zeile; 88: 1 ff.; 93: 17 ff.
Im Gegenteil, es bezieht den Religionsunterricht gerade in das staatliche Schulwesen mit ein und unterstreicht dies durch die Regelung des Art. 7 Abs. 3 S. 2 GG. Dies erscheint als eine gegenüber der allgemeinen Religionsfreiheit geschaffene Einschränkung, die Beachtung erlangen muss, weil anderenfalls das auf den Religionsunterricht erstreckte staatliche Aufsichtsrecht leer laufen würde. Die Unterrichtsinhalte werden also nicht ausnahmslos über die Religionsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG geschützt. Die entscheidende hieraus resultierende Frage ist daher, in welchem Maße die materielle Gestaltung der Unterrichtsinhalte durch die Religionsgemeinschaft beschränkt werden kann.

Eine Religionsgemeinschaft wird selbstverständlich grundsätzlich von Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG darin geschützt, auch eine von ihrem Glauben vorgegebene Staats- und Gesellschaftsordnung zu vertreten, die von der Ordnung des Grundgesetzes abweicht; allerdings darf sie diese Vorstellung nicht im Religionsunterricht weitergeben. Sie muss die Lehrinhalte entweder den staatlichen Begrenzungen anpassen oder auf die Erteilung des Religionsunterrichts ganz verzichten. Im letzten Fall bleibt der Religionsgemeinschaft nur die außerstaatliche religiöse Unterweisung.1350


1350 Hildebrandt, Das Grundrecht auf Religionsunterricht, Tübingen 2000, S. 238.

Vielmehr bezieht es den Religionsun-

[Seite 88]

terricht gerade in das staatliche Schulwesen ein und hebt dies in Art. 7 Abs. 3 Satz 2 GG ausdrücklich hervor. Die hierdurch gegenüber der allgemeinen Religionsfreiheit geschaffene Einschränkung kann nicht außer Betracht bleiben39, da andernfalls das in Art. 7 Abs. 3 Satz 2 GG explizit auf den Religionsunterricht erstreckte staatliche Aufsichtsrecht leerliefe. Die Unterrichtsinhalte werden also nicht - auch nicht für einzelne Bereiche wie z. B. für die inneren Angelegenheiten einer Religionsgemeinschaft40 - per se über die Religionsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG vorbehaltlos geschützt.

[...]

Die entscheidende Frage ist daher, in welchem Umfang der sich aus dem staatlichen Aufsichtsrecht ergebende Gesetzesvorbehalt die materielle Gestaltung der Unterrichtsinhalte durch die Religionsgemeinschaft beschränken kann.

[Seite 93]

Eine Religionsgemeinschaft wird selbstverständlich grundsätzlich von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG darin geschützt, auch eine von ihrem Glauben vorgegebene Staats- und Gesellschaftsordnung zu vertreten, die von der Ordnung des Grundgesetzes abweicht; diesen Teil ihrer Glaubenslehre darf sie jedoch nicht im Religionsunterricht weitergeben. Sie muß die Lehrinhalte entweder den staatlichen Begrenzungen anpassen oder auf die Erteilung des Religionsunterrichts ganz verzichten. Im letzteren Fall bleibt der Religionsgemeinschaft nur die außerstaatliche religiöse Unterweisung53.


53 Hildebrandt (Fn. 2), S. 238. Privater Religionsunterricht findet für muslimische Kinder offenbar verbreitet in sog. Koranschulen statt, von denen angenommen wird, daß sie integrationshemmend wirken und dem Fundamentalismus Vorschub leisten, vgl. z. B. Heckel (Fn. 2), JZ 1999, 741 (742). Bisher gibt es, soweit ersichtlich, keine Untersuchungen zu Inhalt und Umfang des Unterrichts in deutschen Koranschulen. Allerdings ist zu bedenken, daß auch die Koranschule Ausdruck der Religionsfreiheit unter dem Grundgesetz ist, so daß jede staatliche Einflußnahme stets Gefahr läuft, Art. 4 Abs. 1 und 2 GG zu verletzen.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[187.] Mra/Fragment 290 26

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 290, Zeilen: 26-30
Quelle: Heckel 1999
Seite(n): 742, Zeilen: Fn. 6
Ob Koranschulen diese Kriterien erfüllen, kann im Grunde genommen, aufgrund der limitierten vorliegenden Informationen nur begrenzt festgestellt werden, denn über ihre Anzahl, Organisation, Besucherfrequenz, Lehrinhalte, Lehrkräfte, Lehrerausbildung wissen die deutschen Schulverwaltungen eingestandenermaßen fast nichts, da nur extremistische Organisationen staatlich beobachtet werden können. Über ihre Anzahl, Organisation, Besucherfrequenz, Lehrinhalte, Lehrkräfte, Lehrerausbildung wissen die deutschen Schulverwaltungen eingestandenermaßen fast nichts, da nur extremistische Organisationen staatlich beobachtet werden.
Anmerkungen

Kein Hinweis auf eine Übernahme.


[188.] Mra/Fragment 292 24

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 292, Zeilen: 24-28
Quelle: Heckel 1999
Seite(n): 742, Zeilen: Fn.6
Nach alledem scheint die Besorgnis also nicht unbegründet, dass eine fundamentalistische bzw. radikale Beeinflussung durch Koranschulen zunehme und die Integration der Muslime in die pluralistische Gesellschaft und in den demokratischen Staat durch ihre Erziehung zur religiös verfestigten Abschließung und Ablehnung der nichtislamischen Umgebung dadurch erschwert werden könnte.1369

1369 Heckel, JZ 1999, 741.

Doch scheint die Besorgnis nicht unbegründet, daß eine fundamentalistische bzw. radikale Beeinflussung durch Koranschulen zunehmen und die Integration der Muslime in die pluralistische Gesellschaft und in den demokratischen Staat durch ihre Erziehung zur religiös verfestigten Abschließung und Ablehnung der nichtislamischen Umgebung erschweren könnte.
Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 1369 genannt.


[189.] Mra/Fragment 296 03

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 296, Zeilen: 3-7, 10-21, 23-33, 103-110
Quelle: Korioth 1997
Seite(n): 1042, 1044, Zeilen: online
Bei muslimischen Kindern bestehe immerhin die Gefahr, dass diese während der Schulzeit keine systematische Werterziehung erführen.1378 Danach gebe es ein staatliches Interesse an islamischem Religionsunterricht, denn muslimische religiöse Unterweisung müsse es den jungen Gläubigen ermöglichen, die Wertnormen der deutschen Gesellschaft zu verstehen, zu akzeptieren und Spannungen zwischen unterschiedlichen Wertvorstellungen auszuhalten.1379

[...] Die politische Zielsetzung sollte demnach dahin ausgerichtet werden, dass die wichtigsten Handlungsmöglichkeiten des Staates auf dem Gebiet der Konvergenzpolitik liegen, um so eine Plattform zu schaffen, auf der sich die unterschiedlichen Wertvorstellungen treffen können. Der Dialog mit den islamisch-religiösen Autoritäten in der Bundesrepublik sollte gefördert werden sowie religionspädagogische Entwürfe auf ein positives Verhältnis des Islam zu den neuzeitlichen Gesellschaftsstrukturen, wie auch wissenschaftspolitisches Bemühen um eine Einbeziehung der Heranbildung und der Fortbildung islamischer Religionslehrer auf der Höhe des Anspruchsniveaus neuzeitlicher europäischer Theologie und Religionspolitik. Die offene Kommunikation mit der Umwelt sollte eingesetzt werden, um auf beiden Seiten einen Lernprozess in Gang zu setzen und damit ein vom gegenseitigen Verständnis getragenes Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Religionszugehörigkeit gefördert werden kann. [...] Dem sozial segregativen Einfluss, der fundamentalistischen Ausrichtung und die fehlende Transparenz, den die Korankurse ausüben, soll der schulische islamische Unterricht entgegenwirken, was aus gesellschaftspolitischem Blickwinkel zu begrüßen wäre.

Daraus resultieren aber wiederum die Vorbehalte, mit denen islamische Glaubensgruppen dem staatlichen Religionsunterricht begegnen. Gingen sie auf den staatlichen Unterricht ein, so träfen sie auf die staatliche Gestaltungskompetenz. Der Grat, auf den sich der Staat hierbei begibt, wenn er eine seinem Kulturkreis fremde Religion in die Schule hinzufügen will, erscheint schmal. Die Hilfestellung für diese Religion, und sei sie auch dieselbe wie die den christlichen Bekenntnissen gewährte, kann einerseits Verunsicherung bei allen Beteiligten hervorrufen, andererseits in fürsorgliche Bevormundung der islamischen Lehren in den Schulen umschlagen.


1378 Korioth, NVwZ 1997, 1041.

1379 Muslime und muslimische Verbände stehen den Überlegungen der Kultusbehörden gespalten gegenüber. Einerseits gibt es Stimmen, die schon seit langem islamischen Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach in der Regelschule fordern; die Ausklammerung des Islam aus der Schule wird, ähnlich der bislang islamischen Glaubensgemeinschaften nicht gewährten Rechtsstellung der Körperschaft des öffentlichen Rechts, als Diskriminierung empfunden. Andererseits stieß die nordrhein-westfälische Initiative wiederum auf Kritik: Muslimische Verbände wurden vom Kultusministerium nicht beteiligt und befürchteten nun staatliche Reglementierung über sie hinweg und beklagten die Gleichsetzung islamischer und konfessionsloser Schüler, vgl. Korioth, NVwZ 1997, 1041 m. w. N.

Es bestehe die Gefahr, daß diese Kinder während der Schulzeit keine systematische Werteerziehung erführen7. Es gibt danach ein staatliches Interesse an islamischem Religionsunterricht. [...] Muslimische religiöse Unterweisung müsse es den jungen Gläubigen ermöglichen, die Wertnormen der deutschen Gesellschaft zu verstehen und zu akzeptieren und Spannungen zwischen unterschiedlichen Wertvorstellungen auszuhalten8.

Muslime und muslimische Verbände stehen den Überlegungen der Kultusbehörden gespalten gegenüber. Einerseits gibt es Stimmen, die schon seit langem islamischen Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach in der Regelschule fordern9; die Ausklammerung des Islam aus der Schule wird, ähnlich der bislang islamischen Glaubensgemeinschaften nicht gewährten Rechtsstellung der Körperschaft des öffentlichen Rechts10, als Diskriminierung empfunden. Andererseits stieß die nordrhein-westfälische Initiative auf Kritik: Muslimische Verbände - das Kultusministerium hatte sie an seinen Überlegungen nicht beteiligt - befürchteten staatliche Reglementierung über sie hinweg und monierten die Gleichsetzung islamischer und konfessionsloser Schüler11.

[Seite 1044]

Dem sozial segregativen Einfluß, den die Korankurse ausüben, soll der schulische islamische Unterricht entgegenwirken. Daraus resultieren aber wiederum die Vorbehalte, mit denen islamische Glaubensgruppen dem staatlichen Religionsunterricht begegnen. Gingen sie auf den staatlichen Unterricht ein, so träfen sie auf die staatliche Gestaltungskompetenz. Der Grat, auf den sich der Staat begibt, wenn er eine seinem Kulturkreis fremde Religion in die Schule hineinnehmen will, ist schmal: Die Hilfestellung für diese Religion, und sei sie auch dieselbe wie die den christlichen Bekenntnissen gewährte, kann einerseits Verunsicherung bei allen Beteiligten hervorrufen, andererseits in fürsorgliche Bevormundung des islamischen Lehrens in den Schulen umschlagen.


1 Genaue Zahlen fehlen. Albrecht, in: Essener Gespräche 20 (1986), 82 (88), schätzte für Nordrhein-Westfalen und bezogen auf das Schuljahr 1984/85 die Zahl der islamischen Schüler auf 170000, das waren 5,6 % der Gesamtschülerzahl. Lähnemann, in: Hagemann/Pulsfort (Hrsg.), Festschr. f. Khoury, 1990, S. 106 (107), nennt, bezogen auf die alte Bundesrepublik und das Jahr 1990, die Zahl von mindestens 500000 Schülern islamischen Glaubens: “(...) jedes 10. Schulkind kommt inzwischen aus einer islamischen Familie”

7 Vgl. Huber-Rudolf, in: Herder-Korrespondenz 48 (1994), 580 (581). Zu früheren Überlegungen und den Stellungnahmen der christlichen Kirchen hierzu s. Dt. Bischofskonferenz (Hrsg.), Christen und Muslime in Deutschland, Arbeitshilfen Nr. 106 v. 4. 3. 1993, S. 69f.

8 Möglichkeiten religiöser Erziehung muslimischer Schüler in der BRep. Dtschld. Bericht der Kommission “islamischer Religionsunterricht” der KMK vom 20. 3. 1984, S. 2f.

9 Vgl. Wanzura, in: Hagemann/Pulsfort (o. Fußn. 1), S. 79 (90). Die früheste Initiative in dieser Richtung dürfte die Anfrage des Türkisch-Islamischen Kulturvereins e.V. an den Hess. Kultusminister vom 4. 9. 1978 gewesen sein, vgl. Huber-Rudolf (o. Fußn. 7), S. 580.

