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Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
Graf Isolan
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 36, Zeilen: 9-28, 31-34, 102-107
Quelle: Kanzog 1988
Seite(n): 26, 28-29, Zeilen: 26:101-106; 28:34-41 - 29:1-12.18-20.28-29
„Zeichen, deren Merkmale erst einmal erkannt und festgelegt werden müssen, werden vorzeitig mit Bedeutung „aufgefüllt“; bloße Vorgänge werden mit „Handlungen“ verwechselt und nicht genügend auseinandergehalten werden die „Codes der Wirklichkeit“ in den „Handlungen vor der Kamera“ und die „Codes der Kamerahandlungen“. Auf der Suche nach den „Inhalten“ eines Films wird der „Formalspannung“ zwar die gebotene Aufmerksamkeit zuteil, aber ihre Funktion vielfach unterbewertet. In Wahrheit sind die Codes der Kamerahandlung und der Montage die einzigen filmischen Codes überhaupt, die deshalb auch in das Zentrum der Filmwissenschaft gerückt werden müssen.“23

Die point-of-view-Frage ist der Angelpunkt bei der „Rede über den Film“. Filmtranskripte und Filmprotokolle stellen nur das Material für diese „Rede“ bereit, d. h. der Versuch einer möglichst umfassenden Archivierung und die Bereitstellung von Informationen löst nicht das Problem, diese im Hinblick auf das „Verstehen“ des Films zu verwenden. Schon in das Filmprotokoll bringt der Betrachter seine eigene Perspektive ein. Er versteht zunächst nur das, was er bereits kennt und weiß. Er selektiert mittels dieses Wissens und zugleich dadurch, dass seine Affekte angesprochen werden. Selbst wenn seine Aussage eindeutig intersubjektiv verstehbar und empirisch nachprüfbar wäre, gilt auch für den Film die von Michael Titzmann formulierte Interpretationsregel: „Jede Text-Analyse ist gegenüber der Datenmenge des Textes selektiv“. Vorgegebene Suchbilder erleichtern die Herstellung von Intersubjektivität, während empirische Untersuchungen die affektive Gebundenheit des Betrachters unterdrücken. Der gegen Filmanalytiker, besonders gegen Quantifizierer, Statistiker und Strukturrekonstrukteure manchmal nicht unberechtigt erhobene Vorwurf, ihre Arbeiten zerstörten die Sensibilität für das „Filmische“, trifft insofern hier nicht zu, als die Sensibilität über den Umweg der „Objektivierungen“ gesteigert werden kann. Die affektive Gebundenheit kann jedoch nicht eliminiert werden. Zusammen mit dem Erkenntnisinteresse ist sie das entscheidende dynamische Moment für das Verstehen eines Films.24

[...] Im Verlauf der Herstellung eines Filmtranskriptes werden lediglich Systeme von Beschreibungen erzeugt. Der Akt der Wahrnehmung ist gleichermaßen schon ein Akt der Interpretation. Die wichtigste Aufgabe der Filmanalyse ist, „kommunizierfähig“ zu sein.


23 Kanzog: Konstruktivistische Probleme, in: Filmanalyse interdisziplinär, hrsg. von H. Korte, W. Faulstich, 1991, S. 26. „Filmische Mittel“, bzw. die „Codes des Films“ werden meist mit „filmischen Codes“ verwechselt. Zu dieser Verwechslung hat u. a. Christian Metz ,Sprache und Film' durch seinen Ansatz einer „Pluralität von Codes“ beigetragen (Frankfurt/M. 1973). Bei ,Handlungen vor der Kamera' (und ihre kulturellen Codes) werden auch Codes der mise en scène vermittelt (diese sind filmisch intendiert), aber erst Kamerahandlung und Montage codieren „filmisch".

