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Typus
BauernOpfer
Bearbeiter
Graf Isolan
Gesichtet
Yes
Untersuchte Arbeit:
Seite: 194, Zeilen: 8-19, 27-34, 106-112
Quelle: Orosz 1988
Seite(n): 136, 137, Zeilen: 136:18-24.30-34; 137:3-10.12-23
Wann immer inszenatorische Schwierigkeiten auf der Bildebene nicht überwunden werden konnten, bzw. der Regisseur, Autor oder Produzent der Aussagekraft der Bilder allein nicht trauen konnte oder wollte, war man schnell mit Zwischentiteln zur Hand. Dieses lag einerseits am mangelnden künstlerischen Potential, das dem deutschen Film vor dem Autorenfilmjahr 1913 und der darauffolgenden Entfaltung der aus Frankreich kommenden film-d’art-Bewegung zur Verfügung stand.

Die Unmöglichkeit, etwas durch schauspielerische Aktion auszudrücken, war allerdings nicht immer die Ursache für den Einsatz von Zwischentiteln. In einem Vortrag, den der Max-Reinhardt-Schauspieler Paul Wegener 1916 über die künstlerischen Möglichkeiten des Films hielt, wies er mit einem anschaulichen Beispiel auf diesen Missstand hin:

„Man gibt sich gar nicht einmal mehr die Mühe, bildmäßig zu gestalten. Da heißt es etwa: „Der Graf aber blieb allein auf seinen Gütern. Er konnte die Affaire mit der blonden Komtesse nicht vergessen ..." Dann sehen wir vor einer durch Kerzenlicht erleuchteten Grunewaldvilla einen gleichgültigen Herren stehen, der in den Apparat starrt. Würde man den Text nicht lesen können, wäre das Bild an sich eine sinnlose Photographie und so geht es weiter ad infinitum. [...] Alles an Aktion spielt sich im Text ab, und das nennen die Leute einen Film!“56

Nicht der Zwischentitel selbst, sondern die Art seiner Verwendung war nach Wegeners Aussage verdammenswert. Kohner gab in seiner oben erwähnten Dissertation ein viel härteres Urteil über den Gebrauch von Zwischentiteln ab. In seinen Augen waren sie der Natur des Films nicht gemäß. Wie in der Malerei des Mittelalters die Spruchbänder als Behelfsmittel zur Informationsvermittlung wegfielen, so sollte auch der Film lernen, auf „Inszenationskrücken“ zu verzichten.57 Viele Regisseure erkannten jedoch den Zwischentitel als filmisch verstandenes Element und legitimen Teil des Films an.58


56 Zit. n. Orosz: Funktion von Zwischentiteln, in: Der Stummfilm, hrsg. von E. Ledig, 1988, S. 137.

57 Vgl. Kohner: Tatbestand und Kritik, 1929, S. 78f.

58 In Deutschland setze in den 20er Jahren eine Entwicklung ein, in der man entdeckte, dass durch Verwendung bestimmter Schrifttypen oder durch besondere Gestaltung des Hintergrundes mit den Zwischentiteln eine Stimmung erzeugt werden konnte, die mit jener der Bilder korrespondierte oder sie sogar verstärkte. Musterbeispiele für diese sind Fritz Langs DER MÜDE TOD (jede Episode des Films, chinesisch, venezianisch, orientalisch, hat ihre typographisch individuell gestalteten Zwischentitel) und Robert Wienes DAS CABINET DES DR. CALIGARI.

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Wann immer inszenatorische Schwierigkeiten auf der Bildebene nicht überwunden werden konnten, bzw. der Regisseur, Autor oder Produzent der Aussagekraft der Bilder allein nicht trauen konnte oder wollte, war man schnell mit Zwischentiteln zur Hand. Dies hatte zwei Hauptursachen. Einerseits lag es am mangelnden künstlerischen Potential, das dem deutschen Film vor dem Autorenfilmjahr 1913 und der darauffolgenden Entfaltung der aus Frankreich kommenden film-d'art-Bewegung zur Verfügung stand. [...] Die Unmöglichkeit, etwas durch schauspielerische Aktion auszudrücken, war wohl nicht immer die Ursache für ihren Einsatz.