10 Dazu Muckel, DÖV 1995, DOEV Jahr 1995 Seite 311; Stempel (o. Fußn. 6), S. 297ff.

11 Ähnliche und teils weitergehende Einwände wurden in der Stellungnahme von Muslimen zu dem früheren Entwurf der Curriculum-Kommission Nordrhein-Westfalen (Lehrplanentwurf “Religiöse Unterweisung für Schüler islamischen Glaubens”) vom Mai 1988 geäußert: “Ein Schwachpunkt des Curriculums, wenn auch nicht der wichtigste, ist die Überfrachtung mit christlichen Inhalten und christlich-abendländischen Denkvorstellungen. Die Hauptkritikpunkte liegen aber darin, daß alle guten Ansätze des Curriculums zunichte gemacht werden durch die verhängnisvolle Konfliktpädagogik mit ihrem gesellschaftsbezogenen Ansatz”, zit. nach Dt. Bischofskonferenz (o. Fußn. 7), S. 73. Zu den Hoffnungen, Erwartungen und Befürchtungen muslimischer Interessengruppen gegenüber schulischem Religionsunterricht s.a. die Beiträge in Kiesel/Seif/Sievering (Hrsg.), Islamunterricht an deutschen Schulen?, 1986, S. 45-95.

29 So auch schon die von Albrecht (o. Fußn. 1), S. 112f., skizzierte politische Zielsetzung: “Wichtigste Handlungsmöglichkeiten des Staates auf dem Gebiet der Konvergenzpolitik sind der Dialog mit den islamischen religiösen Autoritäten in der Bundesrepublik und Einflußnahmen durch religionspädagogische Entwürfe auf ein positives Verhältnis des Islam zu den neuzeitlichen Gesellschaftsstrukturen sowie wissenschaftspolitisches Bemühen um eine Einbeziehung der Heranbildung und der Fortbildung islamischer Religionslehrer auf der Höhe des Anspruchsniveaus neuzeitlicher europäischer Theologie und Religionspolitik. (...) Der Dialog sollte eingesetzt werden, um auf islamischer Seite einen Lernprozeß in Gang (!) zu setzen (...)".)

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 1378 und 1379 erwähnt. Das lässt aber nicht vermuten, dasss es sich weitgehend um eine wörtliche Übernahme handelt.

Dass Korioth ALbrecht zitiert, ist bei Mra nicht mehr erkennbar.


[190.] Mra/Fragment 297 16

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 297, Zeilen: 16-25
Quelle: Häußler 2000
Seite(n): 159, Zeilen: l.Sp. 35 ff.
Teil des elterlichen Erziehungsauftrags auf der anderen Seite ist es, zu bestimmen, ob und wie die Kinder religiöse Sozialisation erfahren sollen. Die Förderung von Religiosität im schulischen Raum hat sich daher im von Eltern und religionsmündigen Schülern gesetzten Rahmen zu halten; innerhalb dessen steht es dem Staat aber frei, ohne Identifikation mit einem Bekenntnis religionsbezogene Bildungs- und Erziehungsziele zu verwirklichen. Religiöse Bildung und Erziehung liegen, wie bereits mehrfach betont, im öffentlichen Interesse, weil der Staat sich davon eine Festigung seiner sittlichen Grundlagen verspricht.1381 Insoweit wurde zutreffend darauf hingewiesen, dass die Einrichtung islamischer Religionsunterricht substantiell zur gesellschaftlichen Integration der muslimischen Bevölkerungs- und Volksteile beizutragen vermögen könnte.1382

1381 Ähnlich: Heckel, JZ 1999, 741; Gebauer, RdJB 1989, 263; Puza, in: FS Listl, Berlin 1999, S. 407.

1382 Korioth, NVwZ 1997, 1041; Eiselt, DÖV 1981, 205; Füssel, RdJB 1985, 74; Cavdar, RdJB 1993, 265.

Teil des elterlichen Erziehungsauftrags ist es, zu bestimmen, ob und wie die Kinder religiöse Sozialisation erfahren sollen.8 Die Förderung von Religiosität im schulischen Raum hat sich daher im von Eltern und religionsmündigen Schülern gesetzten Rahmen zu halten;9 innerhalb desselben steht es dem Staat aber frei, ohne Identifikation mit einem Bekenntnis religionsbezogene Bildungs- und Erziehungsziele zu verwirklichen. [...] Religiöse Bildung und Erziehung liegen danach im öffentlichen Interesse, weil der Staat sich davon eine Festigung seiner sittlichen Grundlagen verspricht.12 Insoweit wurde zutreffend darauf hingewiesen, daß die Einrichtung islamischen Religionsunterrichts substantiell zur gesellschaftlichen Integration der muslimischen Bevölkerungs- oder Volksteile beizutragen vermöchte.13

8 Vgl. von Campenhausen, ZevKR 20 (1980) 135, 137 f.

9 Vgl. nur BVerfGE 47. 46. 71 ff. - religiöse Erziehungsvorstellungen der Eltern bilden Grenzen des Sexualkundeunterrichts; BVerfGE 93, 1 - Eltern können symbolische Förderung von Religiosität durch Schulkreuze verhindern.

12 Ähnlich Heckel, JZ 1999, 741, 746; Gebauer, RdJB 1989, 263, 270. Vgl. auch von Campenhausen, Erziehungsauftrag, S. 146; Link, HdbStKirchR II, 2. Aufl. (1995), S. 439, 508; Puza, FS Listl (1999). S. 407, 409.

13 Vgl. Listl, Diskussionsbeitrag, Essener Gespräche 20 (1986), S. 140 (um der religiösen Parität willen), Korioth, NVwZ 1997, 1041 (systematische Werteerziehung); Eiselt, DÖV 1981. 205, insbes. 209; Huber-Rudolf, HK 1994, 580; Füssel, RdJB 1985, 74; Cavdar, RdJB 1993, 265 in Anm. 2; Langenfeld, AÖR 123 (1998), 375, 402; Lecheler in Sachs. GG, 1. Aufl., 1996, Art. 7 Tz. 42.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf eine Übernahme. Die Referenzen werden mitübernommen.


[191.] Mra/Fragment 298 17

KomplettPlagiat
Untersuchte Arbeit:
Seite: 298, Zeilen: 17-21
Quelle: Korioth 1997
Seite(n): 1046, Zeilen: online
Allenfalls die Erwähnung der Grundsätze der Religionsgemeinschaften, denen der Unterricht entsprechen muss, lässt erkennen, dass nicht jede Vereinigung erwarten kann, Unterricht in ihrem Glauben werde in der öffentlichen Schule stattfinden. Grundsätze kann nur haben, wer einen Mindestbestand an festliegenden Glaubensinhalten aufweist, was wiederum Beständigkeit und Organisiertheit voraussetzt. Allenfalls die Erwähnung der Grundsätze der Religionsgemeinschaften, denen der Unterricht entsprechen muß, läßt erkennen, daß nicht jede religiöse Vereinigung erwarten kann, Unterricht in ihrem Glauben werde in der öffentlichen Schule stattfinden. Grundsätze kann nur haben, wer einen Mindestbestand an festliegenden Glaubensinhalten aufweist; dies wiederum setzt Beständigkeit und Organisiertheit voraus.
Anmerkungen

Kleinteilig, aber wortlautidentisch - und nicht trivial.


[192.] Mra/Fragment 300 04

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 300, Zeilen: 4, 6-18
Quelle: Wikipedia Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion 2014
Seite(n): online, Zeilen: 0
aa. DITIB (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V.)1400

Diese religiöse Organisation ist die mitgliederstärkste in Deutschland. Sie ist seit 5. Juli 1984 außerdem ein beim Amtsgericht Köln eingetragener Verein. Sie untersteht der dauerhaften Leitung, Kontrolle und Aufsicht des staatlichen Präsidiums für Religiöse Angelegenheiten der Türkei1401 in Ankara und damit indirekt dem türkischen Ministerpräsidenten mit seiner laizistischen Haltung. Die DITIB arbeitet als bundesweiter Dachverband für die Koordinierung der religiösen, sozialen und kulturellen Tätigkeiten der angeschlossenen türkisch-islamischen Moscheengemeinden und ist seit April 2007 Gründungsmitglied des Koordinierungsrats der Muslime. Zu den Satzungszwecken der Organisation zählen die religiöse Betreuung, Aufklärung und Unterweisung der in Deutschland lebenden Muslime, Einrichtung und Unterhalt von Gebets- und Unterrichtsstätten und die Ausbildung von Laienpredigern. DITB regelt außerdem die Entsendung hauptamtlicher Hodschas aus der Türkei, die als Staatsbedienstete für rund vier Jahre in die Bundesrepublik kommen. Es wird bemängelt, dass diese Vorbeter oft weder die genauen Lebensumstände der Türken in Deutschland kennen, noch die deutsche Sprache in ausreichendem Maße beherrschen.


1400 Vgl. Sen, ZAR 2006, 14 mit empirischen Ergebnissen der religiösen Praxis.

1401 Sie ist eine staatliche Einrichtung in der Türkei zur Verwaltung religiöser Angelegenheiten. Gleichzeitig ist es die höchste islamische Autorität des Landes und ist dem Amt des Ministerpräsidenten angegliedert.

Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e. V. (türkisch Diyanet İşleri Türk İslam Birliği, abgekürzt DİTİB) ist ein seit dem 5. Juli 1984 beim Amtsgericht Köln eingetragener Verein. Sie untersteht der dauerhaften Leitung, Kontrolle und Aufsicht des staatlichen Präsidiums für Religiöse Angelegenheiten der Türkei in Ankara, welches dem türkischen Ministerpräsidentenamt angegliedert ist. Laut Kritikern betreibt die DITIB die planvolle Islamisierung Deutschlands von der Türkei aus. Die DİTİB arbeitet als bundesweiter Dachverband für die Koordinierung der religiösen, sozialen und kulturellen Tätigkeiten der angeschlossenen türkisch-islamischen Moscheegemeinden. Der Sitz des Verbandes ist in Köln-Ehrenfeld. Er ist Gründungsmitglied des Koordinierungsrats der Muslime.

[...]

Zu den Satzungszwecken der Organisation zählen die religiöse Betreuung, Aufklärung und Unterweisung der in Deutschland lebenden türkischen Muslime, Einrichtung und Unterhalt von Gebets- und Unterrichtsstätten und die Ausbildung von Laienpredigern, außerdem die Veranstaltung von sozialen und kulturellen Aktivitäten und Sprachkursen sowie die Durchführung von Berufsbildungsmaßnahmen.[1]

[...]

DİTİB regelt die Entsendung hauptamtlicher Hodschas (etwa: Gemeindeleiter und Vorbeter) aus der Türkei, die als Staatsbedienstete für rund vier Jahre in die Bundesrepublik kommen und vom jeweiligen Konsulat besoldet und beaufsichtigt werden. Es wird bemängelt, „dass diese Vorbeter oft weder die genauen Lebensumstände der Türken in Deutschland kennen noch die deutsche Sprache in ausreichendem Maße beherrschen“.[1]


1 Sevket Kücükhüseyin: Türkische politische Organisationen in Deutschland, Konrad-Adenauer-Stiftung, Sankt Augustin 2002, ISBN 3-933714-55-9

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[193.] Mra/Fragment 301 09

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 301, Zeilen: 9-20
Quelle: Wikipedia Millî Görüş 2014
Seite(n): online, Zeilen: 0
Deutsche Verfassungsorgane werfen Milli Görüs eine „ideologisierte Interpretation“ des Islam vor, wo es Ziel sei, die weltliche Ordnung zu überwinden und durch ein islamisches Gemeinwesen zu ersetzen. Bei der Generalversammlung der IGMG im April 2001 hätte Erkaban1402 eine Islamisierung Europas durch muslimische Einwanderung angedeutet.1403 IGMG-Funktionäre dürfen gemäß eines Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim wegen „Demokratiegefährdung“ nicht nach Deutschland eingebürgert werden. Seit März 2009 wurde bekannt, dass die Münchner Staatsanwaltschaft gegen den deutschen IGMG-Generalsekretär Ücüncü und weitere Funktionäre islamischer Organisationen wegen des Verdachts auf Bildung einer kriminelle Vereinigung ermittelte. Ihnen wird vorgeworfen, in Deutschland auf illegalem Wege Geld zur Weiterleitung an militante islamistische Gruppen wie Hamas gesammelt zu haben.

1402 Necmettin Erkaban veröffentlichte 1973 ein Buch mit dem Titel „Milli Görüs“, was „Nationale Sicht“ bedeutet. Die von ihm gerechte Ordnung soll ein umfassendes, soziales, ökonomisches und politisches Regelungssystem beinhalten, das auf islamischer Grundlage beruht.

1403 Verfassungsschutzbericht 2009, 265

So dürfen IGMG-Funktionäre gemäß einem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim wegen „Demokratiegefährdung“ nicht nach Deutschland eingebürgert werden.[36] [...]

Deutsche Verfassungsschutzorgane werfen Millî Görüş eine „ideologisierte Interpretation“ des Islam vor. Ziel sei es, „die weltliche Ordnung zu überwinden und durch ein islamisches Gemeinwesen zu ersetzen.“[37] Bei der Generalversammlung der IGMG im April 2001 hätte Erbakan eine Islamisierung Europas durch muslimische Einwanderung angedeutet.[38]

[...]

Seit März 2009 wurde bekannt, dass die Münchner Staatsanwaltschaft gegen den deutschen IGMG-Generalsekretär Ücüncü und weitere Funktionäre islamischer Organisationen wegen des Verdachts auf Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelte. Ihnen wurde vorgeworfen, in Deutschland auf illegalem Wege Geld zur Weiterleitung an militante islamistische Gruppen wie Hamas gesammelt zu haben.[44]


36 N.N.: Kein deutscher Bürger. In: die tageszeitung. 23. Juli 2008, S. 6.

37 Verfassungsschutzbehörde, Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport (Hrsg.): Ideologie & Ziele der IGMG. ohne Datum (http://www.verfassungsschutz.niedersachsen.de/master/C806041_N9338894_L20_D0_I541.html, abgerufen am 22. August 2008).