24 Vgl. ebd., S. 29.

[Seite 25]

Zeichen, deren Merkmale erst einmal erkannt und festgelegt werden müssen, werden vorzeitig mit Bedeutung ,aufgefüllt‘; bloße Vorgänge werden mit „Handlungen“ verwechselt, und nicht genügend auseinandergehalten werden die „Codes der Wirklichkeit“

[Seite 26]

in den ,Handlungen vor der Kamera' und die „Codes der Kamerahandlungen“. Auf der Suche nach den „Inhalten“ eines Films wird der „Formalspannung“ zwar die gebotene Aufmerksamkeit zuteil, aber ihre Funktion vielfach unterbewertet. In Wahrheit sind die Codes der Kamerahandlung und der Montage die einzigen filmischen Codes überhaupt,7 die deshalb auch in das Zentrum der Filmwissenschaft gerückt werden müssen. [...]


[Seite 28]

17

Die point-of-view-Frage wird damit zum Angelpunkt der ,Rede über den Film'. Filmtranskripte und Filmprotokolle stellen nur das Material für diese ,Rede‘ bereit, d. h. der Versuch einer möglichst umfassenden Archivierung und die Bereitstellung von Informationen löst das eigentliche Problem: die Perspektivierung dieser Informationen im Hinblick auf das „Verstehen“ des Films, nicht. Schon in das Filmprotokoll bringt der Betrachter seine eigene Perspektive ein. Er versteht zunächst nur das, was er bereits kennt und weiß. Er selegiert mittels dieses Wissens und zugleich auf Grund einer Intervention seiner Affekte, und

[Seite 29]

selbst wenn seine Aussage eindeutig intersubjektiv verstehbar und empirisch nachprüfbar ist, so gilt auch für den Film die von Michael Titzmann formulierte Interpretationsregel: „Jede ,Text‘-Analyse ist gegenüber der Datenmenge des ,Textes' selektiv. Vorgegebene Suchbilder erleichtern die Herstellung von Intersubjektivität, während empirische Untersuchungen die affektive Gebundenheit des Betrachters unterdrücken. Der gegen Filmanalytiker, besonders gegen Quantifizierer, Statistiker und Strukturrekonstrukteure manchmal nicht ganz unberechtigt erhobene Vorwurf, ihre Arbeiten zerstörten die Sensibilität für das ,Filmische', sticht hier insofern nicht, als diese Sensibilität auf den Umweg über „Objektivierungen“ gesteigert werden kann. Die affektive Gebundenheit selbst kann nicht eliminiert werden. Zusammen mit dem Erkenntnisinteresse ist sie das entscheidende dynamische Moment für das Verstehen eines Films.

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[...] Im Verlauf der Herstellung eines Filmprotokolls erzeugen wir lediglich Systeme von Beschreibungen, und schon der Akt der Wahrnehmung ist ein Akt der Interpretation. [...] Die wichtigste Aufgabe der Filmanalyse ist damit bezeichnet: sie muß kommunizierfähig sein.


7 Wie auch die Diskussion über diesen Vortrag wieder gezeigt hat. werden „filmische Mittel“, bzw. die „Codes des Films“ meist mit „filmischen Codes“ verwechselt. Zu dieser Verwechslung hat u. a. Christian Metz Sprache und Film durch seinen Ansatz einer „Pluralität von Codes“ beigetragen. ,Handlungen vor der Kamera' (und ihre kulturellen Codes) werden auch Codes der mise en scène vermittelt (diese sind filmisch intendiert), aber erst Kamerahandlung und Montage codieren „filmisch“ .

Anmerkungen

Das eingangs der Seite wiedergegebene lange Zitat schließt im Original unmittelbar an die auf der vorangegangenen Seite ohne Kennzeichnung übernommenen Passagen an. (Es wurde in der Zeilenzählung nicht berücksichtigt.) Danach finden sich wieder weitgehend wörtlich übereinstimmende Abschnitte aus Kanzog (1988), die erneut nicht als Übernahmen gekennzeichnet sind.

Sichter
(Graf Isolan), Hindemith