In einem 1916 gehaltenen Vortrag über die künstlerischen Möglichkeiten des Films wies der Max-Reinhardt-Schauspieler Paul Wegener mit einem anschaulichen Beispiel auf diesen Mißstand hin:

Man gibt sich gar nicht einmal mehr die Mühe, bildmäßig zu gestalten. Da heißt es etwa: "Der Graf aber blieb allein auf seinen Gütern. Er konnte die Affaire mit der blonden Komtesse nicht vergessen ... " Dann sehen wir vor einer durch Kerzenlicht erleuchteten Grunewaldvilla einen gleichgültigen Herren stehen, der in den Apparat starrt. Würde man den Text nicht lesen können, wäre das Bild an sich eine sinnlose Photographie und so geht es

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weiter ad infinitum. (...) Alles an Aktion spielt sich im Text ab, und das nennen die Leute einen Film!7

Nicht der Zwischentitel selbst, sondern die Art seiner Verwendung war nach Wegeners Aussage verdammenswert.

Kohner gab in seiner oben erwähnten Dissertation ein viel härteres Urteil über den Gebrauch von Zwischentiteln ab. In seinen Augen waren sie der Natur des Films an und für sich nicht gemäß. Wie in der Malerei des Mittelalters die Spruchbänder als Behelfsmittel zur Bereicherung der Informationsvermittlung wegfielen, so sollte auch der Film auf "Inszenationskrücken"8 verzichten lernen. [...]

Viele Regisseure allerdings verwendeten Zwischentitel, ohne dabei einfallslos zu sein. Sie erkannten den Zwischentitel als legitimen Teil des Films, als dessen natürliches, filmisch verstandenes Element an. Des genormten Erscheinungsbildes9 der Zwischentitel überdrüssig geworden, entdeckte man, daß durch Verwendung bestimmter Schrifttypen oder durch besondere Gestaltung des Hintergrundes mit den Zwischentiteln eine Stimmung erzeugt werden konnte, die mit jener der Bilder korrespondierte oder sie sogar verstärkte. Musterbeispiele für diese in Deutschland in den 20er Jahren einsetzende Entwicklung sind Fritz Langs Der müde Tod (jede Episode des Films - chinesisch, venezianisch, orientalisch - hat ihre typographisch individuell gestalteten Zwischentitel) und Robert Wienes Das Cabinet des Dr. Caligari.


7 Paul Wegener: Die künstlerischen Möglichkeiten des Films. (Vortrag, zuerst gehalten am 24. April 1916.) In: Paul Wegener. Der Regisseur und Schauspieler, hg. von der Filmabteilung des Photo- und Filmmuseums im Münchner Stadtmuseum (= 3. Beitrag zur Serie: ,Hervorragende Filmgestalter' im Münchner Stadtmuseum). München 1966 (nicht pag.).

8 Vgl. Kohner 1929, S. 78f.

9 Vgl. z. B. Die Tangokönigin (1913) von Max Mack. Die Zwischentitel haben folgendes Aussehen: Weiße Schrift auf schwarzem Grund, um den Text einen weißen Rahmen. Am oberen Bildrand befindet sich das Emblem der Produktionsfirma (Bioskop) und am unteren Bildrand rechts die Nummer des Titels.

Anmerkungen

Art und Umfang der Übernahme bleiben ungekennzeichnet. Wieder wurde ein Teil des ursprünglichen Haupttextes in eine Fußnote geschoben. Der Leser, der die Quelle nicht kennt, muss annehmen, nur das Paul-Wegener-Zitat sei von dort übernommen.

Das Zitat wurde nicht in die Zeilenzählung aufgenommen.

Sichter
(Graf Isolan) Agrippina1