38 Verfassungsschutzbericht 2001, Seite 147

44 http://www.faz.net/s/Rub594835B672714A1DB1A121534F010EE1/Doc~E824E2D45D43B4407AE5B9D5D685D157E~ATpl~Ecommon~Scontent.html Ermittlungen gegen „Millî Görüş“ - Islamkonferenz im Zwielicht (FAZ 31. 03 2009)

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.

Der Beschluss des VGH Mannheim ist in der Wikipedia nur sekundär nach einem Pressebericht zitiert. In einer juristischen Arbeit wäre das anfängerhaft, so dass folgerichtig eine Referenz einfach ganz fehlt.


[194.] Mra/Fragment 301 23

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 301, Zeilen: 23-36
Quelle: Wikipedia Verband der islamischen Kulturzentren 2014
Seite(n): online, Zeilen: 0
cc. VIKZ (Verband der türkischen Kulturzentren e.V.)1404


[...] Er versteht sich parteipolitisch neutral und kümmert sich um religiöse Belange von Muslimen. 1979 stellte der VIKZ einen Antrag auf Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts, um Religionsunterricht an öffentlichen Schulen für muslimische Schüler geben zu können. Dieser Antrag wurde jedoch nicht weiter verfolgt. Der VIKZ gehörte mit zu den Gründern des Zentralrats der Muslime in Deutschland, trat aber 2000 nach einem Führungswechsel aus. Der Verband bekennt sich zur Richtung des sunnitischen Islam. Er ist politisch nicht aktiv und konzentriert sich vorwiegend auf religiöse Meditation. Der VIKZ betätigt sich nach seinen Angaben in sozialen, religiösen und kulturellen Bereichen. Er legt großen Wert auf die religiöse Bildung der nachwachsenden Generation von Muslimen und ihren Kindern in Deutschland. In den meisten Moscheen werden neben religiöser Unterweisung auch Hausaufgabenhilfe, Nachhilfeunterricht, Deutsch- und Computerkurse angeboten. Besonders umstritten in der Öffentlichkeit ist der Versuch, verbandseigene Wohnheime für Schüler einzurichten wie 2003 in Duisburg. Der Verband betont, dass es ihm allein um eine intensive schulische und religiöse Förderung der Schüler gehe. In dem Gutachten der Marburger Turkologin [Ursula Spuler-Stegemann aus dem Jahre 2004, das sie im Auftrag des hessischen Sozialministeriums verfasste, heißt es, die Heime dienten entgegen anders lautender Beteuerung fast ausschließlich islamischer Lehre und der Einübung der Glaubenspraxis und seien daher absolut integrationshemmend.]


1404 Jonker, Eine Wellenlänge zu Gott: Der Verband der Islamischen Kulturzentren in Europa, Bielefeld 2002

Er versteht sich parteipolitisch neutral und kümmert sich um religiöse, soziale und kulturelle Bedürfnisse[2] von Muslimen.

1979 stellte das Islamische Kulturzentrum einen Antrag auf die Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts, um Religionsunterricht an öffentlichen Schulen für muslimische Schüler geben zu können. Dieser Antrag wurde nicht weiter verfolgt.

[...]

Der VIKZ seinerseits gehörte mit zu den Gründern des Zentralrats der Muslime in Deutschland, trat aber im Jahr 2000 nach einem Führungswechsel aus. Der Verband bekennt sich zur Richtung des sunnitischen Islam.

[...]

Der VIKZ betätigt sich nach seinen Angaben in sozialen, religiösen und kulturellen Bereichen. Er legt großen Wert auf die religiöse Bildung der nachwachsenden Generation von Muslimen und ihren Kindern in Deutschland. [...]

Umstritten in der Öffentlichkeit war der Versuch, verbandseigene Wohnheime für Schüler einzurichten. [...] Der Verband betont, dass es ihm allein um eine intensive schulische und religiöse Förderung der Schüler gehe. [...]

In dem unveröffentlichten Gutachten der Marburger Turkologin Ursula Spuler-Stegemann aus dem Jahre 2004 im Auftrag des hessischen Sozialministeriums wird behauptet, die Heime dienten entgegen anderslautenden Beteuerungen „fast ausschließlich islamischer Lehre und der Einübung in die Glaubenspraxis“ und seien „absolut integrationshemmend“. Die Schüler würden in einen „strengstens scharia-orientierten“ Islam „hinein-indoktriniert und gegen das Christentum wie auch gegen den Westen ebenso immunisiert wie gegen unser Grundgesetz“[11].


2 VIKZ e.V. Köln - Soziale Dienste

11 „Und nachts der Koran“ - Immer mehr Muslime in Deutschland vertreten religiös-konservative Ansichten. Islamische Verbände befördern diese Tendenzen. (PDF; 635 kB), SPIEGEL 46/2006

Literatur:

Gerdien Jonker: Eine Wellenlänge zu Gott: der „Verband der Islamischen Kulturzentren“ in Europa. Transcript, Bielefeld 2002, ISBN 3-933127-99-8.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.

Nicht mitübernommen ist der Satz:
"Das erste, amtlich genehmigte Schüler-Wohnheim des VIKZ in Nordrhein-Westfalen wurde 2003 in Duisburg eröffnet; es gilt als in das Stadtviertel mittlerweile gut integriert und als ein „Vorzeigeprojekt“.[9]"


[195.] Mra/Fragment 302 04

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 302, Zeilen: 4-6
Quelle: Wikipedia Verband der islamischen Kulturzentren 2014
Seite(n): online, Zeilen: 0
Die Schüler würden in einem strengsten scharia-orientierten Islam hinein indoktriniert und gegen das Christentum wie auch gegen den Westen ebenso immunisiert wie gegen unser Grundgesetz. Die Schüler würden in einen „strengstens scharia-orientierten“ Islam „hinein-indoktriniert und gegen das Christentum wie auch gegen den Westen ebenso immunisiert wie gegen unser Grundgesetz“[11].

11 „Und nachts der Koran“ - Immer mehr Muslime in Deutschland vertreten religiös-konservative Ansichten. Islamische Verbände befördern diese Tendenzen. (PDF; 635 kB), SPIEGEL 46/2006

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.

Die Anführungszeichen aus dem Original werden weggelassen. Nicht mehr übernommen wird der anschließende Satz:
"Gegen Spuler-Stegemann erhebt die durch den VIKZ beauftragte Migrationsforscherin Prof. Ursula Boos-Nünning in einer durch den Verband verbreiteten Stellungnahme den – bei einem unveröffentlichten Gutachten schwer zu überprüfenden – Vorwurf: „Das Problem des Gutachtens ist, dass kaum eine Aussage belegt wird. Es wird nicht mit empirischen Daten oder auch nur Einzelerfahrungen auf der Ebene der Beschreibung argumentiert, sondern viele Aussagen lassen die emotional ablehnende Grundhaltungen der Verfasserin erkennen“, so Boos-Nünning (S.7)[12]."


[196.] Mra/Fragment 302 25

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 302, Zeilen: 25-31
Quelle: EKD 2003
Seite(n): online, Zeilen: 0
Es ist zwar positiv hervorzuheben, dass man eine Übereinstimmung im Kernbestand, insbesondere dem Schutz des Individuums vor dem Missbrauch staatlicher Gewalt, sieht und erneut auf die Notwendigkeit der Anerkennung der lokalen Rechtsordnung hinweist. Doch gleichzeitig bedeutet die Formulierung „Kernbestand“, dass bestimmte Bereiche der internationalen Menschrechtserklärungen [sic] nicht als verpflichtend angesehen werden. Menschenrechte werden als Geschenk und Gnade Gottes verstanden und an die Erfüllung religiöser Pflichten gebunden. Es ist positiv hervorzuheben, dass man eine Übereinstimmung im Kernbestand, insbesondere dem Schutz des Individuums vor dem Missbrauch staatlicher Gewalt, sieht und dabei erneut auf die Notwendigkeit der Anerkennung der "lokalen Rechtsordnung" hinweist. Doch gleichzeitig bedeutet die Formulierung "Kernbestand", dass bestimmte Bereiche der internationalen Menschenrechtserklärungen nicht als verpflichtend angesehen werden. Der Zentralrat scheint in seiner Auffassung der Position islamischer Menschenrechtserklärungen (von 1981 und 1990) zu folgen, in denen Menschenrechte als Geschenk und Gnade Gottes verstanden und an die Erfüllung religiöser Pflichten gebunden werden.
Anmerkungen

Kein Hinweis auf eine Übernahme.


[197.] Mra/Fragment 303 27

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 303, Zeilen: 27-30, 105-109
Quelle: Sen Sauer 2006
Seite(n): 17, Zeilen: online
Die Dachverbände bieten nicht nur über ihre Moscheenvereine Gottesdienste, religiöse Beratung sowie Freizeit- und Bildungsangebote an, sondern sie gehen zunehmend dazu über, auch auf politischer Ebene die Interessen der Muslime zu vertreten. Da ein einheitlicher Gesamtverband der Muslime nicht besteht, streiten sie sich über die Vertretung nach außen.1407

1407 Vgl. zu den Dachverbänden: Zentrum für Türkeistudien/Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen: türkische Muslime in Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf 1997; Trautner, Türkische Muslime, islamische Organisationen und religiöse Institutionen als soziale Träger des transstaatlichen Raums Deutschland-Türkei, in: Feist, Transstaatliche Räume: Politik, Wirtschaft und Kultur in und zwischen Deutschland und der Türkei, Bielefeld 2000.

Die Dachverbände bieten nicht nur über ihre Moscheevereine Gottesdienste, religiöse Beratung sowie Freizeit- und Bildungsangebote an, sondern sie gehen zunehmend dazu über, auch auf politischer Ebene die Interessen der Muslime zu vertreten. Da bisher kein Gesamtverband der Muslime in Deutschland oder ein Zusammenschluss der Dachverbände existiert, streiten sich die Dachverbände um den Anspruch, die Muslime in Deutschland zu vertreten.

2 Vgl. zu den Dachverbänden Zentrum für Türkeistudien/Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen: Türkische Muslime in Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf 1997, Bernhard Trautner: Türkische Muslime, islamische Organisationen und religiöse Institutionen als soziale Träger des transstaatlichen Raums Deutschland-Türkei, in: Thomas Feist (Hrsg.): Transstaatliche Räume: Politik, Wirtschaft und Kultur in und zwischen Deutschland und der Türkei, Bielefeld 2000.

Anmerkungen

Kein HInweis auf eine Übernahme.


[198.] Mra/Fragment 304 08

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 304, Zeilen: 8-13
Quelle: Wikipedia Avrupa Türk-İslam Birliği 2014
Seite(n): online, Zeilen: 0
Zweck der ATIB ist die islamische Religionsausübung und die Förderung der Völkerverständigung. Das Ziel ist die Pflege der kulturellen und religiösen Identität und die Wahrung der wirtschaftlichen Interessen der in den 1960er Jahren immigrierten Türken in Europa sowie ihre Artikulation nach innen und außen. Die ATIB setzt sich nach eigenen Angaben für Toleranz und Freundschaft ein und wendet sich gegen Isolation und Diskriminierung. Die ATİB gibt an, ihr Zweck sei die islamische Religionsausübung und die Förderung der Völkerverständigung. Das Ziel ist die Pflege der kulturellen und religiösen Identität und die Wahrung der wirtschaftlichen Interessen der in den 60er Jahren immigrierten Türken in Europa, sowie ihre Artikulation nach innen und außen. Die ATİB setzt sich nach eigenen Angaben für Toleranz und Freundschaft ein und wendet sich gegen Isolation und Diskriminierung.
Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[199.] Mra/Fragment 305 14

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 305, Zeilen: 14-20, 26-31
Quelle: Wikipedia Islamische Föderation Berlin 2013
Seite(n): online, Zeilen: 0
In Berlin hat die IFB nach zwanzig Jahren gerichtlicher Auseinandersetzung die Anerkennung erstritten, diesen Unterricht in eigener Trägerschaft auf der Grundlage des § 23 Berliner Schulgesetz, d.h. nicht als ordentliches Lehrfach nach Art. 7 Abs. 3 GG, anzubieten. Seit Beginn des Schuljahres 2001/2002 wird islamischer Religionsunterricht in der Verantwortung der IFB an 15 Schulen in den Klassen eins bis sechs zwei Stunden wöchentlich erteilt. Wegen der Kopftuchfrage unterrichten ausschließlich Männer. [...] Der ehemalige Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz, Eduard Vermander1409, urteilte, es gebe „in dieser Gruppe Anhaltspunkte für extremistische Bestrebungen“, da es auch Kontakte zu Mili Görüs gebe. Bis 1992 hatte der Verfassungsschutz die IFB daher beobachtet, ohne jedoch konkrete Verbindungen nachweisen zu können. Der Berliner Schulsenat sagte, dass er den Lehrplan und die vorgeschlagenen Lehrer genau auf ihre Verfassungstreue hin überprüfen lassen werde.

1409 Eduard Vermander wurde 1937 geboren und verstarb 2008. Er war promovierter Volljurist und arbeitete sieben Jahre als Staatsanwalt bevor er in das Landeskriminalamt wechselte, wo er von 1995 bis 2000 tätig war.

In Berlin hat sie nach zwanzig Jahren gerichtlich die Anerkennung erstritten, diesen Unterricht in eigener Trägerschaft auf der Grundlage von § 23 des Berliner Schulgesetzes anzubieten – das heißt nicht als ordentliches Unterrichtsfach nach Art. 7 Abs. 3 GG. Seit Beginn des Schuljahres 2001/2002 wird islamischer Religionsunterricht in der Verantwortung der IFB an 15 Schulen in den Klassen eins bis sechs zwei Stunden wöchentlich erteilt. Dreizehn Lehrer unterrichten ca. 1.560 Schüler (Stand 2002). Nach eigenen Angaben werden in Berlin 4.000 Kinder an 37 staatlichen Schulen unterrichtet, wofür die Föderation im Jahr 2006 740.000 Euro staatliche Subvention erhält. Wegen der Kopftuchfrage unterrichten ausschließlich männliche Personen. [...]

Eduard Vermander, ehemals Leiter eines Landesamtes für Verfassungsschutz, urteilt, es gebe „in dieser Gruppe Anhaltspunkte für extremistische Bestrebungen“, weiterhin gebe es auch Verbindungen zu Millî Görüş, deren Hauptziel die Errichtung einer islamischen Staatsordnung auf der Basis des Korans sei. Bis 1992 hatte der Verfassungsschutz die Islamische Föderation daher beobachtet, Verbindungen konnten aber nicht nachgewiesen werden. Berlins Schulsenatorin Ingrid Stahmer sagte, dass sie die erheblichen Bedenken gegen die Islamische Föderation teile und „den Lehrplan und auch die vorgeschlagenen Lehrer genau auf ihre Verfassungstreue“ überprüfen lassen werde.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[200.] Mra/Fragment 306 101

KomplettPlagiat
Untersuchte Arbeit:
Seite: 306, Zeilen: 101-111
Quelle: Hennig 2007
Seite(n): 134, Zeilen: online
[...]

1412 Im Hinblick auf die Organisationsstruktur einer Religionsgemeinschaft lehnt das Bundesverwaltungsgericht im Gegensatz zur bisherigen Rechtsprechung und dem Schrifttum feststehende juristisch-organisatorische Kriterien ab, BVerwGE NJW 2005, 2101; Dazu verweist es auf einen engen Bezug zwischen dem Begriff der Religionsgemeinschaft und der religiösen Vereinigungsfreiheit und argumentiert, die religiöse Vereinigungsfreiheit gewährleiste, sich als Vereinigung von Menschen zur Verwirklichung des gemeinsamen religiösen Zweckes zu organisieren und am Rechtsverkehr teilnehmen zu können. Sie enthalte damit weder den Anspruch noch die Pflicht zu einer bestimmten Rechtsform. Zur Untermauerung dieser These verweist das Bundesverwaltungsgericht auf den Wortlaut des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 4 WRV; diese Regelung zeige, dass die Existenz einer Religionsgemeinschaft nicht von deren Rechtsfähigkeit abhänge, sondern dieser vorgelagert sei; zur Gegenansicht vgl. OVG Berlin, NVwZ 1999, 786; VG Düsseldorf, NWVBl. 2002, 196; Heckel, JZ 1999, 741; Muckel, JZ 2001, 58; Poscher, Der Staat 2001, 49, jeweils m. w. N.

Im Hinblick auf die Organisationsstruktur einer Religionsgemeinschaft lehnt das BVerwG im Gegensatz zur bisherigen Rechtsprechung und dem Schrifttum feststehende juristisch-organisatorische Kriterien ab.9 Dazu verweist es auf einen engen Bezug zwischen dem Begriff der Religionsgemeinschaft und der religiösen Vereinigungsfreiheit und argumentiert, die religiöse Vereinigungsfreiheit gewährleiste, sich als Vereinigung von Menschen zur Verwirklichung des gemeinsamen religiösen Zwecks zu organisieren und am Rechtsverkehr teilzunehmen zu können. Sie enthalte damit weder den Anspruch noch die Pflicht zu einer bestimmten Rechtsform.10

8 BVerwG, NJW 2005, 2101 (2102), Ziff. 3. m.N.

9 Siehe zum folgenden BVerwG, NJW 2005, 2101 (2102), Ziff. 3. a). Zur Gegenansicht vgl. statt aller OVG Berlin, NVwZ 1999, 786 (788); VG Düsseldorf, NWVBl. 2002, 196 (198 f.); Heckel, JZ 1999, 741 (753); Muckel, JZ 2001, 58 (60); Poscher, Der Staat 2001, 49 (56); Spriewald, (Fn. 4), S. 103, jeweils m. w. N.

10 Zur Untermauerung seiner These verweist das BVerwG auf den Wortlaut des Art. 140 GG i. V. m. 137 IV WRV: Diese Regelung zeige, dass die Existenz einer Religionsgemeinschaft nicht von deren Rechtsfähigkeit abhänge, sondern dieser vorgelagert sei, ebd.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die tatsächliche Quelle.


[201.] Mra/Fragment 307 18

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 307, Zeilen: 18-23
Quelle: Heckel 1999
Seite(n): 752, Zeilen: li. Sp. 32 ff.
Deutlich geworden ist jedoch eins: Gefordert werden muss letztlich eine religiöse Grundlage, eine gewisse Organisationsstruktur und Vertretungsbefugnis der maßgeblichen religiösen und rechtlichen Leitungsorgane sowie die Mitgliedschaftsregelung und Mitgliedschaftszugehörigkeit der Schüler und Erziehungsberechtigten jeweils im Innenverhältnis und im Außenverhältnis zu den staatlichen Ansprechpartnern, die bestimmt und unzweideutig erkennbar sein muss.1420

1420 So auch Heckel, JZ 1999, 741.

Dazu müssen die religiöse Grundlage, die Organisationsstruktur und Vertretungsbefugnis ihrer maßgeblichen religiösen und rechtlichen Leitungsorgane sowie die Mitgliedschaftsregelung und Mitgliedschaftszugehörigkeit der Schüler und Erziehungsberechtigten jeweils im Innenverhältnis und im Außenverhältnis zu den staatlichen Ansprechpartnern bestimmt und unzweideutig erkennbar sein.
Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 1420 genannt, die Wörtlichkeit der Übernahme bleibt ungekennzeichnet. (Immerhin deutet aber So auch in diese Richtung.)


[202.] Mra/Fragment 308 04

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 308, Zeilen: 4-14
Quelle: Hennig 2007
Seite(n): 134, Zeilen: online
In Anlehnung an die Baha i-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts1422 beurteilt das Gericht stattdessen, ob eine hinreichende organisatorische Verbindung der Gläubigen vorliegt, anhand der aktuellen Lebenswirklichkeit, den Kulturtraditionen und dem allgemeinen wie auch religionswissenschaftlichen Verständnis. Insofern soll ausreichen, dass Menschen eine religiöse Überzeugung teilen und sich in irgendeiner Weise zur Erfüllung der sich aus dieser Überzeugung ergebenden Aufgaben vereinigen. Dieser Ansatz ist dahingehend vorteilhaft, als dass er in besonderem Maße die weltanschauliche Neutralität des Staates betont, dem Grundrecht des Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG Rechnung trägt und flexibel hinsichtlich verschiedener religiöser Vorstellungen ist. Außerdem besteht stets die Gefahr einer strukturellen Christianisierung des Staatskirchenrechts, wenn nur auf formelle Voraussetzungen bestanden wird.1423

1422 BVerfGE 83, 341.

1423 So auch Hennig, ZAR 2007, 133; Pieroth/Görisch, JuS 2002, 937.

In Anlehnung an die Bahá’i-Entscheidung des BVerfG11 beurteilt das Gericht stattdessen, ob eine hinreichende organisatorische Verbindung der Gläubigen vorliegt, anhand der aktuellen Lebenswirklichkeit, den Kulturtraditionen und dem allgemeinen wie auch religionswissenschaftlichen Verständnis. Insofern soll ausreichen, dass Menschen eine religiöse Überzeugung teilen und sich in irgendeiner Weise zur Erfüllung der sich aus dieser Überzeugung ergebenden Aufgaben vereinigen.

Dieser Ansatz überzeugt, weil er in besonderem Maße der weltanschaulich-religiösen Neutralität des Staates und dem in Art. GG Artikel 4 GG Artikel 4 Absatz I und GG Artikel 4 Absatz II GG verankerten Grundrecht der freien Religionsausübung Rechnung trägt. Auch formale Voraussetzungen bergen die Gefahr einer strukturellen Christianisierung des Staatskirchenrechts, – die Organisationsstruktur einer Glaubensgemeinschaft ist nämlich häufig Folge ihres religiösen Selbstverständnisses.


11 BVerfGE 83, BVERFGE Jahr 83 Seite 341 (BVERFGE Jahr 83 Seite 353).

Anmerkungen

Die Quelle ist in Fn. 1423 genannt, die großteils wörtliche Übernahme bleibt ungekennzeichnet.


[203.] Mra/Fragment 310 08

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 310, Zeilen: 8-22
Quelle: Häußler 2000
Seite(n): 159, Zeilen: l.Sp. 1 ff.
Problemstellung: Dem bekannten Wort von Böckenförde1441 zufolge lebt der freiheitliche, säkularisierte Rechtsstaat von Voraussetzungen, die er nicht selbst garantieren kann. Der Staat ist darauf angewiesen, dass diese Voraussetzungen im gesellschaftlichen Raum erhalten und fortentwickelt werden.

Die herausgehobene verfassungsrechtliche Stellung der für Erhalt und Fortentwicklung des Staates bedeutsamen Einrichtungen zeigt, dass der Staat die Gesellschaft nicht sich selbst überlässt. Dabei akzentuiert das Grundgesetz insbesondere die Zukunftsvorsorge. Wie die Eltern mittels „Pflege und Erziehung“ (Art. 6 Abs. 2 GG) den Grundstein für die Sozialisation ihrer Kinder zu legen haben, ist es Aufgabe der Schule, den staatlichen Erziehungsauftrag zu verwirklichen. Zu Recht ist daher die Schule als „Säule staatlicher Integration“1442 bezeichnet worden und das Bundesverfassungsgericht sieht sie als den Ort an, an dem die „kulturellen Grundlagen der Gesellschaft vornehmlich tradiert und erneuert werden“.1443 Dass die Islampräsenz in Deutschland sich als Herausforderung für gesellschaftliche Integration und kulturelle Identität darstellt, gilt daher besonders für die Schule und in deren Rahmen stellt sich die Frage nach der Ein- und Ausrichtung islamischen Religionsunterrichts.


1441 Böckenförde in: Forsthoff: Säkularisationen und Utopie, Stuttgart 1967, S. 75, 93; vgl. bereits dazu oben

1442 von Campenhausen, ZevKR 1980, 135; Langenfeld, AöR 123, 375.

1443 BVerfGE 93, 1.

1. Problemstellung

Dem bekannten Wort von Böckenförde zufolge lebt der freiheitliche, säkularisierte Staat von Voraussetzungen, die er nicht selbst garantieren kann.1 Der Staat ist darauf angewiesen, daß diese Voraussetzungen im gesellschaftlichen Raum erhalten und fortentwickelt werden. [...]

Die herausgehobene verfassungsrechtliche Stellung der für Erhalt und Fortentwicklung des Staats bedeutsamen Einrichtungen zeigt, daß der Staat die Gesellschaft nicht sich selbst überläßt. Dabei akzentuiert das Grundgesetz insbesondere die Zukunftsvorsorge. Wie die Eltern mittels »Pflege und Erziehung« (Art. 6 Abs. 2 GG) den Grundstein für die Sozialisation ihrer Kinder zu legen haben, ist es Aufgabe der Schule, den staatlichen Erziehungsauftrag zu verwirklichen, der am im demokratischen Prozeß formulierten Gemeinwohl orientiert ist. Zu Recht ist daher die Schule als »Säule staatlicher Integration«6 bezeichnet worden und sieht sie das Bundesverfassungsgericht als den Ort an, an dem »die kulturellen Grundlagen der Gesellschaft vornehmlich tradiert und erneuert werden.«7 Daß die Islampräsenz in Deutschland sich als Herausforderung für gesellschaftliche Integration und kulturelle Identität darstellt, gilt daher besonders für die Schule und in deren Rahmen für die Frage nach der Einrichtung islamischen Religionsunterrichts.


1 Böckenförde in Säkularisation und Utopie. Ebracher Studien. Ernst Forsthoff zum 65. Geburtstag, 1967, S. 75, 93.

6 Von Campenhausen, ZevKR 20 (1980) 135, 148; vgl. ders., Erziehungsauftrag und staatliche Schulträgerschaft (1967), S. 147 f.; Langenfeld, AÖR 123 (1998), 375, 386 ff.

7 BVerfGE 93, 1 (22).

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[204.] Mra/Fragment 310 21

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 310, Zeilen: 21-27
Quelle: Jochum 2001
Seite(n): 102 f., Zeilen: 102: 19 ff.; 103: 7 ff.
Somit wird festgestellt, dass die staatliche Schule mehr als eine Anstalt zur Vermittlung einzelner Fähigkeiten ist. Sie bildet den Schüler vielmehr als eine Gesamtpersönlichkeit auf der Grundlage der grundgesetzlichen Wertentscheidung und darf daher auch die religiöse Dimension menschlicher Existenz nicht ausklammern.1444 Ein völliger Verzicht auf religiöse Bezüge in der Schule würde dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule widersprechen.1445

1444 Haratsch, Religion und Weltanschauung im säkularen Staat, Stuttgart 2001, S. 102.

1445 Aus diesem Gesamtauftrag lassen sich vier Einzelaufgaben der staatlichen Schule ableiten: 1. Dienende Funktion des staatlichen Schulwesens: Sie zielt auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit. Individuelle Fähigkeiten des einzelnen Kindes sind zu fördern; 2. Bildungs- und Erziehungsauftrag: Der Staat hat Chancengleichheit herzustellen, um vorhandene Unterschiede auszugleichen und somit gleiche Entfaltungsmöglichkeiten zu gewähren. 3. Leistungsfähigkeit und Erwerb von Kulturtechniken: Leistungsfähigkeit ist im Interesse eines hoch entwickelten Gemeinwesens sicherzustellen, wozu die Kulturtechniken des Lesens, Schreibens, Rechnens und eine allgemeine Grundbildung gehören. 4. Integrationsaufgabe: Schüler sollen gelehrt werden, ihrer staatsbürgerlichen Verpflichtung gegenüber Staat und Gesellschaft gerecht zu werden, vgl. Details zu allen Punkten: Haratsch, Religion und Weltanschauung im säkularen Staat, Stuttgart 2001, S. 103.

Die staatliche Schule ist mehr als eine Anstalt zur Vermittlung einzelner Fähigkeiten. Sie bildet den Schüler vielmehr als Gesamtpersönlichkeit auf der Grundlage der grundgesetzlichen Wertentscheidung und darf daher auch die religiöse Dimension menschlicher Existenz nicht ausklammern5. Ein völliger Verzicht auf religiöse Bezüge in der Schule würde dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule widersprechen. Aus diesem „Gesamtauftrag“ des staatlichen Schulwesens lassen sich vier Einzelaufgaben der staatlichen Schule ableiten:

a) „ Dienende “ Funktion des staatlichen Schulwesens

Das staatliche Schulwesen hat eine „dienende“ Funktion zu erfüllen, die auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit zielt. Zu fördern sind die individuellen Gaben und Fähigkeiten des einzelnen Kindes sowie die Bereitschaft und Befähigung zum selbständigen Denken und Urteilen.

[Seite 103]

c) Leistungsfähigkeit und Erwerb von „ Kulturtechniken “

[...]

d) Die Integrationsaufgabe des Staates

[...] Die Schüler sollen daher durch die schulische Bildung auch befähigt werden, ihr Leben in eigener Verantwortung zu fuhren und zugleich ihrer Verpflichtung gegenüber Staat und Gesellschaft gerecht zu werden.


5 Gerhard Robbers, in: Das Bonner Grundgesetz, Kommentar, hrsg. v. Christian Starck, Band 1, 4. Aufl, München, 1999, Art. 7 GG Rn. 114.

Anmerkungen

Die Quelle ist in beiden Fn. (wenn auch recht ungenau) genannt.


[205.] Mra/Fragment 311 01

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 311, Zeilen: 1-10
Quelle: Evers 1979
Seite(n): 106, Zeilen: 7 ff.
[Die Vorschriften des Grundgesetzes, mit denen es Würde und Freiheit des Menschen aner]kennt und schützt, und eine freiheitliche, demokratische, rechtsstaatliche und sozialstaatliche Ordnung errichtet und in ihren Grundzügen gegen jeden Versuch der Beeinträchtigung absichert, sind notwendige Gegenstände der Wissensvermittlung; Soweit es pädagogisch möglich und sinnvoll ist, kann und soll daher die Schule die Schüler mit Kenntnissen und Fähigkeiten ausstatten, die zur Wahrnehmung der Freiheitsrechte sowie der staatsbürgerlichen Rechte und Aufgaben und zum Verständnis der politischen Prozesse notwendig sind.1446 Eine andere Frage erweitert diesen Gedanken dahingehend, ob und in welcher Weise die Schule auch befugt ist, die Grundwerte der Verfassung zu „propagieren“. Die These, dass die Schule in den Grundwerten ihr „wesentliches Erziehungsprogramm“ finden soll1447, ist nicht eindeutig und kann daher leicht missverstanden werden.

1446 Evers, Die Befugnis des Staates zur Festlegung von Erziehungszielen in der pluralistischen Gesellschaft, Berlin 1979, S. 106ff.

1447 Isensee, NJW 77, 551.

Die Vorschriften des GG, mit denen es Würde und Freiheit des Menschen anerkennt und schützt und eine freiheitliche, demokratische, rechtsstaatliche und sozialstaatliche Ordnung errichtet und in ihren Grundzügen gegen jeden Versuch der Beeinträchtigung absichert13, sind notwendige Gegenstände der Wissensvermittlung; soweit es pädagogisch möglich und sinnvoll ist, kann und soll daher die Schule den Schüler mit den Kenntnissen und Fähigkeiten ausstatten, die zur Wahrnehmung der Freiheitsrechte sowie der staatsbürgerlichen Rechte und Aufgaben und zum Verständnis der politischen Prozesse notwendig sind.

Eine andere Frage ist, ob und in welcher Weise die Schule auch zur „lebendigen Anverwandlung der Grundwerte der Verfassung“ befugt und verpflichtet ist14. Die These, daß die Schule in den Grundwerten ihr „wesentliches Erziehungsprogramm“ finden soll15, ist alles andere als selbstverständlich und daher auch Quelle vieler Mißverständnisse und Mißdeutungen.


13 Vgl. oben S. 85.

14 Oppermann, Die erst halb bewältigte Sexualerziehung, JZ 78, 289 (292).

15 Isensee, Verfassungsgarantie ethischer Grundwerte und gesellschaftlicher Konsens, NJW 77, 551.

Anmerkungen

Die Quelle ist zwar genannt, die wörtliche Übernahme bleibt jedoch ungekennzeichnet.


[206.] Mra/Fragment 311 11

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 311, Zeilen: 11-21, 24-27
Quelle: Heimann 2001
Seite(n): 100, Zeilen: 4 ff.
Sind die auf diesen Wertungen beruhenden Regelungen des Grundgesetzes nun in spezifischer Weise auf die Verhältnisse des Christentums bezogen, privilegieren sie, im Gewand vermeintlicher Objektivität, die christliche Religionsausübung? Tatsächlich steht das Grundgesetz in einer christlichen-abendländischen Tradition, wie bereits mehrfach dargestellt. Es hat unbestrittenermaßen zahlreiche ihrer Herkunft nach christliche und humanistische Werte positiviert. Das positive Verfassungsrecht kann seine Herkunft also nicht verleugnen. Dennoch sind nur die zwar christlich geprägten, aber eben durch den Staat positivierten Wertentscheidungen im Grundgesetz zu beachten, nicht die, im Übrigen viel weitergehenden, Werte der christlichen Religionsgemeinschaften. Nicht die geistesgeschichtlichen Wurzeln staatlicher Verfassungsentscheidungen sind das wesentliche Beurteilungskriterium, sondern die Ziele, die mit ihnen verfolgt werden. [...] Bedeutsam ist im vorliegenden Zusammenhang also nicht, ob bestimmte Regelungen zur Religionsausübung im modernen demokratischen Verfassungsstaat mit christlichen Glaubensgemeinschaften besser korrelieren als mit anderen, sondern ob die Regelungen für diese Staatsform existentiell sind. Sind die auf diesen Wertungen beruhenden Regelungen des Grundgesetzes nun in spezifischer Weise auf die Verhältnisse des Christentums bezogen, privilegieren sie - im Gewand vermeintlicher Objektivität - die christliche Religionsausübung? Tatsächlich steht das Grundgesetz in einer christlichen Tradition, es hat zahlreiche ihrer Herkunft nach christliche und humanistische Werte positiviert. Das positive Verfassungsrecht kann seine Herkunft also nicht verleugnen. Dennoch sind nur die zwar christlich geprägten, aber eben durch den Staat positivierten Wertentscheidungen im Grundgesetz zu beachten, nicht die - im übrigen viel weitergehenden - Werte der christlichen Religionsgemeinschaften als solche. [...] Nicht die geistesgeschichtlichen Wurzeln staatlicher Verfassungsentscheidungen sind das wesentliche Beurteilungskriterium, sondern die Ziele, die mit ihnen verfolgt werden. Bedeutsam ist im vorliegenden Zusammenhang also nicht, ob bestimmte Regelungen zur Religionsausübung im modernen demokratischen Verfassungsstaat mit christlichen Glaubensgemeinschaften besser korrelieren als mit anderen, sondern ob die Regelungen für diese Staatsform existentiell sind.
Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[207.] Mra/Fragment 311 21

KomplettPlagiat
Untersuchte Arbeit:
Seite: 311, Zeilen: 21-24
Quelle: Jochum 2001
Seite(n): 108, Zeilen: 10 ff.
Die Pflege und Tradierung des gewachsenen Kulturwertkonsenses von Werten, die ihre Grundlage im christlich und humanistisch geprägten Menschenbild haben, steht nicht im Widerspruch zur Verpflichtung des Staates zur Neutralität. Die Pflege und Tradierung des gewachsenen Kulturwertkonsenses, von Werten, die ihre Grundlage im christlich und humanistisch geprägten Menschenbild haben, steht nicht in Widerspruch zur Verpflichtung des Staates zur Neutralität.
Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.

Kleine sprachliche Änderung.


[208.] Mra/Fragment 311 27

BauernOpfer
Untersuchte Arbeit:
Seite: 311, Zeilen: 27 ff.
Quelle: Evers 1979
Seite(n): 107 f., Zeilen: 107: 34 ff.; 108: 1 ff.
In Betracht käme eine verbreitete Begründung: Eine Analyse des Grundgesetzes zeigt, dass die Inhalte der von ihm geschaffenen Ordnung geprägt sind durch grundlegende, der positiven Rechtsordnung innewohnende Werte. Dabei sind auch Traditionen der liberal-repräsentativen parlamentarischen Demokratie, des liberalen Rechtsstaates und des Bundesstaates aufgenommen und neue Prinzipien hinzugefügt, wie das des Sozialstaates. Im Zentrum dieser (Vernunfts-) Ordnung ist die innerhalb der sozialen Gemeinschaft sich frei entfaltende menschliche Persönlichkeit und ihre Würde.1448

Das Bundesverfassungsgericht misst in ständiger Rechtsprechung dem Grundgesetz, den Grundrechten insbesondere, den Charakter einer „Werteordnung“ oder eines „Wertsystems“ bei. Die Beurteilung des Grundgesetzes als eine Werteordnung ist zunächst nichts anderes als ein Argumentationsbehelf für die dem Bundesverfassungsgericht obliegende Interpretation des Grundgesetzes, mit dem es sich von den Methoden eines wertungsfreien Gesetzespositivismus absetzt und die Notwendigkeit einer wertbewussten und wertbezogenen Interpretation des Grundgesetzes begründet.


1448 BVerfGE 7, 198.

Das BVerfG legt in ständiger Rechtsprechung dem GG, den Grundrechten insbesondere, den Charakter einer „Wertordnung“ oder eines „Wertsystems“ bei19. Die Beurteilung des GG als einer Wertordnung ist zunächst nichts als ein Argumentationsbehelf für die dem BVerfG obliegende Interpretation des GG, mit dem es sich von den Methoden

[Seite 108:]

eines wertungsfreien Gesetzespositivismus absetzt und die Notwendigkeit einer wertbewußten und wertbezogenen Interpretation des GG begründet. [...]

Differenzierte, auf diesen Versuch äußerster Vereinfachung verzichtende Analyse des GG zeigt, daß die Inhalte der von ihm geschaffenen Ordnung geprägt sind durch grundlegende, der positiven Rechtsordnung vorausliegende Werte, die sich in wesentlichen Teilen mit Inhalten der Sozialmoral decken oder begegnen. Dabei sind Traditionen der liberal-repräsentativen parlamentarischen Demokratie, des liberalen Rechtsstaates und des Bundesstaates aufgenommen und neue Prinzipien hinzugefügt, insbesondere des Sozialstaates21. Mittelpunkt dieser Ordnung ist die innerhalb der sozialen Gemeinschaft sich frei entfaltende menschliche Persönlichkeit und ihre Würde22.


19 BVerfGE 6, 32 (41); 7, 198 (205); 10, 59 (81); zuletzt 35, 79 (114); 39, 1 (41).

21 Hesse, 4.

22 BVerfGE 7, 198 (205).

Anmerkungen

Die Quelle ist oben auf der Seite genannt.


[209.] Mra/Fragment 312 01

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 312, Zeilen: 1-29, 101-104
Quelle: Evers 1979
Seite(n): 106, 108 ff., Zeilen: 106: 28 ff.; 108: 20 ff.; 109: 1 ff.; 110: 1 ff.; 111: 10 ff.
[Im Schrifttum wurde in Frage gestellt, ob dies eine ausreichen]de Begründung sein kann, die in sich widerspruchsfrei und auch für die Interpretation des Grundgesetzes ergiebig ist. Das Grundgesetz umschließt mit den oben beschriebenen Festlegungen einen Kanon von Wertentscheidungen. Dabei mag dahinstehen, ob und unter welchen Gesichtspunkten diese Entscheidungen als Ausdruck eines Wertesystems verstanden werden können.1449 Damit diese Ordnung fortbestehen kann, müssen elementare Voraussetzungen erfüllt sein. Entscheidend ist eine Einigkeit über die Grundwerte dieser Ordnung, in deren Rahmen sich viele weltanschauliche, religiöse, politische und wirtschaftliche Auffassungen entfalten und nach den Regeln der Willens- und Entscheidungsbildung der freiheitlichen parlamentarischen Demokratie um Durchsetzung ringen können. Konkreter: Jener der Staatsgewalt in allen ihren Erscheinungsformen auferlegte Auftrag, die Würde des Menschen zu achten und sie zu schützen, setzt die Anerkennung des Sinngehaltes dieser Vorschrift und die lebendige Auseinandersetzung mit ihm voraus. Die Gewähr von Freiheit als Wertentscheidung setzt voraus, dass die Bürger in ihrer Mehrzahl den Sinn von Freiheit erkennen und daher von ihren Grundrechten nicht einen beliebigen, sondern einen nach sittlichen Postulaten oder der Vernunft verantworteten Gebrauch machen. Daran ändert nicht, dass um der Freiheitlichkeit des Gemeinwesens willen dem Staat grundsätzlich verwehrt ist, die sittliche oder vernunftmäßige Motivation der Inanspruchnahme von Grundrechten zu erforschen und zu beurteilen. Der Staat hat indessen keine Möglichkeit, die loyale Wahrnehmung von Bürgeraufgaben zu erzwingen. Er kann auch nicht von seinen Bürgern ein Bekenntnis zur Werteordnung des Grundgesetzes verlangen, wenn der Bürger nicht durch Übernahme von Staatsfunktionen in ein besonderes Näheverhältnis zum Staat tritt. Er kann aber im Rahmen seiner Befugnisse Wesentliches tun, um die Voraussetzungen auf denen seine Existenz beruht, zu erhalten. Dazu gehört vor allem eine Rechtspolitik, die an diesen Werten orientiert ist und die Tragweite der Wertentscheidungen glaubhaft zur Darstellung bringt. Auch die Einbeziehung der Grundwerte in das Erziehungsprogramm kann ein wesentlicher Beitrag zur Bewahrung des Grundkonsenses sein. Die hiermit notwendig verbundene Einflussnahme auf die Richtung der Selbstentfaltung des potentiellen Schülers beispielsweise lässt sich mit der Erwägung rechtfertigen, dass die Freiheit der Person nicht schrankenlos gewährleistet wird. Für den Schüler zumutbar ist die Erziehung zur Bejahung der Grundwerte des Grundgesetzes, wenn dem Schüler so zu einer Selbstentfaltung geholfen wird.

1449 Historisch ruhen diese Wertentscheidungen auf einem Einigsein der politisch gesellschaftlich maßgeblichen Kräfte in der Zeit nach dem Zusammenbruch des Jahres 1945. Normativ ist durch den Akt der Verfassungsgebung ein Kanon von Werten festgelegt worden, über den sich die Rechtsgemeinschaft weiterhin einig sein soll. Diese ist auch durch eine Mehrheitsentscheidung nicht zu ändern.

Die Pflicht zum Rechtsgehorsam als einer generellen, auch ethisch verbindlichen Verhaltensnorm kann daher auch zum Gegenstand schulischer Erziehung bestimmt werden.

[Seite 108:]

Das GG umschließt mit diesen Festlegungen einen Kanon von Wertentscheidungen. Dabei mag dahinstehen, ob und unter welchen anderen Gesichtspunkten als denen der Einheit der Verfassung23 diese Entscheidungen als Ausdruck eines Wertsystems verstanden werden können.

Historisch ruhen diese Wertentscheidungen auf einem Einigsein der politisch-gesellschaftlich maßgeblichen Kräfte in der Zeit nach dem Zusammenbruch des Jahres 1945, der in dem Akt der Verfassungsgebung einen feierlichen Ausdruck und in der zwar nicht förmlich-plebiszitären, aber in der Wirklichkeit des Verfassungslebens sich erweisenden tatsächlichen Annahme des GG durch die Bürger, die zur Rechtsanwendung berufenen Organe und die Wissenschaft eine Bestätigung gefunden hat. Normativ aber ist durch diesen Akt ein Kanon von Werten festgelegt worden, über den sich die Rechtsgemeinschaft weiterhin einig sein soll, der daher der Änderung durch einfache Mehrheitsentscheidung, in einem eingegrenzten Umfange auch der Änderung durch verfassungsändernde Mehrheitsentscheidung entzogen sein und auch gegen die Gefahr bestimmter Beeinträchtigungen geschützt werden soll.

[...]

[Seite 109:]

Damit eine gesollte Ordnung fortgelten kann, müssen elementare Voraussetzungen erfüllt sein; für den Fortbestand einer werthaften Ordnung entscheidend ist der Fortbestand des Konsenses über die Grundwerte dieser Ordnung, in deren Rahmen sich mannigfaltige weltanschauliche, religiöse, politische und wirtschaftliche Auffassungen entfalten und nach den Regeln der Willens- und Entscheidungsbildung der freiheitlichen parlamentarischen Demokratie um Durchsetzung ringen können24. Konkreter: Der der Staatsgewalt in allen ihren Erscheinungsformen auferlegte Auftrag, die Würde des Menschen zu achten und sie zu schützen25, setzt die Anerkennung des Sinngehaltes dieser Vorschrift und die lebendige Auseinandersetzung mit ihm voraus26. Die Gewähr von Freiheit als Wertentscheidung setzt voraus, daß die Bürger in ihrer Mehrzahl den Sinn von Freiheit erkennen und daher von ihren Grundrechten nicht einen beliebigen, sondern einen nach sittlichen Postulaten oder der Vernunft verantworteten Gebrauch machen. Daran ändert nichts, daß um der Freiheitlichkeit des Gemeinwesens willen dem Staat grundsätzlich27 verwehrt ist, die sittliche oder vernunftmäßige Motivation der Inanspruchnahme von Grundrechten zu erforschen und zu beurteilen.

[Seite 110:]

Der Staat hat indessen keine Handhaben, die loyale Wahrnehmung von Bürgeraufgaben zu erzwingen. Er kann auch nicht von seinen Bürgern ein „Bekenntnis zur Wertordnung des Grundgesetzes“ verlangen29, wenn der Bürger nicht durch Übernahme von Staatsfunktionen in ein besonderes Naheverhältnis zum Staat tritt. [...] Er kann aber im Rahmen seiner Befugnisse Wesentliches tun, um die Voraussetzungen, auf denen seine Existenz beruht, zu erhalten. Dazu gehört vor allem eine Rechtspolitik, die an diesen Werten orientiert ist und die Tragweite der Wertentscheidungen glaubhaft zur Darstellung bringt; hierzu kann das sozialstaatliche Leistungsdargebot ebenso gehören wie kulturstaatliche Aktivitäten, aber auch der Schutz hierauf angewiesener Rechtsgüter durch das Strafrecht31.

[...]

Auch die Einbeziehung der Grundwerte in das Erziehungsprogramm kann ein wesentlicher Beitrag zur Bewahrung des Grundkonsenses sein. Die hiermit notwendig verbundene Einflußnahme auf die Richtung der Selbstentfaltung des Schülers läßt sich mit der Erwägung rechtfertigen, daß die Freiheit der Person keine schrankenlose Freiheit ist, [...]

[Seite 111:]

Für den Schüler zumutbar ist die Erziehung zur Bejahung der Grundwerte des GG, wenn dieser Erziehungsauftrag nicht absolut gesetzt wird, sondern der viel weitergreifenden Aufgabe, dem Schüler zu seiner Selbstentfaltung zu verhelfen, untergeordnet wird.


23 Vgl. oben S. 80 f.

25 Art. 1 GG nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG, zuletzt BVerfGE 45, 187 (227).

26 Obermayer, Staat und Religion, 1977, 26; nach seiner Auffassung begründet das GG daher eine „Sinnverantwortung“ des Staates.

27 Anderes gilt insbesondere für den Problembereich der Kriegsdienstverweigerung (Art. 4 III GG), aber auch einzelne Bereiche des Strafrechts.

29 Vgl. oben S. 107; so aber Kimminich, 16.

31 BVerfGE 39, 1 (66); nach BVerfGE 34, 269 (287) ist es auch Pflicht der Rechtsprechung, die dem GG zugrunde liegenden Wertvorstellungen „ans Licht zu bringen und in Entscheidungen zu realisieren“ — in jenem Falle der Zivilgerichtsbarkeit, durch „schöpferische Rechtsfindung“ zum Schutz der Personsphäre als einem Rechtsgut, das die „Verfassung selbst als Mittelpunkt ihres Wertsystems ansieht“ (291), bei immateriellen Schäden einen Anspruch auf Geldentschädigung auch gegen den Wortlaut von § 253 BGB zuzuerkennen.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[210.] Mra/Fragment 312 106

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 312, Zeilen: 106-107 (313: 101-105)
Quelle: Heckel 1999
Seite(n): 747, Zeilen: re. Sp. 12 ff.
[...]

1451 Die Zulässigkeit der religiösen Bezüge hat das Bundesverfassungsgericht in den Entscheidungen zur christlichen Gemeinschaftsschule bindend festgestellt und im Kruzifix-Beschluss ausdrücklich bestätigt. Aber in diesem [allgemeinen staatlichen Pflichtunterricht darf das Religiöse mit Rücksicht auf die negative Religionsfreiheit der andersgläubigen bzw. atheistischen Schüler inhaltlich nur als allgemeiner „Kultur- und Bildungsfaktor“ der „abendländischen Geschichte“, nicht aber als „Glaubenswahrheit“ und nicht als „missionierend“ dargeboten werden. Diese Grenzen sind natürlich auch auf der anderen Seite einzuhalten. So darf er sich nicht antireligiös oder „indoktrinierend“ betätigen.]

Die Zulässigkeit der „religiösen Bezüge“ hat das BVerfG in den Entscheidungen zur christlichen Gemeinschaftsschule39 bindend festgestellt und im Kruzifix-Beschluß40 ausdrücklich bestätigt. - Aber in diesem allgemeinen staatlichen Pflichtunterricht darf das Religiöse mit Rücksicht auf die negative Religionsfreiheit der andersgläubigen bzw. atheistischen Schüler inhaltlich nur als allgemeiner „Kultur- und Bildungsfaktor“ „der abendländischen Geschichte“, nicht aber als „Glaubenswahrheit“ und nicht „missionierend“ dargeboten werden. - Diese Grenzen sind natürlich auch auf der anderen Seite peinlich einzuhalten: Sowenig der staatliche Pflichtunterricht religiös „missionierend“ sein darf, darf er sich antireligiös „indoktrinierend“ betätigen.

39 BVerfGE 41, 29 (51 ff.); 41, 65 (78 ff.); 41, 88 (107 ff.); 52, 223 (245 ff.).

40 BVerfGE 93, 1 (22 ff.).

Anmerkungen

Hier kein Hinweis auf die Quelle, die dann zwar auf der Folgeseite in Fn. 1452 genannt wird, ein bauernopfernder Charakter wird bei diesem Fragment aber nicht deutlich: Der Leser muss annehmen, dass der Fußnotentext eine Eigenleistung der Verf. darstellt.

Durch die Einfügung des oder im letzten Satz verändert sich der Sinn.


[211.] Mra/Fragment 312 30

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 312, Zeilen: 30-36
Quelle: Jochum 2001
Seite(n): 107 f., Zeilen: 107: letzte drei Zeilen; 108: 1 ff.
Daher lässt sich im Ergebnis folgern, dass man aus dem Grundsatz der weltanschaulichen Neutralität des Staates nicht die Wertneutralität des Staates selbst ableiten kann. Das Grundgesetz schreibt einen Kernbereich von verpflichtenden Wertsetzungen fest.1450 Der Grundsatz der weltanschaulichen Neutralität entbindet den Staat nicht von der Verpflichtung, sich nachdrücklich für die Erhaltung dieses Kernbereichs, insbesondere für die freiheitliche Grundordnung des Grundgesetzes und deren gesellschaftlicher Akzeptanz einzusetzen.

1450 Niehues, Schul- und Prüfungsrecht Band 1, München 1994, Rn 527.

Aus dem Grundsatz der weltanschaulichen Neutralität des Staates läßt sich nicht die Wertneutralität des Staates ableiten24. Das Grundgesetz schreibt einen Kernbereich von verpflichtenden Wertsetzungen fest25. Der Grundsatz der

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weltanschaulichen Neutralität entbindet den Staat nicht von der Verpflichtung, sich nachdrücklich für die Erhaltung dieses Kernbereichs, insbesondere die freiheitliche Grundordnung des Grundgesetzes und deren gesellschaftlicher Akzeptanz, einzusetzen.


24 Zur Neutralität als verfassungsrechtlichem Prinzip vgl. Ulf Häußler, „Schulkreuze“ im säkularen Staat, ZevKR 43 (1998), 461 (484 ff.).

25 Norbert Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Band 1, 3. Aufl., München 1999, Rn. 527.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[212.] Mra/Fragment 313 101

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 313, Zeilen: 101-105 (312: 106-107)
Quelle: Heckel 1999
Seite(n): 747, Zeilen: re. Sp. 12 ff.
[...]

[1451 Die Zulässigkeit der religiösen Bezüge hat das Bundesverfassungsgericht in den Entscheidungen zur christlichen Gemeinschaftsschule bindend festgestellt und im Kruzifix-Beschluss ausdrücklich bestätigt. Aber in diesem] allgemeinen staatlichen Pflichtunterricht darf das Religiöse mit Rücksicht auf die negative Religionsfreiheit der andersgläubigen bzw. atheistischen Schüler inhaltlich nur als allgemeiner „Kultur- und Bildungsfaktor“ der „abendländischen Geschichte“, nicht aber als „Glaubenswahrheit“ und nicht als „missionierend“ dargeboten werden. Diese Grenzen sind natürlich auch auf der anderen Seite einzuhalten. So darf er sich nicht antireligiös oder „indoktrinierend“ betätigen.

Die Zulässigkeit der „religiösen Bezüge“ hat das BVerfG in den Entscheidungen zur christlichen Gemeinschaftsschule39 bindend festgestellt und im Kruzifix-Beschluß40 ausdrücklich bestätigt. - Aber in diesem allgemeinen staatlichen Pflichtunterricht darf das Religiöse mit Rücksicht auf die negative Religionsfreiheit der andersgläubigen bzw. atheistischen Schüler inhaltlich nur als allgemeiner „Kultur- und Bildungsfaktor“ „der abendländischen Geschichte“, nicht aber als „Glaubenswahrheit“ und nicht „missionierend“ dargeboten werden. - Diese Grenzen sind natürlich auch auf der anderen Seite peinlich einzuhalten: Sowenig der staatliche Pflichtunterricht religiös „missionierend“ sein darf, darf er sich antireligiös „indoktrinierend“ betätigen.

39 BVerfGE 41, 29 (51 ff.); 41, 65 (78 ff.); 41, 88 (107 ff.); 52, 223 (245 ff.).

40 BVerfGE 93, 1 (22 ff.).

Anmerkungen

Hier kein Hinweis auf die Quelle, die zwar auf der Folgeseite in Fn. 1452 genannt wird, ein bauernopfernder Charakter wird bei diesem Fragment aber nicht deutlich: Der Leser muss annehmen, dass der Fußnotentext eine Eigenleistung der Verf. darstellt.


[213.] Mra/Fragment 320 32

KomplettPlagiat
Untersuchte Arbeit:
Seite: 320, Zeilen: 32-36
Quelle: Rohe 2000
Seite(n): 208, Zeilen: online
Die Rolle des Staates beschränkt sich also auf die Bereitstellung äußerer Rahmenbedingungen. Religiös-weltanschauliche Neutralität bedeutet aber keineswegs die Entfernung des Religiösen aus Öffentlichkeit und Schule, sondern gerade Schaffen von Raum für die aktive Betätigung der Glaubensüberzeugung. Andererseits verbietet es die verfassungsrechtlich verankerte religiös-weltanschauliche Neutralität des Staates, etwa den Inhalt eines Islamcurriculums festzulegen; die Rolle des Staates beschränkt sich auf eine „weltliche Intendanturfunktion”21, also die Bereitstellung äußerer Rahmenbedingungen für den Religionsunterricht. Religiös-weltanschauliche Neutralität bedeutet aber keineswegs die Entfernung des Religiösen aus Öffentlichkeit und Schule, sondern gerade Schaffen von Raum für die aktive Betätigung der Glaubensüberzeugung22.

21 Heckel, JZ 1999, 741 (744).

22 BVerfGE 41, 29 (49) = NJW 1976, 947; Heckel JZ 1999, 741 (744).

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[214.] Mra/Fragment 321 19

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 321, Zeilen: 19-28
Quelle: Heimann 2001
Seite(n): 97 f., Zeilen: 97: 30 ff.; 98: 1 ff.
Die staatliche Schulaufsicht darf die inhaltliche Ausgestaltung des Religionsunterrichts auf die Vereinbarkeit mit sonstigen im Grundgesetz geschützten Gütern überprüfen, da das Aufsichtsrecht, das dem Staat auch gegenüber dem schulischen Religionsunterricht zukommt, dies grundsätzlich rechtfertigt. In der Prüfung müssen die Religionsfreiheit und das opponierende Verfassungsgut gegeneinander abgewogen werden. Hierbei werden die Inhalte einer Glaubenslehre in der Regel sonstige Verfassungsgüter überwiegen. Entwickelt die Glaubenslehre dagegen Vorstellungen über das Zusammenleben im Staat, die den Prinzipien des Grundgesetzes widersprechen, wird die Religionsfreiheit zurücktreten müssen und schulischer Religionsunterricht nicht gestattet werden können. Daneben existieren keine weiteren materiellen Anforderungen. Die staatliche Schulaufsicht darf die inhaltliche Ausgestaltung des Religionsunterrichts auf die Vereinbarkeit mit sonstigen im Grundgesetz geschützten Gütern überprüfen, da das Aufsichtsrecht, das dem Staat auch gegenüber dem schulischen Religionsunterricht zukommt, dies grundsätzlich rechtfertigt. In der Prüfung müssen die Religionsfreiheit und das opponierende Verfassungsgut gegeneinander abgewogen werden. Hierbei wird die „Binnenkonzeption“ einer Glaubenslehre in der Regel sonstige Verfassungsgüter überwiegen. Entwickelt die „Außenkonzeption“ der Glaubenslehre dagegen Vorstellungen über das Zu-

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sammenleben im Staat, die den Prinzipien des Grundgesetzes widersprechen, wird die Religionsfreiheit zurücktreten müssen und schulischer Religionsunterricht nicht gestattet werden können. Daneben existieren keine weiteren materiellen Anforderungen.

Anmerkungen

Der ungekennzeichnet übernommene Abschnitt findet sich in der Quelle im Abschnitt "Ergebnis".


[215.] Mra/Fragment 322 11

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 322, Zeilen: 11-20
Quelle: Heimann 2001
Seite(n): 100, Zeilen: 24 ff.
Die oftmals erhobene Forderung endlich islamischen Religionsunterricht bundesweit in Schulen einzufügen, begegnet daher in dieser Pauschalität im Ergebnis Bedenken: Sicherlich sprechen eine Vielzahl politischer Erwägungen dafür, dass auch muslimische Schüler in den Genuss von Religionsunterricht kommen sollen. Doch alle diese Gründe müssen dann zurücktreten, wenn Inhalt des staatlichen Unterrichts Lehren werden, die dem Staat des Grundgesetzes fundamental entgegenstehen. Von einem solchen Unterricht ist auch keine stärkere Integration zu erwarten. Wenn die verschiedenen islamischen Vereinigungen jedoch Glaubenslehren vermitteln wollen, die in ihrer Außenkonzeption mit den Grundprinzipien des Grundgesetzes zu vereinbaren sind, steht einem islamischen Religionsunterricht auch in materieller Sicht nichts entgegen. 1486

1486 So auch Percin, Die Kompatbilität [sic] des säkularen Staates mit dem Islam, Berlin 2013. S. 123

Die oftmals erhobene Forderung, „endlich“ islamischen Religionsunterricht in den Schulen einzuführen, begegnet daher in dieser Pauschalität Bedenken: Sicherlich sprechen eine Vielzahl politischer Erwägungen dafür, daß auch muslimische Schüler in den Genuß von Religionsunterricht kommen sollen. Doch alle diese Gründe müssen zurücktreten, wenn Inhalt des staatlichen Unterrichts Lehren werden, die dem Staat des Grundgesetzes fundamental entgegenstehen. Von einem solchen Unterricht ist auch keine stärkere Integration zu erwarten. Wenn die verschiedenen islamischen Vereinigungen jedoch Glaubenslehren vermitteln wollen, die in ihrer Außenkonzeption mit den Grundprinzipien des Grundgesetzes zu vereinbaren sind, steht einem islamischen Religionsunterricht auch in materieller Hinsicht nichts mehr im Wege.
Anmerkungen

Übernommen sind aus der Quelle hier deren letzte Sätze. Bei Percin findet sich die Aussage an der angegebenen Stelle nicht.


[216.] Mra/Fragment 324 34

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 324, Zeilen: 34-36
Quelle: Coumont 2009
Seite(n): 13, Zeilen: online
Die Koedukation ist grundsätzlich darauf angelegt, dass die Kinder einen respektvollen und natürlichen Umgang zwischen den Geschlechtern erlernen [sic] Die Koedukation dient folglich der Verwirklichung des Erziehungsziels der Gleichberechtigung von Mann und [Frau, die ihre verfassungsrechtliche Grundlegung in der Staatszielbestimmung des Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG erfährt.] Die Koedukation ist grundsätzlich darauf angelegt, die Kinder in einen respektvollen und natürlichen Umgang zwischen den Geschlechtern einzuüben.74 Die Koedukation dient folglich der Verwirklichung des Erziehungsziels der Gleichberechtigung von Mann und Frau, die ihre verfassungsrechtliche Grundlegung in der Staatzielbestimmung des Art. 3 II 2 GG erfährt.75

74 Vgl. Rohe aaO S. 150; Avenarius/Heckel aaO S. 88 f.

75 Vgl. Avenarius/Heckel aaO S. 89.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.

Fortsetzung auf der Folgeseite.


[217.] Mra/Fragment 325 01

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 325, Zeilen: 1-14, 17-29
Quelle: Coumont 2009
Seite(n): 13 f., Zeilen: online
[Die Koedukation dient folglich der Verwirklichung des Erziehungsziels der Gleichberechtigung von Mann und] Frau, die ihre verfassungsrechtliche Grundlegung in der Staatszielbestimmung des Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG erfährt. Grundsätzlich kommt der Koedukation daher ein großes Gewicht zu. Zu beachten ist aber auch, dass gerader koedukativer Sport- und Schwimmunterricht nur dann als möglich betrachtet wird, wenn er pädagogisch, sportfachlich und schulorganisatorisch vertretbar ist.1497 Grundsätzlich gibt es ab einem gewissen Alter eine biologisch gegebene unterschiedlich hohe sportliche Leistungsfähigkeit der Geschlechter. Deshalb wird der Koedukation im Sport- und Schwimmunterricht der höheren Klassen ein nicht so großes Gewicht beigemessen. 1498 Solange sich die körperliche Konstitution auf die sportliche Leistungsfähigkeit noch nicht wesentlich auswirkt (wie etwa im Grundschulalter), bleibt es bei der Zumessung des großen Gewichts der Koedukation. Daher ist hier von einem Überwiegen der staatlichen Belange auszugehen.1499 Demgegenüber ist die Verpflichtung muslimischer Schüler und Schülerinnen höherer Klassen zur Teilnahme am koedukativen Schwimm- und Sportunterricht als unverhältnismäßig zu betrachten. Ein schonender Ausgleich der widerstreitenden Interessen kann in der Trennung der Geschlechter gesehen werden.1500 [...] Daher haben Muslime höherer Klassen grundsätzlich einen Anspruch auf Unterricht, der nach Geschlechtern getrennt stattfindet.1501 Durchsetzbar ist dieser Anspruch allerdings nur dann, wenn dies schulorganisatorisch möglich ist.1502 Sollte dies nicht der Fall sein, so sind die muslimischen Schüler letztlich vom Unterricht zu befreien.

Einen Anspruch, der hierüber hinausgeht und eine gesamte Befreiung vom Sport- und Schwimmunterricht unabhängig der Koedukation fordert, ist allerdings abzulehnen.1503 Der Unterricht hat die Förderung der Gesamtentwicklung des Organismus und die Vermittlung sportlicher und sozialer Erfahrungen und Fähigkeiten zur Aufgabe.1504 Die Verwirklichung dieser Ziele überwiegt in diesem Fall die Grundrechte der Schüler und Eltern.1505 Durch eine vollständige Befreiung würde den Schülern die Chance genommen, sich später für ein Leben zu entscheiden, in dem auch Sport eine Rolle spiele, was wiederum ein Problem der Chancengleichheit darstellen würde. Weiterhin ist auch die gesundheitliche Komponente zu beachten sowie das Erziehungsziel des sozialen Verhaltens.


1497 Vgl. Kultusministerkonferenz, Zweites Aktionsprogramm für den Schulsport, in: Sammlung der Beschlüsse der Ständigen Konferenz der Kultusminister, Nr. 80.1, S. 4.

1498 So aber VG Düsseldorf, Urteil vom 07.05.2008, 18 K 301/08; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 11.08.2008, 4 L 526/08; andere Auffassung: Laskowski, NordÖR 2004, 415.

1499 Vgl. VG Hamburg NVwZ-RR 2006, 121.

1500 Vgl. BVerwGE 94, 82; a.A. vgl. Fn 968.

1501 Die Brauchbarkeit pädagogischer Konzepte zu beurteilen, kann keine juristischeAufgabe sein, Langenfeld, AöR 123, 375.

1502 BVerwGE 94, 82; Rixen, NJW 2003, 1712.

1503 In Abweichung von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts erklärte das VG Freiburg eine religionsmündige Schülerin islamischer Religionszugehörigkeit aus religiösen Gründen nicht nur vom koedukativen, sondern von jeder Art des Sportunterrichts ausdrücklich für befreit, InfAuslR 1994, 297. Die Klägerin hatte vorgetragen, dass es ihre aus religiösen Gründen grundsätzlich verboten sei, Sport zu treiben. Vgl. auch den Beschluss des OVG Lüneburg NVwZ 1992, 79 zur Befreiung vom gesamten Sportunterricht aufgrund entgegenstehender religiöser Bekleidungsvorschriften, auf die sich die Kläger berufen hatten. Auf den Gesichtspunkt der Koedukation wurde in dieser Entscheidung nicht abgestellt.

1504 OVG NRW, NVwZ 1992, 77.

1505 BVerwG 107, 75; VG Hamburg NVwZ-RR 2006, 121; Huber, BayVBl. 1994, 545; a.A. wohl VG Freiburg, InfAuslR 1994, 297.

Die Koedukation dient folglich der Verwirklichung des Erziehungsziels der Gleichberechtigung von Mann und Frau, die ihre verfassungsrechtliche Grundlegung in der Staatzielbestimmung des Art. GG Artikel 3 GG Artikel 3 Absatz II 2 GG erfährt.75 Grundsätzlich kommt der Koedukation daher ein großes Gewicht zu.76

Zu beachten ist aber, dass gerade koedukativer Sport- und Schwimmunterricht nur dann als möglich betrachtet wird, wenn er pädagogisch, sportfachlich und schulorganisatorisch vertretbar ist.77 [...] Grundsätzlich führt diese ab einem gewissen Alter zu einer biologisch gegebenen unterschiedlich hohen sportlichen Leistungsfähigkeit der Geschlechter. Deshalb wird der Koedukation im Sport- und Schwimmunterricht höherer Klassen ein nicht so großes Gewicht beigemessen.79

Solange sich aber die körperliche Konstitution auf die sportliche Leistungsfähigkeit noch nicht wesentlich auswirkt (so wohl vor

[Seite 14]

allem im Grundschulalter), bleibt es bei dem der Koedukation allgemein zukommenden großen Gewicht. Dieses führt dazu, dass der Schule insoweit ein schonender Ausgleich in Form eines Verzichts auf die Koedukation nicht zuzumuten und darüber hinaus von einem Überwiegen der staatlichen Belange auszugehen ist. [...]

Demgegenüber ist die Verpflichtung muslimischer Schüler und Schülerinnen höherer Klassen zur Teilnahme am koedukativen Sport- und Schwimmunterricht als unverhältnismäßig zu betrachten. Insofern kann nämlich ein schonender Ausgleich der widerstreitenden Interessen dadurch gefunden werden, dass der Sport- und Schwimmunterricht nach den Geschlechtern getrennt durchgeführt wird.82 [...] Durchsetzbar ist dieser Anspruch aber nur dann, wenn die Einführung von getrenntem Sport- und Schwimmunterricht schulorganisatorisch möglich ist.83Ist dies nicht der Fall oder kommt die Schule ihrer Verpflichtung zur Einführung eines nach den Geschlechtern getrennten Sport- und Schwimmunterrichts in höheren Klassenstufen nicht nach, sind die muslimischen Schüler und Schülerinnen letztendlich vom koedukativen Sport- und Schwimmunterricht zu befreien.84

Darüber hinaus kommt ein Anspruch auf eine Befreiung vom Sport- und Schwimmunterricht insgesamt (losgelöst von der Koedukation) nicht in Betracht.86 Der Sport- und Schwimmunterricht hat die Förderung der Gesamtentwicklung des Organismus und die Vermittlung sportlicher und sozialer Erfahrungen und Fähigkeiten zur Aufgabe.87 Die Verwirklichung dieser Bildungs- und Erziehungsziele überwiegt die Grundrechte der muslimischen Schüler, Schülerinnen und Eltern.88 Durch einen vollständigen Verzicht auf Sport- und Schwimmunterricht wäre zunächst die Möglichkeit muslimischer Jungen und Mädchen eingeschränkt, sich später für ein Leben zu entscheiden, in dem auch der Sport eine Rolle spielt.89 Dies würde die Chancengleichheit der Schüler und Schülerinnen für ihr zukünftiges Leben wesentlich beeinträchtigen. Außerdem ist die gesundheitliche Komponente des Sport- und Schwimmunterrichts zu beachten und schließlich dient der Sport- und Schwimmunterricht dem gewichtigen Erziehungsziel, die Schüler und Schülerinnen zu sozialem Verhalten anzuleiten.90 Damit sind die hinter dem Sport- und Schwimmunterricht stehenden Interessen von überragendem Gewicht für die Persönlichkeitsentfaltung der muslimischen Schüler und Schülerinnen und für die Allgemeinheit.91


75 Vgl. Avenarius/Heckel aaO S. 89.

76 S. Rohe aaO S. 150; Coumont aaO S. 234 ff.

77 Vgl. Kultusministerkonferenz, Zweites Aktionsprogramm für den Schulsport. Der Öffentlichkeit am 17.4.1985 in Bonn auf Grund übereinstimmender Beschlüsse der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder, des Deutschen Sportbundes und der kommunalen Spitzenverbände übergeben. Sammlung der Beschlüsse der Ständigen Konferenz der Kultusminister, Nr. 80.1, S. 4, abgerufen unter: http://www.kmk.org/doc/publ/zwaktprog.pdf, letztmals am 13.11.2008 auf Aktualität hin überprüft.

78 Vgl. VG Hamburg, NVwZ-RR 2006, NVWZ-RR Jahr 2006 Seite 121 (NVWZ-RR Jahr 2006 Seite 123); Rohe aaO S. 153; Coumont aaO S. 236 ff.

79 S. nun aber VG Düsseldorf, Urteil v. 7.5.2008, VGDUESSELDORF 2008-05-07 Aktenzeichen 18 K 301/08; VG Gelsenkirchen, Beschluss v. 11.8.2008, VGGELSENKIRCHEN 2008-08-11 Aktenzeichen 4 L 526/08. A. A. wohl auch Laskowski, NordÖR 2004, 415 (416 f.).

82 Vgl. BVerwGE 94, BVERWGE Jahr 94 Seite 82 ff. A. A. nun aber VG Düsseldorf, Urteil v. 7.5.2008, VGDUESSELDORF 2008-05-07 Aktenzeichen 18 K 301/08; VG Gelsenkirchen, Beschluss v. 11.8.2008, VGGELSENKIRCHEN 2008-08-11 Aktenzeichen 4 L 526/08.

83 S. BVerwGE 94, BVERWGE Jahr 94 Seite 82 (BVERWGE Jahr 94 Seite 83 f.): »wenn die Schulverwaltung ihrer Verpflichtung nicht nachkommen kann«; Rixen, NJW 2003, NJW Jahr 2003 Seite 1712 (NJW Jahr 2003 Seite 1713 mit Fn. 9).

84 BVerwGE 94, BVERWGE Jahr 94 Seite 82 (BVERWGE Jahr 94 Seite 83 f.).

85 Vgl. BVerwG, NVwZ 1994, NVWZ Jahr 1994 Seite 578 (NVWZ Jahr 1994 Seite 579); Gartner, Der Islam im religionsneutralen Staat. Die Problematik des muslimischen Kopftuchs in der Schule, des koedukativen Sport- und Schwimmunterrichts, des Gebetsrufs des Muezzin, des Schächtens nach islamischen Ritus, des islamischen Religionsunterrichts und des muslimischen Bestattungswesens in Österreich und Deutschland, 2006, S. 180.

86 In der islamischen Welt wird auch die Ansicht vertreten, dass der Islam das Sporttreiben insgesamt verbietet, vgl. VG Freiburg, InfAuslR 1994, INFAUSLR Jahr 1994 Seite 297 (INFAUSLR Jahr 1994 Seite 298 f.); Tellenbach, InfAuslR 1994, INFAUSLR Jahr 1994 Seite 300; Coumont aaO S. 43 m. w.

87 OVG NRW, NVwZ 1992, NVWZ Jahr 1992 Seite 77 (NVWZ Jahr 1992 Seite 79); Anger aaO S. 209.

88 Vgl. BVerwGE 107, BVERWGE Jahr 107 Seite 75 (BVERWGE Jahr 107 Seite 84); VG Hamburg, NVwZ-RR 2006, NVWZ-RR Jahr 2006 Seite 121 (NVWZ-RR Jahr 2006 Seite 123); Anger, aaO S. 220 f.; Huber, BayVBl. 1994, BAYVBL Jahr 1994 Seite 545 (BAYVBL Jahr 1994 Seite 549). A. A. wohl VG Freiburg, InfAuslR 1994, INFAUSLR Jahr 1994 Seite 297 ff.

89 Anger aaO S. 220 f.

90 Vgl. VG Düsseldorf, NWVBl. 2006, NWVBL Jahr 2006 Seite 68 (NWVBL Jahr 2006 Seite 70). Zur Bedeutung der Erziehung zu sozialem Verhalten s. oben bei Fn. 59 ff.

91 Ferner kommt eine Befreiung vom Musikunterricht dementsprechend nicht in Betracht, ausführlich dazu Coumont aaO S. 303 ff. Zwar wird in der islamischen Welt auch die Auffassung vertreten, Musik sei verboten, s. Rohe aaO S. 154; Breuer aaO S. 146; Esposito aaO S. 142. Indes setzt sich hier gleichfalls der staatliche Bildungs- und Erziehungsauftrag gegenüber den Grundrechten durch. Auch insoweit wäre die Chance der Kinder beeinträchtigt, der Musik in ihrem weiteren Leben eine Bedeutung zukommen zu lassen. Des Weiteren leistet auch der Musikunterricht einen wesentlichen Beitrag zur Erfüllung des Erziehungsziels, die Schüler und Schülerinnen zu sozialem Verhalten anzuleiten, s. zur Bedeutung des Musikunterrichts: Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.), Zur Situation des Unterrichts im Fach Musik an den allgemeinbildenden Schulen in der Bundesrepublik Deutschland, Bericht der Kultusministerkonferenz vom 10.3.1998, 3. Aufl., 1998, S. 11, 150 f.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[218.] Mra/Fragment 327 39

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 327, Zeilen: 39-43
Quelle: Bundesgericht Schweiz 1993
Seite(n): 0, Zeilen: Rn. 72
Angehörige anderer Länder und anderer Kulturen, die sich in der Bundesrepublik aufhalten, haben sich zwar zweifellos genauso an die hiesige Rechtsordnung zu halten wie die Deutschen. Es besteht darüber hinaus aber auch keine Rechtspflicht, dass sie immer auch ihre Gebräuche und Lebensweisen anpassen. Es lässt sich daher aus dem Integrationsprinzip keine Rechtsregel ableiten, wonach sie sich in ihren [religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen Einschränkungen auferlegen müssten, die als unverhältnismäßig zu gelten haben.] Angehörige anderer Länder und anderer Kulturen, die sich in der Schweiz aufhalten, haben sich zwar zweifellos genauso an die hiesige Rechtsordnung zu halten wie Schweizer. Es besteht aber keine Rechtspflicht, dass sie darüber hinaus allenfalls ihre Gebräuche und Lebensweisen anzupassen haben. Es lässt sich daher aus dem Integrationsprinzip nicht eine Rechtsregel ableiten, wonach sie sich in ihren religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen Einschränkungen auferlegen müssten, die als unverhältnismässig zu gelten haben.
Anmerkungen

Kein Hinweis auf die wörtliche Übernahme eines Teils einer Urteilsbegründung. Ob in der Germanisierung eine Eigenleistung liegt, die eine Referenz entbehrlich macht, erscheint einigermaßen zweifelhaft.


[219.] Mra/Fragment 328 12

KomplettPlagiat
Untersuchte Arbeit:
Seite: 328, Zeilen: 12-14, 16-19
Quelle: Bundesverfassungsgericht 1972
Seite(n): 188 f., Zeilen: online
Schule ist nicht notwendig nur eine Anstalt zur Erschließung und Förderung von Begabungen, sie soll auch zur Persönlichkeitsentwicklung des Kindes und zu seiner Eingliederung in die Gesellschaft beitragen. [...] Verfassungsrechtlich bedenklich wäre eine solche schulorganisatorische Maßnahme nur, wenn sie für die Entwicklung des Kindes, nicht nur in der Beschränkung auf das Leistungsvermögen, sondern im Blick auf die gesamte Persönlichkeit und ihr Verhältnis zur Gemeinschaft, offensichtlich nachteilig sein würde. Schule ist nicht notwendig nur eine Anstalt zur Erschließung und Förderung von Begabungen, sie soll auch zur Persönlichkeitsentwicklung des Kindes und zu seiner Eingliederung in die Gesellschaft beitragen. [...] Verfassungsrechtlich bedenklich wäre eine solche schulorganisatorische Maßnahme nur, wenn sie für die Entwicklung des Kindes - gesehen nicht nur in der Beschränkung auf das Leistungsvermögen, sondern im Blick auf die ganze Persönlichkeit

[Seite 189]

und ihr Verhältnis zur Gemeinschaft - offensichtlich nachteilig sein würde.

Anmerkungen

Kein Hinweis auf die Quelle.


[220.] Mra/Fragment 329 09

Verschleierung
Untersuchte Arbeit:
Seite: 329, Zeilen: 9-17
Quelle: Wikipedia Mohammed-Karikaturen 2014
Seite(n): online, Zeilen: 0
In weiten Teilen der islamischen Welt sind Abbildungen von Allah, Mohammed und anderen Propheten in menschlicher Gestalt verboten. Das in der Debatte herangezogene Bilderverbot in der islamischen Welt wurde jedoch nicht immer strikt ausgelegt. Zahlreiche bildliche Darstellungen sind belegbar. Die Kritik der muslimischen Seite zielte in erster Linie auf die islamfeindliche Haltung des Westens durch die Bedienung von Vorurteilen, etwa der Gleichsetzung des Islam mit Terrorismus. Liberale Kritiker wiesen allerdings darauf hin, dass die Mohammed-Karikaturen im Vergleich zu den in arabischen Medien regelmäßig erscheinenden antisemitischen Witzen und Papstkarikaturen harmlos gewesen seien, mithin die islamische Kritik unverhältnismäßig sei. In weiten Teilen der islamischen Welt sind Abbildungen von Allah, Mohammed und anderen Propheten in menschlicher Gestalt verboten. Das in der Debatte herangezogene und innerhalb des Islam umstrittene Bilderverbot im Islam wurde jedoch nicht immer strikt angewendet. [...]

Die Kritik auf muslimischer Seite richtete sich vor allem gegen eine – nach Meinung dänischer Imame wachsende – islamfeindliche Haltung im Westen mit der Bedienung von Vorurteilen, etwa der Gleichsetzung des Islam mit dem Terrorismus.

Liberale Kritiker wiesen darauf hin, dass die Mohammed-Karikaturen im Vergleich zu den in arabischen Medien regelmäßig erscheinenden antisemitischen Witzen und Papstkarikaturen harmlos gewesen seien.

Anmerkungen

Die Quelle ist nicht genannt.